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THEMA:   Literaturrätsel: der Rätseljubilar

 7 Antwort(en).

iustitia begann die Diskussion am 15.10.04 (09:26) :

In dem jährlichen Literaturkalender von Reclam befindet sich auch immer ein Literaturrätsel. So auch im Büchlein für 2005.: Der Rätsel-Jubilar

(Dieses Rätsel hat nichts mit der vorigen Preisfrage zu tun, bei der Böll die Auflösung war. Wer diesen Mann hier erkennt, na, ja, der kennt sich schon aus...)

Er machte zwar nicht die sprichwörtliche Karriere vom Tellerwäscher zum Millionär. Aber er hatte genug arme Irre, Alkoholiker, Analphabeten und Bordellbetreiber in der Verwandtschaft, dass man erstaunt ist, den Schuhmachersohn zu Lebzeiten als Nationaldichter emporgehoben zu sehen, der weltweit in Übersetzungen gefeiert wurde, die zwar nicht immer texttreu waren, aber den Ruhm je nach Zielsprache noch steigerten: So bekam jede Nation ihre �Ausgabe� unsres Autors - die Deutschen machten ihn zu einem ihrer Lieblingsdichter.
�Wie erfinden Sie nur das alles?�, fragte der dänische König einmal beim vertraulichen Plausch (ja, die Regenten Europas applaudierten ihm genauso wie die führenden Intellektuellen und die �kleinen Leute�), �haben Sie denn alles das in diesem Kopf?� Er hatte. Obwohl dieser in der Vergangenheit schon Objekt des Spotts gewesen war: eine übergroße Nase, der einfältig dumpfe Blick und ein desaströses Gebiss ließen den langen schlaksigen Kerl wie einen hässlichen Vogel daherkommen; bereits die Lehrer, die erfolglos gegen seine Rechtschreibschwäche kämpften, hielten ihn für einen Tölpel.
Dabei hatte er so viel im Kopf, dass er Alpträume bekam. �Diese Phantasie ist auch sehr lästig�, schrieb der ewig kränkelnde Hypchonder und grenzenlos eitle Dichter, der mit seinen Reiseberichten und Liedern, einstens gern gelesenen Romanen und eher bemühten als berühmten Dramen, aber auch als Künstler noch nicht einmal sein Bestes gab.
Der Ich-Erzähler in einem seiner Romane lebt ganz in Phantasien und Träumen, erblickt �in der roten Glut� der winterlichen Straßenfeuer �eine ganze Welt, lodernd wie die meiner Phantasie�. Mit funkensprühender Begeisterung ging auch der jugendliche Autor fort aus seinem Dorf, um die Welt der Bühne kennen zu lernen, wusste aber, man habe �erst gewaltig viel Widerwärtiges durchzumachen, und dann wird man berühmt�. Er versagte als Sänger, Tänzer und Statist, gewann aber immer Förderer, die ihn von der Bühne weg(be)förderten. Unser Mann jedoch verfiel zunächst in Depressionen und Selbstmordgedanken - �Jammerlappen� rief ihm ein (viel später) ebenso bekannter Landsmann, ein protestantischer Religionsphilosoph, hinterher, gegen den der Dichter tatsächlich ein Glückskind war.
Nachdem ihn die Schule nichts für das Leben gelehrt und die Bretter, die die Welt bedeuten, ihm keinen Boden unter den Füßen geebnet hatten, nahm sich der Autor nicht das Leben - er nahm es vielmehr selbst in die Hand und begab sich auf Reisen, �die beste Schule der Bildung�. Kaum ein Kollege vor und nach ihm brachte es auf so viele Auslandsreisen. Die Widerwärtigkeiten waren mit der Zeit meist selbstgemacht (eine hysterische Angst vor Krankheiten; die verdrängte Homosexualität usw.), und indem er sich diese in etlichen Autobiographien sowie vor allem in phantastisch-theatralischen Märchen �wegschrieb�, wurde er berühmt, in gewisser Weise sogar berüchtigt: Wo er auftauchte, las er aus seinem Werk vor - bis zu drei Stunden harrten Gastgeber wie Gäste aus (die Selbstdarstellung hatte er ja gelernt). Er glaubte noch an Menschen, �die an ihrem freien Montag einen Drang zur Poesie fühlen�, ein �geistiges Magenknurren�. Es knurrten unzählige Mägen.
+
EINSENDESCHLUSS 1. MAI 2005
Philipp Reclam jun. Verlag GmbH - Stichwort �Rätsel� Siemensstr. 32 71254 Ditzingen E-Mail: [email protected]


Enigma antwortete am 15.10.04 (11:51):

Hans Christian Andersen?


iustitia antwortete am 16.10.04 (19:52):

Hallo, Enigma!
Wie bist Du darauf gekommen...?
*
Wegen der physiognomischen Beschreibung..?
*
Ich fand die Beschreibung schwer... Von den Romanen kenne ich übrigens nix!

Internet-Tipp: https://thm-a.search.vip.re2.yahoo.com/image/284903779


Miriam antwortete am 17.10.04 (08:57):

Ach, befand ich mich auf Irrwegen!
Ich gratuliere dir, Enigma, und wünsche Euch beiden einen recht schönen Tag, trotz des trüben Himmels.


iustitia antwortete am 17.10.04 (12:58):

Ja, Andersen - das Jubiäum im nächsten Jahr - es wird schon angesagt im Buchhandel. Ich kenne auch soz. Abgelegenes von ihm:

Hans Christian Andersen: Soldaten

Med d�mpede Hvirvler Trommerne gaa,
ak, skal vi dog aldrig til Stedet naa,
at han kan faa Ro i sin Kiste?
Jeg tror mit Hjerte vil briste!

Jeg havde i Verden en eneste Ven!
Ham er det man bringer til D�den hen
med klingende Spil gennem Gaden,
og jeg er med i Paraden!

For sidste Gang skuer han nu Guds Sol,
nu sidder han alt paa D�dens Stol,
de binde ham fast til P�len!
Forbarm dig, Gud, over Sj�len!

Paa en Gang sigte de alle ni.
De otte skyde jo rent forbi,
de rysted paa Haanden af Smerte,
kun jeg traf ham midt i hans Hjerte!
*

Übersetzung von Adelbert Chamisso:
Der Soldat

Es geht bei gedämpfter Trommel Klang;
Wie weit noch die Stätte, der Weg wie lang!
O wär er zur Ruh und alles vorbei!
Ich glaub, es bricht mir das Herz entzwei!

Ich hab in der Welt nur ihn geliebt,
Nur ihn, dem jetzt man den Tod doch gibt.
Bei klingendem Spiele wird paradiert,
Dazu bin auch ich kommandiert.

Nun schaut er auf zum letzten Mal
In Gottes Sonne freudigen Strahl, -
Nun binden sie ihm die Augen zu, -
Dir schenke Gott die ewige Ruh.

Es haben die neun wohl angelegt,
Acht Kugeln haben vorbeigefegt;
Sie zitterten alle vor Jammer und Schmerz -
Ich aber, ich traf ihn mitten ins Herz.

**
https://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/fa/fa.pl?cmd=gedichte?=show&noheader=1&add=&id=28

Internet-Tipp: https://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/fa/fa.pl?cmd=gedichte?=show&noheader=1&add=&id=28


iustitia antwortete am 17.10.04 (13:09):

Pardon - die vorige URL war eine Pleite...

Dann lieber original Andersen, ein schräges Märchen von ihm:

Hans Christian Andersen:
Der Tannenbaum

Draußen im Walde stand ein niedlicher, kleiner Tannenbaum; er hatte einen guten Platz, Sonne konnte er bekommen, Luft war genug da, und ringsumher wuchsen viel größere Kameraden, sowohl Tannen als Fichten. Aber dem kleinen Tannenbaum schien nichts so wichtig wie das Wachsen; er achtete nicht der warmen Sonne und der frischen Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die da gingen und plauderten, wenn sie herausgekommen waren, um Erdbeeren und Himbeeren zu sammeln. Oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll oder hatten Erdbeeren auf einen Strohhalm gezogen, dann setzten sie sich neben den kleinen Tannenbaum und sagten: "Wie niedlich klein ist der!" Das mochte der Baum gar nicht hören.

Im folgenden Jahre war er ein langes Glied größer, und das Jahr darauf war er um noch eins länger, denn bei den Tannenbäumen kann man immer an den vielen Gliedern, die sie haben, sehen, wie viele Jahre sie gewachsen sind.

"Oh, wäre ich doch so ein großer Baum wie die andern!" seufzte das kleine Bäumchen. "Dann könnte ich meine Zweige so weit umher ausbreiten und mit der Krone in die Welt hinausblicken! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind weht, könnte ich so vornehm nicken, gerade wie die andern dort!"

Er hatte gar keine Freude am Sonnenschein, an den Vögeln und den roten Wolken, die morgens und abends über ihn hinsegelten.

War es nun Winter und der Schnee lag ringsumher funkelnd weiß, so kam häufig ein Hase angesprungen und setzte gerade über den kleinen Baum weg. Oh, das war ärgerlich! Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war das Bäumchen so groß, daß der Hase um es herumlaufen mußte. "Oh, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das ist doch das einzige Schöne in dieser Welt!" dachte der Baum.

(...)

Fortsetzung bei www.gutenberg...

*
(Eine andere Übersetzung de Märchens gibt es in diesem Buch:
H.Ch. Andersen: Schräge Märchen. 1997. Eichborn. Das sind viele satirische-grotske Märchen, kritische, komische. * Aber leider vergriffen bie Eichborn.
Ich werde einige der "schrägen" Märchen vorstellen.

URL: Andersen Grabplatte

Internet-Tipp: https://bey.sskclan.com/Sweden/images/Day%202%20-%20tombstone%20of%20HC%20Andersen.jpg


Enigma antwortete am 17.10.04 (19:54):

Hallo und guten Abend,
just "back from Britain", in dem Fall von einem Ausflug auf`s Land, finde ich ja weiteres von Andersen. Das "schräge Märchen" werde ich morgen mal zu Ende lesen.

Die Beantwortung der Rätselfrage habe ich sozusagen von hinten aufgezäumt. Mir war bekannt, dass Sören Kierkegaard einmal einen Landsmann total verrissen hatte.
In Verbindung mit dem Hinweis, dass unser Gesuchter auch Kontakt mit dem dänischen König hatte, entstand dann die Hypothese, dass der Dichter ebenfalls ein Däne war. Und in Verbindung mit "Märchen" lag dann die Vermutung "Andersen" nicht mehr weit.
Die Hypothese musste nun aber auch bewiesen werden.
Und in der Biografie von Kierkegaard fand ich dann den Beweis.
Wie hat einer meiner früheren Chefs immer gesagt:"Man kann nicht alles wissen, sollte aber wissen, wo man das Gesuchte finden kann...." *lach*.
Einen schönen Restsonntag noch für alle.

Gruss
Enigma


iustitia antwortete am 19.10.04 (00:48):

Ähnlich hatte ich auch suchen müssen..!
Es lohnt sich aber - was der Andersen für ein Typ war...

Ich schick hier die URL:

ein Märchen vom einem Judenmädchen.

Internet-Tipp: https://hjem.get2net.dk/chenero/hca/hcaev100_de.html