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THEMA:   Sterbehilfe - aktiv oder passiv ?

 28 Antwort(en).

wese begann die Diskussion am 20.05.02 (09:51) mit folgendem Beitrag:

Der Begriff "Sterbehilfe" wird völlig unterschiedlich wahrgenommen. Ich glaube, wir sollten da zwischen "aktiver" und "passiver" Sterbehilfe unterscheiden. Dahinter verbergen sich zwei völlig verschiedene Aspekte des Sterbens. Beide kann man nicht miteinander vergleichen. Man darf es eigentlich auch nicht.

Passive Sterbehilfe:

Hier würde ich am liebsten ein ganz anderes Wort verwenden. Ich meine, daß das Wort "Sterbebegleitung" richtiger wäre. Ich bin ein Anhänger der Hospiz-Bewegung, die leider vom Staat völlig vernachlässigt wird.

Sterbebegleitung bedeutet, daß man einem Menschen ein humanes und menschenwürdiges Sterben ermöglicht. Man lässt ihn nicht allein, er hat immer einen Ansprechpartner. Er wird mit allen notwendigen Medikamenten versorgt, die ihn weitgehend schmerzfrei machen.

Auf künstliche Lebensverlängerung wird verzichtet. Man pfuscht der Natur nicht ins Handwerk. So natürlich wie man geboren ist, so natürlich darf man sterben.

Aktive Sterbehilfe:

Ich persönlich lehne das ab. Auch wenn ich nicht so weit gehe, daß ich gleich von legalisiertem Mord spreche, so habe ich doch vielerlei Bedenken.

Aktive Sterbehilfe bedeutet in letzter Konsequenz eben doch, daß ich mich am Tod eines Menschen aktiv beteilige. Dagegen sträubt sich mein Gewissen.

Hinzu kommt, daß Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann. Es gibt genügend Beispiele, daß der Kostenfaktor bereits heute eine wichtige Rolle darstellt. Teure Operationen werden alten Menschen verweigert, das ist bereits an der Tagesordnung. Menschen wird lebensnotwendige Flüssigkeit verweigert (oder entzogen), um das Sterben zu beschleunigen.

Es kommen viele weitere Gründe hinzu, warum ich eine aktive Sterbehilfe ablehne. Das wichtigste Argument aber ist für mich, daß es eine unnatürliche Art des Sterbens ist. Dazu kann ich nicht "JA" sagen.


isolde antwortete am 20.05.02 (10:23):

Über Patientenverfügung selbst bestimmen, wie man es gerne hätte.
Dazu allerdings müsste man sich im gesunden Zustand mit dem Tod auseinandersetzen.
Doch, wenn viele sich noch nicht einmal getrauen über ein Testament sprechen, werden diejenigen auch nicht über ihren eigenen Tod nachdenken wollen.

isolde


Heidi antwortete am 20.05.02 (10:28):

Den Ausführungen Werners kann ich mich ohne Einschränkung anschließen.


Geli antwortete am 20.05.02 (10:38):

Zwischen passiver Sterbehilfe und Sterbebegleitung gibt es aber schon einen Unterschied!

Und der Unterschied zwischen passiver und aktiver Sterbehilfe liegt unter anderem auch darin, daß ersteres (zumindest bei uns) nicht strafbar ist, zweiteres jedoch sehr wohl.

Diese Bemerkungen ganz abgesehen von moralischer Wertung!


wese antwortete am 20.05.02 (11:29):

@ Geli:

"Zwischen passiver Sterbehilfe und Sterbebegleitung gibt es aber schon einen Unterschied!"

Ich sehe diesen Unterschied nur sehr, sehr begrenzt. Und eigentlich halte ich ihn für falsch. Am Beispiel des berühmten Dr. Manfred Köhnlechner wird deutlich, was ich damit meine.

Dr. Köhnlechner hat viele Gerichtsprozesse unbeschadet überstanden, weil er angeblich nur passive Sterbehilfe geleistet hat.

Er hat bei seinen Todespatienten nie selbst Hand angelegt. Aber er hat ihnen das Gift besorgt, mit welchem sich die Patienten das Leben genommen haben. Diese Verfügbarmachung von Gift, ist in meinen Augen kein passiver, sondern bereits ein sehr aktiver Akt der Beteiligung.

Nicht mal alle Juristen sind sich in diesem Punkt einig gewesen. Daran möge man erkennen, wie problematisch das ganze Thema ist.


Ursula antwortete am 20.05.02 (12:14):



im wesentlichen stimme ich Wese zu, würde aber, wie Geli es schon getan hat, passive Sterbehilfe und Sterbebegleitung unbedingt von einander trennen.

Bei der passiven Sterbehilfe wird durch Unterlassen der Tod vorangetrieben, also auch in den natürlichen Sterbevorgang aktiv eingegriffen.

Die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe per Gesetz lehne ich persönlich ab, zum einen aus Gewissensgründen, zum anderen, weil eine mißbräuchliche Auslegung nach meiner Ansicht nicht sicher genug ausgeschlossen werden kann.
Außerdem gibt es in der Medizin immer wieder und überall Irrtümer, was die Diagnose, die Behandelbarkeit von Krankheiten und die Prognose betrifft.
Schon so mancher dem "sicheren Tod geweihte" (Koma-)Patient hat das Krankenhaus auf eigenen Füßen verlassen.

Eine Studienfreundin hat vor 2 Jahren eine sehr schwere Hirnblutung erlitten, lag sechs Wochen im Koma, mußte in dieser Zeit u.a. maschinell beatmet werden, bekam als weitere lebensbedrohliche Komplikationen eine Sepsis und eine schwere Lungenembolie.
Von den behandelnden Ärzten wurde ihr Zustand als aussichtslos eingestuft. Es wurde damals ernsthaft diskutiert, ob man die lebenserhaltenden Maschinen nicht abschalten sollte ...

Ich habe diese Freundin (heute 60J)vor einer Woche wiedergesehen: Bis auf eine leichte Unsicherheit beim Gehen und einem fehlenden räumlichen Sehen (beides bessert sich ständig) erinnert nichts mehr an den schrecklichen Zustand vor zwei Jahren. Immer wieder sagt und schreibt sie mir, wie dankbar sie ist, dass sie leben DARF.

Zu der passiven Sterbehilfe habe ich keine eindeutige Einstellung. Hier würde ich mich von Fall zu Fall, mal dafür, mal dagegen aussprechen.

Auch wenn ich selbst die aktive Sterbehilfe ablehne, respektiere ich selbstverständlich, wenn andere sie befürworten.

Ursula


Ursula antwortete am 20.05.02 (12:43):

Hallo Wese,

verwechselst Du nicht passive Sterbehilfe und Hilfe zum Selbstmord. Was M.Köhnlechner (und J.Hackethal) gemacht haben, würde ich eher als Hilfe zum Selbstmord bezeichnen.

Gruß
Ursula


wese antwortete am 20.05.02 (13:40):

Liebe Ursula,

ja, Du kannst es auch so sehen. Aber das ist genau jener juristische Trick gewesen, der das Thema so populär gemacht hat.

Dr. Köhnlechner hat sich nie die Hände selbst "schmutzig" gemacht. Das will ich moralisch überhaupt nicht einschätzen, erst recht nicht bewerten. Ich habe dazu bereits gesagt, daß ich schon die Verfügbarmachung von Gift für keinen "passiven" Akt halte.

Im Endeffekt ist das Resultat immer gleich: Ein Mensch ist tot! Rein faktisch ist es wohl ein klassischer Selbstmord, weil sich der besagte Mensch ja eigenmächtig umgebracht hat. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit.

Vielleicht hast Du damals auch die Bilder im Fernsehen gesehen, als dieser Dr. Köhnlechner eine Frau präsentierte, die nur noch ein halbes Gesicht hatte. Es waren entsetzliche Bilder. Ich konnte schon damals gut verstehen, warum diese Frau nicht leben wollte, wohl auch psychisch nicht mehr weiterleben konnte.

Diese Frau ist gestorben, so wie sie es wollte. Jetzt könnte ich die Frage aufwerfen, wie ist diese Frau eigentlich wirklich gestorben.... Hat man ihr nur ihren Sterbewunsch erfüllt, oder hat man ihr das Sterben suggeriert?

Wie immer man darüber urteilen mag, es ist und bleibt eine schwierige Frage. Das hat nicht nur mit moralischen Werten zu tun, sondern mit der Tatsache, daß sich Ärzte per Eid dem Leben verpflichtet haben, nicht dem Tod.

Dazu mehr in meinem nächsten Beitrag, den ich ohne einen persönlichen Kommentar absenden werde. Er kann vielleicht zum Nachdenken anregen, was ich mir wünsche.


wese antwortete am 20.05.02 (13:49):

Hypokratischer Eid der Ärzte:

Ich schwöre, Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygieia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen anrufend, daß ich nach bestem Vermögen und Urteil diesen Eid und diese Verpflichtung erfüllen werde:

Den, der mich diese Kunst lehrte, meinen Eltern gleich zu achten, mit ihm den Lebensunterhalt zu teilen und ihn, wenn er Not leidet, mit zu versorgen; seine Nachkommen meinen Brüdern gleichzustellen und, wenn sie es wünschen, sie diese Kunst zu lehren ohne Entgelt und ohne Vertrag; Ratschlag und Vorlesung und alle übrige Belehrung meinen und meines Lehrers Söhnen mitzuteilen, wie auch den Schülern, die nach ärztlichem Brauch durch den Vertrag gebunden und durch den Eid verpflichtet sind, sonst aber niemandem.

Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.

Ich werde niemandem, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten. Auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben. Heilig und rein werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren. Auch werde ich den Blasenstein nicht operieren, sondern es denen überlassen, deren Gewerbe dies ist.

Welche Häuser ich betreten werde, ich will zu Nutz und Frommen der Kranken eintreten, mich enthalten jedes willkürlichen Unrechtes und jeder anderen Schädigung, auch aller Werke der Wollust an den Leibern von Frauen und Männern, Freien und Sklaven.

Was ich bei der Behandlung sehe oder höre oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf, verschweigen und solches als ein Geheimnis betrachten.

Wenn ich nun diesen Eid erfülle und nicht verletze, möge mir im Leben und in der Kunst Erfolg zuteil werden und Ruhm bei allen Menschen bis in ewige Zeiten; wenn ich ihn übertrete und meineidig werde, das Gegenteil


Ursula antwortete am 20.05.02 (14:35):

Lieber Wese,

zu Deiner Antwort von 13:40Uhr. Hackethal hat es wie Köhnlechner gemacht: Beide sind nicht nachweisbar aktiv geworden und waren deshalb juristisch auch nicht zu belangen.
Natürlich kann man darüber streiten, ob das, was wie ein Selbstmord aussah, auch tatsächlich ein Selbstmord war - juristisch war es einer, und das war ja auch das Ziel. (Ich habe diese Frau, von der Du sprichst, mit dem "zerfressenen" Gesicht noch vor Augen - grauenhaft.)

Auch ich will hier nicht werten oder gar verurteilen, dennoch meine ich (ganz vorsichtig), dass das Bereitstellen von Gift zur Selbsttötung eher der aktiven als der passiven Sterbehilfe zuzuordnen ist. (Ob Juristen das auch so sehen würden, ist aber ein anderes Thema.)

Gruß an alle Diskutanten und Leser.

Ursula


Nuxel antwortete am 20.05.02 (14:59):


was soll das?

Dieser Eid ist mindestens in einem Punkt schon lange gebrochen:
Abtreibung

Die Frage zielte auch nicht auf den Hippokratischen Eid,der seit Mitte des 4.Jahrhunderts auf den griechischen Arzt
Hippokrates zurückzuführen ist und als ethische Grundlage für den Arztberuf anzusehen ist.

Hier wurde nicht an Ärzte,sondern an uns die Frage gestellt:

Sterbehilfe-aktiv oder passiv

Um die jeweils PERSÖNLICHE Meinung zu dieser sehr schwierig zu beantwortenden Frage geht es hier.

Ich kann dazu nur sagen:für mich habe ich notariell meinen diesbezüglichen Willen festlegen lassen,in einer Form,an die sich jeder Angehörige und Arzt,u.a. halten muss.Um die Wirksamkeit zu erhalten erneuere ich jedes Jahr meine Unterschrift.Ein beglaubigtes versiegeltes Schreiben hat jedes Kind und jeweils ein Exemplar ist in meiner Ausweistasche und bei wichtigen Papieren in der Wohnung.
Ebenso haben meine Kinder Generalvollmacht für alles zu Regelnde zum gleichen Zeitpunkt erhalten.So bleibt ihnen erspart,bei eintretender Demenzerkrankung oder meinem Ableben erst bei verschiedenen Behörden und der Bank die Vollmachten einzuholen.
Ebenso hab ich festgelegt, welcher Art die Bestattung sein soll.
Es versteht sich von selbst,daß ich für mich in Anspruch nehme,kein schwer zu Pflegender oder geistig Verwirrter werden zu müssen!

Wie ich mich jedoch bei Anderen verhalten würde,weiß ich nicht.
Und das ist die Diskrepanz unserer Empfindungswelt!
In der Tierhaltung ist es wohl eine sehr schmerzliche,aber selbstverständliche Entscheidung,ein unheilbar krankes oder altersschwaches Tier einschläfern zu lassen.Ich habe jedes Tier in meinem Arm gehalten,wenn diese schwere Stunde gekommen war.Sie sind auch ohne Angst eingeschlafen,da nicht in der Praxis.
Ich habe meine Mutter auch in ihrer letzten Stunde in meinen Armen gehalten,weil kein Arzt der Welt ihr Herz vor dem stillstehen bewahren konnte.
Sie war geistig bis zuletzt ganz wach,aber es war eine sehr schwere Pflege!Trotzdem habe ich ihr noch sehr viel Freude bereiten können,und bin mit Rollstuhl -Auto-Rollstuhl durch schöne Landdschaften oder in Konzerte u.a. mit ihr gefahren.Alles,was ihr peinlich in der anzunehmenden Pflege war,haben wir mit Humor gemeistert.
Sie hat nie gehört,wenn ich vor Erschöpfung auf der Treppe bitterlich geweint habe.
Trotzdem würde ich es jederzeit wieder tun!
Aber ich weiß wirklich nicht,wie ich mich entschieden hätte,wenn sie unsagbar hätte leiden müssen,oder an schwerer Demenz erkrankt wäre
Nuxel


Jane antwortete am 20.05.02 (16:32):

Passive Sterbehilfe ist, wenn der Arzt auf alle (auch bisher verabreichten) lebenserhaltenden Medikamente verzichtet und das persönliche Leiden durch Schmerz- und Beruhigungsmittel abdeckt.

Sterbebegleitung ist die umgebende Hilfestellung.


wese antwortete am 20.05.02 (16:38):

@ Nuxel:

"Dieser Eid ist mindestens in einem Punkt schon lange gebrochen: Abtreibung."

Das ist völlig richtig. Und es gibt sogar noch weitere Punkte, die nicht mehr zeitgemäß sind. Das ändert allerdings nichts daran, daß Ärzte diesen Eid noch heute in dieser Form leisten. für mich war besonders der Abschnitt wichtig, in dem zu lesen ist:

"Ich werde niemandem, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten."


Kommentator antwortete am 20.05.02 (17:33):

Jemand, der einer Konfession angehört, aber nicht in die Kirche geht, ist wie ein Arzt, der jenen Eid bricht. Die Zeiten seit Hippokrates haben sich geändert. Das Ablegen dieses Eides ist lediglich noch eine überlieferte Zeremonie. Zudem haben heute viele Ärzte keinen Doktor-Titel mehr und also den Eid gar nicht abgelegt.


Nuxel antwortete am 20.05.02 (19:11):


Hallo,Wese

ich glaube,ich könnte einem anderen Menschen auch kein tödliches Mittel geben oder zukommen lassen.....
es mag aber durchaus Situationen,Verletzungen,zerrissene Menschen bei Unfällen,Terroranschlägen und Kriegen.....
und besonders schlimme und entstellende Krankheiten verbunden mit unerträglichen Schmerzen geben,bei denen
es eine -gewollte-Lösung sein könnte!
Wenn man durch starke Schmerzmittel nur noch in einem somnabulen Zustand ist,bei nachlassender Wirkung stöhnend nach der nächsten Betäubung verlangt.... was ist daran lebenswert?


wese antwortete am 20.05.02 (19:25):

Die holländische Todesart

�Die holländische Todesart� lautet die Überschrift eines Kommentars im Wall Street Journal-Europe vom 23. April, worin der Verfasser Richard Miniter die niederländische Euthanasiepraxis scharf angreift. Miniter schreibt, hinter der �Kultur des Todes�, die sich jetzt in der Legalisierung der Euthanasie ausdrücke, steckten vor allem wirtschaftliche Faktoren - besonders seit �die Ärzte lernten, wie Buchhalter zu denken�.

Als die Kosten für medizinische Versorgung anzusteigen begannen, habe man den Ärzten �große Vorträge über die steigenden Kosten gehalten�, erklärt Miniter. �In vielen Krankenhäusern wurden Schilder aufgestellt, auf denen vorgerechnet wurde, wieviel die Behandlung älterer Menschen den Steuerzahler kostet.� Die Zeitung zitiert einen Sprecher der Katholischen Vereinigung für ältere Menschen: �Alte Menschen müssen sich dafür entschuldigen, daß sie leben. Wenn sie sagen, daß alle ihre Freunde tot sind, sagen die Leute nicht �Du solltest dir neue Freunde suchen�, sondern �Vielleicht ist es für dich jetzt auch Zeit, abzutreten�.�

Der Wandel sei dramatisch, schreibt Miniter weiter, denn im Zweiten Weltkrieg sei Holland das einzige von den Nazis besetzte Land gewesen, in dem kein einziger Arzt jemals Euthanasie befürwortet oder praktizierte. Schon 1991 seien nach Angaben eines Regierungsbeamten fast 6000 Menschen von ihren Ärzten ohne ihre Zustimmung getötet worden. In dieser Zahl seien jedoch etliche der betroffenen Gruppen noch gar nicht erfaßt, die unfreiwillig sterben mußten, wie behinderte oder unheilbar kranke Kinder und Geisteskranke.

�Viele alte Menschen haben jetzt Angst vor holländischen Krankenhäusern�, schreibt Miniter weiter. �In einer der jüngsten Umfragen, in der Euthanasie gar nicht erwähnt wurde, äußerten mehr als 10% der Senioren von sich aus, sie hätten Angst, daß ihre Ärzte sie ohne ihre Einwilligung umbringen könnten.�

(Internet-Tipp: https://www.pilhar.com/News/Presse/2001/20010502.htm)


info antwortete am 21.05.02 (08:55):

Weitere Links zu dem Thema Aktive Sterbehilfe:

/seniorentreff/de/diskussion/archiv6/a334.html

Lizenz zum Töten


/seniorentreff/de/diskussion/archiv1/a359.html

Aktive Sterbehilfe in den Niederlanden legalisiert - human oder unverantwortlich?


Heidi antwortete am 22.05.02 (11:31):

Jemand fragte mich im anderen Thema, ob es nicht vielleicht meine eigene Angst sei, die mich so ablehnend gegenüber der aktiven Sterbehilfe sein lässt.

Angst ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber wer in meinem Beruf nicht die notwendige Distanz einhalten kann könnte in Versuchung kommen das Leid, dass wir täglich mitansehen müssen, zu beenden. Es gab auch so schon einige Fälle in denen KollegInnen aus Mitleid getötet haben. Das belgische Gesetz könnte die bei den meisten vorhandene Hemmschwelle erheblich senken.

Nachstehendes ist, neben der Freude die wir im Beruf erleben dürfen, auch Pflegealltag:

Hilflos

Flehende Augen sehen mich an
einsam, verlassen
und stumm vor Leid
flehen um Liebe
flehen um Zuwendung
flehen um meine Zeit

Flehende Stimmen sprechen mich an
verwirrt, verängstigt
in einer fremden Welt
flehen um Liebe
flehen um Zuwendung
flehen um meine Zeit

Flehende Körper sehe ich an
gekrümmt, verkrampft
verfaulend bei lebendigen Leib
flehen um Befreiung
flehen um Erlösung
flehen um Todes Zeit

Flehende Stimmen sprechen DICH an
schon heiser und leise
geworden vom Leid .......

(c) copyright Heidi Lachnitt (hl)


Nuxel antwortete am 22.05.02 (13:51):

Liebe Heidi
was Du schreibst,kann ich nachvollziehen
Ich kann für mich selber-oder besser habe-vorgesorgt,daß ich nach Möglichkeit nicht meinen Angehörigen oder den zu Pflegenden in diesen Gewissenskonflikt bringe!

Ich betone ausdrücklich: für mich

ich glaube nicht,daß ich in der Lage wäre,selber eine diesbezügliche - irreparable - Handlung an einem anderen Menschen zu begehen.!

Einzige Ausnahme:
man hätte noch an gesunden Tagen eine unmißverständliche -notariell beglaubigte- Vereinbarung getroffen!

Und diese Überlegung und Vereinbarung darf nicht nur einmal geäußert oder festgehalten worden sein.

Glaub mir,ich weiß,wovon ich spreche!!

Nuxel


WANDA antwortete am 22.05.02 (18:07):

Was JANE sagt, ist auch meine Meinung. So, wie jeder Mensch seine eigene Geburt hat, so hat er auch seinen eigenen Tod. Bei jedem ist es anders, deshalb gibt es keine Pauschalrezepte. Eine alte, fast l00 jährige Dame bat mich vor ca. 15 Jahren doch bitte nichts mehr zu unternehmen, wenn sich bei ihr irgendetwas einstellen sollte. Ich riet ihr auch mit dem Arzt zu sprechen. Diese Dame bekam dann einen Schlaganfall mit einseitiger Lähmung. Ungefähr gleichzeitig mit dem Arzt traf ich ein und wir taten nichts, sondern warteten ab. Am nächsten Tag sagte diese Dame so gut es ihr mit teilweise gelähmten Lippen noch möglich war deutlich "Durst" und wieder "Durst". Das war der Punkt, wo wir tätig werden mussten. Die Patienatin kam ins Krankenhaus und an den Tropf, nach ca. 10 Tagen starb sie, 3 Wochen vor ihrem 100. Geburtstag.


Felix Schweizer antwortete am 23.05.02 (23:43):

Ich beschäftige mich schon lange mit dem Tod und dem Sterben ... vorderhand die einzige Gerechtigkeit unter uns Menschen.
Immer mehr bin ich wie WANDA der Meinung, dass ich nur für mich ... und allenfalls noch für Menschen, die mir sehr nahe stehen .. einen Entscheid treffen könnte. Generelle Aussagen und Regeln lassen sich schlecht formulieren. Der gesetzliche Rahmen müsste so gestaltet sein, dass Entscheidungen im Einzelfall unter festgelegten Bedingungen möglich und straffrei sein sollten.
für mich und meine Liebsten würde ich mir zutrauen ... nach meinem Gewissen zu handeln und dafür ... wenn nötig ... die volle Verantwortung zu übernehmen.


Geli antwortete am 27.05.02 (15:19):

Wie beurteilt Ihr diese Situation?
Eine Schwiegertante (79 Jahre, fast blind) wünschte sich in letzter Zeit immer häufiger, "einfach so einzuschlafen", obwohl sich die Tochter, und nicht nur sie, rührend um sie kümmert.
Letzte Woche wäre ihr Wunsch fast in Erfüllung gegangen: nach einem übertauchten Herzinfarkt fiel sie ein paar Tage später einfach um.
Glücklicherweise fand die Tochter sie kurz darauf, versuchte sie wiederzubeleben und rief die Rettung. Wer hätte das nicht getan?
Jetzt liegt die Schwiegertante im Koma, wird künstlich beatmet, mit allem, was dazugehört, und keiner der Ärzte kann sagen, ob sie wieder aufwacht und wenn ja, in was für einem Zustand (das Gehirn war längere Zeit ohne Sauerstoff).


rolf antwortete am 27.05.02 (16:03):

Das ist sehr schwer zu beantworten. Die Folgen vorherzusehen war ja nicht möglich, und für die Entscheidung, ob ich die Rettung gerufen hätte, fehlen mir Kenntnisse über den Zustand Deiner Tante: konnte sie sich noch selbständig bewegen, war sie auf dauernde Pflege angewiesen. Wie ernst war ihr Wunsch einzuschlafen? usw.
Ich weiß nur, daß ich nicht länger leben wollte, wenn ich auf dauernde Hilfe angewiesen wäre. Das ist jedenfalls jetzt meine Meinung.


Geli antwortete am 27.05.02 (16:31):

@ rolf
Ja, die Folgen konnte wohl niemand voraussehen.
Die Rettung hätte ich natürlich auch gerufen, nicht nur, weil man sich ja sonst wohl strafbar machen würde, sondern weil das vermutlich einfach automatisch das erste ist, was man da macht.
Aber ich denke jetzt manchmal, wenn ein "gütiges Schicksal" (?) die Tochter vielleicht 10 Minuten später hätte kommen lassen, hätte "es" die Tante hinter sich und würde sich das jetzt alles erspart haben. Sie war ja schon nicht mehr bei Bewußtsein. Jetzt "lebt" sie nur noch durch die Maschinen.
Natürlich kann niemand außer sie selbst sagen, wie ernst es ihr mit ihrem Wunsch wirklich war.
Der Mann einer Bekannten ist nach einem Schlaganfall (?) fast 10 Jahre lang im Koma gelegen - was man da wohl mitmachen muß!


Nuxel antwortete am 27.05.02 (17:45):


Seht Ihr

aus diesem Grund und mit grundsätzlicher Überlegung habe ich NOTARIELL festlegen lassen,daß in einem derartigen Fall keine "lebensrettenden" Maßnahmen ergriffen werden dürfen!
Und die Unterschrift lasse ich jährlich beglaubigen!

Das ist kein Leben!
Das ist Siechtum!---Das ist Qual
und das möchte ich meinen Angehörigen und meinen Pflegern
und auch mir nicht antun!
Ich bin in einem Alter,wo ich sagen kann:
(frei nach einem Ausspruch einer sehr geliebten Großtante)

: welch süß Jefühl in meeinem Inneren,isch habe meeine Pflicht jetan!
Unschwer zu erkennen,daß sie Köllnerin war!

Ich habe wirklich mehr als meine Pflicht getan!!
Ich beanspruche dafür das Recht,gehen zu dürfen-----in Würde!

Vor Allem aber will ich um gar keinen Preis,daß meine Angehörigen an meinem Schicksal mit-leiden sollen!

Der Verlust eines Nahestehenden ist schmerzlich.
Viel schmerzlicher aber ist,ein Siechtum miterleben zu müssen,oder davon zu wissen,ohne helfen zu können!
Irgendwann müssen wir doch sowieso gehen........

Nuxel,die weiß,wovon sie schreibt!


Geli antwortete am 27.05.02 (18:14):

Liebe Nuxel,
mich würde etwas wirklich sehr interessieren (wollte ich Dich früher schon mal fragen): MÜSSEN sich an eine solche notarielle Willensäußerung dann auch wirklich alle halten? Gibt es (in Deutschland) eine gesetzliche Grundlage? Wer kontrolliert das dann gegebenenfalls?
Und: wo sind da die Grenzen gesetzt? Hast Du das ganz genau festgelegt, in welchem Fall man noch helfen darf (muß) und ab wann nicht mehr? Zum Beispiel: hätte man in meinem oben geschilderten Fall noch die Rettung rufen dürfen, sollen, müssen? Oder wäre das erst im Spital zum Tragen gekommen?


Nuxel antwortete am 27.05.02 (20:05):


Liebe Geli

ich hatte ein sogenanntes Patiententestament verfaßt und wollte das vom Notar "absegnen" lassen.
Dieser aber wußte noch einige Einzelheiten,die so gravierend sind,daß sich JEDER daran halten muß!
Ärzte,Angehörige,Polizei,Pflegepersonal

Wenn Du möchtest,sende ich Dir den Text als Muster gerne per Email zu.

lieben Gruß,Nuxel


Geli antwortete am 27.05.02 (22:08):

Danke, Nuxel,
ja, wenn das nicht zu persönlich ist, würde es mich tatsächlich sehr interessieren, wie sowas aussehen müßte!
Ich wünsche Dir aber trotzdem, daß Du es nie wirklich brauchen wirst!
Liebe Grüße
Geli


Ruth antwortete am 29.05.02 (19:21):

Liebe Geli,
auch ich habe eine Patienverfügung verfasst und lebe jetzt irgendwie ruhiger. Nicht, dass ich absolut sicher bin, dass im Fall der Fälle alles genau nach meinen Anordnungen geschieht, aber für mich war es wichtig, dass ich einmal nicht auf unabsehbare Zeit an Maschinen usw. angeschlossen werde - usw. usw.
Und keiner weiss ja, was die Zukunft bringt.
Liebe Grüsse
Ruth