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THEMA:   Das Zeug ist da ....

 19 Antwort(en).

Johannes Michalowsky begann die Diskussion am 12.10.02 (20:13) mit folgendem Beitrag:

An diesen Satz, den Holger Börner als hessischer Ministerpräsident (SPD) einmal bei einer Atomdebatte gesagt hat, muß ich immer wieder denken. Es ist da, ob es nun durch die Gegend transportiert wird oder nicht, und wo auch immer es sich befindet, es stellt eine lebensgefährdende Bedrohung dar � nicht nur für die unmittelbare Umgebung, sondern für ein großes Areal drum herum.

Das ist nicht erst seit heute klar, die Ministerpräsidentschaft von Börner liegt weit zurück, und SPD-regierte Zeiten hat es lange genug gegeben, so daß man nicht nun alles über Helmuth Kohl ergießen muß.

Energie aus Atomkraft zu erzeugen halte ich für eines der schlimmsten Vergehen, das sich die Menschheit selbst angetan hat und noch tut. Es setzt physikalische Prozesse frei, die nicht mehr umkehrbar sind und für die Welt insgesamt nach meiner Überzeugung irgendwann einmal tödlich sein werden. Es hilft nicht, AKW�s abzuschalten, das Zeug ist auch dann da und bleibt da, und zwar in Mengen, die den berühmten Overkill bewirken können, nämlich eine tausendfach tödliche Dosis für jeden Einzelnen von uns.

Die Atomhinterlassenschaft muß und wird irgendwann einmal außer Kontrolle geraten, unsere Nachkommen sind überfordert mit der Beherrschung dieses unseres grausamen Erbes. Ich sehe keine Chance, wie sie dem entgehen können. Für uns bleibt der egoistische Standpunkt, das nicht mehr erleben zu müssen.

Und wenn unsere AKW�s abgeschaltet werden, dann bleibt uns ja Importstrom, für den es aus Frankreich � 80% Erzeugung aus Atomenergie � sogar einen Überschuß geben soll.

Vorstehendes fiel mir bei Eddie�s Thema zum Atommüll ein.


mechtild antwortete am 12.10.02 (23:28):

Ja, das stimmt und die SPD ist nicht unschuldig daran, dass es sie gibt. Wir haben mit dem Bau von AKW�s unseren Kindern und Enkeln ein gefährliches Erbe hinterlassen. Aber es war eine Minderheit, die damals gegen den Bau von AKW�s auf die Straße gegangen ist. Mancher Bau wurde durch die vielen Proteste verzögert. Z.B. Der schnelle Brüter in Kalkar ging nie ans Netz. Die Anlage ist heute ein Freizeitzentrum.
Ohne die vielen Proteste gegen AKW�s hätten wir sicher auch so viele Anlagen wie Frankreich. Ob der Bau einer Anlage, die durch Demos verhindert wurde uns bei einem Atom-Unfall in Frankreich hilft, ist jedoch fraglich.
Trotzdem war jede Demo wichtig, auch wenn es nur wenig Demonstranten waren.


Rosmarie Schmitt antwortete am 13.10.02 (09:26):

Lieber Johannes,

deine Meinung teile ich voll!
Für mich ist es unfassbar, wie gedankenlos wir mit der Zukunft unserer Nachfahren umgehen! Wer weiß denn schon, ob es noch in Tausenden von Jahren möglich sein wird, die Endprodukte in den Salzstöcken zu überwachen und ihre sichere Lagerung zu garantieren...


schorsch antwortete am 13.10.02 (13:38):

Keine Bange - in ein paar tausend Jahren wird uns niemand verdammen, dass wir ein solches Erbe hinterlassen haben - weil keiner mehr da ist, der verdammen könnte!


seewolf antwortete am 19.10.02 (22:01):

... mal eine Frage an Naturwissenschaftler -

was könnte passieren, wenn man 1000 kg "Atommüll" (abgebrannte Brennstäbe - Reste von anderem zivilem Atom-Müll, zB aus Kliniken usw...)

a) direkt in unsere Sonne befördert,

b) in eine "benachbarte" Sonne befördert,

c) ohne Ziel aus unserem Sonnensystem herausbefördert.

Über die Kosten des Transports möchte ich nicht hier und jetzt diskutieren.


Barbara antwortete am 19.10.02 (23:53):

Was passieren könnte, seewolf?

Vielleicht ein Fehlstart..........


rolf antwortete am 20.10.02 (09:54):

Wer soll die Brennstäbe aus den Behältern in die Rakete verladen?


schorsch antwortete am 20.10.02 (10:42):

Falls der Start gelingen würde, wäre dies wohl die eleganteste Lösung. Aber ich denke nicht, dass sich eine Raketenbasis finden lassen würde, die das Risiko eines Fehlstartes auf sich nähme.


Karl antwortete am 20.10.02 (16:27):

@ Seewolf,


Deine Frage ist faszinierend. Als Endlagerung wäre die Sonne wirklich gut geeignet, aber wer die Bilder explodierender Raketen im Kopf hat, möchte das Transportrisiko sicherlich nicht versichern wollen. Deshalb ist schon alles gesagt.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Wolfgang antwortete am 21.10.02 (07:49):

Bis heute ist nicht geklärt, wo der strahlende Müll gelagert werden soll. Das ist ein Verstoss gegen das Atomgesetz, das, wendete man das Gesetz an, die sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke nach sich ziehen müsste.

Am Wochenende tagte in Berlin Umweltminister TRITTINs "Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte" (AK End). Eine grundlegende Anforderung an künftige Endlagerstandorte haben die Experten jetzt festgelegt: Die geologische Formation des Lagers muss derart beschaffen sein, dass das gefährliche Gut für eine Million (!) Jahre mit an Sicherheit (!) grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in die Biosphäre dringen kann.

Andere Experten sagen jetzt, diese Anforderung sei nicht zu erfüllen (womit sie wohl Recht haben). Wenn das kein Grund ist, die Atomkraftwerke unverzüglich stillzulegen... Damit wenigstens nicht noch mehr strahlender Müll anfällt...


Wolfgang antwortete am 21.10.02 (08:01):

@Seewolf... Aber ich möchte über die Kosten Deines Vorschlags zur Entsorgung des strahlenden Mülls diskutieren... Denn die Wirtschaftlichkeit ist das "Argument", das von BefürworterInnen der Atomenergie als deren Vorteil gegenüber alternativen erneuerbaren Energiequellen ausgegeben wird.

Die immensen Kosten für die Endlagerung (ob auf der Erde oder sonstwo) sind aber in der Kalkulation der Kernkraftbetreiber nicht enthalten. Sie privatisieren ihre Gewinne aus dem Verkauf des Atomstroms und sozialisieren die zu erwartenden Kosten für die Endlagerung.

So rechnen sie den Atomstrompreis schön und zeigen mit den Fingern auf den angeblich so teuren Strom aus der direkten Umwandlung von Sonnenenergie.

Tatsache ist aber: Atomkraftwerke und ihr strahlender Müll sind gefährlich und Atomstrom ist der teuerste Strom, den es gibt.


seewolf antwortete am 21.10.02 (18:58):

... Eure Antworten auf meine Frage überzeugen mich nicht.

Zunächst einmal die Zwischenfrage, von welchen Mengen "echten Mülls" und der "Sicherheitsverpackung" (für irdische Transporte/Lagerung reden wir? Wieviel kg Material pro kg Abschirmung?

Kann man 50kg-"Pakete" abpacken?

und: kann man solche "Pakete" mit unbemannten Drohnen zur ISS zwecks Bündelung und "Weitertransport" schaffen?

@Wolfgang - bitte keine Tiraden über die Atomstrom-Lobby und Strom aus alternativen Quellen als Antwort... ich möchte hier technische und naturwissenschaftliche Aspekte erörtern...

(auch Hans Dominik hatte "unversicherbare" Einfälle, die längst Alltag sind)


Johannes Michalowsky antwortete am 21.10.02 (19:30):

@seewolf

Weißt Du, wieviel Atommüll nach Deinem Vorschlag zu entsorgen wäre? Ich weiß es im Augenblick nicht, aber 1.000 kg, je Rakete in den Weltraum geschossen, wäre, vermute ich, ein Klacks gemessen an dem gesamten Müllhaufen.

Es müsste also eine ganze Raketen-Armada sein. Abgesehen von den Kosten und dem ja nun auch dafür erforderlichen enormen Energiebedarf wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei einer derartigen Aktion zu mindestens einem Unfall kommen.

@Wolfgang

Keine Abschaltung beseitigt die bereits vorhandene strahlende Hinterlassenschaft, auch müsste über eine Abschaltaktion weltweiter Konsens erzielt werden - Kyoto läßt grüßen.


Wolfgang antwortete am 22.10.02 (00:40):

@Sehwolf... Wer saudumme Fragen stellt, muss sie sich selbst beantworten.


seewolf antwortete am 22.10.02 (02:35):

Wolfgang -

Du bist zu liebenswürdig :-)))


schorsch antwortete am 22.10.02 (09:39):

Nach meiner Meinung wäre der einzig richtige Ort für die Endlagerung dort, wo das Zeug Millionen von Jahren geruht hat, bevor es von ein paar Zauberlehrlingen an die Erdoberfläche gebuddelt wurde!


Wolfgang antwortete am 22.10.02 (11:26):

Zur Lösung des Problems tragen keine spinnerten Ideen bei, sondern nur sichere und bezahlbare Alternativen zur bisher praktizierten Lagerung des unbehandelten Atommülls.

Eine Möglichkeit, gefährlich strahlenden Atommüll auf eine erträgliche Strahlungsdauer und -kraft zu bringen, ist die Transmutationstechnik (Transmutation = Stoffumwandlung). Das heisst, nach der Transmutation sollte die Strahlung der Abfälle in deutlich weniger als 1000 Jahren auf das Niveau des in der Natur vorkommenden Uranerzes abgeklungen sein. Übrig bliebe damit lediglich schwach radioaktiver Abfall, dessen Endlagerung nur geringe Probleme bereitet.

Bis jetzt sind alleine in Deutschland 10.000 t gefährlich strahlender Atommüll entstanden... Jedes Jahr kommen 500 t hinzu. Und das, obwohl es weder ein genehmigtes Zwischen- oder gar Endlager gibt und auf unabsehbare Zeit auch nicht geben wird.

An der Transmutationstechnik geht meiner Meinung nach kein Weg vorbei... Diese Technik steckt aber erst in den Anfängen. Versuchsreaktoren sollen in Spanien und Italien gebaut werden. Die Sache ist sehr teuer. Die Atomkraftwerkbetreiber weigern sich, in diese Technik zu investieren. Es bleibt wie üblich am Staat, also am Steuerzahler, hängen. So können die BefürworterInnen des Atomstroms weiter propagieren, wie preisgünstig Atomstrom sei.

Studienarbeit von TORSTEN IMIG
Prinzipielle Konzeption eines subkritischen Reaktorsystems (Rubbiatron) zur Transmutation langlebiger Spaltprodukte und Transurane (als mögliche Alternative einer Endlagerung)...
https://www.tud.uni-essen.de/exarb/imig/rubbiatron/energyamplifier.html

Internet-Tipp: https://www.tud.uni-essen.de/exarb/imig/rubbiatron/energyamplifier.html


Wolfgang antwortete am 22.10.02 (12:15):

Wenigstens die 500 t gefährlich strahlender Atommüll, die jedes Jahr durch die Produktion von Atomstrom anfallen, müssten nicht hinzukommen. Hier ein Link auf eine Seite von GREENPEACE...

Solar-Energie für alle
Erneuerbare Energien: Technisch kein Problem
Die technischen Potenziale der erneuerbaren Energien reichen aus, um den Strombedarf ganz Deutschlands zu decken. Mit einer intelligenten Kombination aus Energieeinsparung, effizienter Nutzung endlicher Ressourcen und dem Ausbau erneuerbarer Energien sind Atomausstieg und Reduzierung der klimazerstörenden (Braun-)Kohleverstromung wirtschaftlich und technisch möglich. Die Technik ist soweit, jetzt ist die Politik gefragt!
https://www.greenpeace.de/GP_DOK_3P/THEMEN/C04UB01.HTM

Internet-Tipp: https://www.greenpeace.de/GP_DOK_3P/THEMEN/C04UB01.HTM


schorsch antwortete am 23.10.02 (10:14):

@Wolfgang: "...An der Transmutationstechnik geht meiner Meinung nach kein Weg vorbei..."
Ich aber denke, dass die Transmutationstechnik am Menschen schneller vorangeht als die Transmutationstechnik am Atomabfall. Aber dies ist vielleicht ja auch nur "eine spinnerte Idee"?


Wolfgang antwortete am 23.10.02 (11:13):

Schwer zu sagen, Schorsch... Sicher, die Zeit läuft uns davon... Solche Entwicklungen dauern Jahre, mitunter Jahrzehnte, bis sie unter Alltagsbedingungen funktionieren und vor allem auch bezahlbar werden.

Versuchen muss man es. Die Transmutationstechnik ist nach meiner Meinung die einzig heute mit einiger Aussicht auf Erfolg vorstellbare Technik, um den Geist wieder in die Flasche zu kriegen, den unverantwortbare wirtschaftliche Strukturen und davon profitierende unverantwortliche Menschen freigelassen haben.

Man muss es versuchen. Das sind wir den uns nachfolgenden Generationen schuldig.

Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/