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THEMA:   Kennzeichnung für Genfood - und eine Prophezeiung

 32 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 03.07.03 (09:06) mit folgendem Beitrag:

Gestern gab es nicht nur den Berlusconi-Tumult in Strassburg, es wurde auch richtig gearbeitet. U.a. wurde eine Richtlinie verabschiedet, nach der gentechnisch veränderte Lebensmittel bereits an der Verpackung erkennbar sein müssen. In meinen Augen ist dies eine richtige Massnahme, die die notwendige Klarheit schafft.

Nur - wie wird sich diese Verordnung auf Dauer auswirken? Ich fühle mich an die Tatsache erinnert, dass einst Grossbritannien durchsetzte, Waren aus Deutschland müßten mit "Made in Germany" gekennzeichnet sein. Sinn und Zweck dieser Maßnahme war es, solche Waren zu diskriminieren. Wir alle wissen, dass langfristig "Made in Germany" zu einem Gütezeichen wurde.

Ich bin der festen Überzeugung, dass dies langfristig mit "Genfood" ebenso laufen wird. Zunächst werden wir - vielleicht teilweise empört - feststellen, dass schon in viel mehr Lebensmitteln als wir gedacht haben, genetisch veränderte Bestandteile enthalten sind. Dann werden wir feststellen, dass uns solche Lebensmittel nichts schaden. Irgendwann werden wir bedenken, dass die geringere Verwendung von Giften auf gentechnisch veränderten Feldern doch eher Vorteile bringt - und schließlich werden wir uns dem besseren Geschmack auch nicht verschließen.

Die grüne Gentechnik ist auf dem Vormarsch und das ist gut so. Ich verweise auf ein interessantes Beispiel: Gelber bzw. Goldener Reis (s. Link).

Meine Meinung, Karl

Internet-Tipp: https://www.zum.de/Foren/biotech/archiv/a3.html


schorsch antwortete am 03.07.03 (09:27):

Schon heute wird akzeptiert, dass es praktisch keine Lebensmittel mehr gibt, die nicht einen gewissen Prozentsatz an Genmanipulation aufweisen. Und weil man das akzeptiert, gibt man eine gewisse Toleranzgrenze vor. In etwa 2 Jahren wird man diese Grenze wieder anpassen - und in 5 Jahren wieder - und in 10 Jahren wieder. Und plötzlich ist es dem letzten Konsumenten verleidet - und egal.....


Barbara antwortete am 03.07.03 (10:13):

Besonders im Hinblick auf die Auswirkungen von genmanipuliertem Saatgut auf die sogenannte "Dritte Welt", aber auch wegen der bei weitem noch nicht ausreichend erforschten Auswirkungen auf unsere Umwelt und unsere Gesundheit, bin ich entschieden gegen Genfood. Dabei setze ich auf die positiven Auswirkungen der Globalisierung durch schnellere und einfachere Kommunikationsmöglichkeiten mittels Internet. Die "Weltöffentlichkeit" ist im Protest gegen den Irak-Krieg zum ersten Mal erwacht.... hat ihre Chancen gespürt. Auch Attac, Greenpeace und andere Organisationen agieren grenzüberschreitend... weltweit. Die Menschen, ob als Weltöffentlichkeit oder als Weltkonsumenten, lassen nicht mehr alles mit sich machen, haben ihre Macht erkannt....
und das ist gut so.

Auf zwei Artikel möchte ich hinweisen, die sich mit diesem erwachenden Selbstbewusstsein auseinandersetzen:

ZEIT-Artikel zur Globalisierung
https://www.zeit.de/politik/globalisierung

Ulrich Beck in der Süddeutschen Zeitung:
>>Selbst allmächtige Weltkonzerne können ihre Konsumenten nicht entlassen. Auch gelingt es nicht, die nationale Solidarität der Konsumenten gegeneinander auszuspielen. Die Konsumgesellschaft ist die real existierende Weltgesellschaft.<<
https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel5522/

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/sz/politik/red-artikel5522/


Wolfgang antwortete am 03.07.03 (12:13):

Ich bin froh, dass schmutzige gentechnisch manipulierte Lebensmittel jetzt gekennzeichnet werden müssen. Genfood möchte ich nicht einnehmen. Bisher war es mir aber nicht möglich überhaupt zu erkennen, welche Lebensmittel so verschmutzt sind.

Vor allem die USA sind gegen die Kennzeichnungspflicht. Sie ahnen, was auf sie zu kommt... Ich bin sicher, die meisten VerbraucherInnen werden die Finger vom gefährlichen Genfoodmüll lassen und lieber zu sauberen Lebensmitteln greifen. :-)


Wolfgang antwortete am 03.07.03 (12:22):

Übrigens, wusstet ihr schon: Geklonte gentechnisch veränderte Kühe sollen eine andere Milch geben (eine mit mehr Beta-Kasein und Kappa-Kasein)... Diese Brühe soll die Käseproduktion rationalisieren, sprich, mehr Käse (pro Milcheinheit) soll schneller produziert werden können.

Diesen Käse erkennt man dann aber als solchen, weil er als gentechnisch manipuliert gekennzeichnet sein muss. Wer's mag, kann den Sondermüll trotzdem kaufen. Ich lass' sowas lieber liegen. :-)

Quelle... Brophy et al. (2003): Cloned transgenic cattle produce milk with higher levels of beta-casein and kappa-casein. Nature Biotechnology Online, doi:10.1038/nbt783.


pilli antwortete am 03.07.03 (12:31):

soeben verfolge ich auf wdr3 eine diskussion mit dem Direktor von "friends of earth" Martin Rocholt, der die ereignisse des gestrigen tages erklärend beleuchtet.

hochinteressant !

möchte mich darum später in die diskussion einklinken :-)


DorisW antwortete am 04.07.03 (07:50):

Wann ist "später", pilli? Bin gespannt ;-)

Karl, ich kann deinen Optimismus nicht teilen...

Ich sehe mit großem Unbehagen einer Zukunft entgegen, in der immer mehr Lebensgrundlagen, die eigentlich der "Allgemeinheit" gehören sollten, zum Eigentum einiger Großkonzerne werden.
Über kurz oder lang wird wird es nicht mehr einfach nur noch "Weizen" oder "Reis" geben, sondern den "Hoffmann LaRoche Weizen 3000 TM" oder den "Happy McRice" oder was auch immer... Markenartikel halt :-(


Angelika antwortete am 04.07.03 (08:31):

Mal abgesehen davon, dass es langfristig nicht absehbar ist, welche gesundheitlichen Probleme durch genmanipulierte Lebensmittel auftreten werde ist das grösste Problem doch wohl, dass das pflanzliche Erbgut verändert werden kann, was die variationsreiche Artenvielfalt reduzieren wird. In bestimmten Anbaugebieten Kanadas haben Forscher feststellen müssen, dass genmanipuliertes Rapssaatgut unkonztrollierbar weit ins Land getragen wurde und andere traditionelle Rapssorten dort nicht mehr angebaut werden können. Wissenschaftler des Forschungsinstituts haben inzwischen eingeräumt, dass es inzwischen "absolut unmöglich" sei, den genmanipulierten Raps unter Kontrolle zu halten.
(Quelle: Greenpeace Kanada)

Also sehr vertrauenswürdig finde ich die ganze Geschichte mit dem Genfood auch nicht. Das Argument, daß viele Menschen in Afrika usw dann endlich nicht mehr hungern müssen, kann ich nicht so ganz blauäugig befürworten - die betreffenden Länder haben doch gar keine andere Wahl, als den USA diesen Mais und Soya abzukaufen und irgendwie hat das alles doch mehr einen ökonomische als eine ökologischen Hintergrund ...


Wolfgang antwortete am 04.07.03 (10:45):

Vor allem die europäische Landwirtschaft - traditionell eine Landwirtschaft mit eher kleinen Betrieben, die noch einigermassen naturnah wirtschaften - ist das Ziel der amerikanischen Grosskonzerne... Es geht um die Macht, Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen, um selbst viel Geld zu verdienen. In diesem Spiel um Macht und Geld setzen die amerikanischen Grosskonzerne die Waffe "Gentechnik" ein.

Pflanzen- und Tierarten waren bisher freie Güter. Jetzt sollen sie privatisiert werden. Nichts eignet sich besser dazu, als die Gentechnik... Mit ihr werden aus Pflanzen- und Tierarten patentierbare und damit handelbare Waren.

Die Achtung vor dem Leben, die Gesundheit der VerbraucherInnen, das wirtschaftliche Überleben der europäischen Landwirte... all das spielt keine Rolle für die amerikanischen Grosskonzerne. Deshalb sind sie gegen die Kennzeichnungspflicht ihrer schmutzigen Produkte. Die europäischen VolksvertreterInnen sind standhaft geblieben. Ab jetzt können VerbraucherInnen gentechnisch verschmutzte Lebensmittel erkennen... Und dann können sie entscheiden, ob sie das Zeug kaufen oder nicht. :-)


Barbara antwortete am 04.07.03 (13:27):

Wie verlogen das Argument von Bush ist, die Europäer würden mit ihrem Boykott von Genfood den Tod von Millionen unterernährter Menschen bewirken und wie wichtig unser Widerstand gegen diesen Designer-Fraß ist, zeigt folgender Artikel in der Süddeutschen Zeitung:

Futter vom Reißbrett

Der große transatlantische Nahrungskampf / Von Jeremy Rifkin

>>......Doch der Hunger in der Dritten Welt hängt von vielen Faktoren ab, nicht nur von der Frage, ob Gen-Landwirtschaft zugelassen wird oder nicht. Zum einen leben 80 Prozent der unterernährten Kinder in Entwicklungsländern, die Agrar-Überschüsse produzieren. Der Hunger hat weitaus mehr damit zu tun, was auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen angebaut wird. Derzeit wird auf 21 Prozent des Ackerlandes Viehfutter angebaut. Das damit gefütterte Schlachtvieh aber wird in erster Linie in den westlichen Industrienationen verzehrt. Die Folge ist, dass die Verbraucher, denen es sowieso am besten geht, in den Genuss einer Ernährung kommen, die reich ist an tierischen Eiweißen, während den Ärmsten der Welt nicht einmal ausreichend Land übrig bleibt, um Getreide für ihre eigenen Familie anzubauen. Und selbst das Land, das dafür zur Verfügung steht, ist meist im Besitz globaler Agrarunternehmer und dient deren Interessen, wodurch das Elend der armen Landbevölkerung noch verschlimmert wird. Die Einführung von Gen-Food würde diese Situation um keinen Deut verbessern.

Zum anderen unterschlägt Bush geflissentlich, ist, dass Gen-Saatgut wesentlich teurer ist als das herkömmliche. Und weil Gen-Saatgut dem Patentschutz unterliegt, sind die Bauern nicht in der Lage, das neue Saatgut auf Vorrat zu kaufen, um es im nächsten Frühjahr auszusäen, denn dieses Saatgut gehört den Biotech-Firmen. Abgesehen von den riesigen Gewinnen, die diese Kontrolle des Marktes den weltweit führenden Agrarunternehmen einbringt, geraten die mittellosen Bauern der Dritten Welt auf diese Weise immer weiter ins Abseits.<<

https://www.sueddeutsche.de/sz/feuilleton/red-artikel5932/

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/sz/feuilleton/red-artikel5932/


Karl antwortete am 04.07.03 (14:06):

Vokabeln wie "Fraß", "Brühe", "schmutzig", "Genfoodmüll" etc. werden sich als das entlarven, was sie sind, als reine Propaganda-Schlagwörter, sobald die Menschen Genfood wirklich kennenlernen. Dieses sieht nämlich wie normales "Food" aus und enthält höchstens weniger Pestizide. Deshalb ist die Kennzeichnungspflicht sehr sinnvoll.

M.E. wird in der Diskussion hier das Thema "Wie gesund oder gefährlich ist Genfood?" mit dem anderen auch wichtigen Thema vermengt "Wie kann der wissenschaftliche Fortschritt gerecht verteilt werden?". Nicht jedes gentechnische Projekt in den Agrarwissenschaften wird die Abhängigkeit gegenüber Weltkonzernen vergrößern. Ich verweise noch einmal auf den "Goldenen Reis" und bin auch bereit, hier ausführlicher dazu Stellung zu nehmen.

Mit den besten Grüßen

Karl

Internet-Tipp: https://www.zum.de/Foren/biotech/archiv/a3.html


Wolfgang antwortete am 04.07.03 (14:30):

In einem hast Du recht, Karl... So aussehen tut das Gen-Food schon, wie die Lebensmittel aus nicht-gentechnisch behandelten Zutaten. Es ist aber nicht das gleiche Lebensmittel, sondern eine Art gefährlicher Sondermüll - gut für die grossen (vor allem amerikanischen) Gentechnikkonzerne und Farmer, schlecht für die VerbraucherInnen und für die europäischen Landwirte.

Wer sich diesen Sondermüll nicht antun will, bekommt auf der Seite von Greenpeace praktische Informationen:

Greenpeace Deutschland
Gen & Food - Einkaufen ohne Gentechnik
Link gekuerzt hier

Internet-Tipp: https://www.greenpeace.org/deutschland/


Wolfgang antwortete am 07.07.03 (13:28):

Wer uns die rührseligen Stories vom Kampf gegen den Hunger in der Welt erzählt und Monsanto nicht erwähnt, will uns hinters Licht führen.

Monsanto ist ein amerikanischer global agierender Biotechnik-Konzern - der umsatzstärkste der Branche. Monsanto hat ein unternehmerisches Interesse: Möglichst viele Nutzpflanzen und möglichst viele Anbauflächen von Nutzpflanzen unter seine Kontrolle zu bekommen. Die Waffe im Kampf um die Privatisierung der bislang noch freien weltweiten Ressourcen ist die Gentechnik... Denn gentechnisch behandeltes Saatgut ist patentierbar und damit handelbar.

Monsanto geht es nicht um den Kampf gegen den Hunger... Es geht Monsanto um den Kampf gegen die Hungrigen (die manchmal wenigstens noch ihr eigenes Land und ihre eigenen Pflanzen haben)... Es geht um Monsanto's Profit.

Webtipp...

Greenpeace Deutschland
News zu Gentechnik
https://www.greenpeace.org/deutschland/?page=/deutschland/news/gentechnik/index

Internet-Tipp: https://www.greenpeace.org/deutschland/?page=/deutschland/news/gentechnik/index


Mart antwortete am 08.07.03 (13:15):






Lieber Karl, ich bin sicher, daß Deine Prophezeihung wahr werden wird. Die Gründe dafür sehe ich aber nicht darin, dass die Menschen von der Ungefährlichkeit von Genfood überzeugt werden und der Ernährungszustand in Hungerländern sich verbessern wird.

Ich fürchte, es wird wie bei der 1. grünen Revolution ausgehen. Auch diese wurde begleitet von der gr. Hoffnung jetzt genügend Nahrung für alle Menschen erzeugen zu können. Für die Entwicklung ertragreicher Sorten (Reis) wurde sogar der Friedensnobelpreis vergeben.

Nur � der Mehrertrag stellte sich in den Teilen der Welt ein, in denen schon bisher ausreichend Lebensmittel produziert wurden �mit allen Konsequenzen der �Überproduktion�. Diese kommt kaum hungernde Menschen zu gute; zerstört aber die Weltmarkpreise, worauf sich die armen Agrarstaaten erst recht in der Schuldenfalle verfangen.

Für die armen Ländern ist diese 1. gr. Revolution jedenfalls ein Misserfolg gewesen. Die Hauptgründe liegen darin, dass sich die Höchsterträge erst bei optimaler Betreuung der Felder (Düngemittel, Agrarchemikalien, Bearbeitung) einstellen, jährlich das teure Hybridsaatgut neu eingekauft werden muß, da eine Eigenvermehrung nicht möglich ist. Die dazu nötigen Devisen, das nötige Wissen und die Infrastruktur sind in armen Ländern selbstverständlich nicht in ausreichendem Ausmaß oder überhaupt nicht vorhanden. Ohne die entsprechende Betreuung ist der Ertrag dieser Hybridsorten geringer und wesentlich anfälliger gegenüber Erkrankungen und Wetterkapriolen. Diese Entwicklung mit ähnlichen Folgen erstreckt sich heute auch auf die Tierzucht.

Für die Erhaltung der Biodiversität war diese Entwicklung katastrophal, da durch die billige und z.T. sehr geförderte Einführung der Hybridsorten die alten standortangepaßten Landsorten verdrängt wurden und in einem gigantischen Ausmaß verloren gingen. Der größte Teil der Welternte an Mais kommt von Hybridsorten, in denen nur mehr 8 Eltern stecken. Dass aufgrund des total einheitlichen Erbguts sich Krankheiten und Schädlinge rasantest über den halben Erdkreis ausbreiten können und enorme Missernten zur Folge haben, wurde ja schon einmal am Mais gesehen. Diesem genetischen Leichtsinn begegnete man mit dem Anlegen von Genbanken, deren wichtigste aber natürlich nun in den Händen der gr. Konzerne liegen.

Ich nehme an, dass auch die grüne Gentechnik ihre Versprechungen nicht halten kann, bzw. dass diese gemacht werden, um die Öffentlichkeit dafür zu gewinnen.

Fortsetzung folgt!


schorsch antwortete am 08.07.03 (17:44):

Das Problem ist nicht die Genmanipulation als solche. Denn solche wurden und werden von der Natur selber laufend produziert. Es ist nichts anderes als die Anpassung der Natur an geänderte Umweltbedingungen. Nein, das Problem ist, dass diese Manipulationen nicht mehr in Jahrtausenden oder Jahrmillionen sich vollziehen, sondern in Monaten oder in wenigen Jahren. So kann sich die Natur - der Mensch gehört dazu - nicht in der gebotenen Eile umstellen.


Mart antwortete am 08.07.03 (21:24):

Nun möchte ich meine Zweifel am Erfolg der �grünen Gentechnik�begründen

Mehr Lebensmittel für die Hungernden � m.E. wird es so werden, wie bei �grünen Revolution�. Ertragssteigerung und billigere Produktion in den Ländern, die es sowieso nicht brauchen, -- mit allen Konsequenzen, die wir bereits kennen. Produktion bes.von eiweißreichen Futtermitteln in Hungerländer, die ihre Produkte in die reichen Länder verkaufen müssen, um genügend Devisen zum Einkauf des Saatgut, des Düngers, etc. zu haben. = Cash crops, wobei die eigene Bevölkerung dabei verhungert.


�Gentechnik ist sowieso nichts anderes als was in der Natur über Mutation und Selektion geschieht.� Lieber Schorsch, leider ist das nicht so! Zum Gentransfer werden nach wie vor Viren bzw. Teile des Erbgut derselben bzw. pflanzenkrebserzeugende Bakterien verwendet, die in den Zellen der gentechnisch veränderten Pflanzen verbleiben!! Mögliche Auswirkungen? Keiner weiß es!
�Wenn Gene derselben Pflanzenart übertragen werden, könnte dasselbe in der Natur durch die Befruchtung oder mit Hilfe der herkömmlichen Züchtung erreicht werden.� Allerdings sind dann nicht die in der Gentechnik nötigen �Fähren� (= Viren-, Bakteriengene) in das Erbgut integriert. Nur dauert diese Art der Züchtung ca. 10 Jahre länger! = ein Hauptgrund für die Forcierung der Gentechnik. Die Frage der Patentierbarkeit von Lebewesen bzw. von Genen stellte sich erst mit den gentechnisch veränderten Lebewesen, da die herkömmlichen Hybridsorten sowieso nicht selbst vermehrt werden können.

Falls Gene von anderen Pflanzen, Bakterien oder Tieren übertragen werden, kann man keinesfalls behaupten, auch das käme in der Natur vor. Eigentlich ist es pervers, wenn Gene, die ein Pflanzengift erzeugen auf eine Nutzpflanze übertragen werden. Auch kommt es in der Natur wohl eher selten vor, dass Bakterien sich mit Pflanzen kreuzen.

Heute sind die kleineren Züchtungsbetriebe bereits zugrundegegangen. Interessanterweise wird die Gentechnik von den gr.Chemiekonzernen durchgeführt. Warum wohl? Durch Verträge müssen sich die Landwirte verpflichten, gleichzeitig die entsprechenden Agrarchemikalien im Paket einzukaufen. ----- Und die Kontrolle ist hier sehr intensiv!

Durch die Patentierbarkeit von Lebewesen wird natürlich die unabhängige Forschung sehr stark beeinträchtigt. ---Bisher galt ja das Züchtungsprivileg. � Jeder konnte die vorhandenen Arten verwenden, um weiter zu forschen und weiter zu züchten ----Mit den Patenten hört sich das auf. Welche Konsequenzen diese Machtkonzentration in wenigen gr. Konzernen haben wird, traue ich mir nicht vorzustellen.

�Weniger Agrarchemikalien = Pestizide werden unsere Lebensmittel belasten.� Ob das stimmt oder nicht, ist meinem Wissen nach noch umstritten.

Der erwähnte �Golden Rice� könnte ein positives Beispiel sein; ebenso Bananen mit Impfstoffen ----Hier käme es wirklich auf eine Risikoanalyse an; aber welche gentechnisch veränderten Pflanzen sind auf dem Markt? Diejenigen, die gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent sind --- Ist die Erklärung dafür nicht eindeutig?


Karl antwortete am 09.07.03 (08:50):

Liebe Mart,

ich werde später ausführlicher antworten. Aber dein Satz "Zum Gentransfer werden nach wie vor Viren bzw. Teile des Erbgut derselben bzw. pflanzenkrebserzeugende Bakterien verwendet" beschreibt die Situation nicht vollständig und erweckt auch einen falschen Eindruck.

Ganz entscheidend ist doch, dass die "krankmachenden" Erbinformationen entfernt wurden. Ein Eigenzitat folgt:


Karl antwortete am 09.07.03 (08:51):

Quelle (s. Link):

2.2 Natürliche Gentransportmechanismen als Grundlage der Gentechnologie
Kritiker der Gentechnologie werfen ihr vor, durch das Überspringen von Artgrenzen, die Schranken der Natur niederzureißen. Richtig jedoch ist, daß die Gentechnologie auf natürliche Methoden des DNA-Transfers zwischen Organismen zurückgreift. Entgegen der landläufigen Ansicht kann nämlich auch in der Natur Erbinformation zwischen verschiedenen Arten ausgetauscht werden und es sind vor allem diese Systeme, die von der Gentechnologie benutzt werden.


2.2.1. Aufnahme von "nackter" DNA in Zellen
DNA wird beim Tod von Zellen freigesetzt. Unter bestimmten Bedingungen können lebende Zellen diese DNA-Moleküle aufnehmen und in ihr Genom integrieren. Enthält die DNA genetische Information, ändern sich die Eigenschaften der aufnehmenden Zelle. Diesen Transformation genannten Prozess benützte in den 40er Jahren Avery zum Nachweis der DNA als Erbsubstanz. Als Gentechnologie werden die Versuche von Avery aber noch nicht bezeichnet, weil er die DNA vorher im Reagenzglas nicht modifiziert hatte. Dies gelang erst Cohen und Mitarbeitern 1972. Sie nutzten die Transformation, um ein Darmbakterium durch die Addition manipulierter DNA gegen bestimmte Antibiotika resistent zu machen. Damit war die Gentechnologie im engeren Sinne geboren.


2.2.2. Gentransfer mit "gemäßigten" Phagen
Eine andere Form natürlicher Gentechnologie praktizieren Phagen, die Viren der Bakterien. Nicht die "bösartigen" Phagen, die ihre Bakterienopfer nach einer Infektion bald abtöten, sondern eher gemäßigte Vertreter, die nur ab und zu eine Bakterienzelle durch Freisetzung vieler neuer Phagen zerstören, sind im thematischen Zusammenhang von Interesse. Einer dieser gemäßigten Phagenvertreter ist der Lambda-Phage. Nach der Infektion eines Darmbakteriums, bei der die Phagen-DNA ins Innere der Zelle gelangt, werden die Phagengene in die ringförmige DNA des Bakteriums integriert. Teilt sich das Bakterium, so wird die Phagen-DNA mitkopiert. Falls so aus dem infizierten Bakterium über Nacht durch fortgesetzte Zellteilung Millionen von Bakterien (ein Klon) werden, so ist der Phage in gleicher Weise kloniert worden.

Interessanterweise ist für dieses Verhalten des Lambda-Phagen nur etwa die Hälfte seines Erbmaterials nötig. Die andere Hälfte kann Gene enthalten, die dem Bakterium sogar nützlich sind und damit indirekt auch dem Phagen, was zeigt, daß der Übergang von einem "Krankheitserreger" zu einem nützlichen Symbionten fließend sein kann. Phagen können wichtige genetische Eigenschaften zwischen verschiedenen Bakterientypen transportieren.

Der Gentechnologe macht sich diese Eigenschaften des Lambda-Phagen zunutze. Im Reagenzglas in das Phagengenom eingesetzte DNA-Sequenzen werden anschließend in Bakterien vermehrt (kloniert). Auf diese Weise kann die DNA eines Gens angereichert und anschließend gründlich analysiert werden. Der Phage wird als Vektor benutzt. Ein Vektor ist ein DNA-Vehikel, das den Transport beliebiger DNA-Sequenzen in eine Zelle übernehmen kann.

Es stehen für Bakterien viele verschiedene Vektoren zur Verfügung. Einige begünstigen die Expression eingeführter Gene in dem Bakterium, so daß die Produkte der Gene (die Proteine = Eiweißmoleküle) studiert oder geerntet werden können.


2.2.3. Ein Bakterium betreibt Gentechnologie
Aus dem Pflanzenreich ist ein eindrucksvolles Beispiel für natürliche Gentechnologie bekannt. Das Bodenbakterium Agrobacter tumefaciens erzeugt in zweikeimblättrigen Pflanzen sogenannte Wurzelhalsgallentumore. Diese Bakterien besitzen zusätzlich zur eigenen Erbinformation ein kleines ringförmiges DNA-Molekül (Ti-Plasmid = tumor inducing plasmid) und die Fähigkeit, ein bestimmtes Stück dieser DNA in Pflanzenzellen einzuschleusen. Die infizierten Pflanzenzellen bilden dann den Gallentumor und beginnen mit der Synthese seltener Verbindungen, Opine genannt, die das Bakterium zum Wachstum benötigt, aber nicht selbst herstellen kann. Agrobacter betreibt also Gentechnologie, um sein Überleben zu sichern. Der menschliche Gentechnologe kann sich die Tricks des Bakteriums aneignen, dessen DNA Übertragungsmechanismus einsetzen und so Pflanzen dem Menschen nutzbar machen.


2.2.4. Viren transportieren Gene zwischen tierischen Organismen
Auch in tierischen Systemen macht sich der Gentechnologe Eigenschaften präexistenter Systeme zunutze, um DNA-Moleküle in Empfängerorganismen einzuschleußen. Eine zentrale Rolle spielen die Retroviren, die ein breites Spektrum von Säugerzellen infizieren können. Diese Fähigkeit ist auf bestimmten Abschnitten des viralen Erbmaterials lokalisiert und kann von den krankmachenden Genen dieser Viren getrennt werden. Nur die so gewonnenen Defektviren werden zum Transport genetischer Information in tierische Zellen verwendet.

Internet-Tipp: https://www.zum.de/Gentechnik/WissGrundlagen.html


Wolfgang antwortete am 09.07.03 (15:38):

Die (vorwiegend amerikanischen) Biotech-Konzerne drängen nach weltweiten Absatzmärkten, um ihre Umsätze und vor allem ihre Profite in die Höhe zu treiben. Ihre Waffe im Spiel ums grosse Geld ist die Gentechnik.

Dabei schrecken sie vor Rufmordkampagnen nicht zurück... Vor ein paar Jahren wurden zwei Wissenschaftler der Berkeley-Universität in Kalifornien, DAVID QUIST und IGNACIO CHAPELA, ihre Opfer. Die beiden hatten einen kritischen Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht und vor der Gefahr der Kontaminierung sauberer Pflanzen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) gewarnt (Quelle... QUIST, D., CHAPELA, I.: Transgenic DNA introgressed into traditional maize landraces in Oaxaca, Mexico. Nature 414 (6863), 541-543 (2001)). Auf Druck der Konzerne entschied sich Nature, den Artikel zurückzuziehen. Ein beispielloser Vorgang und ein Vorgeschmack darauf, was die Konzerne von der wissenschaftlichen Freiheit in profitträchtigen Forschungsbereichen halten.

Vertreter der mexikanischen Kommission zur Biodiversität berichteten auf der Umweltkonferenz in Den Haag (8.-19. April 2002) über weitere Untersuchungen, nach denen die Existenz von Transgenen in mexikanischen Landsorten festgestellt wurden. Damit bestätigten sie die Aussagen von QUIST und CHAPELA.

Eines ist klar: Freilandversuche mit gentechnisch behandelten Pflanzen können den vorhandenen (und für die Bauern freien) Reichtum an Varietäten nachhaltig reduzieren. Die Konzerne bestreiten das. Aber deren "Argunmente" sind nichts wert. Es sind allzu offensichtlich Marketingkampagnen zur Steiegerung ihrer Profite. Wer nach dem heutigen Stand der Wissenschaft unkritisch den Biotech-Konzernen nach dem Mund redet, handelt verantwortungslos.


Wolfgang antwortete am 09.07.03 (15:43):

Zwei Webtipps zum Thema...

3sat - 29.11.2001
Veränderte Mais-Gene wandern weit
Forscher fanden Erbgut in großer Entfernung
https://www.3sat.de/nano/news/26361/

SPIEGEL ONLINE - 09.07.2003
US-FARMER
Im Würgegriff der Biotech-Konzerne
Wer steckt hinter der Kampagne der USA für genmanipulierte Lebensmittel? Nicht nur eine Multi-Milliarden-Dollar-Industrie - sondern auch hunderttausende darbende Farmer, die um ihre Existenz fürchten.
Von MARC PITZKE, New York
https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,256423,00.html

Internet-Tipp: https://www.3sat.de/nano/news/26361/


Karl antwortete am 10.07.03 (07:20):

Es ist sicher richtig, dass eine Technik und vor allem ihr Gebrauch immer im politischen und gesellschaftlichen Umfeld betrachtet werden muss. Was mit einer Technologie, einem Werkzeug, einem Hammer getan wird, hängt sehr stark davon ab, wer den Hammer in Händen hält.

Ich bin deshalb keineswegs kritiklos für die Unterstützung irgendeines gentechnischen Projektes, nur weil es ein gentechnisches Projekt ist. Nein, ich bin entschieden dafür, jedes Projekt im Detail zu analysieren, ob es sinnvoll für die Menschen ist. Ich bin allerdings dagegen, das Denken aus ideologischen Gründen auszusetzen, nur weil es sich um ein gentechnisches Projekt handelt.

Persönlich bin ich davon überzeugt, dass die Möglichkeit besteht, dass manche gentechnischen Projekte einer solchen Detailprüfung standhalten werden. Für den Erhalt unseres Ökosystems ist nichts schlimmer, als daß positiv motivierte Menschen sich vor den falschen Karren spannen lassen [Albert Camus in "Die Pest": "Das Böse in der Welt rührt fast immer von der Unwissenheit her, und der gute Wille kann so viel Schaden anrichten wie die Bosheit, wenn er nicht aufgeklärt ist". Wir alle sollten daraus folgern, daß es notwendig ist, unsere Meinungen ständig zu hinterfragen, damit sich unsere Absichten nicht ins Gegenteil verkehren].

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Wolfgang antwortete am 10.07.03 (11:50):

So ist es, Karl... Der Gebrauch eines Werkzeugs wird auch (aber nicht nur) massgeblich bestimmt von denen, die dieses Werkzeug besitzen. Es gibt aber bestimmte Werkzeuge, deren Gebrauch - egal, wer sie besitzt - über die Maßen gefährlich ist.

Die Atomwirtschaft ist ein gefährliches Unterfangen, egal, unter wessen Kontrolle die Atommeiler stehen. Die Gefahren sind so gross, dass sich zumindest in Deutschland eine breit angelegte Protestbewegung gebildet hat und der (etwas euphemistisch so genannte) Atomausstieg binnen einer Generation geschafft sein wird.

Ähnliches gilt für die Genwirtschaft. Hier sind m. E. nach die Gefahren noch viel grösser. Sie sind so gross, dass sich heute kein verantwortungsbewusster Wissenschaftler öffentlich hinstellen und sagen würde, dass das Basteln an pflanzlichen, tierischen oder menschlichen Zellen mit dem Gebrauch eines Hammers (mit dem man u. U. einen Menschen erschlagen kann) vergleichbar wäre.

Und dann ist da noch etwas: Bestimmte Werkzeuge bzw. Techniken sind besonders geeignet, wirtschaftliche und politische Macht zu erzeugen, oder bereits vorhandene wirtschaftliche und politische Macht auf die Spitze zu treiben. Die Atom- und die Gentechnik sind solche Waffen im Kampf der Mächtigen gegen die Ohnmächtigen. Deshalb sind sie zu den auserwählten Werkzeugen der global agierenden multinationalen Konzerne geworden. Es sind skrupellose Manager, denen man diese gefährliche Werkzeuge in die Hand gegeben hat.

P.S.: Ich habe mittlerweile gelernt, dass nicht der amerikanische Konzern Monsanto (Jahresumsatz 4,7 Milliarden Dollar) der grösste Konzern der Branche ist, sondern der Schweizer Multi Syngenta (Jahresumsatz 6,2 Milliarden Dollar). Die Universität Freiburg ist, vielleicht kannst Du dazu etwas Genaueres sagen, eng verbandelt mit Syngenta (z. B. via Greenovation Pflanzenbiotechnologie GmbH, ein Biotechnologie-Spin-Off der Universität Freiburg, und die wiederum via AstraZeneca (heute Syngenta). Es wäre ein eigenes Thema wert zur Frage, inwieweit heute die Biotech-Konzerne die Meinungsbildung und das Verhalten der involvierten WissenschaftlerInnen an den angeblich unabhängigen staatlichen Universitäten beeinflussen.


Mart antwortete am 10.07.03 (14:31):

Lieber Wolfgang!

Das ist wirklich für mich interessant. Im Schweizer Multi Syngenta ist Novartis enthalten; diese ergab sich aus CibaGeigy; diese ergab sich aus der alten Ciba, wo ich Anfang der 70er Jahre mit der Übertragung der Antibiotikaresistenzen von E.coli auf andere Baktereien arbeitete. = Beginn der Gentechnik, die damals allerdings niemand so nannte und deren Tragweite ich bis auf die Konsequenzen für die Antibiotikatherapie nicht erkannte.

So übertrug ich auch die Resistenz gegen das Ampicillin auf andere Bakterienarten, das heute leider immer noch als Marker unter anderem im umstrittenen Gen-Mais von Novartis (google: Novartis+Mais)enthalten ist.


Karl antwortete am 10.07.03 (23:15):

Lieber Wolfgang,

Du schreibst "Es wäre ein eigenes Thema wert zur Frage, inwieweit heute die Biotech-Konzerne die Meinungsbildung und das Verhalten der involvierten WissenschaftlerInnen an den angeblich unabhängigen staatlichen Universitäten beeinflussen."

Was meine Person angeht, so bin ich aus Überzeugung meiner Meinung. Ich bin in den genannten Firmen nicht involviert und hätte durch Kritik keine Nachteile wie ich durch Zustimmung zu bestimmten Projekten auch keine Vorteile erwarte oder erhalte.

Kannst Du Dir wirklich nicht vorstellen, dass andere Menschen aufgrund ihres anderen Erfahrungshorizontes die Gentechnik anders sehen als Du?

Wenn ich lese, dass Du Gentechnik generell ablehnst, weiß ich, dass Du die Realität nicht kennst. Gentechnik gehört weltweit inzwischen zum grundlegenden Handwerkszeug eines Biologen oder forschenden Mediziners und das seit nun fast 30 Jahren. Biologisch gesehen ist das eine winzige Zeitspanne. Aber Du würdest staunen, wenn Du abschätzen lernen würdest, wieviel Wissen durch die gentechnischen Methoden gewonnen wurde. 99% der gentechnischen Arbeiten haben nichts zu tun mit der Herstellung von Nutzpflanzen oder Nutztieren, sondern dienen einzig und allein dem Wissensgewinn über grundlegende Prozesse des Lebens, die zu verstehen notwendig ist, um uns selbst zu verstehen (Selbsterkenntnis), aber auch um zu verstehen, wie Krankheiten geheilt oder vermieden werden können.

Diese Arbeiten finden zu 90% nicht in Hochsicherheitstrakten statt, sondern in Labors der Stufe S1. Diese Stufe 1 liegt vor, wenn anerkanntermaßen keine Gefahr für Mensch oder Tier von den Arbeiten ausgeht.

Das fundamentalistische Verbannen der Gentechnik aus unserer Welt würde diese aus ihren Fugen werfen. Das wäre wie das Entfernen von Nieten und Schrauben aus einem Raumschiff. Unsere heutige naturwissenschaftliche und medizinische Welt ist bereits so von der Gentechnik durchdrungen, dass fundamentalistische Ablehnung völlig daneben ist und leider nur tiefgreifende Unkenntnis verrät.

Was wir brauchen ist nicht weltfremdes Schwadronieren, sondern handfeste Detailkritik wo notwendig, ebenso wie tatkräftige Umsetzung auch gentechnischer Projekte, wo menschen- und naturfreundlich. Das es auch letzteres gibt, dass ist m.E. gar keine Frage. Die Gentechnik wird den Erhalt der Natur ermöglichen. Unintelligentes Weiterwirtschaften wie in den letzten 200 Jahren würde unsere Lebensgrundlagen zerstören. Ich bin der festen Überzeugung, dass über kurz oder lang auch "Umweltschützer", so sie es mit dem Erhalt der Umwelt ernst nehmen, umdenken werden.

Ich bin im Laufe der nächsten Wochen gern bereit, so es mir die Zeit erlaubt, diese Meinung hier weiter zu begründen.

(Die Taufe meines Enkels und ein großes Familienfest wird das am Wochenende leider unmöglich machen).

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (01:57):

Nicht flunkern, Karl, und falsche Behauptungen in die Welt setzen, in der Hoffnung, ich würde mich nicht dagegen wehren... Ich bin kein Gegner jeglicher GENTECHNIK, sondern jeglicher GENMANIPULATIONEN (an Pflanzen, Tieren und Menschen). Genauso habe ich es geschrieben und Du kannst es nachlesen. Gegen die Erkenntnisfunktion der Gentechnik als Teil der Wissenschaft habe ich nichts. Wohl aber habe ich etwas dagegen, dass die GentechnikerInnen nicht nur zweckfreie Erkenntnisse, sondern zweckgerichtete Anwendungen produzieren. Anwendungen, die höchst gefährlich sind. Die auch nicht dazu dienen, der Menschheit etwas Gutes zu bringen, sondern die ausschliesslich dazu da sind, die Profite ihrer Auftraggeber - die grossen amerikanischen und europäischen Biotech-Konzerne - zu erhöhen.

Es ist ähnlich, wie in der Atomphysik... Gegen deren Erkenntnisse habe ich nichts. Wohl aber habe ich etwas gegen den Bau von Atombomben und Atommeilern.

Genmanipulationen an Pflanzen, Tieren und Menschen zum Zwecke der Erlangung wirtschaftlicher und politischer Macht lehne ich grundsätzlich ab. GentechnikerInnen, die das tun, sind für mich verantwortungslose Menschen, genau so verantwortungslos wie AtomtechnikerInnen, die den Mächtigen zu Zerstörungswerkzeugen verhelfen.

Ich diskutiere gerne mit Dir weiter. Du solltest Dich aber um mehr Sachlichkeit bemühen und auf die Argumente der KritikerInnen eingehen. Von oben herab, anderen die pure Unkenntnis unterstellen, das ist leider manchmal Dein Stil... Ich bedauere das. Erschwert es doch eine Diskussion mit Dir über Deine speziellen Reizthemen. Gerade Du solltest doch wissen, wie viele Deiner KollegInnen weltweit die schärfsten KritikerInnen einer Biologie und von BiologInnen sind, die sich unkritisch als Instrument der Konzerne missbrauchen lassen.


Karl antwortete am 11.07.03 (09:27):

Lieber Wolfgang,

den Unterschied zwischen "GENTECHNIK" und "GENMANIPULATION" gibt es nicht, sondern dies ist gleichzusetzen. Jegliche Gentechnik beinhaltet Genmanipulation. Wenn wir Genkombinationen aus der Hefe routinemässig in Drosophila zu dem Zwecke einsetzen, bestimmte Zellpopulationen sichtbar zu machen, dann ist das für die Grundlagenforschung nützlich, aber Genmanipulation.

In einer Qualle gibt es ein fluoreszierende Eiweiß (green fluorescent protein). Das Gen hierfür wird inzwischen als sogenanntes Reportergen in immer mehr Organismen in der Forschung in Kombination mit dem angesprochenen Hefesystem dazu verwandt, definierte Zelltypen unter dem Mikroskop zum Leuchten zu bringen, z.B. in dem Gehirn einer Fliegen-Larve (s. Link).

Zwischen Anwendungen der Gentechnik bei Nutztieren und in der Forschung (Drosophila ist ein Nutztier für letzteres) besteht keine scharfe Grenze, weder methodisch noch inhaltlich.

Internet-Tipp: https://flybrain.uni-freiburg.de/Flybrain/html/contrib/1998/reiter/ioa/projs/frontal.html


Karl antwortete am 11.07.03 (09:39):

Als Quicktime-Movie. Zur Erläuterung: Sichtbar sind Schnitte in einem konfokalen Mikroskop durch eine Hälfte (Hemisphäre) eines Fliegenlarvengehirns, das durch den mächtigen optischen Nerv (gelb) von dem sich entwickelnden Komplexauge (nicht sichtbar) innerviert wird.

Die Rotfärbungen gehen auf die Markierung eines Drosophila-eigenen Antigens durch Antikörper zurück, die Grünfärbungen (Gelb entsteht durch Überlagerung mit Rot) auf die Fluoreszenz des "Grünen Fluoreszierenden Proteins" (GFP), dessen Gen ursprünglich aus einer Qualle stammt und mit Hilfe eines Systems aus Hefegenen in Drosophila in Zelltypen der Wahl eingeschleust werden kann.

Was will ich Euch mit diesen Bildern zeigen: Dass Genmanipulationen in der Forschung Routinemethoden geworden sind.

Internet-Tipp: https://flybrain.uni-freiburg.de/Flybrain/html/contrib/1998/reiter/ioa/frames/proj.mov.frameset.html


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (09:55):

OK, Karl... Eine Frage der Begriffe und etwas für Krümelsucher... Gegen wirtschaftlich zweckfreie Grundlagenforschung (vielleicht ist das Wort, das Deiner strengen Begrifflichkeit entspricht) habe ich nichts (s. mein Beispiel: Atomphysik ja, aber keinen Atombomben- oder Atommeilerbau).

Ich bleibe aber dabei: Ich bin gegen die wirtschaftlich motivierten und gefährlichen zweckgerichteten gentechnischen Anwendungen. Ich finde, es ist unverantwortlich von WissenschaftlerInnen, sich als unkritische Lobbyisten für Gentech-Konzerne zu betätigen. Genmanipulationen an Pflanzen, Tieren und Menschen zum Zwecke der Profitsteigerung und zum Zwecke des Erreichens von Patenten (um damit wirtschaftliche und politische Macht zu bekommen), lehne ich ab. Leben darf nicht privatisiert und handelbar werden. Gott sei Dank denkt so die Mehrheit der WissenschaftlerInnen. Denn nicht alle WissenschaftlerInnen sind verantwortungslose Menschen und viele - vor allem BiologInnen - laufen (mit einigem Erfolg) Sturm gegen die Waffe Gentechnik in der Hand der Konzerne. :-)


Karl antwortete am 11.07.03 (10:08):

Lieber Wolfgang,

ich finde es unfair Andersdenkende gleich als unverantwortlich abzustempeln. Wir müssen uns fragen dürfen, ob es richtig ist, die Zukunftsängste auf die möglichen Gefahren eines Mißbrauchs der Gentechnologie zu konzentrieren, oder ob es nicht vielleicht besser wäre, die Zukunft durch die Wahrnehmung der Chancen dieser Technologie zu meistern. Es kommt darauf an, die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, in der von ihrer Dringlichkeit diktierten Rangfolge anzugehen. Verantwortliches Handeln für die Zukunft setzt ein Abwägen von Möglichkeiten und die Berücksichtigung der katastrophalen Gesamtsituation der Menschheit auf diesem Globus voraus.

Hauptziel jeglichen Handelns muß der Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit sein. Es ist deshalb notwendig, die realen Ursachen für die Gefährdung dieser Grundlagen zu identifizieren. Für den Erhalt unseres Ökosystems wäre es fatal, wenn diese notwendige Analyse fehlerhaft durchgeführt würde und als Folge davon positiv motivierte Menschen Strohpuppen bekämpften. Die eigentlichen Ursachen für die Misere würden dann nicht beseitigt.

Ist die Gentechnik Ursache der gegenwärtigen Situation des Menschen auf diesem Planeten? Wird sie usnere Situation veschlechtern oder verbessern? Das sind die Fragen, die mich interessieren und ich sehe die Antwort hierauf nicht so deutlich vor mir wie Du. Bin ich deshalb unverantwortlich?

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Barbara antwortete am 11.07.03 (14:29):

Es scheint noch mehr Menschen auf unserem Globus zu geben, die nichts von Genfood wissen wollen:

>>Bayer verweigert Haftung für Genpflanzen

Bauern fordern volle Verantwortung des Saatgut-Lieferanten

Perth (pte, 11. Juli 2003 11:48) - Heftige Kritik an der Haltung des Saatgutherstellers Bayer CropScience äußern australische Bauern. Das Network of Concerned Farmers (NFC) https://www.non-gm-farmers.com fordert in einem offenen Brief von Bayer die Übernahme aller Folgekosten, die sich aus dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ergeben. Bisher waren gentechnisch veränderte Nahrungsmittel in der australischen Landwirtschaft verboten. Bayer drängt aber auf Zulassung von genetisch verändertem Raps.

Die Kritik der NFC richtet sich vor allem gegen die aufwändigen Testverfahren, die Bauern, die keine gentechnisch-veränderten Saaten anbauen, dazu zwingen die Reinheit ihrer Produkte zu belegen. In einer Stellungnahme weigerte sich Bayer der Forderung nachzukommen. Außerdem würde der fünfte Kontinent seinen Status als "Gentechnik-Frei" verlieren, argumentieren die Bauern.

"Wenn die Verantwortlichen bei Bayer sicher sind, dass der Anbau von Gen-Raps keine Probleme verursacht, dann sollen sie auch die Haftung und alle Folgekosten übernehmen", erklärt Julie Newman, Sprecherin der NFC. Ärger herrscht darüber, dass die Konzerne offenbar planen, die Kosten, die sich bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen ergeben, den Gentechnik-frei arbeitenden Landwirten aufzubürden. Newman betont, dass die Bauern, die sich weigern genetisch-veränderte Saaten anzubauen, nicht bereit sind Unternehmen wie Bayer und Monsanto zu subventionieren. Unterstützung erhalten die australischen Gentechnik-Kritiker von Bauern aus Kanada, die vor den Folgen genetisch-veränderter Pflanzen warnen. "Zuerst kommen große Versprechungen, dann kommt die Realität der genetischen Verunreinigung und Kontamination, höhere Kosten für Samen, Markteinbrüche und Superunkräuter", warnt Lyle Wright, kanadische Sprecherin der kanadischen National Farmers Union (NFU) sowohl die australischen als auch die britischen Bauern. Newman will Bayer dazu bringen die volle Verantwortung für die Produkte zu übernehmen. "Die Kosten von Gentechnik-frei arbeitender Landwirte für Tests und Aussortierung gentechnischer Verunreinigungen liegen bei zehn bis 20 Prozent des Verkaufspreises", so Newman.

Das NFC argumentiert auch damit, dass wichtige Importeure wie China und die EU nur Gentechnik-freien Raps kaufen und daher diese Märkte verloren gehen werden. Präsident George Bush drängt mit dem Argument, dass gentechnisch veränderte Pflanzen die Welt satt machen werden, auf die Aufhebung des Import-Verbots von genetisch veränderten Pflanzen. Der US-Regierung wird auch vorgeworfen mit großen Saatgutkonzernen eng verbunden zu sein. Umweltorganisationen sehen hingegen ihre Angst vor einer genetischen Verunreinigung herkömmlicher Pflanzen bestätigt: Untersuchungen in Kanada haben nämlich ergeben, dass 95 Prozent des von Öko-Bauern angebauten Raps mit Fremdgenen kontaminiert waren.<<

https://www.pressetext.at/pte.mc?pte=030711015

Internet-Tipp: https://www.pressetext.at/pte.mc?pte=030711015


schorsch antwortete am 12.07.03 (11:20):

Die volle Verantwortung über die Gesundheit von Milliarden von Menschen kann niemand übernehmen........

.......siehe Asbestschäden......

.....was hat ein toter Geschädigter davon, wenn seine Enkel eine Million Entschädigung kriegen?


Barbara antwortete am 12.07.03 (19:33):

Wenn die Angst vor Genfood jedoch nur auf Hirngespinsten basiert, könnte Bayer doch die Verantwortung und damit die Kosten für eventuelle Folgeschäden übernehmen.
Warum weigern sie sich denn so vehement dagegen?


Karl antwortete am 09.08.03 (09:39):

Hallo zusammen,

da mich auch die Meinung der Nur-Mitleser interessiert, habe ich hier heute eine Abstimmung eingestellt, an der jede(r) auch ohne Anmeldung teilnehmen kann:
https://seniorenstadt.de/votes/genfood.html

Internet-Tipp: https://seniorenstadt.de/votes/genfood.html