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THEMA:   Warum nicht Geothermie (Erdwaerme)... die sichere und preiswerte und praktisch unendlich vorhandene Energie ?

 17 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 24.02.04 (15:32) mit folgendem Beitrag:

Die Umwandlung von Energie per Atomkraftwerke ist gefaehrlich und extrem teuer (bezieht man alle Kosten ein)... Das erforderliche Uran ist endlich und reicht nur noch fuer ein paar Jahrzehnte.

99 Prozent unseres Planeten sind heisser als 1000 Grad C, 99 Prozent vom Rest sind immer noch heisser als
100 Grad C. Die Nutzung von Geothermie (Erdwaerme) ist ungefaehrlich und extrem preiswert (bezieht man alle Kosten ein)... Sie ist so gut wie ueberall staendig vorraetig und direkt nutzbar und reicht eine Ewigkeit. Mit ihr kann Strom erzeugt werden und koennen Haeuser und Schwimmbaeder beheizt werden.

Sollte die Geothermie (neben anderen Erneuerbaren Ernergien) nicht die Basis unserer Energiewirtschaft sein ?

Internet-Tipp: https://www.geothermal-energy.ch/


DorisW antwortete am 24.02.04 (20:18):

Schön, dass ich bei dieser Gelegenheit einmal stolz auf meinen Arbeitgeber sein kann, besser gesagt auf "unseren" schicken Maintower :-)

Das 1999 eingeweihte, 200 (bzw. mit Antenne 240) Meter hohe Gebäude saugt einen Teil seiner benötigten Heizenergie aus Frankfurts Untergrund:

"Intelligente Klimatechnik und der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen machen den MAIN TOWER zum Niedrigenergiehaus. Wärme zum Beispiel bezieht der MAIN TOWER nicht nur aus dem eigenen Blockheizkraftwerk, sondern auch aus einem Erdwärmesystem, das bis 50 m tief in den Boden reicht. Gut 80.000 m Kunststoffröhrchen wurden verbaut, um die Wärme bei hohem Wirkungsgrad zu transportieren und bei jeder Jahreszeit für angenehme Temperaturen zu sorgen. Das Ergebnis: ein rekordverdächtig geringer Jahresenergieverbrauch von 75 KWh/m2."

Quelle: www.maintower.de

Die verstärkte Nutzung solcher dezentral verfügbaren, ungefährlichen und sauberen Energieformen ist eine Vision, die mich begeistert :-)

Internet-Tipp: https://www.maintower.de/technik/d_technik_ur_gt.cfm


mart antwortete am 24.02.04 (20:52):

<<ein rekordverdächtig geringer Jahresenergieverbrauch von 75 KWh/m2<<

Der Niedrigenergiehausstandard erreicht Energiekennzahlen zwischen (22)- 30-70 kWh pro qm Bruttofläche und Jahr, wobei es aber keine einheitlichen Grenzen gibt.

Diese Kennzahl bezieht sich aber allein auf den Wärmeverbrauch (Heizung) und ist ähnlich aussagekräftig wie der angegebene Spritverbrauch bei einem Auto - daher auch vom Verhalten stark abhängig.

Wenn Erdwärme in der beschriebenen Form über den Boden genutzt wird, geht das aber nur über Wärmepumpen, die rund 1/4 der gelieferten Energie in Form vom elektr. Strom (also die "wertvollste" Form von Energie)benötigen.

Durch eine Summe von baulichen Maßnahmen, die durchaus wirtschaftlich sind, kann der energetische Verbrauch eines neuerbauten Hauses sehr niedrig sein und ist bei uns durch versch. gesetzliche Maßnahmen schon fast Standard geworden.

Auch für die Nachrüstung eines alten Hauses gibt es vorbildliche Beispiele, wobei die Amortisation durchaus in einem akzeptablen Rahmen liegt. Im Raum St. Gallen gibt es zwei Mietshäuser, deren Sanierung wissenschaftlich verfolgt wurden und die wirklich besser bekannt sein sollten. Dort arbeitet man in erster Linie mit Sonnenkollektoren, gr. Wärmespeicher (anstelle eines gr. Heizöltanks) und Wärmerückgewinnung.


Wolfgang antwortete am 24.02.04 (22:33):

Ein Jahresenergieverbrauch von rund 75 KWh/m2 fuer ein Buerohaus ist wirklich gut... Zur Geothermie (Erdwaerme) noch eine Bemerkung: Die hat ein enormes Potenzial und haelt praktisch ewig. Vor allem: Diese Energie ist so gut wie ueberall vorhanden. Dezentrale Strukturen sind also moeglich (was bei der herkoemmlichen Energiewirtschaft auf Basis fossiler und atomarer Energietraeger nicht moeglich ist).

Das ist auch der Grund, warum die Geothermie (wie alle anderen Erneuerbaren Energietraeger) nicht gerne gesehen wird von den EigentuemerInnen unserer Energieversorgungsunternehmen und ein Schattendasein fristet. Die brauchen zentrale Strukturen fuer ihre Macht und ihre Profite.

Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Geothermie


mart antwortete am 24.02.04 (23:07):

Die Energiekennzahl ist bezogen auf das Jahr oder was sonst, also kWh pro qm Brutto!fläche pro Jahr, sonst ist es doch ein Nonesense.

Die Kennzahl von 75 ist gut, aber an der oberen Grenze eines Niedrigenergiehauses - und es kann ohne weiteres die Hälfte davon erreicht werden.

Die Benutzung von Erdwärme zur Heizung ist ein Problem des Bauherren und eventuell der Förderung und keines der EigentuemerInnen unserer Energieversorgungsunternehmen.

Das größte Problem dürfte das Wissensdefizit und die Reverenzpreise für fossile Energie sein!


radefeld antwortete am 25.02.04 (06:47):

Ich sehe das auch so. Das Problem sind nicht die bösen Energieriesen, das Problem ist die Subventionswirtschaft, also eines der Politik. So lange noch Steinkohle hoch subventioniert wird, die Folgekosten der Atomwirtschaft der Steuerzahler zu tragen hat, und mithilfe der Kostenumlage für erneuerbare Energieen auf die Strompreise Stimmung gegen diese alternativen Energieumwandlungsarten gemacht wird, kann sich da wohl auch kaum etwas ändern. Aber sinnvoll, wie jede andere alternative Energiedarstellung, ist es allemal. Vor allem in Hinblick auf die schwindenden leicht und billig abbaubaren Vorräte fossiler Energieträger.


DorisW antwortete am 25.02.04 (07:21):

@mart
Ich kann nichts darüber aussagen, wie gut oder schlecht diese Zahl jetzt ist... bei einer Bauzeit von 3 Jahren handelt es sich ja auch schon wieder um fast 8 Jahre "alte" Technik. Zudem kann man den Energiebedarf eines Bürohochhauses mit stark energiefressender Infrastruktur (Großraumbüros mit ganztägiger Beleuchtung, PCs usw.) wahrscheinlich nicht mit einem Wohnhaus vergleichen.
Was zählt, ist der Ansatz :-)


mart antwortete am 25.02.04 (08:37):

Doris, Du hast natürlich recht, - es ist ein sehr guter Ansatz.


Aber nochmals, diese Kennzahl bezieht sich allein auf den Heizungsbedarf. Sie inkludiert nicht Computer, Licht, Warmwasser etc.
Sie ist vergleichbar mit dem angegebenen Normverbrauch eines Autos, soundsoviel Liter Sprit auf 100 Km. Auch dieser enthält nicht den zusätzlichen Verbrauch durch Schiträger, Fahrweise oder Standheizung.

Die Kennzahl soll vor allem eine vergleichende Beurteilung der energetischen Situation von Gebäuden ermöglichen und ist für die Geldtasche prospektive Mieter beziehungsweise Bauherren daher interessant - und natürlich für die Umwelt.

Allerdings geht in diese Zahl nicht ein, wie die Energie "erzeugt" worden ist, das heißt welchen Anteil regenerative Energien dabei haben.

Die Angabe von Energiekennzahlen gehört in Österreich praktisch schon zum Standard, und im privaten Bereich ist sie die Grundlage für staatliche Förderungen.


DorisW antwortete am 25.02.04 (08:49):

Ok, stimmt, ich hatte übersehen, dass es nur um die Wärme geht.


Wolfgang antwortete am 25.02.04 (11:51):

Politik und Wirtschaft sind nicht zu trennen... Zum Teil sind es dieselben Personen, die einmal auf Seiten der Politik und ein andermal auf Seiten der Wirtschaft ihre Entscheidungen treffen. Beide derart miteinander verflochtene Gruppen haben in aller Regel ein Ziel: Moeglichst den (fuer sie vorteilhaften) Status quo aufrechtzuerhalten und - wenn es nicht anders geht - allerhoechstens kleine kosmetische Aenderungen zuzulassen.

Wie sieht der Status quo aus ? - Er ist gekennzeichnet durch Energietraeger, die endlich und privatisierbar sind und zentrale Strukturen ermoeglichen... Nur so ist Macht aufzubauen. Nur so ist Kapital bei Wenigen anzusammeln.

Die Entscheidung fuer fossile und atomare Energietraeger - trotz der Nachteile, dass sie teuer, endlich, schnutzig und gefaehrlich sind - ist also kein Zufall und keine freie Entscheidung freier Menschen.

Eine Hoffnung gibt es: Sowohl fossile als auch atomare Energietraeger gehen schnell zu Ende... Gerade erreichen Oel/Gas (global gesehen) ihr Produktionsmaximum (s. Link). Die Folge: Explodierende Preise.

Die Zeit der Erneuerbaren Energien hat laengst begonnen. Geothermie (Erdwaerme) wird schon fuer die aktuell Lebenden zum tragenden (in unserem Land vielleicht zum wichtigsten) Energietraeger. Die fossile-atomare Energiewirtschaft (samt ihrer Strukturen und Profiteure) ist ein Auslaufmodell. Man kann zusehen, wie sie verfaellt. :-)

Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/inhalt.html


petrone antwortete am 25.02.04 (18:21):

In Bad Urach wird nicht geredet, sondern gehandelt.

Ein erstes geothermisches Kraftwerk ist dort in Bau, in 4000 Metern Tiefe sind die auf 170� Wärme gestoßen, da wird kaltes Wasser runtergepumpt und heiß wieder rauf.
Oben soll es Turbinen antreiben in einem Kraftwerk das nicht größer ist als ein Einfamilienhaus.

2005 soll es den ersten Strom liefern. Das nenne ich "Schwäbischen Erfindergeist!"


linus antwortete am 25.02.04 (21:17):

Ich möchte auf die Möglichkeit der Kernfusionskraftwerke verweisen. Hier wird kaum Radioaktivität frei und Wasserstoff gibt es genügend.

Am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (u.a. Garching und Greifswald)laufen dazu bereits entsprechende Piloten (u.a. WENDELSTEIN I und II).


radefeld antwortete am 26.02.04 (06:42):

Du hast schon Recht, Wolfgang: Nicht bessere Einsicht, die zu haben und zu vertreten war immer schon unbequem, heute ist es gar höchst unmodern, sondern harte ökonomische Zwänge werden schließlich die Hinwendung zu erneuerbaren Energieen erzwingen. Zu erwarten steht allerdings, dass Energie dann nicht mehr so wohlfeil zur allgemeinen Verschwendung bereitsteht. Ob das ein WIRKLICHER Nachteil wäre, steht in Frage.
Jedenfalls wird die Verknappung und Verteuerung des Energieangebotes auch erzwingen, unnötige, vor allem mehrfache, Umwandlungen tunlichst zu vermeiden. Einen Wirkungsgrad von 100% wird es niemals geben. Will sagen, Erdwärme ist als WÄRME am Besten zu gebrauchen, Voltaik als Stromerzeuger, Windenergie auch vor allem zu Transportzwecken (Segelschifffahrt- moderne Lösungen natürlich!)


Irina antwortete am 26.02.04 (13:37):

Auch bei dieser Überschrift sollte hl tätig werden.

Irina


Felix antwortete am 26.02.04 (16:37):

Die Nutzung der Geothermie wird wie schon mehrfach gesagt dann boomen, wenn die noch zu billigen Brennstoffe dereinst rar werde.
Ein Klassenkamerad arbeitete lange für ein Unternehmen, das solche Anlagen berechnete und realisierte.
Ich liess mir damals eine Anlage planen.
Gescheitert ist das Unterfangen an folgenden Faktoren:
- Die Bohrung in unserem Wohngebiet wäre aus geologischen Gründen recht aufwändig gewesen (starke Schichten von Flussgeschiebe im Rheinbett). Damit hängt auch die Tiefe der Bohrung und der Temperaturgradient zusammen)
- Eine Anlage hätte sich nur gelohnt, wenn man mehrere Hauseigentümer für eine zentrale Anlage hätte gewinnen können.
- Bevor eine weitere Planungsphase realisiert werden konnte, ging die Firma leider Pleite.

Ich aber bin fest überzeugt, dass dieses Verfahren Zukunft hat. Warten wir's ab!


mart antwortete am 27.02.04 (10:24):

Frage an Felix:

Du berichtest hier offensichtlich von einer Tiefbohrung, die den Grundwasserhorizont erreichen sollte - wie tief wäre sie gewesen?

Hast Du einen Bodenkollektor erwogen?


Felix antwortete am 27.02.04 (17:57):

Wenn ich mich richtig erinnere ging es um eine Bohrtiefe von gegen 3 km. Ein Bodenkollektor war nicht vorgesehe.


Gudrun_D antwortete am 28.02.04 (09:45):

Laut LKZ-Bericht vom 28.2.2004

wird künftig Erdwärme (170 Grad)Energie auf der Schwäbischen Alb gewonnen.
Eine 4km-tiefe Bohrung ermöglicht,einen Kreislauf,bei dem Wasser hinab geleitet,erhitzt und wieder nach oben gepumpt wird.
Bei den cleveren Schwaben entsteht das bundesweit 1. Erdwärme-Kraftwerk.

In Bad Urach wird das neue
" Hot-Dry-Rock-Verfahren"
praktiziert, (anzapfen unterirdischer Heisswasserreservoirs )

Nach Angaben der Geothermischen Vereinigung strahlt die Erde ca
4Mal mehr Energie in den Weltraum ab,als die Menschheit derzeit verbraucht.