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THEMA:   Gibt es einen *pers�nlichen* Zufall?

 19 Antwort(en).

Volker Zdunnek begann die Diskussion am 14.02.02 (20:55) mit folgendem Beitrag:

Für mich gibt es keinen Zufall...in dem Sinne, dass etwas
völlig zusammenhanglos geschieht oder etwas in meinem Leben
ohne Sinn passiert.
Die sogenannten "Zufälle" kommen aus einer "anderen
Dimension" und werden deshalb nicht unmittelbar verstanden.
Wenn ich z.B. "zufällig" eine interessante Person auf einer
Party kennen lerne, dann hatte ich bereits eine Affinität
in mir, die mir unbewusst durch Sympathie mitteilen wird,
wenn ein Mensch mir begegnet, der zu meinem Wesen, meinen
Interessen oder meinen Wünschen und Träumen passt.

Es gibt auch die Affinität zum Negativen...wer "den Teufel
an die Wand malt", darf sich nicht wundern, wenn
etwas "Bedrohliches" durch unbewusst ausgelöste Resonanz
im eigenen Umfeld heraufbeschworen wird.

Jedes persönliche, unerwartete Ereignis -
ein einfallendes nicht erwartetes Geschehen (�Zufall�) -
ist es wert, darüber nachzudenken, warum gerade DAS mir
passiert ist...

Ja, aber... höre ich immer wieder... "der Ziegelstein,
der jemandem auf den Kopf fällt, ist ein Zufall�.
Warum es genau diese Person traf, hat einen individuellen Sinn,
und der kann hier nicht pauschal festgestellt werden.
Nur ein individuelles Verstehen des Einzelfalls gibt die
Erkenntnis und Aufklärung...oder?


Berthold antwortete am 14.02.02 (21:33):

Menschen sind sehr kömpliziert, nicht weil Gott sie kompliziert leben lassen möchte. Was ich erwarte, daß bekomme ich vom Leben,viele Menschen jammern, daß sie nur Pech haben in ihrem Leben. Sie ziehen das Negative an, weil sie an das Negative denken. Oder Menschen machen sich Sorgen, weil es keine Situationen gibt, um die man sich nicht Sorgen muß. Wir müssen verstehen lernen, daß wir in der Relation der Gegenwart leben. Vergangenheit war, Zukunft ist, diese beiden Dimensionen kennt Gott. Viele unserer Mitmenschen leben 20% in der Gegenwart, 20% planen sie ihre Zukunft, die restlichen 60% jammern sie der Vergangenheit nach, die sie sowie so nicht mehr beeinflußen können. Faktor Zeit, wenn wir Jetzt aussprechen ist auch dies schon wieder vergangen. Jeder Tag sollte für sich erlebt und gelebt werden.


schorsch antwortete am 15.02.02 (10:16):

Manche Leute haben ein Brett vor dem Kopf und können gar nicht sehen, wenn ihnen ein Ziegelstein auf den Kopf fällt.

Zufall ist oft das, was von anderen Zeitgenossen gesteuert wird, ohne dass es der dann davon Betroffene merken kann.

Ergo: Auch wir können dem Zufall nachhelfen!

Schorsch


schorsch antwortete am 15.02.02 (10:33):

Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie viele Menschen genau wissen, was Gott will, denkt und vorhat. Ich lebe eher nach dem Zitat: "Ihr sollt euch von mir kein Bildnis machen". Und: "Wenn Gott mir einen Verstand gegeben hat zu denken, dann denke ich selber - und nicht das, was ich glaube, dass Gott mir zu denken vorschreibe."

Wenn ich nämlich denke, dass nichts auf der Welt geschehe ohne dass Gott es weiss oder seine Zustimmung dazu gegeben hat, dann darf doch auch ein Herr Milosevic annehmen, dass das, was er und seine Gesellen verbrochen haben, Gottes Wille war.

Schorsch


Barbara antwortete am 15.02.02 (11:37):

Eine Bekannte hat ein sehr schweres Leben hinter sich:
Vier Kinder, Mitarbeit in der Firma des Mannes, Scheidung nach Art des Rosenkrieges, schwere Depressionen. Sie ist 66 J. alt und hatte mit dem Leben bereits abgeschlossen.

Ein Bekannter dieser Frau aus früheren guten Tagen wohnt ganz in ihrer Nähe. Er ist zum zweiten Mal verwitwet und durch die jahrelange Pflege und das Leid seiner Frauen gezeichnet. Er lebt sehr zurückgezogen, ist 71 J. alt.

Die beiden finden sich sympatisch. Mehr als ein freundliches: "Guten Tag!" spielt sich nicht ab.

Eines Tages findet ein "zufälliges" Treffen an einem Parkschein-Automaten des Einkaufzentrums statt. Man tauscht schüchtern ein paar Worte und erkundigt sich nach dem Lebensverlauf des anderen. Beide stellen fest, dass sie sich viel zu erzählen hätten und verabreden sich in einem Café.

Dieses "zufällige" Treffen ist nun zwei Jahre her. Inzwischen wirken die beiden um Jahrzehnte jünger, leben zusammen und blühten im wahrsten Sinne des Wortes auf. Beide haben neuen Lebensmut geschöpft und genießen ihr spätes Glück. Sie sind aktiv und voller Lebenskraft.

Zufall?
Schicksal?
In meinen Augen: einfach schön!

Gruß Barbara


e k o antwortete am 15.02.02 (21:54):

Lieber Schorsch,

ich bin der Überzeugung, dass Gott kein würdiger alter Herr ist, der da oben irgendwo im Himmel thront und uns vorschreibt, was wir zu tun und zu denken haben.

Gott, das ist nach meiner Erfahrung eine Macht, die in uns selbst wohnt und die uns, wenn wir uns ihrer bewusst machen, die Kraft verleiht, Dinge zu tun und zu erleben, die wir uns mit dem Verstand nicht vorstellen können.

Es gibt keine Zufälle !

Alles, was uns geschieht, haben wir selbst ausgelöst, das Positive genauso wie das Negative.

Wenn ich mit dem Gedanken auf die Straße gehe, dass mir ein Ziegelstein auf den Kopf fallen könne, dann wird es eintreten.

Genauso kann ich aber auch auf die Straße gehen und mir sagen ( und davon überzeugt sein! das ist wichtig!) dass mir das eben nicht zustossen wird, weil ich von der göttlichen Macht beschützt werde, dann werde ich beschützt...und es wird mir nichts geschehen.

Es ist so, wie Volker und auch Berthold es beschrieben haben, das, wovor wir Angst haben, wird eintreten und es wird nicht eintreten, wenn wir uns bewusst sind, dass wir beschützt sind.

Barbara hat uns diese wunderbare Geschichte geschrieben der beiden Menschen, die sich begegnet sind. Nach meiner Überzeugung haben es sich die Seelen dieser beiden Menschen schon längst so ausgesucht gehabt, dass sie sich begegnen werden....und es ist eingetreten.

Leider hindert uns oft unser Bewusstsein, unsere Ratio, auf die wir uns so viel zugute halten, daran zu glauben, dass es so ist. Solange wir meinen, die Dinge mit unserem Verstand auffassen zu müssen und zu können( geht mir oft genauso), werden wir nicht wahrnehmen, was in unserem Unbewussten vor sich geht. Und wir werden die Signale nicht erkennen.

Ich habe im vergangenen Jahr eine Frau kennengelernt und bin jetzt mit ihr "verbandelt". Sie sagt, dass " unsere Seelen sich dies schon lange ausgesucht hatten, damit wir voneinander lernen und uns vervollkommnen".

So, wie unser Kennenlernen vor sich gegangen ist, muss oder darf ich erkennen, dass es so ist. Es war kein Zufall, dass wir uns begegnet sind.

Noch stehe ich am Anfang dieser für mich neuen und aufregenden Erkenntnis....und ich muss noch viel lernen. Aber das, was ich hier niedergeschrieben habe, das habe ich schon erkannt, es hat mich überzeugt.

Grüße an alle

e k o


birkenhof,alias ekkehard antwortete am 18.02.02 (15:26):

lieber eko,
'....es gibt keine zufälle!alles was uns geschieht,haben wir selbst ausgelöst...(und davon überzeugt sein..dann werde ich beschützt..'jedem seinen glauben!! aber diese sätze sind blanker hohn! oder war ein kleines kind,das missbraucht und ermordet wurde NICHT überzeugt genug u.wurde deshalb zum opfer....?


e k o antwortete am 18.02.02 (23:25):

Lieber ekkehard,
das Thema ist zu komplex, um es so darzulegen, dass man auch den letzten Zweifler überzeugen könnte. Es würde den Rahmen sprengen. Wahrscheinlich wäre es wohl besser gewesen, wenn ich hier geschwiegen hätte. Aber von meinen Ausführungen nehme ich nichts zurück.

e k o


birkenhof,alias ekkehard antwortete am 19.02.02 (17:01):

lieber eko,
du sollst nichts zurücknehmen,nicht schweigen und musst auch nicht den letzten zweifler überzeugen wollen!(letzteres versuchen ja täglich fundamentalisten aller glaubensrichtungen-und leichen pflastern ihren weg)mein satz war auch kein pers.angriff!!also,mach weiter so,wir können u.sollten ALLE ,trotz verschiedener meinung friedlich miteinander leben u.diskutieren können!ich wünsche dir u.allen lesern noch einen schönen tag!


Werner Bleicher antwortete am 24.02.02 (17:54):

"Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde von der uns unsere Schulweisheit nicht einmal träumen lässt", so oder ähnlich hat einmal ein weiser Mensch gesprochen. Die Thesen von "eko" klingen mir sehr nach "existential Philosophie" und bedürften eines Studiums - und dann ist man wahrscheinlich erst recht verunsichert.
Zufälle erlebt wohl jeder Mensch öfter einmal und ob da immer eine göttliche Macht daran gedreht hat, lässt sich manchmal sogar bei einer Nachforschung verneinen.

Ob das auch so ein Zufall war:
Im Sommer 1945 war ich dreizehn Jahre alt, mein Vater, an dem ich sehr hing und der mir sehr fehlte war in Gefangenschaft. Bei der Sonntagsmesse hörte ich plötzlich unter den Betern hinter mir, ganz klar seine Stimme heraus. Ich sah ihn aber nicht und dachte, er wird wohl, nachdem er niemand von seiner Familie sah, den Gottesdienst vorzeitig verlassen haben. Ich rannte so schnell ich konnte nach Hause. Er war aber nicht da. Ein paar Tage später stand er plötzlich und unerwartet vor der Haustüre. Im Gespräch ergab sich dann das Erstaunliche: Der Zeitpunkt seiner Entlassung, war exakt die Zeit zu welcher ich seine Stimme in der Kirche hörte.
Zufall???


Andreas antwortete am 24.02.02 (22:21):

Lieber Volker,

ich möchte Dein Thema "Für mich gibt es keinen Zufall..." noch einmal aufgreifen.

Du hast Recht, nur ich möchte das nicht in eine "andere Dimension" schieben. Sieh mal, alles im Leben beruht auf Ursache und Wirkung. Alles was um uns und mit uns geschieht hat seine Ursache. In allen Fällen reichen die Ursachen sehr, sehr weit zurück und sind von so vielen Faktoren abhängig, dass es uns unmöglich ist, dies alles zu überblicken. Nimm nur den Ziegelstein, der Dir auf den Kopf fallen könnte. Seit vielen Jahren schon zerren Wind und Wetter am sicheren Sitz dieses Steines im Mauerwerk. Gerade in diesem Augenblick, in dem Du diese Stelle auf dem Fußweg passierst, genügte ein kleiner leichter Windhauch (und auch dieser hatte wieder eine Vielzahl und Ketten von Ursachen), um den Steine herabfallen zu lassen. Auch Deine Anwesenheit zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle hatte wieder ihre Ursache. Du bist aus dem Bett aufgestanden, hast Dich zurecht gemacht und hast gefrühstückt. Dann bist Du auf die Straße gegangen, an die Stelle, an der Dich der Ziegelstein traf. Hättest Du beim Frühstück zwei Sekunden länger in die Zeitung gesehen, wäre Dir dieses Missgeschick nicht passiert. Aber der herabgefallene Stein hätte Dich erschreckt, Du wärst stehen geblieben, hättest vielleicht eine Minute verweilt und dadurch Deinen Bus verpasst, und so fort und so fort, eine Kette von Ereignissen, jede wieder die Ursache für die nächste.

Wir nennen viele Ereignisse zufällig, willkürlich oder grundlos. Aber sie sind es nicht. Ihre Ursache ist uns nur nicht verständlich, da zu komplex für unser Hirn.

Gruß Andreas


Barbara antwortete am 25.02.02 (00:16):

Unter Schule - Schulerfahrungen im Forum Kunst, Literatur habe ich über ein Erlebnis, das ich während einer Klassenreise hatte, berichtet:

>>Im Alter von zehn Jahren verbrachte ich mit meiner Klasse einen Aufenthalt in einem Schulandheim. Wir schliefen zu sechst in einem Zimmer. Als ich eines Morgens so ganz allmählich erwachte und mich, die Decke noch über beide Ohren gezogen, ganz langsam besann, wo ich eigentlich war, hörte ich, wie meine Mitschülerinnen über mich schluderten:

- und ihre roten Haare
- und ihre selbstgestrickten Pullover
- und ihre knallroten Backen
- und wie sie immer guckt
- und ähnliche Sachen

Traurig und verzweifelt, da ich doch nicht einfach sagen konnte, "Hallo, ich bin jetzt wach und höre, was ihr über mich redet!", fing ich an zu weinen. In dem Moment betrat unsere Lehrerin den Schlafraum, um uns zu wecken. Sie fragte, warum ich weine, und wir erzählten ihr gemeinsam, was vorgefallen war. Ihre Worte, die ich nie vergessen werde:

"Der Horcher an der Wand hört seine eigne Schand!<<

Sieben Jahre später saß ich in der Berufsschulklasse neben einem jungen Mann, der den gleichen Nachnamen wie die besagte Lehrerin hatte.
Ich sagte zu ihm: "Ich hatte einmal eine Lehrerin, die hieß Elli R."
Er sagte: "Das ist meine Tante!"

Dieses ereignete sich in Hamburg (Einwohnerzahl 1,7 Mio)

Gruß Barbara


Felix Schweizer antwortete am 25.02.02 (01:13):

Der Zufall ist ein hochinteressantes Thema. Allerdings ist mir nicht klar auf welchem Niveau diskutiert werden soll.
Zufall wird ja fälschlicherweise als Gegensatz zur Kausalität betrachtet ... steht aber im Gegensatz zur Notwendigkeit. Mit andern Worten: ein Ereignis ist dann zufällig, wenn keine Notwendigkeit besteht, dass es eintrifft. Es hat also etwas mit dem Freiheitsgrad zu tun.
Das Verhalten eines Systems hat keinen Freiheitsgrad (Freiheitsgrad =null) wenn es sich notwendig auf eine bestimmte Art ereignen muss.... z.B. ein fixer Mechanismus.
Bei einem absoluten Freiheitsgrad (Freiheitsgrad = 1) ist das Verhalten zufällig. Es lässt sich nicht voraussagen. Es lassen sich keine Gesetzmässigkeiten ableiten. Das Verhalten ist stochastisch wie bei einem homogenen Würfel, bei welchem die Wahrscheinlichkeit... eine Sechs zu würfeln ... genau 1/6 ist.
Umgangssprachlich spricht man auch von Zufall, wenn man die Bedingungen und Umstände, die zu einem bestimmten Ereignis geführt haben, nicht kennt ... oder nicht erkennt. Viele sogenannte zufällige Ereignisse liessen sich bei einer exakten Analyse, als eine logische Folge von Umständen und Bedingungen deuten.
Aber ich bin mir nicht sicher, ob das euer Anliegen ist?


Andreas antwortete am 25.02.02 (10:23):

Lieber Herr Schweizer,

sicher war es nicht das Anliegen von ECO dieses Thema so zu vertiefen. Aber wenn wir schon dabei sind, sollten wir es ruhig einmal tun.

"Zufall wird fälschlicherweise als Gegensatz zur Kausalität betrachtet..." sagen Sie. Aber sicher doch nur von der "Allgemeinheit"?

"Ein Ereignis ist dann zufällig, wenn keine Notwendigkeit besteht, dass es eintritt", sagen Sie. Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang "Notwendigkeit"? Mit "Erfordernis", "Gesetzmäßigkei"?

Gibt es etwas, was keinem Gesetz folgt, keiner Forderung?
Ist demnach nicht alles "notwendig", einem Gesetz folgend, und damit ursächlich, unabwendbar? Gibt es danach den Zustand der "Nichtnotwendigkeit", des "Zufälligen" überhaupt?

Soweit erst einmal, Gruß Andreas


Felix Schweizer antwortete am 25.02.02 (16:59):

Lieber Andreas,

schön, dass du den Ball abgenommen hast! Offensichtlich bist du auch einer, der nicht einfach Begriffe verwendet, ohne sie nach ihrer Bedeutung hinterfragt zu haben. "Zufall" ist ein solcher Begriff, der im umgangssprachlichen Bereich unscharf verwendet wird.
Ich versuchs einmal mit Beispielen:
Ein mechanisches Uhrwerk ist ein System mit klar definierten Beziehungen zwischen seinen Teilen (Stahlfeder, Zahnräder, Unruhe oder Pendel, Zeiger etc.) Im Regelfall lassen sich alle Bewegungen (Zustandsänderungen) zeitlich und räumlich voraussagen. Dieses System hat im Normalfall keinen Freiheitsgrad. Die Wirkungen und Abläufe folgen der inneren Notwendigkeit. Bei genauerer Betrachtung spielen aber auch bei diesem gesetzmässigen Ablauf äussere Zufallsfaktoren eine Rolle. Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit, elektro - magnetische Felder, Vibrationen, Beschleunigungen etc. können z.B.den Zeitfaktor verändern. Abnützungserscheinungen, Unwuchten können als innere Freiheitsgrade den Gang beeinflussen und im Extremfall zum Erliegen bringen.
Mit andern Worten spielt der Zufall bei einem Uhrwerk eine untergeordnete Rolle.
Nehmen wir ein anderes Beispiel:
Der radioaktive Zerfall eines unstabilen Isotops des Kohlenstoffs C14 hat eine Halbwertszeit von 5589 Jahren. Das heisst, dass nach dieser Zeit die Hälfte der C14 Atome zerfallen ist. Dies ist ein Beispiel dafür, dass das Einzelereignis ... der Zerfall eines einzelnen Atoms ... rein zufällig und damit nicht voraussagbar ist. Paradoxerweise ist aber der Zerfall einer sehr grossen Menge von Atomen exakt voraussagbar und ohne Freiheitsgrad. Da spielt das Wahrscheinlichkeitsgesetz der "Grossen Zahl" eine Rolle.
Den gleichen Effekt hat man beim Würfeln. Je mehr Würfe man berücksichtigt, je näher kommt man an die Zahl 0.16666... für jede Würfelseite. Weicht eine Seite signifikant von 0.166... ab, so ist der Würfel nicht homogen .. und dies trifft in der Wirklichkeit immer zu.
Wenn ich nun jemandem telefonieren will .... und nach dem Abnehmen des Hörers merke, dass die Zielperson bereits am andern Ende der Leitung ist, weil sie meine Nummer soeben gewählt hatte ... und der Impuls zum Läuten noch nicht wirksam geworden war ... ja was ist das für ein Fall? .. ein unwahrscheinlicher Zufall, eine Koinzidenz im Sinne der Synchronizität (C.G.Jung) oder eine mentale Beeinflussung durch Telepathie.
Es gibt Menschen, die schon mehr als zehnmal von einem Blitz gestreift wurden. Schon ein einziges Mal getroffen zu werden, ist sehr unwahrscheinlich ... aber nur wenn die Bedingungen bei allen Menschen homogen wären. Dies sind sie auf keinen Fall. Blitze suchen den geringsten Widerstand und dies sind z.B. ionisierte Felder, die an Metallspitzen oder bei gewissen Körperoberflächen entstehen können.
Du fragst nach der realen Existenz des Zufalls. Aus meinen Beispielen lässt sich schliessen, dass der reine Zufall nur theoretisch existiert und in der Wirklichkeit lediglich graduell.
Soviel ich weiss, gibt es auch keine Zufallsgeneratoren, die im strengsten Sinn zufällige Zahlenreihen liefern. Für die Anwendung sind sie allerdings brauchbar das heisst stochastisch genug.


Andreas antwortete am 25.02.02 (21:25):

Lieber Herr Schweizer,

Zum Beispiel des mechanischen Uhrwerks:
Richtig, es ist ein in sich geschlossenes Regelwerk. Jede Zustandsänderung eines Teils bewirkt eine Zustandsänderung eines anderen Teils. Erst über einen größeren Zeitraum betrachtet können weitere (auch äußere) Einflüsse wirksam werden. Keine dieser Änderungen erfolgt jedoch "grundlos"; sie sind keinem Zufall unterworfen. Klimatische Einflüsse würde ich schon gar nicht einem Zufall zuschreiben, das würde die ganze Klimaforschung in Frage stellen. Auch Einflüsse durch Abnutzung, Unwucht usw. halte ich nicht für Zufallsfaktoren. Sie sind berechenbar und können bei der Konstruktion des Systems berücksichtigt werden. Ergo: Selbst in einer untergeordneten Rolle kann es in besagtem System keinen Zufall geben.

Zum Beispiel des C14:
Richtig, das Atom des C14 ist instabil. Nur daraus auf den "zufälligen" Zerfall zu schließen, leuchtet mir nicht ein. Folgt nicht auch dieser Zerfall wiederum irgendwelchen, für uns vielleicht nicht erkennbaren Gesetzen?

Aber da hätten wir ein neues Phänomen: die Instabilität. Was veranlaßt eine
Kugel "exakt" auf die Kuppe eines Bogens gestellt, mal in die eine Richtung, mal in die andere Richtung zu rollen? Doch nicht der Zufall? Spielen hier nicht auch wieder kleinste Ungenauigkeiten bei der Aufstellung der Kugel und Umgebungseinflüsse eine Rolle, und nicht der Zufall?

Zu guter Letzt zum Telefonat:
Es ist wohl unwahrscheinlich, also nicht für uns vorhersehbar, daß so ein Zustand eintritt, obgleich mir das schon mehrfach passiert ist. Aber einen Zufall würde ich das nicht nennnen. Er ist allein dadurch eingetreten, weil ich die Nummer meines Telefonpartners im Kopf hatte und nicht erst umständlich im Telefonbuch nachschauen mußte. Anderfalls wäre er mir mit Sicherheit zuvorgekommen. Also kein Zufall, sondern eine plausible Erklärung; eine Beeinflussung durch Telepathie schon gar nicht.

Gruß Andreas


Felix Schweizer antwortete am 26.02.02 (16:51):

Lieber Andreas, ich bleibe beim Du ....

bitte beachte die Aussage in meinem vorangehenden Beitrag:

"Aus meinen Beispielen lässt sich schliessen, dass der reine Zufall nur theoretisch existiert und in der Wirklichkeit lediglich graduell."

Du widersprichst mir nicht, wenn du annimmst, dass hinter allem was geschieht eine Ursache, ein Grund steht. Die Kausalität ist eben nicht das Gegenteil von Zufall.

Die Ursachen ... oder der Auslöser eines meteorologischen Ereignisses kann sich im unscharfen Minibereich abspielen. In der Chaostheorie braucht man oft das Beispiel eines Schmetterlings, der mit dem Flügelschlag Miniturbulenzen auslöst, die bei einer labilen Luftdruckverteilung zur Auslösung eines Wirbelsturmes eskalieren können.
Eine ähnliche Situation haben wir beim Auslösen einer Lawine. Die Spannung steigt in einer labilen Schneeschicht. Ein Mini-Ereignis ... ein landendes Insekt ... ein kleiner heruntergefallener Eiszapfen ... oder im Extremfall synchron schwingende Moleküle in einem Schneekristall ... können ein solches gewaltiges Naturereignis starten.
Im atomaren Bereich haben wir das Problem der prinzipiellen Unschärfe oder Unbestimmtheit. Die von W.Heisenberg postulierte Unschärfe- oder auch Unbestimmtheitsrelation besagt, dass von einem Atomteilchen keine exakten Bahnbestimmungen möglich sind, weil man nicht gleichzeitig der Ort und der Impuls bestimmt ist. Oder vereinfacht ausgedrückt: je kleiner und feiner der Bereich ist, den man für die Ursache einer Wirkung annimmt ... desto zufälliger, stochastischer oder chaotischer werden die Relationen.
Das ganze wird natürlich in mathematischen Formeln ausgedrückt ... aber das kann jeder für sich nachlesen.

Lieber Andreas damit sind wir wie auch beim Zeitbegriff auf einer rein philosophischen Ebene angelangt .... und da kann ich mit dem guten Platon nur wiederholen. "Ich weiss, dass ich nichts weiss....."


Andreas antwortete am 26.02.02 (19:06):

Lieber Felix, haben wir ein neues Thema? den Zeitbegriff?

Sicher gibt es für den Zeitbegriff, also was bedeutet Zeit, wieder eine Vielzahl akademischer Erklärungen. Ich bin kein Freund vieler Worte und habe die Zeit einmal für mich so definiert:

Zeit ist das Maß einer Veränderung bezogen auf eine andere (Veränderung). (Ich gehe dabei davon aus, dass sich alles in unserem Kosmos stetig verändert.)

Aus dem Fortschreiten einer Veränderung im Verhältnis zu einer anderen bilden wir astronomische oder biologische Zeitbegriffe, Zeitspannen.

Aus dem Schwingungsverhalten des Cäsium-Atoms leiten wir einen Takt ab, zu dem wir die astronomischen und biologischen Zeitbegriffe wieder ins Verhältnis setzen und z.B. Uhrzeit und Jahreszeit bilden (und gelegentlich korrigieren).

Zeit ist also immer relativ. Sie wird auch biologisch immer unterschiedlich wahrgenommen.

Wie denkst Du über die Zeit?


Felix antwortete am 26.02.02 (22:59):

... über den Zeitbegriff habe ich mich u.a. im Thema Parapsychologie geäussert. z.B. brachte ich die transversale Zeitkomponente in die Diskussion ein, um auf Phänomene wie Präkognition etc. einzugehen.
Eigentlich möchte ich nun lieber beim Phänomen Zufall bleiben.


Barbara antwortete am 06.03.02 (11:33):

Im Hamburger Abendblatt ist heute folgender Artikel zu lesen:

>>Zwei 70-jährige Zwillingsbrüder sind in Finnland an unterschiedlichen Orten fast gleichzeitig tödlich verunglückt. Beide wurden gestern auf ihren Fahrrädern von Lastwagen erfasst. Der erste Unfall ereignete sich auf einer Kreuzung in der Ortschaft Raahe, der zweite zwei Stunden später rund eineinhalb Kilometer entfernt auf derselben Straße. Das zweite Opfer habe nichts vom Tod des Bruders wissen können, sagt die Polizei.<<

Gruß Barbara