Zur Autorenübersicht | Neuere Autoren | Impressum




          Georg von Signau: Noch weit bis Eden


267


Aufregung ist im Dorf. Hunde verschwinden auf rätselhafte Weise. Auch in den umliegenden

Dörfern ist Unruhe. Niemand kann sich das unbemerkte Verschwinden seines Lieblings erklären.

Die Polizei, von vielen Hundebesitzern alarmiert, gibt eine Warnung und die Signalemente der

verschwundenen Tiere im Anzeiger heraus. Keine Reaktionen aus der übrigen Bevölkerung, dass

irgendwo so ein Vierbeiner aufgetaucht sei. Bürgerwehren sind im Begriffe sich zu bilden.

Morddrohungen werden laut, falls man den Kerl erwische....


Ich gehe mit meinem Hund Dino, der mir eben die Schuhbändel anknabbert, an einem Bach

entlang, welcher in der Nähe eines Waldrandes fliesst, spazieren. Die Wildkirschen sind reif. Ich

denke nicht an die Polizeiwarnung, verköstige mich an den übersüssen Früchten. Mein Hund

plätschert derweil im Bach. Immer weiter entfernt höre ich sein Schlabbern. Er hat sicher keinen

Durst mehr, aber das Wasser hat auf ihn dieselbe Anziehungskraft und Faszination wie auf kleine

Kinder.


Mein Bauch ist zum Platzen voll von den köstlichen Früchten. Die Hände klebrig. Ich gehe sie im

Bach waschen und schaue nach dem Hund. Weit und breit nichts zu sehen. Leise lasse ich das von

Menschenohren unhörbare Pfeifensignal ertönen, das ihn mir schon unzählige Male

zurückgebracht hat. Heute aber klappt es anscheinend nicht. Ich mache mich, langsam

argwöhnisch geworden, auf die Suche. Da sehe ich ihn plötzlich über die Wiese tollen. Hinter ihm

eine riesige Dogge. Zuerst glaube ich, die beiden würden miteinander spielen. Dann aber muss ich

feststellen, dass die Dogge mit jedem Meter, die sie hinter meinem Hund nachjagt, bedrohlicher

          Georg von Signau: Noch weit bis Eden