Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Gedichte Kapitel 23

 21 Antwort(en).

admin begann die Diskussion am 05.02.02 (15:14) mit folgendem Beitrag:

Auch hier wieder ein neues Kapitel


admin antwortete am 05.02.02 (15:36):

Kapitel 22 wird unter nachstehender Adresse

/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a248.html

archiviert.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a248.html)


Heidi antwortete am 05.02.02 (16:43):

Zu Beginn eines meiner Lieblingsgedichte
von Koloman Stumpfögger aus seinem Buch
"Wasser alleine löscht nicht den brennenden Durst"

Hunger

Was sucht die Maus
auf dem Mühleboden,
auf dem grünen Teppich
in der Lautenbacher Mühle?

Längst gibt es
auf dem Boden
keine Körner mehr,
keinen Überfluß an Frucht.

Wonach hungert sie?
Nach Körnern nicht!
Worte und Weisen
locken sie heute.

Gedichte schweben
zur Abendzeit unter dem Gebälk:
Da mischt sich die Maus
unter die Hörer.

Mehr als Körner begehrt sie,
mehr als einen
vollen Bauch:
Sie hungert nach täglichem Brot.

Jene auf den Stühlen
halten verschreckt den Atem an.
Da huscht hurtig die Maus
mit einem Körnchen Wahrheit davon.

KnS


sieghard antwortete am 05.02.02 (17:09):

Hier noch ein Gedicht von
Koloman, verbunden
mit lieben Grüßen an alle

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

auf der Suche

Im Labyrinth von Gedichten
suche ich den roten Faden,
finde ihn
und mich in manchen.

In anderen wieder
forsche ich,
geh unterwegs
dabei verloren.

Worte
ermuntern:
"Such nur weiter!"

[Koloman Stumpfögger]
.


Dela antwortete am 05.02.02 (17:45):

Ein Tag ist vorbei
Die sinkende Sonne macht
Mut zum Loslassen.

Ernst Ferstl


Rosmarie Vancura antwortete am 05.02.02 (20:23):

Tauwetter
_________

Es rinnt vom Dach, es tropft vom Haus.
Dem Frost gehts an den Kragen.
Die Tannen sehn wie Witwen aus,
die Trauerkleidung tragen.

Der Schnee ist altersgrau und schwer
und hat zu sterben nur im Sinn.
Frau Grippe schleicht im Land umher
als müde Marketenderin.

Schon stürmt der Südwind durch die Stadt
und fegt die Strassen trocken,
Im Garten, der den Aussatz hat,
ertönen Totenglocken.

Es tropft vom Haus, es rinnt vom Dach,
der Himmel färbt sich violett.
Man fühlt sich fieberkrank und schwach
und legt sich trotzdem nicht ins Bett.

Fridolon Tschudi


Dela antwortete am 05.02.02 (23:51):

Ich wünsche Euch eine gute Nacht.


Nachtgefühl

(Hermann Hesse)

Tief mit blauer Nachtgewalt
Die mein Herz erhellt,
Bricht aus jähem Wolkenspalt
Mond und Sternenwelt.
Seele flammt aus ihrer Gruft
Lodernd aufgeschürt,
Da im bleichen Sternenduft
Nacht die Harfe rührt.
Sorge flieht und Not wird klein,
Seit der Ruf geschah.
Mag ich morgen nimmer sein,
Heute bin ich da!


Adolf antwortete am 06.02.02 (00:35):

Auch ich sage gute Nacht, oder doch guten Morgen?

So wandelt sie im ewig gleichen Kreise, die Zeit,
nach ihrer alten Weise, auf ihrem Wege taub und blind;
das unbefangne Menschenkind erwartet stets vom nächsten Augenblick ein unverhofftes selten neues Glück.
Die Sonne geht und kehret wieder, kommt Mond und sinkt die Nacht hernieder, Stunden, die Wolken abwärts leiten, Wochen bringen die Jahreszeiten, Von außen nichts sich je erneut, trägst in dir die wechselnde Zeit, in dir nur Glück und Begebenheit.
Ludwig Tieck


Dela antwortete am 06.02.02 (14:42):

Wer je die flamme umschritt
Bleibe der flamme trabant!
Wie er auch wandert und kreist:
Wo noch ihr schein ihn erreicht
Irrt er zu weit nicht vom ziel.
Nur wenn sein blick sie verlor
Eigener schimmer ihn trügt:
Fehlt ihm der mitte gesetz
Treibt er zerstiebend ins all.

[Stefan George]


Brita antwortete am 06.02.02 (21:27):

Auf der Suche

Nacht für Nacht
Suche ich Trost und Ermutigung
in den Gedichten
Toter und Lebender

Nacht für Nacht
enttäuschen mich ihre Gedichte
weil ich in ihnen so wenig
Trost und Ermutigung finde

Nacht für Nacht
helfen mir ihre Gedichte
weil sie Ermutigung suchten
und Trost wie ich

Erich Fried


ianna antwortete am 07.02.02 (01:02):

Am Heidehügel

Am Heidehügel geht ein Singen,
Ein leises Singen her und hin,
da wiegt in einer goldnen Wiege
Ihr Kind die Zwergenkönigin.

Ich denke an das alte Märchen,
Es liegt mein Kopf in deinem Schoß,
Dein Mund singt mir ein Wiegenliedchen,
Und meine Augen werden groß.

Mein Herz, das ist so still und selig,
Ein goldner Traum darüber fliegt,
Es liegt in einer goldnen Wiege,
die langsam hin und her sich wiegt.

Hermann Löns


Rosmarie Vancura antwortete am 07.02.02 (08:21):

Binsenlügen
-----------

Seirdem ich weiss,daß Fische miteiander plaudern
und gar nicht stumm sind, wie es immer wieder heißt,
beginne ich bei jedem Angelwurf zu zaudern,
aus Angst davor, daß einer in den Köder beißt.

Daß sich gewisse Fische vorzugsweise küßen
und seelisch keineswegs so kalt sind, wie es schien,
ist wissenschaftlich klar erwiesen, und wir müssen
uns korrigieren und daraus die Lehre ziehn:

Wir wissen wenig, und auch das nicht zur Genüge.-
Wie manches Sprichwort macht, indem es scheinbar stimmt,
aus einer Binsenwahrheit eine Binsenlüge,
die man oft allzu unbesehen übernimmt!

Frodolin Tschudi


Dela antwortete am 07.02.02 (11:06):

Liebe Rosmarie,
Dein Fridolin Tschudi gefällt mir. Hinterfragen wir die Binsenwahrheiten nun öfter?
Und noch ein Gedicht des Schweizers, sicher mag man auch an deutschen Wald- und Wiesenrändern sein "alte Lied" singen:

Das alte Lied

Ich ging im Walde
so für mich hin,
und nichts zu suchen,
das war mein Sinn.
Jedoch � o weh! � das, was ich fand,
ist meiner Klage Gegenstand:
ich fand im dunklen Waldrevier
Konservenbüchsen und Papier,
Papier, Papier und überall
vom Rost zerfressenes Metall,
zermalmt, verschmiert, verbeult, verdreht,
doch nicht vom Wind hierhergeweht,
vielmehr von denen unentwegt
verstreut, verschüttet, hingelegt
und fortgeschmissen, taub und blind,
die sozusagen Menschen sind,
weil Säue (heisst es allgemein)
es nicht gewesen können sein.
Hier traf ich haufenweise Schmutz �
trotz Heimat- und Gewässerschutz.
Den Dreck trifft man im Schweizerland
an manchem Wald- und Wiesenrand
und, wenn nicht dort, bestimmt seit je
in jedem einst so saubern See,
der, algengrün und � rot vor Scham
sich deshalb längst das Leben nahm
und, wie das Lied hier expliziert,
nur noch als Leiche existiert .....

Ich ging im Holz so für mich hin,
und goethisch-heiter war mein Sinn,
jedoch � o weh! � er war's nicht mehr
nach all dem Unrat ringsumher.

Fridolin Tschudi (1912-66)


schorsch antwortete am 07.02.02 (11:39):

Dazu mein eigenes, in die gleiche Kerbe hauendes, schon mal hier gestanden habendes.
Anmerkungen: Mit EvD ist der Ausserirdischenforscher Erich von Däniken gemeint. BLICK = in Deutschland BILD-Zeitung. Güsel = Kehricht.

EvD (Ausserirdische?)


In einem Waldstück fand ich mal
ein länglich Stück, es schien aus Stahl.
Ich ging damit hin zu EvD,
damit er sich das Ding beseh`.
�Oh�, sprach er, �dieses Wunderstick
bring` gleich morgen ich im BLICK.
Das ist ein Stück von der Montur
von ET, der mal hier auf Tour!�

Ich ging dann wieder in den Wald
und wurde weiter fündig bald.
Die Dinger lagen noch zuhauf;
sie stauten eines Bächleins Lauf.
Und ich gewahrte sehr besorgt:
Man hat wohl Güsel hier entsorgt!


Schorsch


Heidi antwortete am 07.02.02 (20:39):

Wir sind ganz angstallein


Wir sind ganz angstallein,
haben nur an einander Halt,
jedes Wort wird wie ein Wald
vor unserm Wandern sein.
Unser Wille ist nur der Wind,
der uns drängt und dreht;
weil wir selber die Sehnsucht sind,
die in Blüten steht.


Rainer Maria Rilke


ianna antwortete am 08.02.02 (00:31):

Menschen bei Nacht

Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
Von deinem Nachbarn trennt dich die Nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du nachts deine Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so mußt du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende Welt
durcheinandergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der Wein,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie : ICH und ICH;
und meinen : Irgendwen.

Rainer Maria Rilke


Dela antwortete am 08.02.02 (15:55):

Liebe Lyrikfreunde, darf es mit Eugen Roth auch mal etwas politisch werden?
Liebe Grüße Dela.


Nur

(Eugen Roth)

Ein Mensch, der, sagen wir, als Christ,
streng gegen Mord und Totschlag ist,
hält einen Krieg, wenn überhaupt,
nur gegen Heiden für erlaubt.
Die allerdings sind auszurotten,
weil sie des wahren Glauben spotten!
Ein anderer Mensch, ein frommer Heide,
tut keinem Menschen was zuleide.
Nur gegenüber Christenhunden
wär jedes Mitleid falsch empfunden.

Der ewigen Kriege blutige Spur
kommt nur von diesem kleinen "Nur..."


sieghard antwortete am 09.02.02 (09:40):

Für jene, deren Leben durch Enttäuschung ver-
härtet ist und die keine Hoffnung mehr haben

Hinab
in die Schluchten
der Jahre
rufe ich deinen
Namen.

So viele Winter
und immer,
immer, immer nur
dein Bild.

Wo bist du gewesen
als ich dich suchte,
nachts,
von Dorf zu Dorf,
mit der Feuerlilie
der Gedanken?

Hast du die Nachricht
auf das Fensterbrett gelegt,
mit einem Stein beschwert,
und ich bin blind
vorbeigegangen?

Feuervögel
fielen
ein in dein Land
und du,
verlorengegangen
wie ein

Schlüssel

[nach Hanns Cibulka]
.


Adolf antwortete am 09.02.02 (15:16):

Einen schönen (verregneten) Sonntag wünscht Adolf

Herz, mein Herz, sei nicht beklommen
und ertrage dein Geschick.
Neuer Frühling gibt zurück,
was der Winter dir genommen.

Und wie viel ist dir geblieben,
und wie schön ist doch die Welt!
Und mein Herz, was dir gefällt,
alles, alles darfst du lieben!

Heinrich Heine


webmaster antwortete am 09.02.02 (17:45):

Es scheint technische Probleme mit der E-mail-benachrichtigung zu geben. Bitte entschuldigt diesen Test.


webmaster antwortete am 09.02.02 (17:56):

Es gibt technische Probleme mit der E-mail-Benachrichtigung. Bitte entschuldigt diesen 2. Test.


admin antwortete am 11.02.02 (16:39):

Dieses Kapitel muss aus technischen Gründen archiviert werden.

Kapitel 24 ist neu eröffnet.