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THEMA:   Gedichte Kapitel 24

 128 Antwort(en).

admin begann die Diskussion am 11.02.02 (16:37) mit folgendem Beitrag:

Aus technischen Gründen muss das Kapitel 23 leider archiviert werden.

Bitte, hier weiter schreiben.


Dela antwortete am 11.02.02 (17:05):

Allen Lesern im Forum herzliche Grüße.


Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort

[Rainer M. Rilke]

Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.


Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.


Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.


:-) Heidi antwortete am 11.02.02 (17:12):

Fangen wir mit Frühling und Liebe an:


Soll ich kleine Lieder singen,
Wie ich oftmals tat?
Sonne schon und Nachtigallenschwingen
Naht.
Unterm Schnee die Quellen rauschen
Schon dem Frühling zu.
Laß uns lächeln, laß uns lauschen!
Du!
Rinnt nicht auch in deinen Tränen
Schon der Mai?
Liebend Berge sich an Berge lehnen.
Sei!
Eine Tanne steht im jungen Triebe,
Wo der Marder schlich.
Winter wankt. Die Föhne stürmen. Liebe
Mich!

Aus: Die kleinen Verse für Irene
von Klabund
Davos 1918

(Internet-Tipp: https://members.aol.com/irenastasch1/klab10.htm)


Heidi antwortete am 11.02.02 (17:42):

Ein kleines Lied
ein sanftes Wort
trägt Liebe
an den fernsten Ort

Ein kleines Wort
ein sanftes Lied
die Lieb'
in deine Augen sieht

Das Wort, das Lied
die Liebe und Du
das ist genug!
nicht mehr dazu

hl


Heidi antwortete am 11.02.02 (19:00):


Du weißt zur Stunde ihn an fernem Ort

Du weißt zur stunde ihn an fernem ort
Mit dem verstand begreifst du seine ferne
Du weißt, es liegen zwischen ihm und dir
ein himmel sonne und ein himmel sterne

Und doch trittst du ans fenster immerfort


Reiner Kunze (geb. 1933)


Heidi antwortete am 11.02.02 (19:13):


Magie

Es hat ein Stern geleuchtet
In kalte dunkle Nacht;
Da sprühten Funken und Flammen,
Die schlugen zur Lohe zusammen,
Zum feurigsten Brand entfacht.

Es ist ein Hauch geflogen
Warm über verödetes Feld;
Aufs neu begann es zu lenzen,
Aufblühte in Blumen und Kränzen,
In Duft und Wonne die Welt.

Es ist ein Ton erklungen,
So innig, so rasch und bang;
In Liedern begann es zu schwellen
Von Nachtigallen und Quellen,
Nie hört' ich so lieblichen Klang!

Ein Rosenblatt ist gefallen
In einen Alpesee;
Sein Spiegel begann zu wallen,
Die kochenden Wellen zu ballen
Im Sturme so wild und jäh.

Dies alles hab' ich erfahren
In meiner seligsten Stund',
Als sich zwei rote Lippen,
Ach, nur zu flüchtigem Nippen,
Gelegt an meinen Mund.

Anastasius Grün (1806-1876)


Adolf antwortete am 11.02.02 (20:52):

Einmaliges, wunderbares Leben!
Jede Minute ist kostbar.
Kein Tag soll verloren sein,
Wie wenig ist nötig zum Glück!
Ist das wenig,
dass die Sonne scheint und Leben schafft,
dass der Wind weht und wir atmen,
dass die Erde so geschaffen ist,
dass wir leben können?
Ist das wenig,
dass der Mensch lieben
und Hoffnung haben kann,
heute, morgen
und für die Stunde seines Todes?
Renate Borg


sieghard antwortete am 11.02.02 (21:23):

Heimkehr

Schneefall, dichter und dichter,
taubenfarben, wie gestern,
Schneefall, als schliefst du auch jetzt noch.

Weithin gelagertes Weiß.
Drüberhin, endlos,
die Schlittenspur des Verlornen.

Darunter, geborgen,
stülpt sich empor,
was den Augen so weh tut,
Hügel um Hügel,
unsichtbar.

Auf jedem,
heimgeholt in sein Heute,
ein ins Stumme entglittenes Ich:
hölzern, ein Pflock.

Dort: ein Gefühl,
vom Eiswind herübergeweht,
das sein tauben-, sein schnee-
farbenes Fahnentuch festmacht.

[Paul Celan 1920-1970]
.


schorsch antwortete am 12.02.02 (12:25):

Hier das Gedicht, das ich unter Politik angetippt habe. Den verfasser kenne ich leider nicht mehr. Wir lernten das Gedicht in der Schule. Es hat mir schon oft geholfen zurückzustecken....

Ochs und Esel machten Wette,
wer am meisten Weisheit hätte.
Endlich kam man überein,
dass der Löwe, wenn er wollte,
diesen Streit entscheiden sollte.

Beide traten tiefgebückt
vor des Tierbeherrschers Throne,
der mit einem edlen Hohne
auf das Paar herunterblickt.

Endlich sprach die Mayestät
zu dem Esel und dem Farren:
"Ihr seid alle beide Narren!"
Jeder guckt ihn an und geht.


Richard antwortete am 12.02.02 (14:46):

Dieses Gedicht fand ich zufällig.

Als ich Kind war sagten sie mir:

(Gedicht eines Strafgefangenen)

Als ich Kind war, sagten sie mir,
dass ich meinen Nächsten lieben und ehren soll
.....und hörte sie lästern über die Nachbarn;
dass ich Tiere nicht töten soll
.....und sah, wie sie die Ratte erschlugen;
dass ich nicht weinen soll
.....und hörte sie schluchzen in der Nacht
hinter verschlossener Tür;
dass ich Stolz haben soll
.....und sah wie sie Speichel leckten;
dass ich nicht lügen soll
.....und hörte sie jede Minute prahlen;
dass ich gut sein soll zu den Anderen und hilfreich
.....und sah, wie sie den hungrigen Bettler davonjagten;
dass ich zu Gott beten und glauben soll
.....und hörte, wie sie dem Teufel ihre Seele verschacherten;
dass ich den Dieb verachten soll
.....und sah, wie sie mit zitternden Händen teilten;
dass sie mir den rechten Weg weisen wollten
.....und sah nicht die Irrlichter im Moor.
Als ich Kind war, sagten sie mir,
dass ich meinen Nächsten lieben soll!


Dela antwortete am 12.02.02 (18:10):

SCHLAF UND SPEISE

Der Hauch der Nacht ist dein Laken,
die Finsternis legt sich zu dir.
Sie rührt dir an Knöchel und Schläfe,
sie weckt dich zu Leben und Schlaf,
sie spürt dich im Wort auf, im Wunsch,
im Gedanken, sie schläft bei jedem von ihnen,
sie lockt dich hervor.
Sie kämmt dir das Salz aus den Wimpern
und tischt es dir auf,
sie lauscht deinen Stunden den Sand ab
und setzt ihn dir vor.
Und was sie als Rose war,
Schatten und Wasser, schenkt sie dir ein.

Paul Celan


sieghard antwortete am 13.02.02 (14:09):

Schnee-Masken

Es hat der Schnee über Nacht
Meine Totenmaske gemacht

Weiß war das Lachen des Schnees
Und meinen Schatten verwandelt
Er in ein Fastnachtsgewand

Ein Sturm von goldnen Triangeln
Hat plötzlich die tönende Stadt
Gehoben aus all ihren Angeln

Im siebenfarbenen Licht
Wurden die Türme der Zeit
Von ihren Ankern befreit

Der Schnee hat über Nacht
Mein Traumgesicht wahrgemacht

[Yvan Goll 1891-1950]
.


Heidi antwortete am 13.02.02 (16:30):

Der Salzsee

Der Mond leckt wie ein Wintertier das Salz deiner Hände,
Doch schäumt dein Haar violett wie ein Fliederbusch,
In dem das erfahrene Käuzchen ruft.
Da steht für uns erbaut die gesuchte Traumstadt,
In der die Straßen alle schwarz und weiß sind.
Du gehst im Glitzerschnee der Verheißung,
Mir sind gelegt die Schienen der dunklen Vernunft.
Die Häuser sind mit Kreide gegen den Himmel gezeichnet
Und ihre Türen bleigegossen;
Nur oben unter Giebeln wachsen gelbe Kerzen
Wie Nägel zu zahllosen Särgen.
Doch bald gelangen wir hinaus zum Salzsee.
Da lauern uns die langgeschnäbelten Eisvögel auf,
Die ich die ganze Nacht mit nackten Händen bekämpfe,
Bevor uns ihre warmen Daunen zum Lager dienen.

Yvan Goll


Dela antwortete am 13.02.02 (16:58):

Ich finde dich in allen diesen Dingen

[Rainer Maria Rilke]

Ich finde dich in allen diesen Dingen,
denen ich gut und wie ein Bruder bin;
als Samen sonnst du dich in den geringen
und in den großen gibst du groß dich hin.
Das ist das wundersame Spiel der Kräfte,
daß sie so dienend durch die Dinge gehn:
in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte
und in den Wipfeln wie ein Auferstehn.


Heidi antwortete am 13.02.02 (22:32):

Aus dem Archiv (Oktober 2000)


Terzinen

Nur das nicht, daß ich mich daran gewöhne,
daß Du den Weg zu mir gefunden hast.
Nur das nicht, daß das unaussprechlich Schöne,
das mich in Deiner Gegenwart erfaßt
alltäglich wird, beraubt des reinen Glanzes,
des Einzigartigen. Du darfst ein Gast nur eines Festes,
Partner eines Tanzes, Gefährte einer guten Stunde sein,
kostbarste Blüte eines bunten Kranzes,
Tropfen von einem auserwählten Wein,
an dem sich meine Liebe stets aufs neue berauscht.
Laß mich zur rechten Zeit allein,
daß ich mich immer tiefer freue.

Das darfst Du nie, aus Mitleid zu mir kommen,
wenn Du mich nicht mehr lieben kannst.
Das eine versprich mir, daß Du unvoreingenommen
und ohne Scheu und Rücksicht mir die reine Wahrheit bekennst.-
Wenn sich die Fäden lösten, die Dich mit mir verbanden,
wenn sich Deine Gefühle wandeln,
kannst Du mich nicht trösten, indem Du es verschweigst
und mich insgeheim weiter umarmst.
Du weißt es, auch die größten Schmerzen
und alle Tränen, die ich weine, sie haben ihren Sinn
jedoch wir sehen ihn meist nicht ein.
Verstehst Du, was ich meine?
Du mußt mich lieben oder von mir gehen.

von Annemarie Bostroem


Freddy antwortete am 14.02.02 (22:21):

Liebes-Lied
(Rainer Maria Rilke)

Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt?Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle,die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles was uns anrührt,dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Geiger hat uns in der Hand?
O süßes Lied.


Rosmarie Vancura antwortete am 15.02.02 (00:21):

Aus: Jörg Zink: " Was bleibt, stiften die Liebenden2.

Ein Gefühl ist wie ein Kind,
das in uns lebt und weint und lacht,
Hunger hat und bemerkt sein will.
Wer zu seinen Gefühlen zu oft sagt:
Sei still! Ich habe jetzt keine Zeit für dich -
dessen inneres Kind sitzt eines Tages
in einer vergessenen Ecke und trauert,
wird krank und verkümmert.

Mit Gefühlen soll man umgehen,
wie man mit einem Kind umgeht.
Man sieht ihm freundlich zu und aufmerksam
man hört, was es klagt,
man leidet mit ihm. wenn es leidet.
Denn Gefühle sind die lebendigsten Kräfte in uns,
und keine andere kraft in uns
bringt so lebendiges hervor.

Ein Kind hat auch Wünsche,
berechtigte, gute, schöne, unerfüllbare.
Dann nehmen wir es auf den Arm
und sind mit ihm traurig.
Aber wir schicken es nicht weg,
Ein Kind kann verstehen
dass es nicht alles haben kann.
Aber lieben muss man es
im Mut geben und Fröhlichkeit,
und Raum, seine Kräfte zu regen.


Adolf antwortete am 15.02.02 (05:45):

Ich wünsche allen einen schönen Tag. Adolf

Flucht
�Letztlich sind wir alle hier,
weil es kein Entrinnen vor uns selbst gibt.
Solange der Mensch sich nicht selbst
in den Augen und Herzen seiner Mitmenschen
begegnet, ist er auf der Flucht.
Solange er nicht zulässt, dass seine Mitmenschen
an seinem Innersten teilhaben, gibt es
keine Geborgenheit.
Solange er sich fürchtet, durchschaut zu werden, kann er weder sich selbst noch andere erkennen -
er wird allein sein."
Richard Beauvais


Arwen antwortete am 15.02.02 (15:11):

Hallo!
Ich bin im Moment im ,,Wieso?"-und-,,Warum?"-Fieber.
Also, hier sind ein 2 Gedichte, die, nach meiner Meinung nach, lesenswert sind.

DAS LETZTE KAPITEL?

Am 12. Juli des Jahres 2003
lief folgender Funkspruch rund um die Erde:
daß ein Bombengeschwader der Luftpolizei
die gesamte Menschheit ausrotten werde.

Die Weltregierung, so wurde erklärt, stellte fest,
daß der Plan, endgültig Frieden zu stiften,
sich gar nicht anderse verwirklichen lässt,
als allte Beteiligten zu vergiften.

Zu fliehen, wurde erklärt, habe keinen Zweck.
Nicht eine Seele dürfe am Leben bleiben.
Das neue Giftgas reicht in jedes Versteck.
Man habe nicht einmal nötig, sich selbst zu entbleiben.

Am 13. Juli flogen von Boston eintausend
mit Gas und Bazillen beladene Flugzeuge fort
und vollbrachten, rund um den Globus sausend,
den von der Weltregierung befohlenen Mord.

Die Menschen krochen winselnd unter die Betten.
Sie stürzten in ihre Keller und in den Wald.
Das Gift hing gelb wie Wolken über den Städten.
Millionen Leichen lagen auf dem Asphalt.

Jeder dachte, er könnte dem Tod entgehen.
Keiner entging dem Tod, und die Keller wurden leer.
Das Gift war überall. Es schlich wie auf Zehen.
Es lief die Wüste entlang. Und es schwamm übers Meer.

Die Menschen lagen gebündelt wie faule Garben.
Andre hingen wie Puppen zum Fenster hinaus.
Die Tiere im Zoo schrien schrecklich, bevor sie starben.
Und langsam löschten die großen Hochöfen aus.

Dampfer schwankten im Meer, beladen mit Toten.
Und weder Weinen noch Lachen war mehr auf der Welt.
Die Flugzeuge irrten, mit tausend toten Piloten,
unter dem Himmel und sanken brennend ins Feld.

JETZT HATTE DIE MENSCHHEIT ENDLICH ERREICHT,WAS SIE WOLLTE.
ZWAR WAR DIE METHODE NICHT AUSGESPROCHEN HUMAN.
DIE ERDE WAR ABER ENDLICH STILL UND ZUFRIEDEN UND ROLLTE,
VÖLLIG BERUHIGT IHRE BEKANNTE ELLIPTISCHE BAHN.

Erich Kästner, 1969

____________________________________________________________


WHY
do we kill people
who kill people
to show that
killing people
is wrong?

Ein Flugblatt der Organisation
<<amnesty international>>, 1989


Ich hoffe, dass irgendwer die Wahrheit erkennt.

Arwen

(Internet-Tipp: https://herr-der-ringe-film.de)


sieghard antwortete am 15.02.02 (22:39):

Der Februar

Nordwind bläst. Und Sündwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt ja doch nur eins: die Zeit.

Pünktlich holt sie aus der Truhe
Falschen Bart und goldnen Kram.
Pünktlich sperrt sie in die Truhe
Sorgenkleid und falsche Scham.

In Brokat und seidnen Resten,
eine Maske vorm Gesicht,
Kommt sie dann zu unsren Festen.
Wir erkennen sie nur nicht.

Bei Trompeten und Gitarren
drehn wir uns im Labyrinth
und sind aufgeputzt wie Narren,
um zu scheinen, was wir sind.

Unsre Orden sind Attrappe.
Bunter Schnee ist aus Papier.
Unsre Nasen sind aus Pappe.
Und aus welchem Stoff sind wir?

Bleich, als sähe er Gespenster,
mustert uns Prinz Karneval.
Aschermittwoch starrt durchs Fenster.
Und die Zeit verlässt den Saal.

Pünktlich legt sie in die Truhe
das Vorüber und Vorbei.
Pünktlich holt sie aus der Truhe
Sorgenkleid und Einerlei.

Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht,
bleibt uns doch nur eins: die Zeit.

[Erich Kästner 1899-1974]
.


Dela antwortete am 16.02.02 (01:20):

Die zwei Parallelen

(Christian Morgenstern)

Es gingen zwei Parallelen
ins Endlose hinaus,
zwei kerzengerade Seelen
und aus solidem Haus.
Sie wollten sich nicht schneiden
bis an ihr seliges Grab:
Das war nun einmal der beiden
geheimer Stolz und Stab.
Doch als sie zehn Lichtjahre
gewandert neben sich hin,
da wards dem einsamen Paare
nicht irdisch mehr zu Sinn.
Warn sie noch Parallelen?
Sie wußtens selber nicht, -
sie flossen nur wie zwei Seelen
zusammen durch ewiges Licht.
Das ewige Licht durchdrang sie,
da wurden sie eins in ihm;
die Ewigkeit verschlang sie
als wie zwei Seraphim.


Pamina antwortete am 16.02.02 (12:16):

Eine kleine Vorbereitung auf den ersehnten Frühling:

Aus "13 Monate" von Erich Kästner (1899-1974)

Mai

Im Galarock des heiteren Verschwenders,
ein Blumenzepter in der schmalen Hand
fährt nun der Mai, der Mozart des Kalenders,
aus seiner Kutsche grüßend, über Land.

Es überblüht sich, er braucht nur zu winken.
Er winkt! Und rollt durch einen Farbenhain.
Blaumeisen flattern ihm voraus und Finken.
Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.

Die Apfelbäume hinterm Zaun erröten.
Die Birken machen einen grünen Knicks.
Die Drosseln spielen, auf ganz kleinen Flöten,
das Scherzo aus der Symphonie des Glücks.

Die Kutsche rollt durch atmende Pastelle.
Wir ziehn den Hut. Die Kutsche rollte vorbei.
Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle.
O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!

Melancholie und Freude sind wohl Schwestern.
Und aus den Zweigen fällt verblühter Schnee.
Mit jedem Pulsschlag wird aus Heute Gestern.
Auch Glück kann weh tun. Auch der Mai tut weh.

Er nickt uns zu und ruft: "Ich komm ja wieder!"
Aus Himmelblau wird langsam Abendgold.
Er grüßt die Hügel, und er winkt dem Flieder.
Er lächelt. Lächelt. Und die Kutsche rollt.

Pamina


Luzia antwortete am 16.02.02 (12:50):

Der Verschwender

von Eugen Roth

Ein Mensch, der ein sehr hohes Maß
von reiner Leidenschaft besaß
vermeinte, daß bei so viel Gnade
es vorerst weiter gar nicht schade,
so ab und zu in kleinen Summen
die Zinsen quasi zu verdummen.
Die Liebeleien wurden häufig,
verschwenden wurde ihm geläufig.
Noch hab'ich, kommt das Glück einmal,
so dachte er,-das Kapital!
Die Liebe kam dann, unvermutet,
die wert ist, daß man für sie blutet.
Der Mensch griff tief in seine Seele-
und merkte plötzlich, daß sie fehle.
Zwar fand er noch, als Mann von Welt,
in allen Taschen Wechselgeld,
doch reichte es für Liebe nimmer,
nur mehr für billige Frauenzimmer.....


Dela antwortete am 16.02.02 (17:36):

Pfeifen

(Hermann Hesse)

Klavier und Geige, die ich wahrlich schätze,
Ich konnte mich mit ihnen kaum befassen;
Mir hat bis jetzt des Lebens rasche Hetze
Nur zu der Kunst des Pfeifens Zeit gelassen.
Zwar darf ich mich noch keinen Meister nennen,
Lang ist die Kunst und kurz ist unser Leben.
Doch alle, die des Pfeifens Kunst nicht kennen,
Bedaure ich. Mir hat sie viel gegeben.
Drum hab ich längst mir innigst vorgenommen,
In dieser Kunst von Grad zu Grad zu reifen,
Und hoffe endlich noch dahin zu kommen,
Auf mich, auf euch, auf alle Welt zu pfeifen.


schorsch antwortete am 16.02.02 (17:43):

Zur Eugen Roths

"....Zwar fand er noch, als Mann von Welt,
in allen Taschen Wechselgeld,
doch reichte es für Liebe nimmer,
nur mehr für billige Frauenzimmer....."

Wer kritisiert denn, dass sie waren billig?
Hauptsache war doch: sie waren ihm willig!

Schorsch


sieghard antwortete am 17.02.02 (21:59):

Zierlich ist des Vogels Tritt im Schnee,
Wenn er wandelt auf des Berges Höh:
Zierlicher schreibt Liebchens Hand,
Schreibt ein Brieflein mir in ferne Land.

In die Lüfte hoch ein Reiher steigt,
Dahin weder Pfeil noch Kugel fleugt:
Tausendmal so hoch und so geschwind
Die Gedanken treuer Liebe sind.

[Eduard Mörike 1804 � 1875]
.


Erika Kalkert antwortete am 18.02.02 (15:01):

Wenn jeder eine Blume pflanzte,
jeder Mensch auf dieser Welt,
und, anstatt zu schießen, tanzte
und mit Lächeln zahlte, statt mit Geld -
wenn ein jeder einen anderen wärmte,
keiner mehr von seiner Stärke schwärmte,
keiner mehr den anderen schlüge,
keiner sich verstrickte in der Lüge,
wenn die Alten wie die Kinder würden,
sie sich teilten in den Bürden,
wenn dies Wenn sich leben ließ,
wär`s noch lang kein Paradies -
bloß die Menschenzeit hätt angefangen,
die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen.

Peter Härtling


Dela antwortete am 18.02.02 (22:52):

Antlitz

(Ina Seidel)


Sieh, erst dachte ich, es sei der Mond,
Der in deinem Antlitz ohne Schatten
Wie in einer Silberschale wohnt.

Doch dann sah ich mit dir auf die Matten,
Sah das Tal, das deine Augen dir
Jahr für Jahr ins Herz gespiegelt hatten,

Sanfte Hügel, Fluß, Gewölk vor mir.
Und ich blickte in die lichte Landschaft
Als in einen Widerschein von dir

Und erkannte zärtliche Verwandtschaft.


sieghard antwortete am 19.02.02 (13:40):

Sonne im Februar

Wir haben die Fenster
mit Schnee gewaschen
Helios atme sie trocken

Strähn
unser frostverästeltes Haar
mit dem Sonnenkamm

Freilich wir wissen
im Dornengarten
hast du schlafende Rosen begraben
bald wirst du sie wecken
kelchgerecht
für die Regentaufe

Wir werden
Zeugen sein

Indessen blühn
farblose Eisblumen
auf dem Mossdach
verwesender Väter

Rose Ausländer
.


;-)) Heidi antwortete am 20.02.02 (23:52):

irgend ein tag im februar

ist nicht gut gelaufen heute
ärger im beruf und auch sonst
ist's nicht berauschend
draussen alles nass kalt grau
selbst die krokusse sehen aus
als hätte jemand plastikblumen
in die wiese gesetzt
die krähen krächzen heiser vor sich hin
und oben am himmel hat jemand seine
grau verfärbte schmutzige wäsche aufgehängt
meine wohnungstür grinst mich hämisch an
weil das verdammte schloss mal wieder klemmt
ich frage mich ob ich nicht gleich
in den keller gehen soll um
dort leise vor mich hin
zu sterben
doch irgend jemand
hat die kellertür abgeschlossen
angewidert lege ich mich
in mein bett ziehe die
decke über den kopf
und vergrabe mich
in meinem privaten
kellerloch..
lasst mich bloß in ruhe!

hl


Heidi antwortete am 22.02.02 (00:07):

Fürchte dich nicht, sind die Astern auch alt


Fürchte dich nicht, sind die Astern auch alt,
streut der Sturm auch den welkenden Wald
in den Gleichmut des Sees, -
die Schönheit wächst aus der engen Gestalt;
sie wurde reif, und mit milder Gewalt
zerbricht sie das alte Gefäß.

Sie kommt aus den Bäumen
in mich und in dich,
nicht um zu ruhn;
der Sommer ward ihr zu feierlich.
Aus vollen Früchten flüchtet sie sich
und steigt aus betäubenden Träumen
arm ins tägliche Tun.


Rainer Maria Rilke


Rosmarie Vancura antwortete am 22.02.02 (07:10):

Singen
______

Singen
Wann?
Wem den Puls fühlen?
Wem im Dunkeln
schaun auf den Mund
ob hell
die Stimme hervorbricht?

Wer seine Stimme
erhebt
zu früh
der wird mundtot
dem wird sie
niedergemacht
dem wird sein Recht
auf die freie Stimme
geraubt
unter unfreiem Himmel

Nicht singen
bevor es
singt?
Aber nicht länger
stumm bleiben
wenn es
anfangen muß
zu singen

Erich Fried


Luzia antwortete am 22.02.02 (12:23):

Warum das Leben, das Lebend'ge hassen?
Beschaue nur in mildem Licht
das Menschenwesen, wiege zwischen Kälte
und Überspannung dich im Gleichgewicht;
und wo der Dünkel hart ein Urteil fällte,
so laß ihn fühlen, was ihm selbst gebricht;
du, selbst kein Engel, wohnst nicht unter Engeln,
Nachsicht erwirbt sich Nachsicht,liebt geliebt.
Die Menschen sind, trotz allen ihren Mängeln,
das Liebenswürdigste, was es gibt;
fürwahr, es wechselt Pein und Lust.
Genieße, wenn du kannst, und leide, wenn du mußt,
vergiß den Schmerz, erfrische das Vergnügen.
Zu einer Freundin, einem Freund gelenkt,
mitteilend lerne, wie der andre denkt.
Gelingt es dir den Starrsinn zu besiegen,
das Gute wird im ganzen überwiegen.

Goethe


Dela antwortete am 22.02.02 (13:19):

Wie wahr "Genieße wenn du kannst, und leide, wenn du mußt".


Das Ferngespräch

(Eugen Roth)


Ein Mensch spricht fern, geraume Zeit,
mit ausgesuchter Höflichkeit,
legt endlich dann, mit vielen süßen
Empfehlungen und besten Grüßen,
den Hörer wieder auf die Gabel -
doch tut er nochmal auf den Schnabel,
(nach all dem freundlichen Gestammel)
um dumpf zu murmeln: Blöder Hammel!
Der drüben öffnet auch den Mund
zu der Bemerkung: Falscher Hund!
So einfach wird auf dieser Welt
die Wahrheit wieder hergestellt.


Luzia antwortete am 23.02.02 (11:04):

Auch von : Eugen Roth:

Ein Mensch am Ende seiner Kraft,
hat sich noch einmal aufgerafft.
Statt sich im Schmerze zu vergeuden
beschließt er, selbst sich zu befreuden,
und tut dies nun durch die Erdichtung
von äußerst peinlicher Verpflichtung.
So ist ihm Reden eine Qual:
Sitzt er nun wo als Gast im Saal,
befiehlt er streng sich in den Wahn,
er käm' jetzt gleich als Redner dran,
macht selber Angst sich bis zum Schwitzen -
und bleibt dann glücklich lächelnd sitzen.
Dann wieder bildet er sich ein,
mit einem Weib vermählt zu sein,
das trotz erbostem Scheidungsrütteln
auf keine Weise abzuschütteln.
Wenn er die Wut, daß sie sich weigert,
bis knapp zum Mord hinaufgesteigert,
so lacht er über seine List
und freut sich, daß er ledig ist.
Ein Mensch, ein bißchen eigen willig,
schafft so sich Wonnen, gut und billig.


Pamina antwortete am 23.02.02 (18:49):


Eines meiner Lieblingsgedichte von Gottfried Benn:

Astern

Astern, schwelende Tage,
alte Beschwörung, Bann.
Die Götter halten die Waage
eine zögernde Stunde an.

Noch einmal die goldenen Herden,
der Himmel, das Licht, der Flor.
Was brütet das alte Werden
unter den sterbenden Flügeln vor?

Noch einmal das Ersehnte,
den Rausch, der Rosen Du.
Der Sommer stand und lehnte
und sah den Schwalben zu.

Noch einmal ein Vermuten,
wo längst Gewissheit wacht.
Die Schwalben streifen die Fluten
und trinken Fahrt - und Nacht.


sieghard antwortete am 25.02.02 (09:18):

Friedrich Schiller (1759-1805)

Morgenlied

Verschwunden ist die finstre Nacht,
Die Lerche schlägt, der Tag erwacht,
Die Sonne kommt mit Prangen
Am Himmel aufgegangen.

Sie scheint in Königs Prunkgemach,
Sie scheinet durch des Bettlers Dach.
Und was in Nacht verborgen war,
Das macht sie kund und offenbar.

Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,
Der über diesem Haus gewacht,
Mit seinen heilgen Scharen
Uns gnädig wollt' bewahren.

Wohl mancher schloss die Augen schwer
Und öffnet sie dem Licht nicht mehr;
Drum freue sich, wer neu belebt
Den frischen Blick zur Sonn' erhebt.
.


Rosmarie Vancura antwortete am 25.02.02 (11:25):

Drei Fragen zugleich
_____________________


Darf ein Gedicht
in einer Welt
die an ihrer Zerrissenheit
vielleicht untergeht
immer noch einfach sein?

Darf ein Gedicht
in einer Welt
die vielleicht untergeht
an ihrer Zerrissenheit
anders als einfach sein?

Darf eine Welt
die vielleicht an ihrer
Zerissenheit untergeht
einem Gedicht
Vorschriften machen?

Erich Fried


Rosmarie Vancura antwortete am 26.02.02 (11:02):

Nichts weiter
____________

Hier kannst du nichts weiter tun,
wenn du leben willst,
als in der Erde zu wurzeln
als wär's für immer.

Hier kannst du nichts weiter tun
wenn du leben willst,
als deine Wurzeln
aus der Erde zu ziehen

und aufzubrechen.

Von Catarina Carsten

CATARINA CARSTEN ist Schrifstellerin und Journalistin,
schreibt Gedichte und Prosa, Hör- und Fernsehspiele.
Sie lebt und arbeitet in der Nähe von Salzburg.
Zahlreiche Veröffentlichungen und Literaturpreise.
Mitglied des österreichischen P.R.N.-Clubs


sieghard antwortete am 26.02.02 (15:31):

Komm, lieber Mai, und mache
die Bäume wieder grün,
und lass uns an dem Bache
die kleinen Veilchen blühn.
Wie möchten wir so gerne
ein Veilchen wieder sehn,
auch, lieber Mai, wie gerne
einmal spazieren gehen!

Zwar Wintertage haben
wohl auch der Freuden viel,
man kann im Schnee eins traben
und treibt manch Abendspiel,
baut Häuserchen von Karten,
spielt Blindekuh und Pfand;
auch gibt�s Schlittenfahrten
auch liebe freie Land.

Ach wenn�s doch erst gelinder
und grüner draußen wär.
Komm, lieber Mai, wir Kinder,
wir bitten dich gar sehr!
O komm und bring vor allem
uns viele Veilchen mit,
bring auch viel Nachtigallen
und schöne Kuckucks mit.
.


Luzia antwortete am 26.02.02 (15:56):

In Erinnerung an meinen heutigen Zahnarztbesuch

Wilhelm Busch

Das Zahnweh, subjektiv genommen,
ist ohne Zweifel unwillkommen;
doch hats die gute Eigenschaft,
daß sich dabei die Lebenskraft,
die man nach außen oft verschwendet,
auf einen Punkt nach innen wendet
und hier energisch konzentriert.
Kaum wird der erste Stich verspürt,
kaum fühlt man das bekannte Bohren,
das Rucken, Zucken und Rumoren -
und aus ist's mit der Weltgeschichte,
vergessen sind die Kursberichte,
die Steuern und das Einmaleins,
kurz, jede Form gewohnten Seins,
die sonst real erscheint und wichtig,
wird plötzlich wesenlos und nichtig.
Ja, selbst die Liebe rostet -
man weiß nicht, was die Butter kostet -
denn einzig in der engen Höhle
des Backenzahnes weilt die Seele,
und unter Toben und Gesaus
reift der Entschluß : Er muß heraus!!-


Anton Stephan Reyntjes antwortete am 27.02.02 (00:55):

Als Morgengabe für Rose, die zwei "Fehler", zwei zusätzliche Wörter in diesem für Ihren Ehrentag gestalteten Text finden wird:

Rainer Maria Rilke

Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manchesmal
in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, -
so ist's, weil ich dich selten atmen höre
und weiß: Du bist allein im Saal.
Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da,
um deinem Tasten einen Trank zu reichen:
ich horche immer. Gib ein kleines Zeichen.
Rose. Ich bin ganz nah.

Nur eine schmale Wand ist zwischen uns,
durch Zufall; denn es könnte sein:
ein Rufen deines oder meines Munds -
und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut.

Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut.

Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen. Rose
Und wenn einmal das Licht in mir entbrennt,
mit welchem meine Tiefe dich erkennt,
vergeudet sich's als Glanz auf ihren Rahmen.

Und meine Sinne, welche schnell erlahmen,
sind ohne Heimat und von dir getrennt.

(Internet-Tipp: https://www.reyntjes.de)


Brita antwortete am 02.03.02 (19:27):

...kann oft nicht so wie ich will, meine
Outlook-Verbindung ist miserabel...mir fehlen
eure schönen Beiträge, hier auch einer zum
Nachdenken...

Der Blütenzweig

Immer hin und wider
Strebt der Blügenzweig im Winde,
Immer auf und nieder
Strebt mein Herz gleich einem Kinde
Zwischen hellen, dunklen Tagen,
Zwischen Wollen und Entsagen.

Bis die Blüten sind verweht
Und der Zweig in Früchten steht,
Bis das Herz, der Kindheit satt,
Seine Ruhe hat
Und bekennt: voll Lust und nicht vergebens
War das unruhvolle Spiel des Lebens.

Hermann Hesse


Dela antwortete am 02.03.02 (20:26):

Träumer mittleren Alters

(Mascha Kaléko)

Wie einen doch der große Weltschmerz quälte,
Als man so etwa zwanzig Jahre zählte!
Nun wird man niemals wieder Zwanzig sein.
Oft ist in mir ein seltsames Bedauern:
Daß ich nicht traurig bin, das macht mich trauern
Und hüllt mich in die alte Wolke ein.

Soll man die Wohlgeratenen beneiden,
Die kühl und praktisch nie an Weltschmerz leiden,
Weil ihre Herzen längst gestorben sind?
Ach, der Gedanke schon läßt mich verzagen...
Mein Schicksal bleibt es, Träumen nachzujagen,
Ein hoffnungslos verlornes großes Kind.


Dela antwortete am 02.03.02 (20:28):

Der März

(Erich Kästner)

Sonne lag krank im Bett.
Sitzt nun am Ofen.
Liest, was gewesen ist.
Liest Katastrophen.

Springflut und Havarie,
Sturm und Lawinen, -
gibt es denn niemals Ruh
drunten bei ihnen.

Schaut den Kalender an.
Steht drauf: " Es werde!"
Greift nach dem Opernglas.
Blickt auf die Erde.

Schnee vom vergangenen Jahr
blieb nicht der gleiche.
Liegt wie ein Bettbezug
klein auf der Bleiche.

Winter macht Inventur.
Will sich verändern.
Schrieb auf ein Angebot
aus anderen Ländern.

Mustert im Fortgehn noch
Weiden und Erlen.
Kätzchen blühn silbergrau.
Schimmern wie Perlen.

In Baum und Krume regt
sich's allenthalben.
Radio meldet schon
Störche und Schwalben.

Schneeglöckchen ahnen nun,
was sie bedeuten.
Wenn Du die Augen schließt,
hörst Du sie läuten.


Adolf antwortete am 04.03.02 (04:31):

Man muss keine großen Reisen machen,
um die Schönheit der Schöpfung zu sehen,
und ebenso braucht man
keine großen Ekstasen zu haben,
um die Liebe Gottes zu entdecken.
Aber man muss still sein und warten können,
um zu begreifen.
Henri J. M. Nouwen

Ich wünsche allen einen schönen Wochenanfang


sieghard antwortete am 04.03.02 (08:10):

Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt;
er pfleget und pflanzet all� Bäume und Land.
Er ackert, er egget, er pflüget und sät
und regt seine Hände gar früh und noch spät.

Die Knechte und Mägde und all sein Gesind,
das regt und bewegt sich wie er so geschwind.
Sie singen manch munteres, fröhliches Lied
und freun�n sich von Herzen, wenn alles schon blüht.

Und ist dann der Frühling und Sommer vorbei,
so füllet die Scheuer der Herbst wieder neu.
Und ist voll die Scheuer, voll Keller und Haus,
dann gibt�s auch im Winter manch fröhlichen Schmaus.
.


Freddy antwortete am 04.03.02 (22:31):

Herzliche Grueße an alle Freddy
Frühling hinter Bad Nauheim

von Joachim Ringelnatz

Zwei Eier,ein Brötchen,ein Hut und ein Hund
Am Himmel die weiße Watte
Die ausgezupft
Den Himmel ohne Hintergrund
so ungebildet übertupft,
Erzählt mir,was ich hatte.

Erzählt mir,was ich war.
Ich hatte ,was ich habe.
Aber was weiß ich,was ich bin?!
Genauso dumm und vierzig Jahr

Ich fliege ,ein krächzender Rabe,
Über mich selber hin.
Ich bin zum Glück nicht sehr gesund
Und- Gott sei Dank-
Auch nicht sehr krank.

Der Wind entführt mir meinen Hund.
Die Eier, der Kognak, das Brötchen
Schmecken heut besonders gut:
Und siehe da: mein alter Hut
Macht Männchen und gibt Pfötchen.


Rosmarie Vancura antwortete am 06.03.02 (10:56):

K i n d er
___________

Wie sie mit einem Lachen
die Angst verjagen,

das All durchmessen
im Schaukelschwung.

wie sie den Augenblick
auf die Ewigkeit reimen

und wie sie die gleiche Zeit.
die wir in unseren Terminkalendern

kleinlich verplanen
mit vollen Händen

verschwenden.


Dela antwortete am 06.03.02 (17:51):

Leise, ganz leise

(Koloman Stumpfögger)

Sag mir ein Wort,
ein kleines nur,
hauch es mir
ins Ohr!

Füll mir
den Fingerhut
mit kostbaren Tropfen
aus süßem Mandelöl!

Zupf leise
die Engelsharfe,
ganz leise,
laß die Saiten singen,

Klänge für Zeiten,
in denen
jeder Ton verstummt,
kein Laut zu mir dringt!

Wenn von Engelsfingern berührt
wieder die Harfe anhebt,
erkenne ich Silben,
verstehe den Sinn.

Dann erwidre ich
die leise Musik,
flüstre dir
ein Wort ins Ohr.


sieghard antwortete am 07.03.02 (17:09):

Leise zieht durch mein Gemüt
Liebliches Geläute,
Klinge, kleines Frühlingslied,
Kling hinaus ins Weite.

Kling hinaus bis an das Haus,
Wo die Blumen sprießen.
Wenn du eine Rose schaust,
Sag, ich lass sie grüßen.

[Heinrich Heine 1797 - 1856]
.


Brita antwortete am 07.03.02 (20:53):

Lob des Frühlings.

Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!

Wenn ich solche Worte singe,
Braucht es dann noch großer Dinge,
Dich zu preisen Frühlingstag?


Brita antwortete am 07.03.02 (20:56):

Hier noch ein Gedicht von Ludwig Uhland
über den Frühling


Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze sei nicht bang!
nun muß sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun armes Herz, vergiß der Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.

Ludwig Uhland


Rosmarie Vancura antwortete am 08.03.02 (19:51):

Mein Gedicht zum Thema Frühling

Frühlings Erwachen
__________________

Erschöpft von vielen Müdigkeiten,
als Minnesänger längst verstummt,
fühlt sich der stärkste Mann zuzeiten,
nervös und völlig ausgepumpt.

Man möchte vor sich selber fliehen
und hat ( ich nehme an auch du)
die Kräfte und die Energien
in keiner Weise mehr dazu.

Sogar die Liebe wird gemieden,
weil sie uns psychisch-physisch schwächt,
und deshalb ist man unzufrieden,
verstimmt, vergrämt und ungerecht.


Der Frühling bringt uns nicht zu Lachen
und macht uns melancholisch meist
auch wenn der Dichter sein Erwachen
poetisch überschwenglich preist.

Die chemische Zusammenstellung
des Homo sapiens im März
bewirkt anstelle der Erhellung
oft spürbar einen Druck aufs Herz.

Jedoch der Krokus auf der Wiese
und tief im Wald der Seidelbast
vermögen, dass du trotz der Krise
an tausend Dingen Freude hast.

Drum lass vom Lenz dich nicht bedrücken,
auch wenn er dich elegisch macht:
Er wird dich überreich beglücken,
sobald er ganz und gar erwacht.


Fridolin Tschudi


Rosmarie Vancura antwortete am 08.03.02 (20:06):

Frühlingsexerzitien
___________________

Für Stephan, den Langen!

Blätter treiben,
Blühen, Früchte und
so weiter, alle Hände,
Zweige voll zu tun.

So soll es sein:
An gleichem Ort
beweglich bleiben, fest
auf frischen Wurzeln ruhn.

Aus Stephen Jacobs
Geschulte Monade
Coll.S.Fischer


Dela antwortete am 09.03.02 (20:08):

Auch dies sind Gedanken zum Thema Frühling.


Letzter Frühling

Gottfried Benn (1886-1956)

Nimm die Forsythien tief in dich hinein
und wenn der Flieder kommt, vermisch auch diesen
mit deinem Blut und Glück und Elendsein,
dem dunklen Grund, auf den du angewiesen.
Langsame Tage. Alles überwunden.
Und fragst du nicht, ob Ende, ob Beginn,
dann tragen dich vielleicht die Stunden
noch bis zum Juni mit den Rosen hin.


Dela antwortete am 09.03.02 (20:20):

Aber ein verheißungsvolles Frühlingsgedicht soll folgen.


Frühling

Theodor Fontane (1819-1898)

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
"Er kam, er kam ja immer noch"
Die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.
Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt; "Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai."
O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.


Adolf antwortete am 10.03.02 (02:34):

Hier ein Frühlings Gedicht aus dem Gedächtnis.
Ich weiß nicht mehr von es stammt.
Vielleicht weiß es aus der Runde jemand.

Und dreunt der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muss doch Frühling werden.

Einen schönen Sonntag wünscht allen Adolf


Herbertkarl Huether antwortete am 10.03.02 (02:57):

Emanuel Geibel

Hoffnung

Und dräut der Winter noch so sehr
mit trotzigen Gebärden,
und streut er Eis und Schnee umher,
es muß doch Frühling werden.

Blast nur, ihr Stürme, blast mit Macht,
mir soll darob nicht bangen,
auf leisen Sohlen über Nacht
kommt doch der Lenz gegangen.

Drum still! Und wie es frieren mag,
o Herz, gib dich zufrieden,
es ist ein großer Maientag
der ganzen Welt beschieden.

Und wenn dir oft auch bangt und graut,
als sei die Höll' auf Erden,
nur unverzagt auf Gott vertraut!
Es muß doch Frühling werden.


Dietlinde antwortete am 10.03.02 (08:57):


Joseph von Eichendorff hat heute Geburtstag!



10. 3. 1788 Joseph von Eichendorff (+ 26.11.1857)
Deutscher Schriftsteller. Der aus einer preußischen Adelsfamilie stammende Eichendorff studierte Jura in Heidelberg und später in Berlin. Während dieser Zeit verfasste er bereits seine ersten
literarischen Schriften und knüpfte Kontakte zu Vertretern der Romantik. 1813 schloss sich Eichendorff dem Lützkowschen Freikorps im Kampf gegen Napoleon an. Nach Ende des Krieges trat er in den preußischen Staatsdienst ein, den er 1844 wieder verließ, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Neben vielen Gedichten, die sich mit der Natur beschäftigten, veröffentliche Eichendorff 1826 sein wichtigstes Buch "Aus dem Leben eines Taugenichts", das als ein Hauptwerk der deutschen romantischen Literatur gilt.
www.vcu.edu/hasweb/for/eichendorff/taugenichts1.html
Online-Version des ersten Kapitels aus Eichendorffs "Aus dem Leben eines Taugenichts" auf den Internetseiten der "Virginia Commmonwealth University".
www.uni-karlsruhe.de/~za192/begab/themen/biogr/kurzbio.htm
Biografie des Schriftstellers auf der Homepage der "Universität Karlsruhe".
********************************************

FRÜHLINGSNACHT

Übern Garten durch die Lüfte
Hört ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängts schon an zu blühn.

Jauchzen möcht ich, möchte weinen,
Ist mirs doch, als könnts nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.

Und der Mond, die Sterne sagens,
Und in Träumen rauschts der Hain,
Und die Nachtigallen schlagens:
Sie ist Deine, sie ist dein!

Joseph von Eichendorff

**************************************
Joseph von Eichendorff

Schläft ein Lied in allen Dingen
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.

***************************************

Morgenständchen


In den Wipfeln frische Lüfte,
Fern melod'scher Quellen Fall,
Durch die Einsamkeit der Klüfte
Waldeslaut und Vogelschall,
Scheuer Träume Spielgenossen,
Steigen all beim Morgenschein
Auf des Weinlaubs schwanken Sprossen
Dir ins Fenster aus und ein.
Und wir nahn noch halb in Träumen,
Und wir tun in Klängen kund,
Was da draußen in den Bäumen
Singt der weite Frühlingsgrund.
Regt der Tag erst laut die Schwingen:
Sind wir alle wieder weit -
Aber tief im Herzen klingen
Lange nach noch Lust und Leid.

Joseph von Eichendorff

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Luzia antwortete am 10.03.02 (11:45):

Auch ein Frühlingsgedicht

Leise zieht durch mein Gemüt
liebliches Geläute,
klinge, kleines Frühlingslied,
kling' hinaus ins Weite!

Kling' hinaus bis an das Haus,
wo die Veilchen sprießen:
Wenn du eine Rose schaust,
sag', ich laß sie grüßen.

Heinrich Heine 1797 - 1856


Dietlinde antwortete am 10.03.02 (11:53):


Pflaumenblüte

Im Mauerwinkel von der Pflaume ein paar Zweige,
Die da, der Kälte spottend, einsam in Blüte steh'n.
Schaust sie von ferne - und 's ist doch nicht Schnee:
Spürst dunklen Duft geheimnisvoll herüberweh'n!

Wang An-shih (1021-1086)


Rosmarie Vancura antwortete am 10.03.02 (16:52):

Partnerschaft
______________

Loslassen-
dazu bin ich bereit,
aber ich brauche
die Freiheit,
mich festhalten

zu können
von Zeit zu Zeit.

Freischweben -
dazu habe ich
NICHT IMMER
die Kraft.

Kristiane Allert-Wybranietz
Leben ist Liebe


sieghard antwortete am 10.03.02 (17:36):

Von allen Zweigen perlt der goldne Schaum,
Auf allen Bäumen flammen Blütenbrände,
Unzählbar lacht der Kuckuck durch den Raum,
Frag ich ihn bang nach meines Lebens Ende.
Es blüht und lebt bis an der Erde Saum,
Wird blühn und leben, singt er, ohne Wende,
Als wäre Frühling nicht ein kurzer Traum.
Auch du bist ewig! Spare nicht, verschwende!

[Ricarda Huch 1864-1947]
.


Heidi antwortete am 11.03.02 (19:07):

Hiroshima

Der den Tod auf Hiroshima warf
Ging ins Kloster, läutet dort die Glocken.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Sprang vom Stuhl in die Schlinge, erwürgte sich.
Der den Tod auf Hiroshima warf
Fiel in Wahnsinn, wehrt Gespenster ab
Hunderttausend, die ihn angehen nächtlich,
Auferstandene aus Staub für ihn.

Nichts von alledem ist wahr.
Erst vor kurzem sah ich ihn
Im Garten seines Hauses vor der Stadt.
Die Hecken waren noch jung und die Rosen-
büsche zierlich.
Das wächst nicht so schnell, dass sich einer
verbergen könnte
Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen war
Das nackte Vorstadthaus, die junge Frau
Die neben ihm stand im Blumenkleid
Das kleine Mädchen an ihrer Hand
Der Knabe, der auf seinem Rücken saß

Und über seinem Kopf die Peitsche schwang.
Sehr gut erkennbar war er selbst
Vierbeinig auf dem Grasplatz, das Gesicht
Verzerrt von Lachen, weil der Photograph
Hinter der Hecke stand, das Auge der Welt.

(Marie Luise Kaschnitz)


Heidi antwortete am 11.03.02 (19:11):

Hiroshima

Erinnerst Du Dich an Hiroshima?
Niem als vergiss Hiroshima!

Erinnerst Du Dich an den heißesten der Sommertage?
Niemals vergiss den heißesten der Sommertage!

�Es ist heiß! Es ist heiß! Es verbrennt uns!�, schreien die
Menschen,
sie stürzen sich in den Fluss, doch
der Fluss kocht bereits,
dies ist der Anblick der Hölle!
Die Kinder haben keine Zeit mehr zu schreien, sie
verbrennen in den heißen Flammen.
Die Männer verwandeln sich in bloße Schatten im Asphalt!
Die Menschen sind nur noch Tätowierungen auf den Mauern!

Erinnerst Du Dich an Hiroshima?
Niemals vergiss Hiroshima!

Oh, kannst Du mir sagen,
wohin sie alle gegangen sind?
Sind sie wirklich tot und vergangen
oder sind sie nur gleich
hinter der nächsten
Ecke?

(Tom LaBlanc)


Dela antwortete am 11.03.02 (20:52):

Steht noch dahin

Marie Luise Kaschnitz (Text auf Umschlag des gleichnamigen Buches)

Ob wir davonkommen ohne gefoltert zu werden, ob wir eines natürlichen Todes sterben, ob wir nicht wieder hungern, Abfalleimer nach Kartoffelschalen durchsuchen, ob wir getrieben werden in Rudeln, wir haben's gesehen. Ob wir nicht noch die Zellenklopfsprache lernen, den Nächsten belauern, vom Nächsten belauert werden, und bei dem Wort Freiheit weinen müssen. Ob wir uns fortstehlen rechtzeitig auf ein weißes Bett oder zugrunde gehen am hundertfachen Atomblitz, ob wir es fertigbringen mit einer Hoffnung zu sterben, steht noch dahin, steht alles noch dahin.


sieghard antwortete am 13.03.02 (08:20):

Christian Morgenstern (1871 - 1914)

DIE WEIDENKÄTZCHEN

Kätzchen ihr der Weide,
wie aus grauer Seide,
wie aus grauem Samt!
O ihr Silberkätzchen,
sagt mir doch, ihr Schätzchen,
sagt, woher ihr stammt.

Wollen's gern dir sagen:
Wir sind ausgeschlagen
aus dem Weidenbaum,
haben winterüber
drin geschlafen, Lieber,
in tieftiefem Traum.

In dem dürren Baume
in tieftiefem Traume
habt geschlafen ihr?
In dem Holz, dem harten
war, ihr weichen, zarten,
euer Nachtquartier?

Mußt dich recht besinnen:
Was da träumte drinnen,
waren wir noch nicht,
wie wir jetzt im Kleide
blühn von Samt und Seide
hell im Sonnenlicht.

Nur als wie Gedanken
lagen wir im schlanken
grauen Baumgeäst;
unsichtbare Geister,
die der Weltbaumeister
dort verweilen läßt.

Kätzchen ihr der Weide,
wie aus grauer Seide,
wie aus grauem Samt!
O ihr Silberkätzchen,
ja, nun weiß, ihr Schätzchen,
ich, woher ihr stammt.
.


Wolfgang antwortete am 14.03.02 (19:09):

Lied zur Ermutigung II (von HILDE DOMIN)

Lange wurdest du um die türelosen
Mauern der Stadt gejagt.

Du fliehst und streust
die verwirrten Namen der Dinge
hinter dich.

Vertrauen, dieses schwerste
ABC.

Ich mach ein kleines Zeichen
in die Luft,
unsichtbar,
wo die neue Stadt beginnt,
Jerusalem,
die goldene,
aus Nichts.

Der Philosoph HANS-GEORG GADAMER ist gestorben. Wenn ich mich recht erinnere, hat eine Teilnehmerin dieses Forums vor über einem Jahr zu seinem 101. Geburtstag auf das Werk dieses grossen Mannes hingewiesen. GADAMER hat zum Gedicht von HILDE DOMIN seine Deutung geschrieben:

https://www.zum.de/Faecher/D/Saar/gym/lyrik/ermutingung_II_Int.htm

(Internet-Tipp: https://www.zum.de/Faecher/D/Saar/gym/lyrik/ermutingung_II_Int.htm)


Heidi antwortete am 15.03.02 (17:36):

Der Frühling ist da!

Woher ich das weiß?
Draußen vor meinem Fenster
auf der Wäschewiese
spielen Kinder
mit dem Ball

zwei türkische Mädchen
ein fränkischer Junge
ein fränkisches Mädchen

sie toben
sie lachen
sie freuen sich
ihrer Lebendigkeit

ich freue mich mit
und bin getröstet
es gibt noch Kinder
es gibt noch ein Leben

der Frühling ist da!

hl


Dela antwortete am 15.03.02 (18:38):

Frühlingsglaube


Ludwig Uhland
1787-1862


Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiss nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal:
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.


Brita antwortete am 15.03.02 (18:54):

Frühlingsahnung

O sanfter, süßer Hauch!
Schon weckest du wieder
Mir Frühlingslieder.
Bald blühen die Veilchen auch.

Ludwig Uhland


Rosmarie Vancura antwortete am 15.03.02 (20:07):

Märzmorgen
__________

Dies weht vorüber. Denn es ist die Zeit
der Zeichen, die dem Kommenden geweiht.
Der scheue Duft der Wiesen meint nicht sich,
nicht seine leere Schwebung meint der Ast
und seine Knospe nicht der Seidelbast.
Was jetzt geschieht, geschieht nicht eigentlich.

Dies weht vorüber, Später ohne Maß
erblüht's von Kuckucksnelken, Honiggras,
von Schaumkraut, Salbei, Klee und Löwenzahn.
Goldschatten rieseln durch das Birkenlaub
ein Windhauch löst und hebt den Blütenstaub,
still zieht die Sommerwolke ihre Bahn.

Dies weht vorüber. Eine Weile bleibt
die Frucht,darin der Kern sein Wesen treibt,
die Perlschnur bleibt an Farn und Wegerich
der Same bleibt, der in Vergänglichkeit
dem heimlich Werdenden sich wieder weiht.
Was auch geschieht,gewschieht nicht eigentlich.

Manfred Hausmann


Rosmarie Vancura antwortete am 15.03.02 (20:14):

Erfüllung
_________

Wochenendgruss
für Stephanus

Wer dem Gesetz gehorsam ist
mit seinem Sein,
wird sich zur selben Frist
von ihm befrein.

Wenn Du der Schwerkraft nicht
mehr widerstehst
schwebst du wie ein Gedicht
und lebst.

Manfred Hausmann


Antonius Reyntjes antwortete am 15.03.02 (22:56):

Für Rosmarie (die auf meinen(?) Frühling wartet...)

Albrecht Goes
NACH SCHWEREM WINTER

Ob dir gleich in winterwährend
Dunkler Welt den Sinn versehrt
Schwermut, die der süßen Hoffnung
Flügelschlag und Flug verwehrt,

Ob der Hall vom Schrei der Krähen
Dir im Ohr noch, lang und bang,
Und aus Nächten, vieldurchwachten,
Klagender, des Windes Klang -

Ach das Herz, es mild zu trösten,
Ist das Kleine groß genug:
Eine gelbe Krokusblüte,
Einer Wolke Frühlingszug.

(Internet-Tipp: https://www.reyntjes.de)


Adolf antwortete am 16.03.02 (03:50):

Einen guten morgen und einen schönes Wochenende wünscht Adolf

Sinn des Lebens

Bei allem, was ich tu�
Denk� ich oft: Wozu?
Frag� mich, wo führt das hin
Und suche nach dem Sinn.

Das Leben ist ein Spiel,
gibt auf der Rätsel viel,
und manche Illusion
stiehlt heimlich sich davon.

Trotzdem lieb� ich diese Welt,
auf der vieles zählt,
wenn auch nicht jeder Tag
so ist, wie ich ihn mag.

Marta Vogel

Diese Gedicht ist aus eine Zeitschrift


Dietlinde antwortete am 17.03.02 (09:53):


Ein Frühlingsgruß für alle Gäste und Freunde des Seniorentreffs!


Zwischen Sonnenschein
und Blumen
zu leben
läßt unsere Träume
langsam entfalten.....

Kleine Dinge
zu beobachten
wie Rotkehlchen,
Schneckenhäuschen,
Zweige von Forsythia
Zweige von Quitten
oder sanfte Regenschauer......

bringt alles wieder
was wir immer schon wußten
und spürten....

Wir finden
die kleinen Wunder
die unseren Seelen
wieder eine Heimat
in der Natur schenken...

Dietlinde

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Dela antwortete am 17.03.02 (17:57):

Mondrose

(Eva Strittmatter)

Komm in mein Zimmer, wenn Mondlicht ist.
Es hat sieben Fenster mit Seidengardinen.
Die werden vom vollen Mondeslicht
Wie Rosenblätter durchschienen.

Das bin ich sicher: du hast noch nicht
In einer Rose gelegen.
Wir lassen uns vom Mondeslicht
Im Innern der Rose bewegen.


adolf antwortete am 17.03.02 (19:14):


Ich wünsche dir Freunde,
hilfreich und störend,
solche, die du braucht ,
solche, die dich brauchen.

Einen schönen Wocheanfang wünscht Adolf


sieghard antwortete am 17.03.02 (20:40):

LOB DES FRÜHLINGS

Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!

Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch großer Dinge,
dich zu preisen, Frühlingstag?

[Ludwig Uhland 1787-1862]
.


Brita antwortete am 18.03.02 (07:34):

...man könnte ja dieses Lied mit
einer eigenen Melodie versehen...


Morgenlied

Noch ahnt man kaum der Sonne Licht,
Noch sind die Morgenglocken nicht
Im finstern Tal erklungen.

Wie still des Waldes weiter Raum!
Die Vöglein zwitschern nur im Traum,
Kein Sang hat sich erschwungen.

Ich hab' mich längst ins Feld gemacht
Und habe schon dies Lied erdacht
Und hab' es laut gesungen.

Ludwig Uhland


Rosmarie Vancura antwortete am 18.03.02 (07:51):

Noch ein Frühlingsgedicht

Der Blinde im Frühling
______________________

Er schreitet langsam hin wie alte Frauen
mit welkem,abgewendeten Gesich.
Kein Strahl das Dunkel seiner Augen bricht.
Er sieht nicht, wie die Wolken Berge bauen.

Die Wälder grünen und die Himmel blauen;
den holden Farbenzauber spürt er nicht.
Und einmal doch wird seine Seele licht:
duftschwere Lüfte hauchen durch die Auen.

Da muß er seine kalten Arme heben
und ist den warmen Winden hingegeben
und duldet die Umarmung selig,stumm.

Und inniger die Lüfte ihn umfächeln
und bringen seinen starren Mund zum Lächeln
und sind ihm wie ein Evangelium

Karl Stamm
geboren 1890 in Wädenswil
gestorben 1919 in Zürich


Rosmarie Vancura antwortete am 18.03.02 (08:08):

S P R U C H
___________

Vor Blumen und Sternen
vor Quellen und rauschenden Hainen,
neigt Euch in Ehrfurcht,
andächtig gedenk des Einen
der in Schöpferfülle
hinter den Dingen steht.

Fridolin Hofer * 1861 in Luzern


Dela antwortete am 18.03.02 (19:46):

Gott schläft in den Steinen,
träumt in den Blumen,
erwacht in den Tieren
und lebt in den Menschen.

(Paramahania Jogananda)


Freddy antwortete am 18.03.02 (23:04):

Von einem Zieglerdichter aus den schönen Lipperland geschrieben.Sein Name Fridrich Wienke Als Gruß an alle von Freddy
Waldandacht.
Herrlich Ist's am Sonntagmorgen
durch den stillen Wald zu geh'n;
wenn die Büsche und die Bäume
noch in ihrer Andacht steh'n.
Wenn die Vöglein musizieren
und die Blumen werden wach,
wenn die ersten Sonnenstrahlen
blitzen durch das Blätterdach.

Oh,dann geh ich in Gedanken
gern so ganz für mich allein
in den heil'gen Tempel Gottes
in den tiefen Wald hinein.
Staunend laß ich auf mich wirken
was der Schöpfer hier erschuf.
Lasse selbst ihn zu mir sprechen,
durch den Busch-den Vogelruf.

Welch ein Reichtum seiner Werke,
welche Güte,welche Pracht
die aus jeder kleinen Blüte,
aus dem Vogelliede lacht.
Und er selbst steht am Altare,
leitet den gemischten Chor,
liest aus wunderbaren Blättern
mir die Morgenpredigt vor.

Und wenn dann die Kirchenglocken
läuten ring's in weiter Rund.
Sitz auf einen Stamm ich nieder,
öffne Seele, Herz und Mund;
Stimme in den Schall der Glocken
in den Gesang der Vögel ein.
Gott zu Lob- solch Weihestunde
kann auch dir zum Segen sein.


Rosmarie Vancuta antwortete am 19.03.02 (08:19):

Meine Sehnsucht zieht mit einer Wolke


Mit einer Wolke
_______________

Meine Sehnsucht fliegt mit einer Wolke
in das fernste aller fremden Länder,
und auf ihren weiss beglänzten Schwingen
trägt sie schwerelose Träume mit.

Lichte Träume, die sich nie erfüllen.
die im Blauen irgendwo verwehen,
lichte Wolken über meinen Tagen
bringen keine Wünsche mehr zurück.

Lange folgt der Blick den stillen Seglern,
bis sie schwinden hinter Horizonten,
wo die Unendlichkeit beginnt,
wo der Zauber aller Wünsche endet.

Gerhard Schuhböck


Dietlinde antwortete am 20.03.02 (15:57):



Heute hat Hölderlin Geburtstag!

20. 3. 1770 Friedrich Hölderlin (+ 7.6.1843)
Deutscher Dichter. Johann Christian Friedrich Hölderlin studierte Theologie am Tübinger Stift, wo Hegel und Schelling seine Kommilitonen waren. 1796 wurde er Hauslehrer bei einer Bankiersfamilie in Frankfurt. Die erwiderte Liebe zur Hausherrin führte zu seiner Entlassung. Nach Aufenthalten als Hofmeister in Hauptwil und Bordeaux wurde er nach einem psychischen Zusammenbruch zur Behandlung in eine Heilanstalt eingewiesen und 1807 als unheilbar entlassen. In Tübingen nahm ihn eine Schreinerfamilie auf und pflegte ihn bis zu seinem Tod im Jahre 1843. Zu seinem Werk zählt der Roman "Hyperion oder der Eremit in Griechenland" (1799).
worldroots.com/brigitte/waiblinger.htm
Ein Bericht des Hölderlin-Freundes Wilhelm Wailinger über "Friedrich Hölderlins Leben - Dichtung und Wahnsinn".
www.hoelderlin-gesellschaft.de/
Homepage der Hölderlin-Gesellschaft mit reichlich Hintergrundinformationen zu Dichter und Werk. (Diverse Sprachen)
********************************************

Friedrich Hölderlin
(1770 - 1843)

Hälfte des Lebens
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
*******************************************


Friedrich Hölderlin
(1770 - 1843)

Seliges Land! Kein Hügel in dir
Wächst ohne den Weinstock,
Nieder ins schwellende Gras
Regnet im Herbste das Obst.
Fröhlich baden im Strome
Den Fuß die glühende Berge,
Kränze von Zweigen und Moos
Kühlen ihr sonniges Haupt.
Und, wie die Kinder hinauf
Zur Schulter des herrlichen Ahnherrn,
Steigen im dunklen Gebirg
Vesten und Hütten hinauf.
Friedsam geht aus dem Walde
Der Hirsch ans freundliche Tageslicht;
Hoch in heiterer Luft
Siehet der Falke sich um.
Aber unten im Tal,
Wo die Blume sich nährt von der Quelle,
Streckt das Dörfchen vergnügt
Über die Wiese sich aus.

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


sieghard antwortete am 20.03.02 (16:15):

Der Frühling

Die Sonne glänzt, es blühen die Gefilde,
Die Tage kommen blüthenreich und milde,
Der Abend blüht hinzu, und helle Tage gehen
Vom Himmel abwärts, wo die Tag' entstehen.

Das Jahr erscheint mit seinen Zeiten
Wie eine Pracht, wo Feste sich verbreiten,
Der Menschen Tätigkeit beginnt mit neuem Ziele,
So sind die Zeichen in der Welt, der Wunder viele.

Friedrich Hölderlin
.

Schön, dass du, liebe Dietlinde, daran gedacht hast.


Dietlinde antwortete am 20.03.02 (16:27):


Lieber Sieghard,

noch viel schöner ist es, daß Du so ein passendes Frühlingsgedicht von Hölderlin gefunden hast, heute am Tag des kalendarischen Frühlingsanfangs! Wunderschön ist es und es entspricht ganz meiner Stimmung!

Liebe Frühlingsgrüße
Dietlinde

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Rosmarie Vancura antwortete am 21.03.02 (08:41):


Etwas frühlingshaftes von R.M.RILKE

FRÜHLING ist wieder gekommen.Die Erde
ist wie ein Kind, das Gedichte weiss;
viele, o viele.... Für die Beschwerde
langen Lernens bekommt sie den Preis.

Streng war ihr Lehrer. Wir mochten das Weiße
an dem Barte des alten Manns.
Nun, wie das Grüne. das Blaue heiße,
dürfen wir fragen: sie kann's, sie kann's!

Erde, die frei hat, du glückliche, spiele
nun mit den Kindern. Wir wollen Dich fangen,
fröhliche Erde. Dem Frohsten gelingts.

O,was der Lehrer sie lehrte, das Viele,
und was gedruckt steht in Wurzeln und langen
schwierigen Stämmen: sie singt's, sie singt's!


Dietlinde antwortete am 21.03.02 (10:57):


Liebe Rosmarie,

ich bin ein leidenschaftlicher Rilkeverehrer, und wenn ich das richtig beobachtet habe, Du auch!

Herzlichen Dank für das "Frühlingshafte", das Du heute morgen von ihm präsentiert hast.

"Sie singt's, sie singt's"! spricht Bände und ist wunderschön zu lesen!

Liebe Frühlingsgrüße
Dietlinde

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Rosmarie Schmitt antwortete am 21.03.02 (12:12):

Liebe Dietlinde,

du hast zwar nicht mich gemeint. Aber ich bin tatsächlich ebenso eine große Freundin von Rilke, und ich hatte mich auch riesig über dieses Gedicht gefreut! Danke, liebe Auch-Rosmarie!

Liebe Grüße an die ganze bereichernde Runde
Rosmarie


Dela antwortete am 22.03.02 (11:33):

Haussegen, anno d. 99

Licht sei sein Los.
Ist der Herr nur das Herz und die Hand
Des Bau's,
mit den Linden im Land
Wird auch sein Haus
schattig und groß.

Rainer Maria Rilke seinem lieben Heinrich Vogeler
(...)


Dela antwortete am 22.03.02 (11:42):

AUS EINEM WORPSWEDER CYKLUS:
VOM TODE

R.M. Rilke

...Er geht vor mir. Ich kann ihn immer sehn
und bin doch bange, ihn zu überholen.
Von seinen Schritten biegen sich die Bohlen,
und seine Schultern schließen die Alleen.

Er weiß den Weg, als wäe das Land sein Eigen;
die Kruezwegpfähle mit den langen Händen
scheinen sich von den Orten fortzuwenden
und heimlich hinter ihm auf ihn zu zeigen...


Luzia antwortete am 22.03.02 (12:30):

Rainer Maria Rilke

Da dich das geflügelte Entzücken
über manchen frühen Abgrund trug,
baue jetzt der unerhörten Brücken
kühn berechenbaren Bug.

Wunder ist nicht nur im unerklärten
Überstehen der Gefahr;
erst in einer klaren reingewährten
Leistung wird das Wunder wunderbar.

Mitzuwirken ist nicht Überhebung
an dem unbeschreiblichen Bezug,
immer inniger wird die Verwebung,
nur getragen sein ist nicht genug.

Deine ausgeübten Kräfte spanne,
bis sie reichen, zwischen zwein
Widersprüchen ... Denn im Manne
will der Gott beraten sein.


Luzia antwortete am 22.03.02 (12:46):

Was ein Lächeln wert ist

Verfasser unbekannt(Vielleicht weiß es jemand!!!)

Ein Lächeln kostet nichts, es erzeugt aber viel!
Es bereichert jene, die es bekommen,
ohne diejenigen zu schaden, die es verschenken!

Die Erinnerung an ein Lächeln kann ewig bleiben!

Niemand ist so reich,
daß er es nicht doch gebrauchen könnte,
und niemand so arm,
daß es ihm nicht mehr helfen könnte.
Es läßt sich nicht kaufen - nicht leihen -
nicht stehlen - nicht erzwingen,
denn es hat erst seinen Wert von dem Moment an,
wo es geschenkt wird!

Wenn Du einem Menschen begegnest, der Dir das Lächeln,
das auch Du verdienst, nicht gibt,
dann sei großzügig - SCHENK IHM DEINES!!

Denn niemand braucht das Lächeln dringender,
als der, der dem anderen keines geben kann!!

Ich wünsche allen so einen Menschen, der uns sein Lächeln schenkt.


kns antwortete am 22.03.02 (14:35):

Das Lächeln

In Trastevere
hat mir jemand ein Lächeln geschenkt,
nur mit den Augen.

In Trastevere
brauche ich keine Erinnerungen
zu kaufen.

Catarina Carsten


Brita antwortete am 22.03.02 (16:41):

Sich selbst eine Chance lassen

Laß die Körnchen
nicht in der Samentüte;
säe sie aus!

Angst ist gewiß
ein harter Boden,
doch du kannst
ihn lockern
durch deine Arbeit,
deinen Mut
und deinen Willen.

Kristiane Allert-Wybranietz


sieghard antwortete am 23.03.02 (07:59):

Die Kinder haben die Veilchen gepflückt,
all', all', die da blühten am Mühlengraben.
Der Lenz ist da; sie wollen ihn fest
in ihren kleinen Fäusten haben.

[Theodor Storm 1817 - 1888]
.


waltraud fuchs antwortete am 24.03.02 (01:05):

Nun hat das Wetter heute wieder mächtig an den Nerven "gezerrt";hier hat es den ganzen Tag leicht geschneit, gewiß auch in anderen Landesteilen. Ich fand einen Spruch, der Hoffnung macht:

Es schenkt mit vollen Händen
des Lenzens Schönheit sich
und wartet aller Enden
mit ihrer Pracht auf dich.
Erich Limpach

Ich sende herzliche Grüße in die Runde und wünsche allen ein FROHES OSTERFEST
mit viel Wärme und Licht!

Waltraud


Erika Kalkert antwortete am 24.03.02 (14:25):

Wenn aus Gewehren Blumen blühen,
wenn Soldaten in den Frieden ziehen,
wenn Quellen sprudeln im trockenen Land,
wenn Versprechen halten im flüchtigen Sand,
wenn Kinder wieder Lieder haben,
wenn Ausländer zur Fremde Heimat sagen,

dann werden wir auferstehen,
dann ist Ostern.

Gerhard Eberts

Ich wünsche allen Freunden des Seniorentreffs ein frohes und gesegnetes Osterfest.

Erika


Brita antwortete am 25.03.02 (08:07):

Wandelt sich rasch auch die Welt

Wandelt sich rasch auch die Welt
Wie Wolkengestalten,
alles Vollendete fällt
heim zum Uralten.

Über dem Wandel und Gang,
weiter und freier,
währt noch dein Vor-Gesang,
Gott mit der Leier.

Nicht sind die Leiden erkannt,
Nicht ist die Liebe gelernt,
Und was im Tod uns entfernt,

ist nicht entschleiert.
Einzig das Lied überm Land
heiligt und feiert.

Rainer Maria Rilke


Dela antwortete am 25.03.02 (20:36):

An eine Fee

(Helga Zeun)

Ich wünsche mir
eine magische Flasche,
leer und mit festem Verschluss.

Eingefangen
glückliche Stunden
will ich durch gläserne Wände
anschauen und das gehabte Glück
neu fühlen.

Ich möchte
Zeiten der Schwere
leicht und aus sicherem Abstand betrachten
ohne Schmerzen.

Und ich will Stunden,
die ich versäumte, vertrödelte, fortwarf,
sammeln
und sie dort sicher verwahren
als Vorrat,
wenn mir die Zeit
nicht reicht.


sieghard antwortete am 28.03.02 (08:46):

Ölbergpassion

Wachet und betet mit mir!
Meine Seele ist traurig
Bis in den Tod.
Wachet und betet
Mit mir! Eure Augen
Sind voll Schlafes
Könnt ihr nicht wachen?
Ich gehe,
Euch mein Letztes zu geben -
Und ihr schlaft...
Einsam stehe ich
Unter Schlafenden.
Einsam vollbringe ich
Das Werk meiner schwersten Stunde.
Wachet und betet mit mir!
Könnt ihr nicht wachen?
Ihr alle seid in mir.
Aber in wem bin ich?
Was wisst ihr
Von meiner Liebe!
Was wisst ihr
Vom Schmerz meiner Seele!
O einsam!

Einsam!
Ich sterbe für euch!
Und ihr schlaft!
Ihr schlaft!
"Brüder! - Hört das Wort!
Soll's ein Wort nur bleiben?
Soll's nicht Früchte treiben
fort und fort?
Allen Bruder sein!
Allen helfen, dienen
Ist, seit Er erschienen,
Ziel allein!
Brüder! Hört das Wort!
Dass es Wahrheit werde
Und dereinst die Erde
Gottes Ort!"

[Christian Morgenstern 1871-1914]
.


Brita antwortete am 28.03.02 (22:49):

Die Fußwaschung

Ich danke dir, du stummer Stein,
und neige mich zur dir hernieder:
Ich schulde dir mein Pflanzensein.

Ich danke euch, ihr Grund und Flor,
und bücke mich zu euch hernieder:
Ihr halft zum Tiere mir empor.

Ich danke euch, Stein, Kraut und Tier,
und beuge mich zu euch hernieder:
Ihr halft mir alle drei zu Mir.

Wir danken dir, du Menschenkind,
und lassen fromm uns vor dir nieder:
weil dadurch, daß du bist, wir sind.

Es dankt aus aller Gottheit Ein-
und aller Gottheit Vielfalt wieder.
In Dank verschlingt sich alles Sein.

Christian Morgenstern


Adolf antwortete am 28.03.02 (22:59):

Kurz vor Ostern

Erste warme Sonne liegt
auf den grünen Hügeln.
Und ein rotes Pünktchen fliegt
hin und her, vom Wind gewiegt:
früh schon auf den Flügeln.

Liebes rotes Käferlein
mit den schwarzen Tupfen.
Kommst so zeitig und allein,
noch liegt Schnee am Wiesenrain:
hol dir keinen Schnupfen.

Verfasser unbekannt. Leider kann man keine Grafik einbinden Adolf


Heidi antwortete am 28.03.02 (23:03):

gesang der freude

uebergang
dunkler kuehle
zu leuchtender waerme

dunkelgewohnte augen
geblendet
von gleissendem licht

silhouetten schemenhaft
kaum wahrnehmbar
am horizont

noch haelt das weiche
dunkle moos den schritt
lockt die dunkle melodie

waehrend rueckenwaerts
sich fluegel langsam
entfalten

vibrieren
trommelfelle im takt
der endlosigkeit

zoegernd der fuss
erdgebunden in
hoehenfurcht

weit darueber
in den sphaeren der ewigkeit
schweben seelen

in vollendeter harmonie
gesang der freude
begegnung im unendlichen

hl


Dietlinde antwortete am 29.03.02 (08:01):




DER EINSAME CHRISTUS


Wachet und betet mit mir!


Meine Seele ist traurig
bis an den Tod.
Wachet und betet mit mir!
Eure Augen
sind voll Schlafes -
könnt ihr nicht wachen?
Ich gehe,
euch mein Letztes zu geben -
und ihr schlaft ...
Einsam stehe ich
unter Schlafenden,
einsam vollbringe ich
das Werk meiner schwersten Stunde.
Wachet und betet mit mir!
Könnt ihr nicht wachen?
Ihr alle seid in mir,
aber in wem bin ich?
Was wißt ihr
von meiner Liebe,
was wißt ihr
vom Schmerz meiner Seele?
O einsam!
Einsam!
Ich sterbe für euch -
und ihr schlaft!
Ihr schlaft!


Christian Morgenstern (1871 - 1914)

Ich wünsche allen Lesern und Gästen des Seniorentreffs einen besinnlichen Karfreitag!
Herzliche Grüße
Dietlinde

(Internet-Tipp: https://easy.to/haikulinde)


Luzia antwortete am 29.03.02 (08:56):

Passionslied

Paul Gerhardt 1607 - 1676

O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn;
o Haupt, zum Spott gebunden
mit einer Dornenkron;
o Haupt, sonst schön gezieret
mit höchster Ehr' und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret,
gegrüßet seist du mir!

Du edles Angesichte,
davor sonst schrickt und scheut
das große Weltgewichte,
wie bist du so bespeit?
Wie bist du so erbleichet?
Wer hat dein Augenlicht,
dem sonst kein Licht mehr gleichet,
so schändlich zugericht'?

Die Farbe deiner Wangen,
der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen:
Des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen,
hat alles hingerafft,
und daher bist du kommen
von deines Leibes Kraft.

Nun, was du Herr, erduldet,
ist alles meine Last;
ich hab es selbst verschuldet
was du getragen hast.
Schau her! Hier steh ich Armer,
der Zorn verdienet hat:
Gib mir, o mein Erbarmer,
den Anblick deiner Gnad'!

Wenn ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir;
wenn ich den Tod soll leiden,
so tritt du dann herfür.
Wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten
kraft deiner Angst und Pein!

Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod,
und laß mich sehn dein Bilde
in deiner Kreuzesnot!
Da will ich nach dir blicken,
da will ich glaubensvoll
dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.


Brita antwortete am 29.03.02 (09:00):

Der Ölbaum-Garten

Er ging hinauf unter dem grauen Laub
ganz grau und aufgelöst im Ölgelände
und legte seine Stirne voller Staub
tief in das Staubigsein der heißen Hände.

Nach allem dies. Und dieses war der Schluß.
Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,
und warum willst Du, daß ich sagen muß
Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.

Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.

Ich bin allein mit aller Menschen Gram,
den ich durch Dich zu lindern unternahm,
der Du nicht bist. O namenlose Scham...

Später erzählte man: ein Engel kam -.

Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht
und blätterte gleichgültig in den Bäumen.
Die Jünger rührten sich in ihren Träumen.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.

Die Nacht, die kam, war keine ungemeine;
so gehen Hunderte vorbei.
Da schlafen Hunde und da liegen Steine.
Ach eine traurige, ach irgendeine,
die wartet, bis es wieder Morgen sei.

Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden läßt alles los,
und sie sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus der Mütter Schoß.

Rainer Maria Rilke


hl antwortete am 29.03.02 (21:24):

Karfreitag 2002

Elfen träumen
Menschen versäumen
Staatsmänner räumen
die Welt auf

Der Horizont rot
Sinkendes Boot
Für alle den Tod
die Welt brennt

Ein letztes Lied
Ein letzter Krieg
Niemandes Sieg
die Welt brennt

Was sind das für Menschen
die aus Hass und aus Gier
vernichten und sengen

Was sind das für Menschen
die aus Rachsucht töten
zerstören, verbrennen

..im Namen Gottes
..im Namen der Gerechtigkeit
..im Namen des Friedens

Wer gibt ihnen Einhalt?
Wer hält sie zurück?

Der den Blinden sehend machte
sprach von der Liebe
und starb am Kreuz
für alle
doch die Schlange
lebt
immer noch

Wer beten kann,
der bete ..

hl


Brita antwortete am 29.03.02 (22:11):

Heidi ordnet ihre Gedanken so lyrisch und schön.
mein Beitrag ist ein Gebet von de Saint Exupéry


Oh Herr: Ich mache mich zu Weg und Gefährt.
Ich komme und gehe. Ich pflüge mein Feld mit
Pferd oder Esel, in zäher Geduld. Ich kenne nur
die Erde, die ich umwende, und in meiner ge-
knoteten Schürze den Staub der Samenkörner, der
über meine Finger rieselt. An Dir ist es, den Früh-
ling zu erfinden und die Ernten ablaufen zu lassen,
gemäß Deiner Herrlichkeit.

Warum zwingst Du mich, Herr, zu dieser Durch-
querung der Wüste? Ich plage mich inmitten der
Dornen. Es bedarf nur eines Zeichens von Dir,
damit sich die Wüste verwandelt, damit der blonde
Sand und der Horizont und der große stille Wind
nicht mehr nur eine unzusammenhängende Sum-
me, sondern ein weites Reich bilden, an dem ich
mich begeistere und durch das hindurch ich Dich
erkenne.

Antoine de Saint-Exupéry


Heidi/hl antwortete am 30.03.02 (13:34):

Trotzalledem..

Frohe Ostern allen FreundInnen hier im Literatenforum!


https://www.hl-gedichte.de/ostergruss.html

(Internet-Tipp: https://www.hl-gedichte.de/ostergruss.html)


sieghard antwortete am 31.03.02 (09:30):

Halte nicht ein bei bei der Schmerzgrenze
Halte nicht ein
Geh ein Wort weiter
Einen Atemzug
Noch über dich hinaus
Greif dir im Leeren
Die Osterblume

[Marie Luise Kaschnitz]
.


Brita antwortete am 31.03.02 (10:00):

Rosa Hortensie

Wer nahm das Rosa an? Wer wußte auch,
daß es sich sammelte in diesen Dolden?
Wie Dinge unter Gold, die sich entgolden,
entröten sie sich sanft, wie im Gebrauch.

Daß sie für solches Rosa nichts verlangen,
bleibt es für sie und lächelt aus der Luft?
Sind Engel da, es zärtlich zu empfangen,
wenn es vergeht, großmütig wie ein Duft?

Oder vielleicht auch geben sie es preis,
damit es nie erführe vom Verblühn.
Doch unter diesem Rosa hat ein Grün
gehorcht, das jetzt verwelkt und alles weiß.

Rainer Maria Rilke


Richard antwortete am 31.03.02 (14:03):

Ein frohes Osterfest,
wünscht Euch allen
Richard


Dem Revolutionär Jesus zum Geburtstag
(nun, es könnte auch zu seinem Todestage passend sein. rei)

Zweitausend Jahre sind es fast,
seit du die Welt verlassen hast,
du Opferlamm des Lebens!
Du gabst den Armen ihren Gott,
du littest durch der Reichen Spott.
Du tatest es vergebens!

Du sahst Gewalt und Polizei.
Du wolltest alle Menschen frei
und Frieden auf der Erde.
Du wusstest, wie das Elend tut
und wolltest allen Menschen gut,
damit es schöner werde!

Du warst ein Revolutionär
und machtest dir das Leben schwer
mit Schiebern und Gelehrten.
Du hast die Freiheit stets beschützt
und doch den Menschen nichts genützt.
Du kamst an die Verkehrten!

Du kämpftest tapfer gegen sie
und gegen Staat und Industrie
und die gesamte Meute.
Bis man an dir, weil nichts verfing,
Justizmord, kurzer Hand beging.
Es war genau wie Heute!

Die Menschen wurden nicht gescheit.
Am wenigsten die Christenheit,
trotz allem Hände falten.
Du hattest sie vergeblich lieb.
Du starbst umsonst.
Und alles blieb -----
beim Alten!

Erich Kästner


:-) Heidi antwortete am 31.03.02 (18:26):

Ostern

Wenn die Schokolade keimt,
Wenn nach langem Druck bei Dichterlingen
"Glockenklingen" sich auf "Lenzesschwingen"
Endlich reimt
Und der Osterhase hinten auch schon preßt,
Dann kommt bald das Osterfest.

Und wenn wirklich dann mit Glockenklingen
Ostern naht auf Lenzesschwingen, ---
Dann mit jenen Dichterlingen
Und mit deren jugendlichen Bräuten
Draußen schwelgen mit berauschten Händen ---
Ach, das denk ich mir entsetzlich,
Außerdem - unter Umständen -
Ungesetzlich.

Aber morgens auf dem Frühstückstische
Fünf, sechs, sieben flaumweich gelbe, frische
Eier. Und dann ganz hineingekniet!
Ha! Da spürt man, wie die Frühlingswärme
Durch geheime Gänge und Gedärme
In die Zukunft zieht
Und wie dankbar wir für solchen Segen
Sein müssen.

Ach, ich könnte alle Hennen küssen,
Die so langgezogene Kugeln legen.

Joachim Ringelnatz


Richard antwortete am 31.03.02 (19:06):

Odemans Recherchen über den Osterhasen und den Klapperstorch

Die Lüge auf kurzem und langem Bein


Das Häslein sprach: �Es ist empörend�,
zum Storch, der seinen Worten lauscht,
�die Menschheit lügt, es ist verheerend,
das es mir in den Löffeln rauscht.
Von mir verbreitet man Histörchen,
der Gipfel der Verlogenheit!
Ich legte Eier, heißt das Märchen,
aus Marzipan zur Osterzeit.


Ich frage mich seit langem täglich,
was diese Lügerei bezweckt!
Gesetzt den Fall, es wär mir möglich,
äß' ich doch selber das Konfekt.
Weshalb sie dann nur auf uns schießen
erbarmungslos, mit Schrot und Blei,
anstatt uns freundlich zu begrüßen -
da sehen sie die Heuchelei


Ich habe einmal eine Henne
des Spaßes halber konsultiert.
Ich fragte sie, ob ich das könne,
hätt' Eierlegen gern studiert.
Sie sagte zu mir:�Selbstverständlich,
man braucht dazu nur Phantasie,
dadurch gelingt es ihnen endlich.
Auf alle Fälle müssen sie


Natürlich erst mal gackern können,
Das ist dabei das A und O.
Und dann an eine Stelle rennen,
wo's niemand sieht, ganz tief im Stroh.
Nun müssen sie sich konzentrieren,
wie man das Ei ganz langsam presst,
und den Geschmack dann produzieren,
der leicht sich suggerieren lässt!�

Nun saß ich da im Stroh und drückte
und dachte immer intensiv,
auf dass ein Nugat-Ei mir glückte,
doch leider ging es völlig schief.
Mir ist das Werk total misslungen,
trotz meiner Autosuggestion.
Die Pfötchen habe ich gerungen,
denn was gelang mir schließlich schon?

Ich sage es ganz ehrlich ihnen:
das , was ich immer schon gelegt,
die alte Masche, nur Rosinen,
und immer wieder, unentwegt!
Ich wollte den Beweis erbringen,
nur weil es uns wird nachgesagt,
doch so was lässt sich nicht erzwingen.�
Darauf hat dann der Storch gesagt:

�Und über mich lügt man nicht minder.
Der Mensch scheint nicht normal zu sein.
Man sagt ich brächte ihm die Kinder
und beiss' die Weiber in das Bein.
Das ist von A bis Z gelogen.
Ich beiße Menschenweiber nie.
Glatt aus den Fingern ist's gesogen.
Was soll der Unfug, frag ich sie?

Die müssen wohl in Nachwuchs-Dingen
ganz jämmerliche Stümper sein,
nichts Rechtes da zu Stande bringen.
Warum zieht man mich da hinein?
Was geht mich an, wie ihre Wiegen
bevölkert werden und von wem?
Ich such' woanders mein Vergnügen.
Das wär' mir viel zu unbequem.�

Und Storch und Häslein schauten beide
Kopf schüttelnd in den Sonnenschein.
Leis' summten sie: �Grün ist die Heide...�
und wandelten dann querfeldein.

Robert T. Odeman


Dela antwortete am 01.04.02 (03:58):

Beim Schlafengehen

Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.

Hände, lasst von allem Tun,
Stirn, vergiss du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.

Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.

(Hermann Hesse)


Heidi antwortete am 01.04.02 (23:15):

Nachtschwärmen

Die alte Pappel schauert sich neigend,
Als habe das Leben sie müde gemacht.
Ich und mein Lieb - hier ruhen wir schweigend -
Und vor uns wallt die drückende Nacht.

Bis sich zwei schöne Gedanken begegnen, -
Dann löst sich der bleierne Wolkenhang.
Goldene, sprühende Funken regnen
Und füllen die Welt mit lustigem Klang.

Ein trüber Nebel ist uns zerronnen.
Ich lege meine in deine Hand.
Mir ist, als hätt ich dich neu gewonnen. --
Und vor uns schimmert ein goldenes Land.

J.Ringelnatz


sieghard antwortete am 02.04.02 (18:23):

Muss das jetzt und hier wiederholen,
denn heute wars und ists so schön,
in mir und um mich in der Natur:

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Lob des Frühlings

Saatengrün, Veilchenduft,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Luft!

Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch großer Dinge,
dich zu preisen, Frühlingstag?

[Ludwig Uhland 1787-1862]
.


Anna antwortete am 02.04.02 (22:43):

Frühlingsahnen


Heut hab ich zum erstenmal
Ein Blümelein gesehen
Es wehte ein gar linder Wind
Ein warmes Frühlingswehen

Die Blume in der goldenen Pracht
Hebt ihren Kelch zur Sonne
Ein Ahnen gaht durch die Natur
Es ist die Frühlingswonne

So wie die Blume hofft der Mensch
Auf daß es Frühling werde
Der alles Leben neu erweckt
Auf Gottes schöner Erde





T.heo
1.04.1944

Ich habe noch einige Gedichte gefunden, vielleicht bald mehr.


Anna antwortete am 02.04.02 (22:45):

Frühlingsboten


Über Nacht, nach langem Schlaf
Ist erwacht der Blumem Pracht
Frühling will nun Einzug halten
Alles Leben neu gestalten

Mannigfach in frohen Farben
Ist das Kleid der Frühlingskinder
Sind vom lieben Gott gesandt
Als die ersten Frühlingsbringer

Blumenduft und Frühlingswinde
Hoffnungsvoll ein Liebeswort
Frühling ist auf Erden wieder
Überall, an jedem Ort

Laß' dich loben, laß dich preisen
Frühling, bist nun wieder da
Bringest Glauben, Hoffnung, Liebe
Gottes Segen immerdar



T.heo
21.04.1944


Anna antwortete am 02.04.02 (22:48):

Maienzeit


Sonnenschein auf Berg und Tal
Über Flur und Auen
Lieblich in der Maienzeit
Für das Aug zu schauen

Neues Leben dann erblüht
Alles grünet wieder
Jeder freie Vogel singt
Frohe Maienlieder

Fröhlich ist der Sang der Kinder
Lachend schallen Lieder
Maienzeit, Du spiegelst dich
In den Menschen wieder

Tausendmal sei Du willkommen
Der von allen so begehrt
Der Du schon so manchen Menschen
Hast mit Deinem Glück beschert

Alle, die vom Glück verlassen
Die da trauern müssen
Werden in der Maienzeit
Neues leben hoffen

Maienzeit, Du kehrest wieder
Jedes Jahr aufs neu fürwahr
Bringst uns doch mit Deinem Kommen
Neues Hoffen Jahr für Jahr


T.heo
1.05.1944


Muttertag 1944


Liebe Mutter, glaube mir
Diese Blumen schick ich Dir
Dazu geb' ich das Versprechen
Deiner niemals zu vergessen

Du hast mir in meinem Leben
So viel Gutes schon gegeben
Will auch immer dankbar sein
Und Dich jeden Tag erfreun

Lange bleibe uns erhalten
Lieber Gott, Du machst es walten
Daß noch manchen Muttertag
Ich der Mutter danken mag


T.heo
14.05.1944

Sonntag im Mai


Sonntag im Mai, so voller Regen
Kamst mir doch so ungelegen
Möcht so gern nach draußen gehn
Muß nun hinterm Fenster stehn

Kann nun durch die Scheiben sehn
Wo ich wollt spazieren gehn
Muß nun warten immerdar
Bis ein Sonntag hell und klar

Jeder Sonntag ist nicht schön
Dieses mußt ich heute sehn
Hat' mir soviel vorgenommen
Und zu nichts bin ich gekommen

Schuld ist dran der Maienregen
Der mit seinem goldnen Segen
Die Natur so frisch erquickt
Mich jedoch ins Haus geschickt


T.heo
14.05.1944
Nun erst einmal genug


Brita antwortete am 03.04.02 (21:26):

Krokus

Mit blauem Krokus hat das Gras
sich bis zum Silberstrand geschmückt.
Die Wellen tauchen aus dem Glas
des Stroms und lächeln so beglückt.

Im Flor des blauen Hauchs gerinnt
der Lärm der schwarzen Stadt.
Ich fühle, wie der schwarze Wind
mir schon die Stirn geglättet hat.

Ich war so müde von dem Radbetrieb,
ich wußte nicht mehr, wie ein Baum
sich in den Himmel ohne Raum

so ungeheuer weit verzweigt.
Ich schlich durch die Gebüsche wie ein Dieb
und habe Keinem mein Gesicht gezeigt.

Paul Zech
(1882-1946)


Dela antwortete am 03.04.02 (22:37):

Nachtlied

(Friedrich Hebbel)

Quellende, schwellende Nacht,
Voll von Lichtern und Sternen;
In den ewigen Fernen,
Sage, was ist da erwacht!

Herz in der Brust wird beengt,
Steigendes, neigendes Leben,
Riesenhaft fühle ich�s weben,
Welches das meine verdrängt.

Schlaf, da nahst du dich leis,
Wie dem Kinde die Amme,
Und um die dürftige Flamme
Ziehst du den schützenden Kreis.


Brita antwortete am 04.04.02 (21:01):

Metaphysisches

Ein Mensch erträumt, was er wohl täte,
Wenn wieder er die Welt beträte.
Dürft er zum zweiten Male leben,
Wie wollt er nach dem Guten streben
Und streng vermeiden alles Schlimme!
Da ruft ihm zu die innre Stimme:
>Hör auf mit solchem Blödsinn, ja?"
Du bist zum zwölften Mal schon da!<

Eugen Roth


Adolf antwortete am 04.04.02 (22:07):

Abend in Sk�ne

Der Park ist hoch. Und wie aus einem Haus
tret ich aus seiner Dämmerung heraus
in Ebene und Abend. In den Wind,
denselben Wind, den auch die Wolken fühlen,
die hellen Flüsse und die Flügelmühlen,
die langsam mahlend stehn am Himmelsrand.
Jetzt bin auch ich ein Ding in seiner Hand,
das kleinste unter diesen Himmeln. - Schau:

Ist das Ein Himmel?:
Selig lichtes Blau,
in das sich immer reinere Wolken drängen,
und drunter alle Weiß in Obergängen,
und drüber jenes dünne, große Grau,
warmwallend wie auf roter Untermalung,
und über allem diese stille Strahlung
sinkender Sonne.

Wunderlicher Bau,
in sich bewegt und von sich selbst gehalten,
Gestalten bildend, Riesenflügel, Falten
und Hochgebirge vor den ersten Sternen
und plötzlich, da: ein Tor in solche Fernen,
wie sie vielleicht nur Vögel kennen . . .
Rainer Maria Rilke

Eine gute Nacht und einen schönen Tag wünsch ich allen in der Runde. Adolf


admin antwortete am 05.04.02 (10:24):

Kapitel 24 wird unter nachstehender Adresse

/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a264.html

archiviert.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a264.html)