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THEMA:   Senioren schreiben

 21 Antwort(en).

Feige begann die Diskussion am 20.02.01 (23:26) mit folgendem Beitrag:

Vor einigen Jahren gab es im AOL-Bereich einmal ein Forum "Frauen schreiben". Ich (und mit mir viele andere) habe das damals sehr interessiert verfolgt. Ich könnte mir vorstellen, daß es gerade unter uns Senioren viele gibt, die ihre Gedanken in Worte kleiden. Und das es genauso viele Senioren gibt, die ihren Spaß an Erzählungen aller Art haben.
Was haltet ihr daven?


Friedgard antwortete am 22.02.01 (09:14):

Die "Akademie für �ltere" in Heidelberg hat mehrere Bände von Erinnerungen älterer Menschen
herausgegeben - sehr gut und vielseitig. Auskunft darüber kann man sicher bei der Akademie,
Heidelberg, Bergheimer Straße, bekommen.
Es gibt viele Initiativen zum Schreiben, ein größeres Problem ist: wie und wo veröffentlichen?


Georg Segessenmann antwortete am 22.02.01 (15:38):

An Friedgard
Darf es auch ein Vertreter des nichtweiblichen Geschlechtes sein, das Dir antwortet? Wohlan so denn:
Aus leidvollen Erfahrungen kann ich schöpfen, wenns ums Thema "Veröffentlichung" geht.....! Meistens sind es ja Frauen, die in "gehobenerem Alter" ihre Erinnerungen niederschreiben (die Männer sterben vorher!). Wenn dann so ein Script vor einem liegt, gefüllt mit wehmutsvollen Erinnerungen, geschrieben mit Herzblut, kommt öfter als nicht der Wunsch auf, dieses Geschriebene sollte doch der Um- und Nachwelt erhalten bleiben. Man gibt es einer Freundin, dann einer zweiten zu lesen, welche der hoffnungsvollen Schreiberin Mut zuspricht, doch einen Verlag zu finden. Man(frau) tuts - und merkt dann nach der 20. Absage eines Verlages, dass es gar nicht so einfach ist. Aber, nun mal Blut gerochen, gibt man nicht auf. Und wenn dann ein "mitleidiger" Verlag sich meldet, der ein Buch aus diesem Script zu machen gewillt ist, stellt sich heraus, dass dies nur gegen eine finanzielle Beteiligung geschieht. Also zählt man seine Groschen, und siehe: Man darfs wagen.
Erst wenn dann die Erstauflage gedruckt ist, beginnt man zu merken, dass 1. der Verlag gar keine Anstalten trifft, die nötige Werbung zu machen und 2., dass man zu einem niedrigeren Preis es hätte selber machen können, nämlich mit dem Direktauftrag an eine Druckerei.
Warum ich das schreibe? Weil ich mit den Erinnerungen und Fakten, die ich selber mit zwei Büchern gesammelt habe, ein weiteres Buch füllen könnte. Und weil ich jedem und jeder, der/die im Sinne hat, das Wagnis einzugehen, ein Buch zu veröffentlichen, meine Erfahrungen gratis mit auf den Weg gebene möchte. (Übrigens: Meine beiden Bücher haben wohl an die 10`000 Leserinnen und Leser gelesen. Aber bis es so weit war......!)
Mit herzlichen Grüssen: Georg Segessenmann, Dichter und Erzähler, Schweiz


Friedgard antwortete am 23.02.01 (08:48):

Hallo Georg, ich kann Deine Kümmernisse nachempfinden, denn ich habe auch drei Veröffentlichungen
inzwischen - allerdings Lyrik, und das ist noch problematischer. Beim ersten Buch ging es mir so,
wie Du es schilderst. Beim zweiten hatte ich das Glück - es ist ein Kinderbuch, ein lustiges - daß ich
eine Illustratorin fand, die den Verlag mitbrachte, und so läuft es soso lala - es könne besser sein,
wenn der Verlag sich mehr einsetzen würde.
Beim dritten hatte ich das Glück, daß ein Verlag das von mir eingesandte Manuskript zwar nicht
veröffentlichen wollte, aber nachfragte, ob ich noch mehr Gedichte hätte und ob ich bereit wäre, einen
Geschenkband mit Gedichten zu texten.
Aber mit Lebenserinnerungen ist es sicher so, wie Du schreibst - daher mein Hinweis auf die
Heidelberger Akademie, die wirklich daraus drei interessante Bücher gemacht hat. Für die junge
Generation sind sie vielleicht nicht verlockend, aber für die ältere schon, weil sie viel Selbst-
erlebtes darin finden können.
Nennst Du bitte auch Titel und Verlag Deiner beiden Bücher???


Feige antwortete am 23.02.01 (22:53):

Hallo Friedgard,
hallo Georg,
vielleicht habe ich mich in meiner Themenstellung nicht deutlich genug ausgedrückt. Mein Anliegen war eigentlich nicht die Veröffentlichung von Büchern o.ä., sondern es sollte ein Anstoß sein, kleine Erzählungen von uns Senioren hier im Seniorentreff vorzustellen.
Ansonsten kenne ich die Problematik der Veröffenlichung auch. Aber das ist ein anderes Thema.
Viele Grüße Renate


Friedgard antwortete am 24.02.01 (08:56):

Hallo Renate, da hätte ich Angst, daß der Umfang das Diskussionsforum sprengt.
Es müßten schon Super-Kurzgeschichten sein.
Ob und wo man im Internet Erzählungen unterbringen könnte, weiß ich nicht -
Ob unser Webmaster da Rat weiß?


Webmaster antwortete am 24.02.01 (09:13):

Hallo zusammen,


ich finde die Idee, im Seniorentreff die Möglichkeit zu schaffen, eigene Kurzgeschichten zu publizieren gut (natürlich würde ich solche auch von Männern akzeptieren ;-). Das muss nicht in Form eines Diskussionsforums geschehen, sondern wir könnten dafür einen eigenen Rahmen zur Verfügung stellen. Jedenfalls verspreche ich, dass die erste eingeschickte Kurzgeschichte (z.B. als Word- oder PDF-Dokument) Anlass sein wird, einen Weg für deren Publikation zu finden.

Solche Geschichten dürften auch illustriert sein.

MfG Karl


Karl antwortete am 24.02.01 (09:23):

Nachtrag zu Georgs Anmerkung:

Also Kosten würden bei uns für den Autor nicht entstehen. Wenn das Skript Buchlänge erreicht, würden wir wahrscheinlich aus Selbstschutz (vor Arbeitsüberlastung) auch zuerst formal prüfen müssen, ob der Inhalt eventuell zu investierende Nacharbeiten (am Format der Web-Publikation) rechtfertigt. Wenn das eingereichte Format bereits webtauglich ist, würde diese Aufwandsabwägung sicher immer zu Gunsten des Autors erfolgen. Es wäre ja auch möglich, Word- oder PDF-Dokumente zum Download anzubieten, dann müssten wir nur den Webspace anbieten und den Titel bekanntmachen.


Karl antwortete am 24.02.01 (18:50):

Hier ist bereits das erste Ergebnis meiner Ankündigung von heute morgen:
/seniorentreff/de/autoren/Renate_Bolm/Kinderschmerz.html

:-)) Wenn das so weitergeht ...

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/autoren/Renate_Bolm/Kinderschmerz.html)


Alfred Müller antwortete am 26.02.01 (15:39):

Bücher und Geschichten im Seniorentreff

Ich lese gerne vom Internet herabgeladene Geschichten, ja sogar ganze Bücher. Dies hauptsächlich deshalb, weil ich vom Monitor leichter lesen kann als aus einem Buch. Ich kann ja z.B. die Schrift so vergrößern, so daß ich beim Lesen keine Schwierigkeiten habe.

Ich wage es hiermit auf zwei gute Web-Seiten aufmerksam zu machen, die bei diesem Thema manche Wünsche und Vorstellungen erfüllen könnten.

Hier die Einzelheiten:

Project Gutenberg.
"The Official and Original Project Gutenberg Web Site and Home Page"
(https://promo.net/pg/
Das meiste ist allerdings leider nur in englischer Sprache vorhanden. Von dieser Webseite habe ich mir schon einige Bücher heruntergeladen. ;-)

Klassische Literatur in deutscher Sprache
Die Klassiker - von Aesop bis Zola
Texte von mehr als 300 Autoren, darunter
1.100 Romane, Novellen und Erzählungen
4.000 Märchen, Sagen und Fabeln
4.500 Gedichte
Autorenbiographien und Autorenbilder
Sämtliche Dateien liegen im HTML-Format vor und sind somit Betriebssystem-unabhängig mit jedem HTML-Browser lesbar! (von Martin Luther ist die vollständige deutsche Übersetzung der Bibel zum Lesen angeboten, um ein Beispiel zu nennen)
Zu finden unter:
https://gutenberg.aol.de

(Internet-Tipp: https://onlinekunst.de)


Georg Segessenmann antwortete am 26.02.01 (17:00):

Danke, Webmaster Karl und Alfred Müller für die Tipps. Ich habe seit einigen (vielen) Tagen diese Seite nicht mehr besucht, sondern mich auf die Seite "Eigene Lyrik" konzentriert.
Zum Thema "Geschichten":
Gerne steuere ich eine oder mehrere Kurzgeschichten bei, als Startkapital sozusagen. Ich suche mal eine aus und schiebe sie dann auf diese Seite.
Da es offenbar unter den Benutzern dieses Forums Leute hat, die etwas auf dem Kasten haben, hätte ich da noch ein Problem, das gerne gelöst werden möchte:
Als dritten Roman (die ersten beiden sind veröffentlicht und heissen "Der Armeleutebub" und "Herbtslaub") habe ich ein Script, das teilweise mit WORD5 geschrieben ist. Als ich dann auf Windows 95 umstellte, musste ich leider merken, dass eine Übernahme aus WORD5 Probleme gibt. So werden z.B. die Umlaute öäü nicht übernommen, sondern durch Vierecklein und anderes ersetzt. Zudem sind bei WORD5 die Anführungszeichen (Gänsefüsschen) beide hochgestellt (wie auf dieser seite) und bleiben auch so bei der Konvertierung. Zudem habe ich die Seiten zweimal numeriert und die Nummerirung lässt sich partout nicht mehr eliminieren.
Weiss wohl ein versierter Senior, wie ich mich aus dem Schlammassel ziehen kann? Für Hilfe wäre ich sehr dankbar.
Herzlich G. Segessenmann


Georg Segessenmann antwortete am 26.02.01 (17:11):

Hier das versprochen Kurzgeschichte-Muster.

Korsebejewska
*************

Er räkelte sich vor Wohllust stöhnend, einen starken Kaffee schlürfend auf dem Sofa in seinem Studierzimmer. Nebenan in zwei Metern Entfernung, so dass er ihn immer im Auge behalten konnte, stand sein Computer und arbeitete still vor sich hin.

Vor ein paar Jahren hatte Heinrich Blister (Pseudonym) sich ein Schreibprogramm gekauft. Anfänglich hatte er seine Geschichten sich mühsam aus dem Hirn über die Finger strömend gesaugt. Das wurde ihm zu anstrengend. Seinem Freund Theobald, Programmierer in einem Multigeschäft, den er jeden Mittwoch Abend im �Goldenen Ochsen� zu einem Schlummertrunk traf, erzählte er von seinem Widerwillen, sich stets neue Geschichten einfallen zu lassen. Der Freund grinste. Nach dem dritten Becher aber hatte er die Lösung pfannenfertig. �Gib mir ein paar Lieblingsstichwörter und Phrasen, die du immer wieder in deine Geschichten einbaust und typisch für dich sind, dann kreiere ich dir ein Programm, das sich gewaschen hat. Ist alles nur eine Sache von künstlicher Intelligenz.�

Nach nur einem Monat Arbeit hatte Blister sein auf dem normalen Schreibprogramm aufgebautes Wunderwerk. Er brauchte nun noch rund eine Stunde um die Optionen einzugeben: Volumen der Geschichte, Länge der Sätze � nach dem Zufallsprinzip basierend, Anzahl der Verben in Bezug auf die Satzthematik, Lieblingsphrasen, ebenfalls nach dem Zufallsprinzip in den Stoff eingestreut, Returntaste gedrückt, und schon flogen wie von Zauberhand geschrieben die Sätze auf den Bildschirm. So konnte denn zum Beispiel folgender sensationelle Satz gelesen werden: �Folglich kommt Kragenweite unvorbereitet geile Zicken haushoch Koitus permanente Affenhitze saugfähig Kriegsbeil Sieg heil�.

Einige Sätze füllten alleine schon eine ganze Seite, was natürlich sehr widernatürlich aussah, weshalb Heinrich Blister seinen Freund bat, dem abzuhelfen � was diesem denn in der Folge mit geringem Kopfzerbrechen auch gelang: die Sätze kamen auf ein normales Volumen von höchstens hundert Wörtern herunter.

Noch fehlte aber ein Titel für das Buch. Da die Wortefolgen ja eigentlich eher sinnlos denn -voll waren, wäre ein bereits existierendes Wort wohl eher fehl am Platze gewesen. Also musste ein Konstrukt gefunden werden, das in hochkonzentrierter Form den Stoff des Romans beinhalten würde. �No problem!� grinste Theobald, der unermüdlich hilfsbereite Freund. �Gib mir die Maximalzahl in Buchstaben des Titels an und ich mache das!� �Dreizehn!� kam es wie aus der Kanone geschossen aus Blisters Mund.

In knapp einer halben Stunde war auch dieses Computerprogrämmchen im Kasten, es konnte gepröbelt werden. Aber die Resultate waren eher frustrierend. �keltrsu�, oder �halherigke�, oder "mizeltrefscha�, das waren die ersten Kreationen. So liessen sie denn, eigentlich schon recht skeptisch geworden, ein paar hundert solcher Wortbestien auf dem Bildschirm erscheinen. Da endlich: �Korsebejewska�, das war doch schon etwas! Das liess Gedankenverbindungen an einen grossen Feldherrn aufkommen, und das eher östlich klingende Wortkonstrukt lag im Trend der modernen Literatur. �Das ist`s!� jubelte Blister. �Wir können mit dem Romantext anfangen!�

So füllte sich also Blisters Arbeitsspeicher im Computer mit Wörtern � unaufhaltsam, weil Blister vergessen hatte, unter �Optionen� die maximale Länge einzugeben. Glücklicherweise kam der Schriftsteller gerade noch dazu, bevor es einen Crash infolge Speicherüberfüllung gab. Der Eingriff war ohne Folgen, niemand hätte dem Ende ansehen können, dass es eigentlich gar noch keines war, weil künstlich unterbrochen.

Der Stoff bestand nun aus einer Masse, die reichte, gleich neun Bücher zu je dreihundertfünfzig Seiten zu füllen. Blister beschloss, vorerst nur ein erstes dem Verlag zu schicken � welcher sich mit Freude auf das neuartige Wortgebilde stürzte und in Rekordzeit die Worte zwischen Buchdeckel band. Das Buch ging in die Buchläden. Aus Erfahrung wissend, dass der renommierte Verlag nur gute Ware lieferte, bekam das Buch einen Vorzugsplatz gleich bei den Kassen, wo es von den schmökernden Hausfrauen und Studenten innert weniger Tage gekauft wurde. �Vergriffen�, hiess es, wenn noch jemand danach fragte. Eine Zweitauflage erschien innert einer Woche und man begann im Verlag bereits mit dem Satz des zweiten Buches.

Natürlich wurden auch die Lektoren und Kritiker bei den Zeitschriften mit Belegsexemplaren eingedeckt. Zwar konnte kein einziger damit etwas anfangen. Aber jeder dachte, der Stoff sei eben so hoch, dass es von einem gewöhnlichen Kritiker gar nicht mehr verstanden werden konnte. Und wer gibt denn schon zu, dass er ein gewöhnlicher Kritiker sei?! Also war man in den Rezensionen nur des Lobes voll über die wunderbar futuristische Geschichte, die der Erfolgs gewohnte Heinrich Blister geschrieben habe.

Der absolute Höhepunkt im Leben eines Autors ist, wenn sein Buch dem Guru und ungekrönten König der Kritiker, Samuel Bleich-Karnicki vorgelegt wird. Aber diesem ging es nicht anders als all den ihm unterlegenen Kleinkritikern der Zeitschriften: er konnte keinen Sinn in der Geschichte finden. Schlaflos wälzte er sich ein paar Nächte in seinem Bett, das Ende seines Kritikerhorizontes bewusst werdend. Dann beschloss er, mit dem hoffnungsvollen Schreibtalent Blister direkt Fühlung aufzunehmen. Er lud ihn zu sich in sein Ferienhaus im Südtirol ein. Einen ganzen Tag brauchte es und mehrere Liter des besten Rotweines aus der Gegend, bis Blisters Zunge so weit gelockert war, dass er Bleich-Karnicki sein Geheimnis preis gab, das Buch sei ja eigentlich gar nicht von ihm selber geschrieben, sondern von einem genialen Computerprogramm. Sogar die Telefonnummer des Freundes, der das Programm geschrieben hatte, bekam Bleich-Karnicki.

Bereits anderntags rief der Kritiker-Guru auf dieser Nummer an. Man wurde sich schnell handelseinig. Gegen lumpige paar Tausender überarbeitete und ergänzte der Programmierer Theobald des Superkritikers Textprogramm dergestalt, dass Bleich-Karnicki nur noch den Titel des zu kritisierenden Buches und die allgemein gebräuchlichen Kritikerfloskeln einzugeben hatte. Den Rest übernahm das Programm.

Seither verfasst Samuel Bleich-Karnicki seine Verrisse auf den Bahamas.

März 2000 �Korsebejewska� Georg Segessenmann


webmaster antwortete am 26.02.01 (23:28):

Hallo zusammen.

ich habe jetzt für unsere AutorInnen die Startseite
/seniorentreff/de/autoren/
eingerichtet. Ich bitte alle, die sich noch in der Warteschleife befinden um etwas Geduld. Die Resonanz war doch erstaunlich groß, so dass ich einfach noch nicht fertig bin.

MfG

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/autoren/)


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 05.03.01 (10:06):

Die Friesen im Trübsee

Wenn man Anfang oder Ende Winter zum Trübsee ob Engelberg wandert, kann es vorkommen, dass der See mit einer dünnen Eisschicht bedeckt ist. Und wenn man Glück hat, bekommt man ein eigenartiges Klagegeräusch zu hören, das man bis fast auf die Höhe des Jochpasses noch vernehmen kann. Dieses Geräusch fängt irgendwo am oder auf dem See mit einem leisen, wimmernden �Uuuuggg� an und setzt sich dann wehklagend über den ganzen See fort, bis es schliesslich auf dem ganzen Eisfeld zu einem lauten, stöhnenden und ächzenden �Oooggg-uhggg-eeeeiiiiggg� anschwillt. Die Sage erzählt, dass dieses Wehklage seinen Ursprung hat in grauen Vorzeiten, einige Jahrhunderte vor unserer Zeit also. Hier die (meine!)Sage:

Der Viehhändler Kuoni hatte es schon auf seinen Reisen in die äusseren Täler oft vernommen aber nie geglaubt, dass die Friesen, die in ihrer Heimat, ganz im Norden der alemannischen Lande, wohnten, wegen Hungersnot sich in die umgebenden Länder retteten. Damals gab es ja noch keine Zeitungen und keine Radios und kein Fernsehen. Es waren die reisenden Händler und Bänkelsänger, die die �Neuigkeiten� in ihren Reisegebieten verbreiteten. Und da diese Händler und Sänger oft ihrer Phantasie Flügel verliehen um vom Volk ein paar Batzen mehr zu bekommen, nahm man nicht alles als bare Münze, was sie erzählten.
Wieder einmal war Kuoni auf der Heimreise. Es war eine bitterkalte Nacht und er beeilte sich, baldmöglichst zu Frau und Kindern ans warme Herdfeuer zu gelangen. Da war es ihm kurz vor Engelberg, er sehe im fahlen Mondlicht vor sich einen Zug von marschierenden Leuten. Er glaubte zuerst, es handle sich um unglückliche arme Seelen, die des öfteren rastlos durch die Gegend irrten. Deshalb nahm er einen kleinen Umweg unter die Füsse, auf dem er die Gruppe überholte. Als er schon meinte, die Geister hinter sich gelassen zu haben, sprach ihn plötzlich ein Mann in einer Sprache an, die ihm zwar nicht geläufig war, aber ihm immerhin so vertraut schien, dass er den Sinn der ihm gestellten Frage verstand. Der Mann fragte ihn nämlich um die Möglichkeit, hier im Tal eine Bleibe für die Nacht und etwas zu essen finden zu können. Kuonis Verstand schaltete rasch. Das konnten nur die Friesen sein, die sich hierher verirrt hatten. Aber ihm kam auch in den Sinn, dass sie selber im Tal ja auch nicht zuviel zum Beissen hatten. Deshalb bedeutete er mit reden und gestikulieren, die Gruppe sei auf dem falschen Weg. Er anerbot sich, sie zu einem Weg zu führen, der geradewegs in ein Dorf führe, wo man sie gewiss gastfreundlich aufnehmen werde. Der Mann dankte und wandte sich an seine Leute, die inzwischen einen Kreis gebildet hatten, in dem ihr Führer und Kuoni das Zentrum bildeten. Als der Mann fertig war mit seiner Rede, hörte man zwar ein leises Murren, aber der Zug formierte sich wieder und folgte Kuoni in die Nacht.
Wenn er, so dachte Kuoni listig, die Leute über den Holzerweg nach Engelberg führen könnte, so war es ein leichtes, sie zum Alpweg, der zum Trübseee führte, zu lotsen. Und so machte er es denn auch. Gerade als der Weg zu steigen begann, stellte er sich vor den Zug und sprach zum Anführer, nun könne man den Weg nicht mehr verfehlen, müsse sich nur immer an den steinigen Karrweg halten. Dann grüsste er freundlich und entfernte sich eilends. Die Leute riefen ihm noch vielen Dank nach in ihrer rollenden Sprache. Aber Kuoni hörte es kaum noch, denn er war bemüht, sich davonzumachen bevor die Leute den Schwindel endtdeckten.
So machte sich denn die Gruppe mit etwa fünfzig Männern, Frauen und Kindern mit ihren noch verbliebenen wenigen Rindern und Hunden daran, den immer steiler und steiniger werdenden Weg zum Trübsee zu nehmen. Gegen Mitternacht kamen sie, total übermüdet und sich kaum mehr auf den Füssen halten könnend, am Trübsee an. Dieser war bedeckt mit einer Eisschicht von etwa fünf Zentimetern Dicke, worauf fast ein Meter Schnee lag. Endlich ein Stück Land, das nicht aus lauter Auf und Ab bestand, dachten die Leute. Hein, der Anführer gebot dem Zug anzuhalten. Dann befahl er den jüngeren und kräftigeren Mannen, sich bis in die Mitte der Ebene einen Weg zu bahnen. Er selber nahm sich eine Handvoll Frauen und ältere Männer und suchte die Gegend nach Brennbarem ab. Dies war gar nicht so einfach, denn alles war ja in ein deckendes Weiss gehüllt und der Mond schien nur ab und zu zwischen den langsam dahin ziehenden Wolken durch. Aber als die Männer in der Mitte der Ebene riefen, man könne ihnen nachfolgen, war genug Holz von den Fichten ringsum eingesammelt, dass es für eine Nacht reichte. Ein Feuer aber musste unbedingt her, denn die Leute brauchten endlich wieder etwas Warmes in den Magen, und zudem hatten sie schon lange ein Geheul gehört, das auf die Anwesenheit von Wölfen schliessen liess.
Ermattet legten und setzten sich die Fremden auf ihre Felle und Tücher. Rings um sie wurden Feuer entfacht, auf welchen emsig die letzten Vorräte an Mehl und gedörrten Früchten mittels geschmolzenem Schnee zu einem Eintopfgericht gekocht wurden. Dann schichteten die Männer nochmals Holz nach, so viel sie in der Umgebung noch fanden. Schon hörte man das ermüdete Schnarchen der Alten, und das Gewimmer der hungrigen Kinder hatte aufgehört.
Dass sie sich auf einem See lagerten, das konnten sie ja nicht ahnen. Und sie konnten auch nicht ahnen, dass das Feuer, das sie im Kreise um sich angefacht hatten, die dünne Eisschicht zu schmelzen begann. Als alle den Schlaf der Gerechten schliefen, hatte die Wärme die Eisschicht soweit aufgetaut, dass sie sich nun auf einer Eisscholle befanden wie die Eskimos im höchsten Norden manchmal auf ihren Jagdzügen. Niemand merkte wie diese Scholle sich langsam auf einer Seite zu neigen begann. Erst als alles auf diese Seite rollte und glitt, erwachten die meisten von ihnen. Aber da war es schon zu spät. Die Scholle kippte, überschlug sich und begrub alles, was sich auf ihr befand, unter sich. Niemand hatte auch nur die geringste Chance, sich retten zu können.
Und so kann es also vorkommen, dass, wenn man anfangs oder am Ende des Winters zum Trübsee ob Engelberg wandert und der See mit einer dünnen Eisschicht bedeckt ist, man ein eigenartiges Klagegeräusch zu hören bekommt, das man bis fast auf die Höhe des Jochpasses noch hören kann. Dieses Geräusch fängt irgendwo am oder auf dem See mit einem leisen, wimmernden �Uuuuggg� an und setzt sich dann wehklagend über den ganzen See fort, bis es schliesslich auf dem ganzen Eisfeld zu einem lauten, stöhnenden und ächzenden �Oooggg-uhggg-eeeeiiiiggg� anschwillt. Das sind die armen Seelen der vor Jahrhunderten ertrunkenen Friesen! Und es geht die Sage, dass Kuoni, der Viehhändler dann ruhelos am Seeufer auf und ab wandert und solange keine Ruhe bekommen wird, bis keine der armen Seelen mehr klagt und wimmert.

Januar 1999 �Die Friesen im Trübsee� Georg von Signau, alias G. Segessenmann

P.S. Diese Geschichte habe ich erdacht, als ich einmal mit meiner Frau im Winter dieses "UUUUUGGGGGHHHHH" im Eise des Trübsees hörte. Innert ein paar Minuten war sie geboren und auch gleich erzählt. Meine Frau hat sie geglaubt. Ihr auch?


Friedgard antwortete am 06.03.01 (17:58):

Ich habe eine technische Frage. Manche der Kurzgeschichten erscheinen zweimal,
einmal hier unter "Senioren schreiben" und einmal unter dem Link "Autoren im ST" - außerhalb
des Diskussionsforums.
Wie ist es für den Webmaster am einfachsten und an welche Mailanschrift sollte man seine
"literarischen Ergüsse" am besten schicken???


Webmaster antwortete am 06.03.01 (20:44):

Bitte Kurzgeschichten, Reiseberichte, Zeitzeugnisse etc. an [email protected] als E-Mail Anhang in Word oder als reinen Text senden.

Ich werde aber auch die Texte von hier übernehmen, falls sie noch nicht unter Autoren vorhanden sind.

Ich freue mich auf die Beiträge.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/autoren/index_autoren.html)


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 07.03.01 (09:58):

Wie kommst du eigentlich zu deinen Ideen etwas zu schreiben, werde ich des öfteren gefragt. Antwort: Manchmal fallen einem die Ideen nur so zu. Manchmal aber gebe ich mir selber einen Auftrag, wie zum Beispiel das nachfolgende �Potpourri�. Aus einer Autorenlesung im

Forum Schlosshof, Aarau, 1. April 2000

Willkommen zu meinem Literatur-Specktakoli!

Blau 1, Gedicht 1

Blaues Meer am Palmenstrand,
wir liebten uns mit Herz und Hand,
fühlten uns im Glück geboren.

Heut` gibt�s` dort, statt heisse Küsse,
Teergestank und schwarze Füsse;
Tanker hat wohl �l verloren!


Blau 2, Kurzgeschichte 1

�Schau mir in die Augen, Kleines!�
Sie schaute ihm in die blau gefärbten Kontaktlinsen und schmolz dahin.

17 Jahre danach; Zeitungsmeldung:

Dank Gen-Analysen gewann die Tochter endlich den Vaterschaftsprozess gegen den inzwschen zum Superstar Avancierten. 17 Millionen musste er hinblättern � für jedes Jahr eine.

Freudestrahlend kaufte die Tochter den grössten Blumenstrauss, den sie finden konnte. Sie brachte ihn ihrer Mutter � aufs Grab!


Blau 3, Gedicht 2


Der Bauer, der von der Leiter fiel.

Ein Bauer stand auf seiner Leiter,
ziemlich blau und ziemlich heiter.
Sein Kopf war schwer, und die Gedanken
unkonzentriert, man sah ihn schwanken;
man sah erschrecken ihn und fallen;
er konnte nur noch �hoppla� lallen;
schon fiel er hart auf seine Nase;
er plumpste hin und lag im Grase.

Gottlob, es ist ihm nichts passiert;
ich hab` euch nämlich angeschmiert,
und muss gesteh`n nun ganz verlegen:
Die Leiter stand nie; sie hat schon vorher gelegen!


Blau 4, Limerik 1

Ein blauäugiger Mensch aus poetischen Kreisen,
der wollte sich selber als Dichter beweisen.
Das Publikum staunte;
das Publikum raunte:
�Wir habens geahnt, der ist am Vergreisen!�


Blau 5, Missverstandene Lieder 1

Rote Lippen soll man küssen........
�Hast du kalt, Liebling; deine Lippen sind ja ganz blau!?�
�Nee; Kontaktlinsen verloren, Kandelaber geküsst!�


Blau 6, Kurzgeschichte 2

Strahlend stand die Sonne am strahlend blauen Himmel, als Heinrich am Montag strahlend zur Arbeit fuhr. Wie hätte er ahnen können, dass er heute noch sein blaues Wunder erleben würde? Kurz vor Feierabend brachte der Boss nämlich allen den Blauen Brief! Blauäugig sagte er. �Nun ärgert euch doch nicht gleich blau. Denn ab morgen könnt ihr jeden Tag blau machen!�


Blau 7, Gedicht 3

Als Knabe lag ich
des öftern mal im Grase
und schaute auf
in des Himmels Blau.
Herrliche Düfte
entzückten meine Nase,
das Lied der Vögel
kannte ich genau.
Heut` nippe ich
des öftern mal am Glase,
und wer mich sieht,
der denkt, ich wäre blau,
und richtig komm` ich
nur noch in Ekstase,
wenn ich ganz tief
mal ins Gläschen schau!


Blau 8, Missverstandene Lieder 2

Dann hat die blaublütige Prinzessin den armen Frosch auf seinen grausligen Mund geküsst, und der Frosch verwandelte sich in den ewig blonden Prinzen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann singt er heute noch! �Blau, blau, blau blüht der Enzian, wenn beim Alpenglühn, (grrrrrrrr), wir uns wiedersehn (grrrrrrr)......�.


Blau 9, Gedicht 4

Bergwelt

Berge unter lichten Wolken,
Sturzbach, der zu Tale rauscht,
Herdenkühe, frisch gemolken,
Gämse, die Gefahr erlauscht;
Bergblumen ducken ihre Köpfe,
zwei Murmeltiere halten Wacht,
an Krüppellärchen flattern Zöpfe,
die Wind und Wetter blau gemacht.
Ich wandere dem Licht entgegen,
bestaun` die hehre Alpenwelt,
trotze kaltem Wind und Regen
und bin wie selten aufgestellt.
Rund um mich tanzen Nebelfetzen,
feuchten mir das Haar, die Haut;
Perlenpracht auf Spinnennetzen,
so schön, wie ich noch nie geschaut.
Ist`s Märchenzauber? Zauberwelten?
ich verlier` mich hoffnungslos darin,
geniess` die Luft, die rein und sauber
und fühle, dass ich glücklich bin.

Die Wolkendecke, nun gerissen,
weicht dem zarten Himmelsblau,
verziert von weissen Wolkenkissen;
Gletscherwind wird lind und lau.
Seufzend pack` ich meine Sachen,
greif` zögernd nach dem Wanderstab,
durch meine Seele zieht ein Lachen,
das ich schon fast vergessen hab`.
Abwärts lenk` ich meine Schritte,
verlass` die hehre Zauberwelt;
hoch zum Himmel geht die Bitte,
dass der Herr sie lange noch erhält.


Blau 10, Gedicht 5

Zwei liebe Menschlein, Brüderlein,
wollten friedlich zusammen wohnen.
Das eine rief dem anderen: �Schwein!�,
schon flogen Blaue Bohnen.

Zwei liebe Menschlein, Brüderlein
die machten es dann besser:
Sie wollten nur noch leise sein,
drum griffen sie zum Messer!

Und die Moral von der Geschicht?
Friede auf Erden gibt es nicht.
Denn wo zwei Menschen sind im Spiel,
da ist der eine schon zu viel!


Blau 11, Kurzpoesie 1

Ein Schweisser sitzt am Schweissgerät,
darob er sehr in Schweiss gerät.
Ihr lieben Leut`, fragt ihr euch nun:
Was hat denn dies mit Blau zu tun?
Die Antwort weiss ich ganz genau:
Er ärgert sich halt grün und blau,
weils ihm auch nicht mit Fleiss gerät,
zu schweissen mit dem Scheiss-Gerät!


Blau 12, Kurzpoesie 2


Die Nase läuft, wird blau und träuft;
der Dichter schnäuzt und seufzt und säuft. Prost!


Blau 13, Kurzpoesie 3

Trinkt Dichter Rum, (ohne �h�) bis zur Ekstase,
kriegt er nicht Ruhm, (mit �h�) nur blaue Nase!


Blau 14, Missverstandene Lieder 3

�Kornblumenblau......�

Fünf Korn, fünf Bier;
man wird zum Tier,
und fühlt im Magen man sich flau,
dann nennt sich dies: Korn-Blumen-Blau!


Blau 15, Gedicht 6

König Blaubart, auch euch wohl bekannt
in seinem Schloss ist herum gerannt.
Er vernahm, dass die Frauen von Italia
viel wilder seien als in Westphalia.
Drum brach er auf, mit seinem Schiff,
man umschiffte manch gefährliches Riff,
und man überstand manch bösen Sturm;
ein Wunder, denn im Holz frass der Wurm.

Der Wind wurde flau, man brachte es nur
an die blaue Küste, genannt Cote d Azur.
Dort sandte er Boten mit Geld von Bord,
um zu finden die geilsten Weiber im Ort.

Es ging ihm zu lange, nun liegt er im Sand;
zwei Knaben gehen ihm eifrig zur Hand!


Blau 16, Missverstandene Lieder 4

�Blaue nackt, oh Blaue nackt am Hafen.....�
Warum, so fragt sich der unvoreingenommene Dichter, warum ist denn diese Frau blau? Und was tut sie denn am Hafen? Hat sie vielleicht zuviel getrunken? Aber warum ist sie dann nackt? Hat sie vielleicht ihre Zeche nicht bezahlen können und hat darum ihre sämtlichen Klamotten in der Bar abgeben müssen als Pfand?

Aber dann kommen einem vielleicht all die jungen und weniger jungen Menschen in den Sinn, die sich ihren Kopfputz färben lassen in allen möglichen und unmöglichen Mode-Farben. Warum also nicht auch blau? Aber - wäre dann die provozierende Nacktheit dieser Frau nicht verräterisch? Da träte ja irgendwo doch die Originalfarbe zutage!


Blau 17, Gedicht 7

Wintergrau

Schneestaub rieselt von den Bäumen,
die Sonne, hinter Grau versteckt,
versucht, die Wolken zu verräumen,
hat sich daran wohl wund geleckt.

Griesgrämig sitzt die alte Katze
des Nachbarn auf der Gartenbank,
versteckt die Krallen ihrer Tatze
und fühlt sich schon seit Tagen krank.

Kein Mensch will heute auf die Gasse,
nicht mal mein Hund will heut` hinaus,
er merkt, dass ich mich treiben lasse,
ist froh, muss er nicht aus dem Haus.

Derweil ich diese Zeilen schreibe
verweil ich einen Augenblick,
hoff`, dass die Sonn` das Grau vertreibe
und sie mir neue Hoffnung schick.

Da, als könnt` der Dichter zaubern,
zerfliesst das eklig Wintergrau.
Ich fühl` mein Herz vor Wonne schaudern
und stürz` mich gleich ins Himmelsblau!


Blau 18, Kurzgeschichte 3

Er hatte ihr das Blaue vom Himmel herab versprochen. Sie glaubte ihm und drückte stets beide Augen zu. Sie gingen ihr erst wieder auf, als sie blaue Veilchen drauf hatte!


Blau 19, Limerik 2

Ein blauäugiger Mensch aus poetischen Kreisen,
der wollte sich gar dem Publikum beweisen:
Doch das tat nicht staunen;
es tat auch nicht raunen;
es tat ganz einfach klammheimlich verreisen!


Blau 20, Kurzgeschichte 4

�Draussen regnet`s und `s ist kalt, zieh den blauen Überzieher an, Klausi!�
�Ich will den blauen Überzieher aber nicht anziehen, Mutti; sieht doch sooo doof aus! Ich will lieber den roten Überzieher überziehen!�
�Der rote Überzieher kommt aber erst nächste Woche dran, Klausi, Zieh den blauen Überzieher an, sage ich, oder ich werde dir gleich eins überziehen!�


Ich schaue auf die Uhr.

Was sieht mein blaues Auge da?
Ich überziehe selber ja!
Hab` da wohl zu lang gezaudert?
Schluss, Ende: Es ist aus-ge-blau-dert!


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 07.03.01 (10:13):

Und gleich noch ein Müsterchen zum Thema "Blau".

Der blaue Fleck

Es war höchste Zeit, seine prekären Finanzen aufzubessern. Er hatte zwar nach seiner letzten Haftentlassung wirklich auf Sparflamme gelebt. Seit drei Wochen hatte John Flitt, genannt der Marder, die Umgebung des kleinen Uhrenladens in der Markens-Street ausbaldowert. In der darauf folgenden Neumondnacht machte er sich nun ans Werk. Routiniert hebelte er mit seinem Brecheisen die Hintertüre des Ladens auf, knipste die Taschenlampe an und schlich sich auf Gummisohlen über die Treppe in den Hinterraum des Ladens, wo, wie er inzwischen erkundet hatte, sich der Tresor des alten Uhrenmachers befinden musste. Diesen zu finden war für ihn eine Kleinigkeit. Direkt stümperhaft, wie doch die Leute ihre uralten Kassen-schränke immer hinter Bildern verstecken wollten!
Auch das �ffnen war für ihn, der schon gewichtigere Objekte in Minutenschnelle aufgebro-chen hatte, eine Lappalie. John leuchtete ins Innere. Ein Grinsen überzog sein aufgedunsenes Gesicht: Da lagen Bündel von Geldscheinen bereit zur Selbstbedienung! Gekonnt steckte er die Beute in den mitgebrachten Jutesack. Er hörte nicht die Tür zum Nebenraum, er sah nicht den kleinen Terrier. Erst als dieser ihn mit einem drohenden �Grrrrrr� von hinten am rechten Oberschenkel erwischte, realisierte es John. Mit einer Reflexbewegung hieb er dem Hundchen seine Stablampe über den Schädel, dass das Tier mit einem leisen Röcheln zusammenbrach.
Erst als John Flitt zu hause seine Hose auszog, sah er, dass an dieser hinten ein faustgrosses Stück fehlte. �Verdammt�, brummte er. Dann packte er die Hose in eine Plastiktüte und ging damit auf die Strasse. Drei Häuserblocks von seiner Wohnung entfernt warf er den Sack in einen Container. Dann ging er in aller Ruhe wieder in seine Bleibe, wo er die geraubten Banknoten in Tücher wickelte und unter einem zuvor gelösten Dielenbrett verstaute.

Es ging gegen Mittag, als es an der Wohnungstür läutete. Verschlafen öffnete John. �Inspek-tor Brent, wir kennen uns ja bereits bestens, Mister Flitt. Dürfen wir eintreten?� Ohne eine Antwort abzuwarten, hielt er dem verdutzten John einen Durchsuchungsbefehl unter die Nase und betrat mit zwei seiner Leute die Wohnung. �Durchsuchen,� brummte er und sah sich sel-ber in der Wohnung um. �Wo waren Sie heute Nacht, Mister Flitt?� �Wo denn wohl als hier�, erwiderte John gespielt heftig. �Was wollen Sie denn von mir? Seit ich aus dem Knast bin, habe ich mir nichts mehr zu schulden kommen lassen, bin ein ehrlicher Mensch geworden, können Sie mir glauben.�
Inzwischen hatten die beiden Beamten die Wohnung auf den Kopf gestellt, jedoch nichts fin-den können. John grinste auf den Stockzähnen. Er hatte ja das Brett am Boden mit einem Schnellkleber auf seiner ursprünglichen Lage angeleimt. Der Inspektor runzelte nachdenklich die Stirn. Dann sagte er: �Darf ich Sie trotzdem bitten, mit uns aufs Präsidium zu kommen?!�
Flitt kleidete sich an und ging anstandslos mit, innerlich weiter grinsend. Denn er wusste, nach höchstens zwei Stunden würde er wieder ein freier Mann sein.
Im Office angekommen bat der Inspektor Flitt, doch gleich stehen zu bleiben, es gehe nur ein paar Minuten. Dann sagte er noch: �Ziehen Sie doch mal ihre Hose aus!� John tat verdattert wie geheissen. �Nun drehen Sie sich bitte um.� John kam der Aufforderung gerne nach. Der Inspektor öffnete die Tür zum Nebenraum und schnalzte mit der Zunge. Ein kleiner Hund kam herein, schnupperte und stürzte sich dann mit lautem Gebell auf John. �Nein, nicht schon wieder�, schrie dieser und sprang mit einem gewaltigen Satz auf den Bürotisch.
Inspektor Brent zog mit einem infamen Grinsen einen Stofffetzen aus einem Plastikbeutel. �Wetten, dass wir am blauen Fleck auf ihrem Oberschenkel noch ein paar Faserchen von die-sem Fetzen finden werden? Und wetten, dass es auf dem Stofffetzen - den wir übrigens dem braven Hundchen mit Gewalt haben aus dem Raubtiergebiss zerren müssen � Hautpartikel von Ihrem Oberschenkel gibt? Abführen!�
Naja, wie hätte denn John mit diesem blauen Fleck rechnen müssen: er hatte schliesslich hinten keine Augen!

Georg von Signau, alias G. Segessenmann


Friedgard antwortete am 07.03.01 (10:30):

Der blaue Himmel von gestern
wich einem naßkalten Grau!
Ich möchte auf Petrus lästern,
doch das macht mich auch nicht schlau.

Also setz ich mich an den Computer
um mich zu erfreu'n - und das tut er!
Meine blauen Augen entdecken:
Der Georg hat trefflich gedichtet,
das war ein erfreuliches Wecken,
jetzt ist meine Stimmung gelichtet.

Jetzt fühle ich mich nicht mehr krank,
dem Georg sei herzlich Dank!


Georg Segessenmann,alias Georg von Signau antwortete am 07.03.01 (17:59):

Liebe Friedgard

Wie leicht ists doch,
ohne grosse Worte,
Dir zu öffnen des
Himmels weite Pforte.
Und ich denke mir:
Gott sei Dank,
ist die Friedgard
nun nicht mehr krank!

Gruss

Georg von Signau, alias G. Segessenmann


Elisabeth Franke antwortete am 25.04.01 (14:02):

Als ich an meinem ersten 'Buch' saß, sagte mein Sohn, ich solle nie daran denken, es veröffentlichen zu wollen: wir seien alle Dilettanten.
Auf den Zweck, den unsere literarischen Ergüsse ganz persönlich für uns Senioren haben, möchte ich hier nicht eingehen. Aber seit ich mich ins Internet gestürzt und viel gelesen habe, weiß ich, was er meint. Weiß auch, weshalb die Verlage sich für unsere Konzepte nicht interessieren. Für die muß man entweder bereits einen Namen haben - dann ist es auch gleichgültig, ob man nicht einmal die Rechtschreibung, Interpunktion beherrscht - oder Thema und Inhalt müssen bestseller-verdächtig sein. Daß man 80,- DM für das Drucken einer Seite zahlen solle, habe ich auch erlebt. Ich habe es nicht getan, mir aber später eins dieser Bücher bestellt und siehe da: es wurde jetzt erst schnell gedruckt.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wen Ihre Texte interessieren könnten?
Beispiel:

Herbst ...
und manche stehen
und freuen sich.
Sie sehen
gelb und rot.

Einer
kommt von allen
und weiß es anders:
sie fallen,
sind tot.

Dieser
ist doch frohgemut:
sie sterben
in Farben.
Der Tod tut gut
in gelb und rot.

Wen wohl interessiert so etwas? Diese Vers'chen wurden von jemandem geschrieben, als er aus einer schweren Depression erwachte. In ihnen stecken �ngste, Gefühle, Trost, die Liebe zu Farben, zu einer Jahreszeit, Isolation und Hoffnung.
In der Schule und der Uni haben wir Gedicht-Interpretationen geübt. Verleger tun das nicht. Für sie sind unsere Texte unerheblich. Wir sollten uns nicht um Veröffentlichungen quälen. Inhaltlich versteht uns ja doch keiner. Aber als Ersatz für all das finde ich die vorliegenden Internetseiten, in der alle um den gleichen Autoren-Tisch sitzen, sehr schön.


Rosmarie S antwortete am 25.04.01 (17:04):

>Weiß auch, weshalb die Verlage sich für unsere Konzepte nicht interessieren. Für die muß man entweder bereits einen Namen haben ... oder Thema und Inhalt müssen bestseller-verdächtig sein...

Liebe Elisabeth,

deine Gedanken wirken auf mich ein bisschen deprimierend. Spiegeln sie in meinen Augen doch eine tiefe Enttäuschung wider. Dennoch bin ich mir sicher, dass du die Dinge richtig siehst und beurteilst.

Fast schätze ich mich glücklich, dass ich nur am Rand zur "schreibenden Zunft" gehöre. Früher hatte ich mal ein Kinderbuch geschrieben, für das ich aber nie einen Verleger gesucht habe. Erst war ich maßlos begeistert von meinem Werk, fand es ungewöhnlich gelungen und sah mich darin auch bestärkt, da es beim Vorlesen bei Kindern sehr gut ankam. Dann verschwand es in der Schublade. Als ich�s wieder hervor holte, um es zu überarbeiten, fand ich meine Sprache derart unkindgemäß und "schachtelsatzig", dass ich es ganz schnell wieder zurück in die Schublade geschoben habe... :-)))

Ein späteres Werk wächst seit Jahren im Tropfsteintempo vor sich hin... :-))
Euch allen wünsche ich eine gute kreative Zeit und Heiterkeit im Herzen!
Herzlich
Rosmarie

P.S.: Lieber Schorsch, hast du andere Erfahrungen?