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THEMA:   Abtreibung, Sterbehilfe, Todesstrafe

 48 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 21.03.05 (08:29) :

Zur Zeit werden wir Zeuge einer in den USA intensiv geführten Diskussion um die Zulässigkeit von Sterbehilfe. Terri Schiavo liegt seit 15 Jahren nach einem Herzstillstand im Wachkoma. Die Ärzte und der Ehemann behaupten, dass Frau Schiavo ohne jede Gefühlsregung sei, die Eltern behaupten das Gegenteil. Aus der Ferne können wir uns schwerlich ein Urteil darüber erlauben, wer nun Recht hat, allerdings sollte man sich m. E. im Zweifelsfall für das Leben entscheiden. Es drängt sich mir schon der Eindruck auf, dass hier aus Kostengründen (inbegriffen der emotionalen Betreuungskosten eines Ehemanns) eine weitere Lebenserhaltung unterbleiben soll.

Allerdings stößt es mir ungut auf, dass in den USA gerade die Konservativen sich dieses Falls annehmen und ihn in der öffentlichen Diskussion mit einem möglichen Verbot der Abtreibung verquicken. In meinen Augen stellen sich hier unterschiedliche Fragen und Abtreibung und Sterbehilfe sind zwei Themen, die sehr wenig miteinander zu haben. Bei der Sterbehilfe kann es um den Schutz und um die Respektierung eines publizierten Willens einer Person gehen (im Falle von Frau Schiavo liegt ein solches Dokument jedoch nicht vor). Gerade die Verquickung beider Fragen, Sterbehilfe und Abtreibung, nährt bei mir den Verdacht, dass es bei der Diskussion primär nicht um "Menschlichkeit", sondern um eine fundamentale, religiöse Ideologie geht.

Direkt zornig werde ich, wenn aus der Ecke dieser konservativen "Lebensschützer" aus dem Bibelgürtel der USA gleichzeitig die fanatischsten Befürworter der Todesstrafe kommen (lassen wir die Befürwortung von Angriffskriegen mal noch außen vor). Die Vernichtung von Personen, sehr oft wie jeder weiß auch unschuldiger, wird in Kauf genommen, um primitiven Rachegelüsten zu huldigen. Diese Haltung der "Lebensschützer" ist zutiefst widersprüchlich, aber dadurch zeigen sie ihr wahres Gesicht.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 21.03.05 (11:01):

Karl, ich gebe dir in jeder Hinsicht recht, obwohl ich in dem berichteten Fall auch nicht sicher bin, welche Entscheidung richtig wäre. Aber die Widersprüche in den Argumentationen sind eklatant und pure Heuchelei. Die USA und China gehören zu den Staaten, die die meisten Todesstrafen vollstrecken.

Lt. Amnesty international wurden in den USA im Jahr 2003 (von 2004 habe ich noch keine Zahlen) 65 Personen hingerichtet, womit sich die Zahl der seit 1976, als der Oberste Gerichtshof ein bis dahin bestehendes Hinrichtungsmoratorium aufgehoben hatte, vollstreckten Todesurteile auf 885 erhöhte. Nach wie vor verstießen die USA gegen internationale Standards, indem sie zum Beispiel die Todesstrafe gegen zur Tatzeit Minderjährige anwandten.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 21.03.05 (14:00):

Nachtrag: In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch interessant, dass der hier beliebteste Prügelknabe Nr. 1, die Türkei, hinsichtlich der Menschenrechte sogar besser dasteht als die USA, da sie im Zuge der anstehenden EU-Verhandlungen die Todesstrafe abgeschafft hat.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 21.03.05 (17:58):

während meiner Berufszeit hatte ich es gelegentlich auch mit sogenannten "hirntoten" Patienten zu tun.
Deshalb weiss ich, vorausgesetzt, dass es nicht eine andere Wirklichkeit gibt, dass alles auf Reflexen beruht.
nach l5 Jahren im Bett - mit Wundsein - künstlicher Ernährung usw. wäre ich dafür, dass diese Patientin sterben kann. Mein Großvater hätte gesagt, das ist die gesunde Auslese - und irgendwie muss ich da zustimmen.


Vorlesefunktion  utelo antwortete am 21.03.05 (18:25):

In diesem Zusammenhang ist immer wieder zu raten, frühzeitig eine schriftliche Patientenverfügung zu erstellen und diese jährlich durch erneute Unterschrift zu aktualisieren. Denn diese Koma-Patientin hatte wohl ihrem Mann früher gesagt, dass sie so nie enden wolle, aber nichts schriftliches hinterlegt. Und die Aussage des Ehemannes zählt dann wohl nicht.
Ich hoffe nur, wenn soclhe oder ähnliche Situation bei mir eintritt, dass dann Ärzte sich an meinen schriftlichen Willen halten.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 21.03.05 (18:43):

Wanda, das mit der gesunden Auslese ist mir allerdings zu darwinistisch. Es läuft darauf hinaus, dass der Stärkere ein Lebensrecht hat und dem Schwächeren keines mehr zugestanden wird. Im schlimmsten Fall läuft das dann auf Euthanasie hinaus, wie sie im 3. Reich praktiziert wurde. Da gab es auch eine "gesunde Auslese", alle psychisch Kranken wurden umgebracht. Mit solchen Begriffen sollte man sehr vorsichtig sein.


Vorlesefunktion  rolf antwortete am 21.03.05 (19:03):

Man soll aber auch nicht alles, was die Nazis mißbraucht haben, auf die braune Liste setzen.
Der Mißbrauch soll natürlich angeprangert werden, aber nicht die Begriffe.


Vorlesefunktion  Margit antwortete am 21.03.05 (21:30):

Hallo,

die Bereiche "Abtreibung, Sterbehilfe, Todesstrafe" haben insofern etwas miteinander zu tun, als es sich jeweils darum handelt, das Leben eines anderen Individuums entweder nicht zuzulassen oder zu beenden.

Das Problem der Sterbehilfe lässt sich sicher nicht in wenigen Sätzen diskutieren - der Bereich ist zu vielschichtig und es ist sicher sehr schwierig im Einzelfall zu entscheiden, ob es sich um einen tatsächlichen Wunsch des Patienten handelt oder eher um die Wünsche der Angehörigen, bei welchen Mitgefühl, persönliche Belastung oder handfeste finanzielle Interessen im Spiel sein können.

Ich möchte das Augenmerk auf einen ganz anderen Bereich richten: Wieder einmal schafft es Bush, die Grundprinzipien der Verfassung, nämlich die Gewaltenteilung zu unterlaufen. Er hat
nachts ein Eilgesetz unterzeichnet mit dem Inhalt, eine Komapatientin, der eine gnädige Justiz mehrfach ein Ende ihres Leidens ermöglicht hätte, zum Weiterleben zu zwingen. Damit greift die Politik die Unabhängigkeit der Justiz an.
Mit der Aufhebung oder mit dem Unterlaufen des Prinzips der Gewaltenteilung wird wieder einmal eine demokratische Sicherung ausgeschaltet. Wie wird das weitergehen?


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 21.03.05 (21:31):

Da bin ich anderer Meinung, Rolf. Wenn man von einer eine "gesunden Auslese" spricht, ist die Gefahr des Missbrauchs immer latent vorhanden, auch heute. Haben Schwächere etwa kein Lebensrecht? Dass ihr mich nicht missversteht: In diesem Fall wüsste ich auch nicht, wie ich entscheiden sollte, ich will nur auf die Gefahr eines Missbrauchs, die immer besteht, vor allem in Zeiten knnapper Kassen,hinweisen.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 22.03.05 (08:37):

@marina, der Begriff der "gesunden Auslese" wurde von Ärzten und Tierärzten bereits vor l900 gebraucht. Das hieß nicht, das man jegliche Hilfe bei Frühgeburten untersagte, sondern, dass man alles menschenmögliche für das Überleben z.B. von Frühgeburten tat. Wenn diese es dann aber nicht schafften, wurde von der gesunden Auslese gesprochen.
Es ist Tatsache, dass mein Vater und seine Geschwister als Neugeborene( l896 ff.) in einer Art Karton oben in den Kachelofen gestellt wurden, natürlich gewickelt und ansonsten versorgt. Das war wahrscheinlich das, was man heute als Brutkasten versteht, bis auf ein Mädchen haben sie alle überlebt.


Vorlesefunktion  rolf antwortete am 22.03.05 (09:43):

Hallo Marina,
obwohl Wandas Beitrag meine Antwort eigentlich überflüssig macht, will ich Dir noch ergänzend schreiben, daß es in der Natur schon immer das Recht des Stärkeren, also die gesunde Auslese gab.
Die Entscheidung über Leben oder Tod durch den Menschen ist etwas anderes.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 22.03.05 (09:54):

@Wanda, ich wollte dir nichts unterstellen, ich weiß, dass du den Begriff nicht so gemeint hast, wollte nur darauf hinweisen, dass es möglich ist, damit Missbrauch zu treiben.
Ist schon klar, dass es den vor 1900 gab, meines Wissens wurde er von Darwin geprägt, und ich habe ja auch geschrieben, dass mir das zu darwinistisch ist.
Deine kleine Geschichte fand ich übrigens interessant.

Im vorliegenden Fall hier habe ich großes Verständnis dafür, dass man so einen Menschen nach 15 Jahren endlich sterben lassen will, aber ich habe auch Verständnis für die Position der Eltern, weil die Frau noch Lebensregungen und sowas wie Lächeln zeigt. Also ich wüsste nicht, wie ich entscheiden sollte, und ich bin froh, dass ich die Entscheidung nicht treffen muss.

@Margit, ob Bush wohl von Berlusconi gelernt hat? Der versteht es doch auch immer wunderbar, die Gesetze speziell für seinen Fall so hinzubiegen, dass er aus allen Prozessen heil davonkommt, sonst wäre er längst verurteilt worden und womöglich schon im Knast.


Vorlesefunktion  Karl antwortete am 22.03.05 (21:40):

@ Rolf,

du schreibst vom "Recht des Stärkeren". Viele sehen dies tatsächlich als eine Art "Naturrecht" an, es ist aber eine arge Verkürzung dessen, was in der Natur gilt. Ich bin darauf schon einmal ausführlich in dem Forum "Naturwissenschaft und Technik" unter dem Thema "Darwinismus, Sozialdarwinismus, Rassenlehre" (s. Linktipp) eingegangen.

Ich schrieb dort sinngemäß: In dem negativ besetzten Begriff "Sozialdarwinismus" wird der Name von Darwin missbraucht. Die Übersetzung von "Survival of the fittest" mit "Überleben des Stärkeren" ist auch eklatant falsch. Der deutsche Nobelpreisträger Manfred Eigen hat gezeigt, dass das Darwinsche Selektionsprinzip letztlich aus Reaktionskinetikgleichungen heraus ableitbar ist. Es besagt, dass nur das auf Dauer wachsen und sich vermehren kann, was nicht schneller zerfällt als es sich vermehrt (klingt wie eine Tautologie, ist aber mehr als das). "Survival of the Fittest" läßt Raum für die Evolution von Altruismus und sozialem Verhalten.
Die Interpretation der Nazis von "Survival of the Fittest" als das "Überleben der Stärkeren" war dumm, grobschlächtig und einfach falsch. Diese Interpretation ist in den Begriff Sozialdarwinismus hineingeflossen. ... mehr s. Linktipp.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/diskussion/archiv7/a81.html


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 23.03.05 (08:53):

ich möchte hier noch einmal ganz klar sagen, dass ich natürlich als Mutter oder Schwester die Dinge ganz anders sehen würde, in dem Falle ist man ganz anders eingebunden und kann nicht objektiv urteilen.


Vorlesefunktion  rolf antwortete am 23.03.05 (09:07):

@Karl,
um das zu vermeiden, schrieb ich ja im 2. Satz:
Die Entscheidung über Leben oder Tod durch den Menschen ist etwas anderes.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 23.03.05 (10:33):

Karl, vielen Dank für die Aufklärung und den interessanten Link, den ich noch genau lesen werde, weil er mir sehr interessant zu sein scheint.


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 23.03.05 (17:27):

Menschen im Wachkoma sind behindert und nicht sterbend. Deshalb darf - außer der Kranken selbst - n i e m a n d (und schon gar nicht eine Regierung)darüber entscheiden, ob die Frau leben soll oder nicht.

Da über den Willen der Frau keine Verfügung existiert, ist das Einstellen der Ernährung ein eindeutiger Tötungsdelikt (Töten durch Unterlassen) und damit kategorisch abzulehnen ...


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 23.03.05 (21:15):

Mir ist nicht ganz klar, ob Wachkoma auch immer gleich Hirntod bedeuted - ich glaube nicht, aber klärt mich bitte auf.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 23.03.05 (23:22):

Ich glaube, das bedeutet eben nicht Hirntod, sondern, wie Ursula schrieb, eine Behinderung. Der Ärztepräsident Hoppe sagte, nach deutschem Recht hätte man die künstliche Ernährung der Frau nicht einstellen dürfen.


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 23.03.05 (23:27):

Hallo wanda,
Wachkoma und Hirntod sind nicht identisch:

Beim Wachkoma ist die Hirnfunktion nur teilweise ausgefallen � dauerhaft oder auch nur vorübergehend.

Beim Hirntod gibt es dagegen keinerlei Hirnfunktionen, auch nicht (wie im Wachkoma) des Hirnstammes. Eine Besserung ist hier gänzlich ausgeschlossen. Der Organtod des Gehirns wird deshalb mit dem Tod des Individuums gleichgesetzt ...

Zeichen des Hirntodes sind tiefste Bewusstlosigkeit, erloschene Spontanatmung, Fehlen cerebraler Reflexe, keine umweltbezogenen Lebensäußerungen. Im EEG sind keinerlei elektrische Hirnaktivitäten nachweisbar, die Durchblutung aller Hirnarterien ist ausgefallen.

Im Wachkoma ist der Patient wach (aber ohne kognitive Funktionen), und er atmet spontan. Zielgerichtete Handlungen und verbale Äußerungen sind nicht möglich.
Im EEG ist eine Hirnaktivität nachweisbar und auch die Durchblutung des Gehirns funktioniert.

Gruß, Ursula


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 24.03.05 (08:07):

danke ursula, eigentlich wusste ich das auch, wurde aber gestern verunsichert, weil in "Brisant" ein Vater, der sein Kind pflegt gezeigt wurde usw. usw.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 24.03.05 (09:19):

@Ursula, ich habe auch schon gehört, dass manche, die im Wachkoma liegen, mitkriegen, was um sie herum vorgeht und alles verstehen, sich nur nicht selber äußern können. Stimmt das? Kommt das auf die Schwere des Komas an? Es wäre ja furchtbar, wenn so ein Mensch womöglich die Diskussionen an seinem Bett mitbekommen würde, ob man ihzn sterben lassen soll oder nicht.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 24.03.05 (21:12):

auch wenn ich vielleicht schon penetrant wirke, es ist mir wirklich wichtig: in den Tagesschauen heißt es immer die Koma-Paatientin Schiawo... In einschlägigen Berichten vorher hieß es, dass Frau Schiawo hirntot ist.
Für mich besteht da ein gravierender Unterschied. Wie ist es möglich, dass so schlampig mit diesen Begriffen umgegangen wird.


Vorlesefunktion  karaoke antwortete am 25.03.05 (08:54):

Die Patientin ist ganz eindeutig nicht hirntot.
Ursula hat ja den Unterschied genau beschrieben.
Dass man sie nun verhungern läßt finde ich schon schlimm, aber dass man ihr auch keinerlei Flüssigkeit zuführt, ist einfach grausam.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 25.03.05 (17:50):

ich kann mir nicht vorstellen, dass man hier bei uns Flüssigkeit - also den Tropf - verweigern würde, verdursten lassen, das kann nicht sein, das ist menschenunwürdig.


Vorlesefunktion  tiramisusi antwortete am 25.03.05 (18:30):

das ist nicht nur menschenunwürdig - das ist grausamer mord! selbst dem übelsten massenmörder der zum tode verurteilt ist, bereiten die amerikanischen richter einen gnädigeren tod und lässt ihn nicht so furchtbar verrecken!
selbst wenn ich nicht die erfahrung gemacht hätte, dass ein nach einem unfall schwer hirngeschädigter patient vom koma übers wachkoma nach monaten langsam wieder erwachte und seiner zwar eingeschränkten aber genossenen lebensfreude ausdruck gab - und auch da wollte die familie die maschinen am liebsten sschon nach 14 tagen abstellen lassen .. DIE und viele seiner freunde haben sich von ihm abgewendet, weil er für sie nur noch ein "verblödeter krüppel" war aber die wenigen menschen, die bei ihm blieben und die er auch duldete und denen er vertraute, die wissen, das er sein leben die letzten 4 jahre durchaus noch genossen hat.
so lange kein eindeutiger patientenwunsch zuvor abgefasst war, sollte niemand, schon gar nicht der ehepartner, entscheiden dürfen, ob dieser mensch streben muss.


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 26.03.05 (11:33):

Das Schicksal dieser Frau (und ihrer Eltern) macht mich fassungslos. Hier wird ein behinderter Mensch einfach umgebracht - weil der Ehemann es wünscht und Gerichte diesen Mord unterstützen!

Da Wachkoma keine zum Tode führende Diagnose ist (Menschen im Wachkoma sterben nicht an ihrer Hirnschädigung), geht es in diesem Fall auch nicht um das Thema "Sterbehilfe", sondern um Euthanasie, die soeben durch amerikanische Gerichte legalisiert wurde ... Es packt mich das kalte Grausen!


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 26.03.05 (19:54):

Meine Fragen vom 24.03.05 (09:19)sind aber leider immer noch nicht beantwortet worden, Karl, kannst d u sie mir vielleicht beantworten? Oder sonst jemand?


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 26.03.05 (20:01):

P.S. Aber bitte keine Antwort von Esoterikern!


Vorlesefunktion  tiramisusi antwortete am 26.03.05 (23:18):

Hallo Marina - aus der Erfahrung mit dem Freund, der schwerste Hirnverletzungen hatte und lange im Koma lag, dann zum Apalliker wurde und den ich täglich besuchte, kann ich Dir aus eigenem Erleben folgendes sagen: Noch in seiner Komazeit auf der Intensivstation habe ich ihm zB die Hände manikürt oder massiert und dabei meistens leise etwas gesummt oder gesungen - darunter auch ein Schlaflied aus den Anden, das er sicher nicht zuvor gehört hatte. Viele Monate später, als er seine Welt schon wieder wahr nahm und gerne im Auto spazieren gefahren wurde, liess ich eine Musikkassette von Jorge Cafrune, einem argntinischen Sänger, laufen (er liebe Südamerikanische Lieder) - und auf dieser Kassette war auch dieses Wiegenlied. Mein Freund wurde schnell sehr aufmerksam, zeigte mit dem Finger auf das Radio und sagte dann - "ich kenn das, das hast Du auch gesungen, aber leiser!" - später war er noch einmal in der Klinik und sollte eine Magensonde durch die Nase gelegt kriegen (Er musste noch einmal an der Luftröhre operiert werden) - so eine Sonde hatte er auch im apallischen Zustand und er striess die Schwester nur weg und sagte nur "Nicht wieder diese Frau mit dieser schrecklichen Stimme und dem Sch... Gesundheitsfrassschlauch!" -
Es gab noch mehr solche Momente und ich denke, er ist da keine Ausnahme - Komapatienten nehmen je nach Zustand sehr wohl wahr.
Bei Jauch im Sternreport war neulich auch eine junge Frau, der die Ärzte keine Hoffnung gegeben hatten und die heute verheiratet ist und 2 Kinder bekommen hat. Ihr Vater berichtete, dass die Messgeräte, an denen sie im komatösen Zustand angeschlossen waren, extrem ausschlugen, wenn ein bestimmter Arzt im Zimmer war - die junge Frau berichtete glaubwürdig, dass sie im Koma gehört hat, wie eben dieser Arzt sehr negativ und von aussichtslosen Prognosen an ihrem Krankenbett bei der Visite gesprochen hat.




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Apalliker: apallisches Syndrom
Synonym für Dezerebrationsyndrom, Mittelhirnsyndrom,; sogenannte Enthirnungsstarre; Funktionsausfall der Grosshirnrinde infolge Anoxie des Gehirns, z.B. als Koma oder schlafähnlicher Zustand mit offenen Augen bei dem der Patient wach ist, jedoch keine sinnvollen Reaktionen, Blickfixierung oder Spontanäusserungen erfolgen; pathologische Reflexe, z.B. Greifreflexe, Stellreflexe, Pyramidenbahnzeichen, Rigor und Hypertonie der Muskulatur, evtl. Streckkrämpfe, Störung der Atmung, Temperaturregulation und Kreislauffunktion.
Therapie: intensivmedizinische Überwachung, evtl. Beatmung, Therapie eines Hirnödems.
Prognosen: entweder letaler Ausgang nach längerdauerndem apallischen Syndroms infolge Komplikationen oder Remission; mit zunehmender Dauer Verschlechterung der Prognose.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 27.03.05 (09:44):

@marina zu Deiner Antwort. Ich glaube nicht, dass man generell etwas sagen kann, sondern dass jeder Fall verschieden ist.
Gegenüber Schwerstbehinderten sollte man nie taktlos sein, oder gar in deren Gegenwart über sie sprechen.

Ich hatte einen schwerstbehinderten Schüler, der bis zu seinem 7. Lebensjahr ganz normal aufwuchs und dann durch d einem Armbruch durch die Narkose, die zur OP nötig war, schwerstbehindert wurde.
Er war ein Pflegefall ohne Kopfkontrolle und reagierte nur auf meine Stimme. Die Mutter, die wollte, dass er altersgemäß beschult wurde, bat mich, die Glocke vorzulesen. Das tat ich, aber uns allen(dem Personal) war klar, dass das Thema des Lesestoffes überhaupt keine Rolle spielte - es ging einzig und allein um die Stimme. Um diesem Jungen, der nur noch auf akustische Reize reagierte gerecht zu werden, fuhr ich mit einem orgelspielendem Zivi auch in eine Dorfkirche - was hat man nicht alles gemacht.....


Vorlesefunktion  Karl antwortete am 27.03.05 (11:17):

@ Marina,


zu deinen Fragen vom 24.03.05 (09:19):

Was in dem konkreten Fall der Frau Schiavo vorliegt, kann ich nicht beurteilen. Hirntod im Sinne von "Das Gehirn zeigt keinerlei Aktivität mehr" ist bei ihr sicher nicht gegeben. Offensichtlich funktioniert der stammesgeschichtlich älteste Teil des Gehirns, das Stammhirn noch. Hier sind die lebenserhaltenden Funktionen lokalisiert wie Atmungssteuerung etc. Auch das Rückenmark mit seinen reflexen ist intakt.
Ich persönlich halte es für schwierig, mit völliger Sicherheit vorauszusagen, was eine Person, die sich nicht mehr verständlich machen kann, empfindet und ich bezweifle, dass im Fall von Schiavo eindeutig die Grenzziehung zwischen abgestorbenem Hirngewebe und funktionellem Hirngewebe gezogen worden ist; denn hierfür kommen bei einem Menschen ja nur nicht invasive Analysemethoden in Frage.

Ich hatte in meiner Studentenzeit mehrmals mit minutenlanger (die Zeit habe ich nicht wirklich messen können) Abkopplung meiner Motorik vom Bewusstsein zu kämpfen gehabt, d. h. ich lag wach und wollte mich bewegen, aber es ging nicht. Das war eine erschreckende Erfahrung und hat mich damals an Schilderungen von Scheintod erinnert. Erst später habe ich gelesen, dass so etwas bei bestimmten viralen Infektionskrankheiten auftreten kann. Die Gehirnareale, die Bewusstsein vermitteln, sind dann aktiv, aber sie vermögen nicht, diejenigen Bereiche zu aktivieren, die willkürliche Bewegung erlauben, d. h. dann kann auch nicht gesprochen werden.

Bei Frau Schiavo liegt der Fall sicherlich anders, aber wenn nur ein winziger Rest von Zweifel bleibt, sollte das unser Handeln bestimmen.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 27.03.05 (14:16):

tiramisusi, Wanda und Karl,

ich danke euch ganz herzlich für eure ausführlichen Antworten bzw. Berichte und die Mühe, die ihr an eine medizinisch Ahnungslose gewandt habt. Ihr werdet lachen, aber die spärlichen Informationen, um deren Beurteilung ich gebeten habe, hatte ich aus einem Krimi, in dem ich das mal sehr einfühlsam beschrieben fand. Ich weiß aber nicht mehr, aus welchem, war sicher ein sehr guter.
Über Frau Schiavo habe ich gelesen, dass ihr Großhirn abgestorben sei und sie deshalb nichts mehr spüre und kein Bewusstsein mehr habe und ihre Äußerungen nur Reflexe seien. Hoffen wir, dass es stimmt, sonst wäre es wirklich schrecklich, wenn sie das alles mitbekäme und nicht sterben wollte. Es ist natürlich auch möglich, dass sie tatsächlich sterben will, wie ihr Ehemann behauptet, und erleichtert über die gefallene Entscheidung ist, wer weiß das schon?
Bei solchen Schicksalen wird einem mal wieder so richtig bewusst, wie froh man sein kann, wenn es einem gut geht und man gesund ist. Für mich ist das manchmal wichtig, ins Bewusstsein zu rufen, weil ich oft gar nicht drüber nachdenke, wie gut es mir geht und nur das Negative sehe.


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 27.03.05 (14:19):

Ich wünsche euch allen noch schöne Ostertage und viele bunte und leckere Eier.


Vorlesefunktion  schorsch antwortete am 27.03.05 (16:35):

In einem solchen Fall sollten nicht die Wünsche der "Lebenden", sondern nur die mutmasslichen Wünsche des "Toten" berücksichtigt werden. Wer, wie diese Patientin, schon so viele Jahre zwischen Leben und Tod schwebt, dem würde ich es nicht übelnehmen, wenn er den Wunsch hätte, endlich auf die eine oder andere Seite gehen zu dürfen. Da das Diesseits aber kaum mehr infrage kommen wird, sehe ich nur noch das Jenseits als humanes Ziel.


Vorlesefunktion  Karl antwortete am 29.03.05 (13:34):

Wirklich makaber: nach dem Tod soll alles einwandfrei geklärt werden. Allein die auch vom Ehemann gesehene Notwendigkeit der Abklärung durch Autopsie macht deutlich, wie unverantwortlich seine Entscheidung ist (er wird über 1 Million Dollar an Lebensversicherung erhalten).

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,348533,00.html


Vorlesefunktion  Ursula_J antwortete am 29.03.05 (16:23):

Hallo Karl,

vielleicht will der Ehemann mit der Autopsie beweisen, dass seine Frau hirntod ist.
Wenn es ihm um die Lebensversicherung gehen würde, denke ich, so hätte er das Abschalten der künstlichen Ernährung schon vor vierzehn Jahren beantragt.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemand gibt, der in der Situation der Frau Schiavo noch weitere 10, 20 oder gar 30 Jahre Leben möchte.


Vorlesefunktion  Lars antwortete am 29.03.05 (20:14):

Da bin ich auch deiner Meinung Ursula_J


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 30.03.05 (09:37):

wenn der Ehemann wirklich eine hohe Summe von der Lebensversicherung bekommt, dann sollte man sich auch mal fragen, was die l5 Jahre Pflegefall gekostet haben. Da gehen Haus und Hof bei drauf.
Im übrigen bin ich ganz der Meinung von Ursula_J.

Wie viele hier, bin ich eben der Ansicht, dass so ein Leben keinen Sinn mehr gibt, man aber die Hilfe nicht verweigern darf, also zumindest die Hilfe, indem man einen Tropf setzt.


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 30.03.05 (13:17):

Hallo Marina,

leider hatte mein Rechner zwischenzeitlich den Geist komplett aufgegeben, so dass ich Deine Frage an mich nicht früher beantworten konnte.

Beim apallischen Syndrom oder Wachkoma ist die Verbindung zwischen Großhirn und Hirnstamm doppelseitig ausgefallen und damit die Steuerungsfähigkeit des Gehirns. Worauf dieser Zustand beruht und ob bzw. in welchem Ausmaß eine Rückbildungsfähigkeit besteht, ist dem klinischen Bild allein nicht anzusehen!

Von Wachkoma spricht man, weil die Kranken mit offenen Augen daliegen, einen Schlaf-Wach-Rhythmus haben (Augen sind im Schlaf geschlossen), aber aus eigener Kraft zu keinerlei Kontaktaufnahme mit ihrer Umwelt fähig sind. Erhalten sind jedoch vegetative Reaktionen (Erröten, Schwitzen, beschleunigte Atmung, schneller Puls...) auf Schmerzen und andere Reize und teilweise auch emotionale Reaktionen.

Diese vegetativen und emotionalen Reaktionen einfach als Reflexe abzutun, wird den Kranken nicht gerecht!

Nicht selten wird die Lebensform dieser Kranken als �vegetativer Zustand� bezeichnet und damit als �primitiv�, dem �pflanzlichen Leben� gleichgestellt oder - wie es gerade in Florida geschieht - als �sinnlos� und �lebensunwert� bewertet.
Dies ist in höchstem Maße inhuman und ethisch verwerflich.

Wachkoma-Patienten sind keine Sterbenden oder "(Teil-) Hirntote", sondern lebende und empfindsame Schwerstkranke, für die die gleichen Kriterien der Lebenshilfe zu gelten haben wie für andere chronisch Schwerstkranke und Schwerstbehinderte.

Gruß, Ursula


Vorlesefunktion  Ursula_J antwortete am 30.03.05 (13:43):

Ich kann mir vorstellen querschnittgelähmt im Rollstuhl mein Leben zu verbringen, auch halbseitig gelähmt nach einem Schlaganfall. Wenn ich mal an Alzheimer erkranken sollte, dann ist es bedauerlich für meine Angehörigen, aber für mich kein Grund in diesem Zustand nicht leben zu wollen, auch starke Schmerzen wären vermutlich kein Grund, mein Leben zu beenden. Aber in dem Zustand von Frau Schiavo hoffe ich, dass mich niemand dazu zwingt so zu leben.

Ursula, wie lange würdest du so leben wollen?


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 30.03.05 (14:31):

Hallo Ursula J,

nein, ich möchte in diesem Zustand nicht leben! Aber was ich für mich wünsche, ist nicht der Maßstab für andere Menschen.
Frau Schiavo ist nach einem schweren Sauerstoffmangel durch die technischen Möglichkeiten der modernen Medizin am Leben geblieben, und es wäre (wie in vielen anderen Fällen auch) ganz sicher ein Segen (nachträglich gesehen), wenn die Reanimationsmaßnahmen vor 15 Jahren nicht erfolgreich gewesen wären.

Nun lebt sie, in einem schrecklichen Zustand zwar, aber sie lebt - und dies schon seit 15 Jahren.
Da sie selbst nichts verfügt hat, hat auch niemand das Recht, ihr Leben aufgrund eigener Maßstäbe zu beenden, tut er es, ist es Mord.

Mich beunruhigt die Vorstellung, dass das Beispiel in Florida Schule macht und wieder - wie zu Zeiten des Nationalsozialismus - Menschen darüber entscheiden dürfen, welches Leben "lebenswert" ist und welches nicht.

Gruß, Ursula


Vorlesefunktion  Ursula_J antwortete am 30.03.05 (15:02):

Hallo Ursula,

Frau Schiava war 25 Jahre alt, als sie ins Wachkoma fiel.
In diesem Alter wird kaum jemand eine Patientenverfügung
machen.
Ich finde es egoistisch von ihren Eltern sie so lange im Wachkoma zu halten, um sie ja nicht los lassen zu müssen.

Man sollte das tun, was sie sich in ihrem Zustand wünschen würde, wenn sie es könnte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie so weiter leben wollte.

Schule machen würde es nur deswegen, weil es von den Medien so hochgepuscht wurde.

Kein Hahn kräht danach wenn täglich tausende von Menschen vor allem Kinder verhungern. Und weil jetzt eine Frau nicht mehr künstlich ernährt wird, deren Eltern so wohlhabend sind, dass sie es sich leisten konnten der Medien zu bedienen, steht die ganze Welt kopf.


Vorlesefunktion  Ursula antwortete am 30.03.05 (16:35):

Hallo Ursula,

die Eltern werden die Hoffnung haben, dass sich der Zustand ihrer Tochter vielleicht doch noch bessert. Schließlich sind Fälle bekannt, in denen ein Wachkoma tatsächlich nach Jahren wieder abgeklungen ist.
Wenn sich ein solcher Zustand noch nach 8 Jahren bessern kann, warum soll dies nach 15 Jahren nicht mehr möglich sein?

Wieso ist es egoistisch, dass die Eltern sich für ihre behinderte Tochter einen natürlichen Tod wünschen und verhindern wollen, dass sie umgebracht wird - aus ökunomischen Gründen.
Wachkoma-Patienten sterben häufig ganz plötzlich an einer Lungenentzündung o.ä. ...


Vorlesefunktion  Marina antwortete am 30.03.05 (17:56):

Hallo Ursula,
ich sehe gerade deine ausführliche Antwort auf meine Fragen, vielen Dank, das war sehr informativ.
Ich wüsste aber in diesem Fall immer noch nicht, was richtig wäre. Dein Hinweis auf Euthanasie ist angebracht und wichtig, aber gleichzeitig stimme ich zu, wenn man die Vermutung anstellt, dass eine Kranke nach 15 Jahren in diesem Zustand vielleicht oder wahrscheinlich nicht mehr leben will. Deshalb bleibe ich hier sehr ambivalent und wiederhole, dass ich heilfroh bin, nicht die Entscheidung treffen zu müssen. Jedenfalls die Vorstellung, dass sie die Diskussionen um ihr Sterben und auch dieses selbst vielleicht doch mitkriegt, lässt mich schaudern. Wenn man nur wüsste, wie es in dem Inneren von solchen Menschen aussieht! Es ist schrecklich, wenn man sich nicht mehr äußern kann und auf Gedeih und Verderb den Entscheidungen anderer ausgeliefert ist. Wir können nur hoffen, dass wir nie in diese Lage kommen.

Gruß Marina


Vorlesefunktion  schorsch antwortete am 30.03.05 (20:06):

@ Ursula: "...Wieso ist es egoistisch, dass die Eltern sich für ihre behinderte Tochter einen natürlichen Tod wünschen und verhindern wollen, dass sie umgebracht wird - aus ökunomischen Gründen..."

Denkst du da nicht falsch? Was die Eltern wollen, ist ein künstliches Leben ihrer Tochter. Der natürliche Tod aber wäre schon lange eingetreten, hätte man sie natürlich sterben lassen.


Vorlesefunktion  wanda antwortete am 31.03.05 (08:54):

@marina, ich halte es für ausgeschlossen, dass sie noch Sprachverständnis hat, mach dir keine Sorgen.


Vorlesefunktion  Karl antwortete am 31.03.05 (17:28):

Frau Schiavo ist heute gestorben.

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/panorama/0,1518,349074,00.html


Vorlesefunktion  Babayaga antwortete am 09.04.05 (09:30):

Hallo allerseits,
ich bin gerade per Suchmaschine mit Suchbegriff "apallisches Syndrom" auf Eure Diskussion rund ums Recht auf Leben gestoßen. Wenn ich Eure Beiträge zu diesem Thema lese, bin ich hin- und hergerissen zwischen Verständnis, Zustimmung und Empörung. Keine Frage, einen Menschen wie Frau Schiavo einfach verhungern zu lassen ist absolut unhuman. Ich möchte diese Art des Todes fast mit dem strafrechtlichen Tatbestand von vorsätzlich unterlassener Hilfeleistung gleichstellen. Das ist eine sehr fragwürdige Doppelmoral. Wenn sich nun die Richter entschlossen haben, daß sie nicht weiter ernährt wird, warum gehen sie nicht den 2. Schritt und geben ihr auch einen schnellen und weniger qualvollen Tod? Einerseits weist man auf eine fehlende Verfügung der Patientin hin und besteht auf eine eigene Willenserklärung der Betroffenen - andererseits will dann auch keiner die Verantwortung für den Tod eines Menschen übernehmen, der ganz offensichtlich nicht mehr über sich entscheiden kann.
Keine Frage, jede Diskussion über "lebenswertes Leben" ist gerade hier in Deutschland schon durch unsere Geschichte ein zweischneidiges Schwert, und die Grenzen sind fließend. Ich finde es sehr bedenklich, daß man in Deutschland sogar Schwerst- und Todkranken in vollem Besitz ihrer geistigen Kräfte die Entscheidung verweigert, einen schnellen Tod anstatt von langem Siechen zu wählen. Die Würde des Menschen ist doch schon lt. Grundgesetz unantastbar?? Euthanasie im NS-Stil ist eines, dieses ist das andere Extrem. Ein todgeweihter Mensch sollte doch wenigstens noch selbst über das Weiterleben entscheiden dürfen? Warum darf man in Deutschland nicht wie z.B. in den Niederlanden einen schnellen schmerzlosen Tod wählen, solange eigene Entscheidungen noch möglich sind? -
Mir persönlich als ehemalige Apallikerin geht natürlich die Diskussion "lebenswertes Leben von Wachkomapatienten" besonders nahe. Wenn ich mir vorstelle, daß man mich zu der Zeit nur noch als eine Summe aus unwillkürlichen Reflexen und rein vegetativen Reaktionen abgetan hätte???? Uiuiui, gruselig, mir wird ganz schlecht..! Mir geht es gut, ich gehe wie alle anderen Leute meiner Arbeit nach und bin stolz darauf, daß mir keiner meine Malesche sofort anmerkt. Wer nimmt sich hier das Recht zu entscheiden, wer sterben soll und wer nicht?????