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THEMA:   Hörgeräte Sinnvoll????

 7 Antwort(en).

Gitti begann die Diskussion am 06.09.05 (19:48) :

Hallo
mit meiner Schwiegermutter 86 Jahre hatte ich eine Diskussion über die Anschaffung eines Hörgerätes.
Sie meint die taugen alle nix und man hört noch schlechter damit als vorher. Nun frage ich: hat jemand auch
positive
Erfahrungen mit einem Hörgerät gemacht und hat sich die Kommunikation dadurch verbessert?
Im voraus herzlichen Dank sagt Gitti


Vorlesefunktion  Claude antwortete am 06.09.05 (20:40):

Gitti,
ja sicher hört man mit Hörgeräten besser meine Erfahrungen sind bestens Gitti und sie sind mir unentbehrlich geworden.
Um es Laienhaft zu sagen, hören hängt auch davon ab das akustische Signale vom Gehirn richtig verarbeitet werden, möglicherweise hängt das auch vom Alter ab und deine Schwiegermutter ist ja betagt.
Außerdem spielt der Weg vom Ohr zur Hörrinde des Gehirns eine Rolle, der kann gestört sein.
In unserer Nachbarschaft bekam eine Frau die ihr Gehöhr verlor ein Implantat eingesetzt und muss jetzt im Alter von sechzig Jahren wieder lernen das Gehörte in verständliche und als Sprache wahrgenommene Töne zu verstehen.
Nun möglicherweise gibt es hier im Forum medizinisch geschulte Menschen die dir genauer Auskunft geben können.
Freundlicher Gruß Claude


Vorlesefunktion  navallo antwortete am 06.09.05 (22:06):

Ein Hörgerät ist wie eine Prothese, welche die Funktion (Hören) eines beschädigten Körperteiles (Ohr) kompensieren soll. Wie bei jeder Prothese bedarf es einer Anpassungszeit, um mit ihr zurecht zu kommen. Je älter ein Mensch ist, umso schwieriger ist das, weil Lernprozesse dann oft langsamer ablaufen. Deshalb ist eine rechtzeitige Hörgeräteversorgung sehr wichtig. Es wäre jedoch falsch, aus Altersgründen einem Hörgerät entsagen zu wollen; je öfter es eingesetzt wird, umso kürzer ist die Eingewöhnungszeit. Verzicht auf ein Hörgerät bedeutet zugleich soziale Isolation. Im Gegensatz zu Blinden, die jedermann bedauert, sehen sich Schwerhörige oft der Witzelsucht ihrer Mitmenschen ausgesetzt. Nicht ohne Grund ist das Word "Taubheit" etymologisch mit "Doofheit" - englisch deafness - verwandt. Um dauerndes Rückfragen zu vermeiden, verstummen manche Schwerhörigen allmählich, bis schließlich fast alle zwischenmenschlichen Kontakte abbrechen können.

Bei Hörgeräten gibt es eine Menge Fallen. Da sind zum einen manchmal Anfangsschwierigkeiten im Umgang Älterer mit der Technik. Man muß sich immer wieder Batterien besorgen oder aufladen. Schlecht sitzende Ohrpassstücke können belästigende Pfeiftöne erzeugen (Rückkopplungseffekte). Die quietschende Straßenbahn vor der Haustür und anderer Lärm wird unerwünschterweise auch verstärkt und kann einem gewaltig auf den Wecker gehen, zumal die Schmerzgrenze für Lärm herabgesetzt sein kann. Ohrenschmalz wird verstärkt produziert und kann den Gehörgang schlechter verlassen. Als Folge können Gehörgangsentzündungen auftreten. Als erstrebenswerter Körperschmuck gilt ein Hörgerät auch nicht gerade. Entscheidend ist zudem die Art der Schwerhörigkeit - also welche Frequenzbereiche bei entsprechender Verstärkung noch gut zu nutzen sind. Wenn sehr viele hohe Töne schon gar nicht mehr wahrgenommen werden können, dann bringt das auch nichts mehr, wenn man sie gewaltig verstärkt. Die Betroffenen hören dann zwar, aber sie verstehen nichts. Deshalb ist deutliches Sprechen oft wichtiger als lautes Schreien. Der Informationsgehalt der Sprache ist dann vergleichbar einer Schrift, der man die obere Buchstabenhälfte weggeschnitten hat. Mit einigem Training ist aber selbst dann noch bis zu einem gewissen Grade Verständlichkeit zu erreichen.

Die Hauptschwierigkeit wird sein, deine Schwiegermutter von ihrem Vorurteil abzubringen. Vielleicht ließe sich etwas erreichen, wenn sie zunächst probeweise ein Hörgerät verordnet bekommen könnte. Für mich war es ein Riesen-Aha-Erlebnis, die Uhren wieder ticken und Vögel zwitschern zu hören, wieder zu erleben, wie Musik klingen kann...


Vorlesefunktion  Claude antwortete am 06.09.05 (22:29):

Navallo, zu dem von dir gesagten gibt es nicht viel hinzuzufügen, aber auch für mich war es ein Aha-Erlebnis banale Sachen wieder zu hören unter anderem auch den Blinker im Auto,lache. Aber auch wieder Tischgesprächen folgen zu können war ganz toll.
Freundlicher Gruß Claude


Vorlesefunktion  welsch antwortete am 07.09.05 (07:05):

Auch ich gehöre zu den Hörgeräteträgern. Was navallo schreibt, ist alles richtig, dem man nichts mehr hinzufügen muss.
Es ist ein Eingewöhnungsprozess und die Aussage, Hörgeräte würden "nix taugen", ist ein Vorurteil, das man abbauen muss.

Falsch allerdings wäre, zu glauben, mit einem Hörgerät seien alle Probleme gelöst. Dem ist nicht so ! Wenn viele Menschen gleichzeitig um einen herum sprechen, versteht man oft nur noch Bahnhof, es kann auch lästig sein, sich den Straßenlärm reinzuziehen. Doch wenn man noch einigermaßen flexibel ist, lernt man, auch damit umzugehen.

Ich habe Geräte, die sich mit einem Funksender leicht und bequem in der Lautstärke variieren lassen. Ausserdem kommt noch hinzu, dass man das Hören teils neu lernen muss, denn man hatte sich ja daran gewöhnt, dass verschiedene Frequenzen nicht mehr zu hören sind und nun muss man das neu akzeptieren und damit umgehen lernen. All das muss man wissen, sonst hat man wirklich Probleme mit den Dingern.


Vorlesefunktion  Claude antwortete am 07.09.05 (07:29):

welsch, meine Geräte steuern nach dem sie eingestellt wurden alles automatisch, das ist sehr bequem. Nachteil ist ich kann sie selber nicht leiser Stellen höre aber immer optimal, natürlich nach meinen Möglichkeiten. Wenn etwas ganz weg ist kann man es halt auch nicht verstärken. Das erste Mal den normalen Straßenlärm wieder zu hören war unangenehm, aber dafür hört man wieder die Vögel, lache.
Und jetzt noch etwas (nicht ganz ernst gemeint) man kann sich als Schwerhöriger in eine ruhige heile Welt zurückziehen, hat ja auch was für sich, oder?
Freundlicher Gruß Claude


Vorlesefunktion  simba antwortete am 07.09.05 (09:50):

Auch ich bin Hörgeräteträgerin und ich habe die letzten 15 Jahre im Verkauf gearbeitet. Ohne diese Hilfe hätte ich meine Arbeit nie geschafft, weil man ja hören muss was die Kunden wollen. Ganz hundertprozentig klappt es ja nicht, aber man ist doch den "Guthörenden" gleichgestellt und ich kann problemlos mit meinen Mitmenschen kommunizieren. Bloss wenn zuviele Leute um mich sind und alle durcheinander reden, bekomme ich Schwierigkeiten. Ich leide schon seit meiner Kindheit an hochtonbedingter Schwerhörigkeit und wurde oft mit Spott und Häme übergossen. Ich kann jeden nur raten sich solche Dinger zuzulegen - das Leben ist um vieles leichter. Ich war ganz erstaunt als ich die Vögel singen hörte, ein Geräusch das ich früher nur aus dem Fernseher kannte :-)
Was allerdings sehr, sehr wichtig ist, man muss so lange zum Akustiker, bis man mit den Geräten wirklich zufrieden ist, und das Maximum an Hörvermögen herausholen kann und dies auch angenehm klingt. Ich war sicherlich 10 mal dort, bis alles so funktionierte wie ich es haben wollte. Man darf sich bloss nicht abschieben lassen, denn die Leute dort können zwar die Geräte einstellen wie mans braucht, aber sie können sich nicht reinfühlen.....


Vorlesefunktion  mart antwortete am 07.09.05 (21:07):

Zusätzlich zu allen obigen Informationen:


Ein schlecht hörender älterer Mensch zieht sich vollkommen zurück und versinkt in sich selbst; das hat allerdings natürlich auch enorme Rückwirkungen auf das Denkvermögen und auf das Gefühl, das Leben sei noch lebenswert.

Deshalb würde ich meinen, du Gitti, mußt auf alle Fälle versuchen, deine Schwiegermutter zu einem Hörgerät zu überreden. Ich weiß, daß auch in diesem Alter eine Gewöhnung daran möglich ist; allerdings wird es nicht ohne deine/eure Hilfe gehen.

Hansaton (und wohl auch andere Firmen) bieten eine kostenlose Eingewöhnungsfrist an. Erst danach braucht man sich wirklich entscheiden.

Es wird die Entscheidung zwischen einem Hinterohrgerät und einem, das nur im Ohr getragen wird, nötig sein. Vom Preis her gesehen, fast kein Unterschied.

Nach meiner Erfahrung, ist für ältere Menschen das Hinterohrgerät um einiges einfacher (vor allem, weil hier die unangenehmen Rückkoppelungen sehr viel geringer sind)und der Kunststoffverschluß im Ohr wesentlich besser sitzt.

Es gibt Geräte mit mechanischer Lautstärkensteuerung. Da muß mit der Hand das Gerät verstellt werden - für alte Menschen auch aufgrund der kleinen Tasten sehr schwierig.
Dasjenige mit elektronischer Steuerung, ist um einiges teurer (Pro Stück über 700 Euro), aber auf jeden Fall empfehlenswerter.

Es gibt Geräte, bei denen alle zusätzlichen Funktionen blockiert werden können, sodaß man manuell nichts mehr verstellen kann. Das mag in der anfänglichen Phase der Eingewöhnung wahrscheinlich besser sein.

Wenn du willst, daß deine Schwiegermutter das Hörgerät akzeptiert, wirst du am Anfang auf jeden Fall anwesend sein müssen - beim Einsetzen, beim Herausholen, beim Abschalten, beim Batteriewechseln, bei diversen Problemen eben.

Wenn aber deine Schwiegermutter entdeckt, wie es ist, wieder besser hören zu können, wird sie es nicht mehr missen mögen.