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THEMA:   Kleines Ratespiel: Tagebuchauszüge eines berühmten Malers

 8 Antwort(en).

Miriam begann die Diskussion am 06.11.04 (17:05) :

Weil der Maler einer der ganz grossen des 20.Jahrhunderts war, weil auch sein Tagebuch so schön ist, habe ich mir gedacht, Euch einige Abschnitte daraus wiederzugeben.
Versucht dabei zu erraten, um welchen Maler es hier geht.

"Ein ästhetisches Gefühl war schon ganz früh entwickelt, man zog mir, als ich noch Röcke trug, zu lange Unterhosen an, so daß ich selber den grauen Flanell mit dem roten Wellenbesatz sehen konnte. Als jemand anklingelte, versteckte ich mich, um zu vermeiden, daß Besuch mich in diesem Zustand sehen konnte (zwei bis drei Jahre)."

"Meine Großmutter, lehrte mich sehr früh mit farbigen Stiften zeichnen. Als Klosettpapier wendete sie an mir besonders weiche Sorten an, sogennantes Seidenpapier. In die Äpfel biß sie nicht, sie schob auch keine geschnittenen Stücke hinein, sondern schabte dieselben mit einem Federmesser erst zu einer Art Brei....(drei bis vier Jahre)."

"Böse Geister, die ich zeichnete (drei bis vier Jahre) bekommen plötzlich wirkliche Gestalt. Ich suchte Schutz bei der Mutter und klagte ihr, die Teufelchen guckten zum Fenster herein (vier Jahre)."

Hier möchte ich die Kinheitserinnerungen des Malers verlassen und werde Euch etwas später Auszüge wiedergeben, die er als Erwachsener schrieb.


Miriam antwortete am 06.11.04 (17:43):

"Die Musik ist für mich wie eine verhexte Geliebte.
Ruhm als Maler?
Schriftsteller, moderner Lyriker? Schlechter Witz.
So bin ich beruflos und bummle.

Viele Paradoxa, Nietzsche in der Luft. Verherrlichung des Selbst und der Triebe, Sexualtrieb ohne Schranken. Neu-Ethik."

"Am 25. August 1899 erhielt ich einen Brief aus Worpswede. Sie schrieb in mütterlichem Tone, der mich bei bester Phantasie gründlich abkühlte. Mütter hat man genug.
Im Lauf eines Gesprächs meinte sie einmal zu mir: "Ich glaube, Sie haben niemand so recht von Herzen lieb?" Meine Antwort war ein keckes "Nein", was mir zu Unrecht etwas unreel vorkam, als ich's aussprach. Aber es war doch ganz richtig. Ich wollte nur das Mysterium kennenlernen. Die Persönlichkeit des Weibes war innerhalb gewisser Grenzen unwesentlich.
Ich verglich mich mit einem Felsen, der nachts und an trüben Tagen kalt war, in der Sonne aber brennend heiß werden konnte."

"An die bildende Kunst denke ich kaum, ich will nur an meiner Persönlichkeit arbeiten. Dabei muß ich konsequent sein und jegliche Audienz vermeiden. Daß ich dann wohl Ausdruck in der bildenden Kunst finden werde, ist noch am wahrscheinlichsten.
Ein kleines Leporelloregister all der Geliebten, die ich nie besaß, mahnt ironisch an die große sexuelle Frage. Die Reihe des Registers beschließt der Anfangsbuchstabe des Wortes "L..." mit der Bemerkung: abwarten.
Diese Dame, meine spätere Frau, lernte ich im Herbst 1899 musizierenderweise kennen."


Sonnenblume antwortete am 06.11.04 (18:01):

Hallo Miriam, ich denke es handelt sich um Paul Klee?


Miriam antwortete am 06.11.04 (18:21):

Hallo Sonnenblume,

du warst aber schnell! Ja, es ist Paul Klee, ich habe Auszüge aus seinem wunderschönen Tagebuch hier wiedergegeben.
Da du sooo schnell warst, setze ich es aber nun nichtmehr fort.
Besitzt du auch seine Tagebücher?


chris antwortete am 07.11.04 (11:50):

@ Miriam,

ich würde aber gerne noch mehr davon lesen.

Schreib uns doch noch ein wenig aus den Tagebüchern!


Chris

Internet-Tipp: https://www.paulkleezentrum.ch/bilder/blumenstillleben.jpg


jeanny antwortete am 07.11.04 (17:47):

die blumen von miriam finde ich schöner.


Sonnenblume antwortete am 07.11.04 (17:59):

Hallo Miriam,

ich war im Kunstforum der Bank Austria beschäftigt. Da hatten wir vor Jahren eine große Paul Klee Ausstellung, deshalb mußte ich mich sehr mit ihm beschäftigen.Habe einiges über ihn gelesen.....Sein Sohn, damals 92jährig, hatte die Ausstellung eröffnet und noch viel erzählen können über seinen Vater.
Ganz herzlcihe Grüße, Sonnenblume


Miriam antwortete am 07.11.04 (22:52):

Komme erst jetzt wieder auf diese Seite.

@Chris, ich verspreche dir, morgen noch etwas aus den wunderbaren Tagebüchern von Paul Klee hier wiederzugeben.

@Jeanny, das war wirklich ein toller Tag für mich heute, mit meinen blauen Gladiolen. Auch dir dank für die lieben Worte.

@Sonnenblume, auch Felix Klee war ein sehr bemerkenswerter Mensch. Er hat ja leider das wunderbare Projekt des neuen Paul Klee Museums in Bern nichtmehr erlebt. Meine Freundin Anna wohnt nur einige Minuten entfernt vom Museum, welches im Sommer 2005 eröffnet wird. So konnte ich bei meinem letzten Besuch in Bern, schon manches mitbekommen.
Paul Klee ist und bleibt einfach was auch Picasso ihm sagte, leider kann ich es nur Sinngemäss wiedergeben. Picasso meinte, er selber sei der grösste Maler dieser Zeit was Grossformate betrifft, Paul Klee aber der grösste Maler der Zeit der Kleinformate.


Miriam antwortete am 08.11.04 (06:56):

Juni 1902

"3.6. 1902. Die italienische Reise liegt einen Monat hinter mir. Eine strenge Revision meiner Angelegenheiten als bildender Künstler verlief eigentlich nicht aufmunternd; ich weiß nicht, warum ich trotzdem noch immer hoffe.
Vielleicht in der Erkenntnis, daß meiner vernichtenden Selbstkritik doch ein Stück geistiges Wachstum zugrunde liegt.
Die Hauptsache ist jetzt auch nicht, frühreife Dinge zu malen, sondern selbst Mensch zu sein oder zu werden. Die Kunst, das Leben zu meistern, ist die Grundbedingung zu allen weiteren Äußerungen, seien es jetzt Malereien, Plastiken, Tragödien oder Musiken. Nicht nur das Leben in Praxis zu meistern, sondern greifbar innerlich zu gestalten und einen möglichst entwickelten Punkt dabei einzunehmen. Daß dies nicht durch ein paar Leitsätze geschieht, sondern wie Natur wächst, ist klar. Ich wüßte auch keine solchen Leitsätze zu finden. Es wird sich eine Weltanschauung von selber aufbauen; welche Richtung die deutlichste Spur abgibt, hängt nicht allein vom Willen ab, sondern wird, teilweise vom Mutterleib an schon vorhanden, schicksalsmäßig bestimmt werden.
Ein angefangener Beruf kann nicht erfreuen, man wird Dinge verlangen von mir, die ein geschickter, zum Virtuosenneigender Anfänger wohl vortäuschen könnte. Ich hoffe immer, daß Echtheit des Wollens mehr Hemmung für mich sei als mangelndes Können. Von der Ahnung des Gesetzmäßigen ausgehend, erweitern, bis der Denkhorizont sich einmal gliedert und die Komplikation sich dadurch automatisch ordnend, wieder vereinfachen wird."