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THEMA:   Winter

 39 Antwort(en).

Enigma begann die Diskussion am 29.12.04 (08:45) :

Gustav Falke
Winter

Ein weißes Feld, ein stilles Feld.
Aus veilchenblauer Wolkenwand
hob hinten, fern am Horizont,
sich sacht des Mondes roter Rand.
Und hob sich ganz heraus und stand
bald eine runde Scheibe da,
in düstrer Glut. Und durch das Feld
klang einer Krähe heisres Krah.
Gespenstisch durch die Winternacht
der große dunkle Vogel glitt,
und unten huschte durch den Schnee
sein schwarzer Schatten lautlos mit.

Internet-Tipp: https://www.litlinks.it/f/falke_g.htm


 iustitia antwortete am 29.12.04 (13:13):

Das Gedichte erinnert mich an Bilder von Segantini...
In der ZEIT fand ich einen Hinweis auf eine Ausstellung (die ich aber nicht besuchen kann):

�Weisse Wunderware Schnee�

Schnee macht glücklich, Schnee macht Angst, Schnee schafft Arbeit, Schnee schafft Sorgen. Und Schnee steht im Mittelpunkt einer Ausstellung in Chur, der Hauptstadt des Kantons Graubünden. Gleich drei Museen beleuchten die Weisse Wunderware Schnee. Das Bündner Naturmuseum etwa zeigt, wie Leben aufblüht dort, wo sich eine Lawine entlangwälzte oder wie das Wiesel sich dem Weiß anpasst. Das Rätische Museum legt den Schwerpunkt auf den Menschen und seine Einstellung zur pulvrigen Pracht und zur matschigen Last: Schnee so sehr ersehnt, dass er aus der Kanone kommt, so lästig, dass er gleich beiseite geräumt wird. Das Bündner Kunstmuseum schließlich hat rund 70 Arbeiten zusammengetragen, die ein Bild vom Schnee geben. Gemälde, Grafiken, Fotografien und Objekte aus den letzten 150 Jahren von Hodler über Segantini (unser Bild) und Giacometti bis zur zeitgenössischen Installation führen Variationen von Weiß vor. Ab ins Museum also, wenn fürs Skifahren zu viele Flocken fallen. put
(ZEIT 53/20049
https://zeus.zeit.de/bilder/2004/53/reise/wunderware_300.jpg
*
�Weisse Wunderware Schnee�, bis 27. Februar, Bündner Naturmuseum, Rätisches Museum, Bündner Kunstmuseum, Chur. Dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr, Eintritt: Kombiticket 18 Franken (etwa 12 Euro), Auskunft: www.graubuenden.ch/sites/weissewunderware.html

Internet-Tipp: www.graubuenden.ch/sites/weissewunderware.html


 iustitia antwortete am 29.12.04 (13:15):

Pardon: Korrektur der URL:
"Weisse Wunderware Schnee" (übrigens Schweizer Rechtschreibung!)

Internet-Tipp: https://www.graubuenden.ch/sites/weissewunderware.html


 Enigma antwortete am 29.12.04 (16:54):

Danke für den Tipp, iustitia,

aber was meinst Du, was wir hier bei uns haben??
Richtig, eine Ausstellung über Eis und Schnee (she. URL)!
Da habe ich es viel näher. Die andere würde mich aber auch interessieren.

Christian Morgenstern
Morgensonne im Winter

Auf den eisbedeckten Scheiben
fängt im Morgensonnenlichte
Blum und Scholle an zu treiben.
Löst in diamantnen Tränen
ihren Frost und ihre Dichte,
rinnt herab in Perlensträhnen.
Herz, o Herz, nach langem Wähnen
laß auch deines Glücks Geschichte
diamantne Tränen schreiben!

Internet-Tipp: https://www.schneeundeis.com


 schorsch antwortete am 29.12.04 (21:14):

Wintergrau


Schneestaub rieselt von den Bäumen,
die Sonne, hinter Grau versteckt,
versucht, die Wolken zu verräumen,
hat sich daran wohl wund geleckt.

Griesgrämig sitzt die alte Katze
des Nachbarn auf der Gartenbank,
versteckt die Krallen ihrer Tatze
und fühlt sich schon seit Tagen krank.

Kein Mensch will heute auf die Gasse,
nicht mal mein Hund will heut` hinaus,
er merkt, dass ich mich treiben lasse,
ist froh, muss er nicht aus dem Haus.

Derweil ich diese Zeilen schreibe
verweil ich einen Augenblick,
hoff`, dass die Sonn das Grau vertreibe
und sie mir neue Hoffnung schick.

Da, als könnt` der Dichter zaubern,
zerfliesst das eklig Wintergrau.
Ich fühl` mein Herz vor Wonne schaudern
und stürz` mich gleich ins Himmelblau!


Dezember 99, Schorsch, alias Georg von Signau


 Enigma antwortete am 30.12.04 (09:06):

...etwas "Selbstgemachtes" Schorsch?... schön!

Kulman, Elisabeth
An den Winter

Willkommen, lieber Winter,
willkommen hier zu Land!
Wie reich du bist, mit Perlen
spielst du, als wär`es Sand!
Den Hof, des Gartens Wege,
hast du damit bestreut;
sie an der Bäume Zweige
zu Tausenden gereiht.
Dein Odem, lieber Winter,
ist kälter, doch gesund;
den Sturm nur halt`im Zaume,
sonst macht er es zu bunt!

Internet-Tipp: https://www.wortblume.de/dichterinnen/kulmann_b.htm


 schorsch antwortete am 30.12.04 (15:51):

Enigma, bei mir gibts nur "Selbst(einge)machtes!
Denn:

Fremde Federn
******************

Mancheiner hat sich - hochentzückt -
mit fremden Federn schon geschmückt,
die er - und das ist nicht gelogen -
einem anderen Vogel hat ausgezogen;
stolziert dann mit gestelzten Beinen,
paradiert galant und tut sich meinen.
Das niedrig Volk rings um ihn `rum
fällt auf ihn `rein, weil es ist dumm;
es staunt ihn an und applaudiert,
merkt nicht, dass alles ist geschmiert.
Der Bluffer sich für Krösus hält
bis er mal auf die Schnauze fällt.
Schon ist es fertig mit Applaus;
man schaut nach neuen Helden aus!

**********************************

Januar 1996 Schorsch


 pilli antwortete am 31.12.04 (10:18):

"Mitte des Winters"

Das Jahr geht zornig aus. Und kleine Tage
Sind viel verstreut wie Hütten in den Winter.
Und Nächte ohne Leuchten, ohne Stunden,
Und grauer Morgen ungewisser Bilder.

Sommerzeit, Herbstzeit, alles geht vorüber,
Und brauner Tod hat jede Frucht ergriffen.
Und andre kalte Sterne sind im Dunkel,
Die wir zuvor nicht sahn vom Dach der Schiffe.

Weglos ist jedes Leben. Und verworren
Ein jeder Pfad. Und keiner weiß das Ende,
Und wer da suchet, daß er Einen fände,
Der sieht ihn stumm und schüttelnd leere Hände.

Georg Heym (1887-1912)
Georg Heym wurde am 30. Oktober 1887 in Hirschberg
(Schlesien) geboren. Er ertrank am 16. Januar 1912 in Berlin in der Havel.

...

entnommen onlinekunst.de:

"Bilder aus der Kälte"

Schnee und Eis in der Kunst - eine Themen- Ausstellung
mit Bildern und Gedichten


Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/wetter/schnee/eingang.html


 Enigma antwortete am 31.12.04 (14:38):

...ja, bei Schnekenburger`s gibt es auch immer schöne Bilder.:-). Und die letzten Gedichte sind es auch....

Friedrich Hebbel
Winterlandschaft

Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,
bis auf den letzten Hauch von Leben leer
die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,
es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.
Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,
erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,
und gräbt er nicht hinaus den Bissen Speise,
so gräbt er, glaub`ich, sich hinein ins Grab.
Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,
wirft einen letzten Blick auf`s öde Land,
doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,
trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand.


 Eumeline antwortete am 01.01.05 (10:04):

hmmmm .... fremde Federn, da zeigt Schorch den Finger,
dabei so mancher ganz gut von den Zeilen-Dinger,
ich lese sie gern, die alten Meister,
sorry... das von Schorch ist auch ein Zeilen-Leister,
sorge mich nur um den Finger von Schorchi's Hand,
im Winter der schnell verkühlt, der arme Probant,

Schorch, ich hoffe, du verstehst Humor
und ich bekomme nicht ein's auf's Ohr
das neue Jahr fängt gerade erst an,
hoffe mal, bei den guten Seiten bin ich jetzt mal dran,
der Winter lässt mich schon im Regen stehn,
es muss ja jetzt nicht so weiter gehn ...:-)))

ALLEN Prosit Neujahr rüber winkt


 Eumeline antwortete am 01.01.05 (10:12):

sorry schorsch, das "s" bei "ch" hab überlesen,
kommt nicht mehr vor..... das nur 1 x gewesen,
der Regen hats "s" bestimmt verwischt,
kommt davon,wenn Mrs. Winter sonstwo Schneebällchen mischt.


 pilli antwortete am 01.01.05 (10:30):

der schorsch möcht`gern sein, ein gar rechter schelm;
und weiß sicherlich zu finden einen blechernen helm,
der ihn schützt vor allen bözen gefahren,
und den mädelz mit den glänzenden haaren!

:-)
p.s.
willkommen Eumeline im club der noch lebenden dichter und zeilen-dienstleister!


 Eumeline antwortete am 01.01.05 (12:33):

ohoh Pilli, Blech tut doch rosten,
dem schorsch trockenes Haupt (oder wo???) dann tut kosten,
ich bin gaaaanz lieb, enigma kanns bestätigen
und glänzendes haar, das tät ich gern hääääääten :-)))




 iustitia antwortete am 01.01.05 (13:16):

Für die, die hier mitsuchten! Grüße an Pilli, an Eumeline! Besonderer Dank an Enigma; für so viel winterliche Poesie:
Euch Dank und alles Gute im neuen Jahr; da kann ich schon auf Schnee auf meinen Wegen und unseren Straßen im Ruhrgebiet verzichten. (Zumal ab Montag die LKWs auf den billigeren Bundestraßen daherrollen werden... Durch die Dörfer tracken, durch Vorgärten und Kioskbaracken. Über Seniorensteege und Fahrradwege!)
*
Hölderlin der Unhelligte schrieb:
"Tief in der Hülse von Schnee schlief das gefesselte Leben", und er wusste: "Liegt unter kalten Schneen sicher nicht die goldene Saat�?
*
Hölderlin:
Der Winter

Wenn bleicher Schnee verschönert die Gefilde,
Und hoher Glanz auf weiter Ebne blinkt,
So reizt der Sommer fern, und milde
Naht sich der Frühling oft, indes die Stunde sinkt.

Die prächtige Erscheinung ist, die Luft ist feiner,
Der Wald ist hell, es geht der Menschen keiner
Auf Straßen, die zu sehr entlegen sind, die Stille machet
Erhabenheit, wie dennoch alles lachet.

Der Frühling scheint nicht mit der Blüten Schimmer
Dem Menschen so gefallend, aber Sterne
Sind an dem Himmel hell, man siehet gerne
Den Himmel fern, der ändert fast sich nimmer.

Die Ströme sind, wie Ebnen, die Gebilde
Sind, auch zerstreut, erscheinender, die Milde
Des Lebens dauert fort, der Städte Breite
Erscheint besonders gut auf ungemessner Weite.

*
Aber aus Vivaldis Jahreszeiten-Zauber....:

Antonio Vivaldi: Der Winter
(Nachgedichtet von Don Quixote)

Du zitterst in des Frostes starrem Kreis,
ein kalter Wind bläst heulend dir entgegen,
und zähneklappernd stapfst du durch das Weiß,
setzt Fuß vor Fuß auf schneeverwehten Wegen.

Zufrieden spürst du: der Kamin ist heiß,
wenn draußen Hunderte durchnäßt der Regen,
wenn sie - aus Furcht zu stürzen - übers Eis
sich nur mit Vorsicht, zaudernd fortbewegen.

Doch sieh, dort gleitet einer, dreht sich, fällt -
und wieder muß er auf dem Eise weiter,
bis es zuletzt in Stücke birst, zerschellt.

Scirocco, Bora brechen nun als Streiter
aus ehernem Gelaß in alle Welt. -
So ist der Winter - doch gewiß auch heiter.
*
https://www.dulzinea.de/forum/sonett/e7468-gedicht.html
*
Ein sehr schönes Interview, das Anna-Sophie Mutter zu ihrer �Jahreszeiten�-Einspielung mit den Trondheim-Solisten gegeben hat:
s. URL:

Internet-Tipp: https://www.amazon.de/exec/obidos/tg/feature/-/22489/302-7345052-5030438


 schorsch antwortete am 01.01.05 (19:15):

Auch bei uns hier, ich behaupte,
haben einige Schnee auf dem Haupte.
Macht aber nix, nix ist verloren,
so lange drunter nix eingefroren (;-))))


 marie2 antwortete am 01.01.05 (20:05):

Der Reif

Der Reif ist ein geschickter Mann:
O seht doch, was er alles kann!
Er haucht nur in den Wald hinein,
wie ist verzuckert schön und fein
ein jeder Zweig und Busch und Strauch
von seinem Hauch!

Wie schnell es ihm von Händen geht!
Kein Zuckerbäcker das versteht.
Und alles fein und silberrein,
wie glänzt es doch im Sonnenschein!
Wär alles doch nur Zucker auch
von seinem Hauch!

Doch neuen. wir sind schon sehr erfreut,
dass uns der Reif so Schönes beut.
O Winter, deinen Reif auch gib!
Und ist die Augenweide lieb,
und ohne Duft und Frühlingshauch
freun wir uns auch.

Hoffmann von Fallersleben


 hugo1 antwortete am 01.01.05 (22:14):

,der Matsch von heute
war der Schnee von gestern
und ist die Pfütze von morgen
wer sich da über drei staubfreie Tage freut
hat keine Zeit zum Reimen reimen.


 Enigma antwortete am 02.01.05 (09:45):

Arno Holz
Wintergroßstadtmorgen

Durch die Friedrichstraße
- die Laternen brennen noch halb,
der trübe Wintermorgen dämmert schon -
bummle ich nach Hause.
In mir, langsam, steigt ein Bild auf.
Ein grüner Wiesenplan,
ein lachender Frühlingshimmel,
ein weißes Schloß mit weißen Nymphen,
davor ein riesiger Kastanienbaum,
der seine roten Blütenkerzen
in einem stillen Wasser spiegelt.

Die schönen anderen Gedichte habe ich auch schon genossen.
Danke!
Und das Interwiev mit Anne-Sophie Mutter ist wirklich sehr, sehr stark!
Leider funktionieren die Hörproben nicht mehr. Nach einer gewissen Zeit werden die immer rausgenommen.
Ich habe zwar auch eine Vivaldi-Aufnahme von ihr, aber von dem Orchester noch nie vorher gehört.


 schorsch antwortete am 02.01.05 (09:47):

Der, wer`s noch kann, das Reimen reimen,
darf in sich noch Hoffnung spüren keimen.
Doch wer diese Hoffnung nimmer spürt,
wird wohl zum Reimemeister nie erkürt!
Der eine fischt halt meist im Trüben,
derweil die Aspiranten üben, üben, üben.....

PS.
Auch ich bin als Meister noch unbekannt,
doch nenn` ich gern mich hier Aspirant!


 Enigma antwortete am 05.01.05 (16:56):

Schorsch,
ich nenn`mich noch nicht mal Aspirantin, denn ich gebe ja nur wieder, was andere gereimt haben, meistens jedenfalls ... :-)

Karl Krolow
Eisblumen

Blumen, zärtlich hingehaucht,
tief vom Frost umfangen,
hold in halbes Licht getaucht,
sind mir aufgegangen.
Ohne Zahl. Sind froh erwacht
aus dem Wintergrunde,
blühen mir zur nahen Nacht
Stunde wohl um Stunde.
Leben leicht und ohne Not,
wie die Sommerfalter.
Leise ist ihr Blumentod,
schnell und ohne Alter.


 wanda antwortete am 06.01.05 (07:33):

grau in grau schimmern
der Wald, das Meer, die Erde
Schnee lass dich blicken.


 schorsch antwortete am 06.01.05 (11:47):

Kahlwald

Einst ging ich durch den kühlen Wald
und kam ins Fürchten alsobald.
Ich sah hinauf in eine Krone
und sah: der Baum war oben ohne.
Da fing mein Inneres an zu zittern
und mein Verstand wollt` Unheil wittern.
Denn Bäume ohne Laub im Ast
sind wie der Welten Ende fast.
Zum Glück kam ich dann noch dahinter:
Kein Unheil ist`s, es ist ja Winter!

Januar 1995. Schorsch


 pilli antwortete am 07.01.05 (13:22):

da warte ich doch sehnsuchtsvoll auf den newsletter von lyrikmail, denn der "Winter" hat wohl so seine tücken, ihn "gedichtet" zu finden und da ist sie schon, die mail, mich mit Klabund und dem "Winterschlaf" bekannt macht!

...

Winterschlaf

Indem man sich nunmehr zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.

Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muß schon in die eigene Seele dringen
- Jedoch, da haperts meist.

Man sitzt besorgt auf seinen Hintern,
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch,
- Da hilft das eben nichts, da muß man eben überwintern
Wie Frosch und Lurch.

Klabund


 marie2 antwortete am 07.01.05 (13:58):

Im halben Eise

Blick in die Welt und lerne leben,
bedrängt Gemüt;
braucht nur ein Tauwind sich zu heben
und alles blüht.

Die Hasel stäubt, am Weidenreise
glänzt seidner Glast,
Schneeglöckchen lenzt im halben Eise
und Seidelbast.

Braucht nur ein Tauwind sich zu heben -
verzagt Gemüt,
blick in die Welt und lerne leben:
Der Winter blüht!

Rudolf Alexander Schröder

Ja, da muss doch ein kleiner Hoffnungsschimmer kommen, Pilli

Marie


 DorisW antwortete am 07.01.05 (14:57):

Was macht das Schneeglöckchen?!?

Der Wortschatz der Uni Leipzig (s. Link) sagt dazu:
"Wort: lenzen
Anzahl: 8
Häufigkeitsklasse: 20 (d.h. der ist ca. 2^20 mal häufiger als das gesuchte Wort)
Beschreibung: seemännisch für leerpumpen
Morphologie: lenz|en
Grammatikangaben: Wortart: Verb
Wortart: Adjektiv
Partizip II mit haben
lautet nicht ab
transitiv
intransitiv
Stammform: lenz
Pragmatikangaben: gebr: dichter."

"Schneeglöckchen lenzt im halben Eise..."
Das Schneeglöckchen pumpt im halben Eise leer? Wen oder was?
(amkoppkratz)

Internet-Tipp: https://wortschatz.uni-leipzig.de/


 pilli antwortete am 07.01.05 (15:05):

ist angekommen! :-)

ich mach mich wieder auf den suchweg; suchet so werden wir schon finden und mit so grossartigen texten muss es doch gelingen!


 DorisW antwortete am 07.01.05 (15:11):

Im Frühling lenzt es, dass es eine wahre Pracht ist:


Wenn der holde Frühling lenzt...


Wenn der holde Frühling lenzt
Und man sich mit Veilchen kränzt
Wenn man sich mit festem Mut
Schnittlauch in das Rührei tut
kreisen durch des Menschen Säfte
Neue ungeahnte Kräfte -
Jegliche Verstopfung weicht,
Alle Herzen werden leicht,
Und das meine fragt sich still:
"Ob mich dies Jahr einer will?"


Friederike Kempner (1836-1904)


 marie2 antwortete am 07.01.05 (15:13):

Ich denke mal, dass das Schneeglöckchen im halben Eis "frühlingt"
Die Uni-Leipzig hat vielleicht mehr Kontakte zu Seeleuten als zu Dichtern, oder liegt noch im Winterschlaf, d.h.ist noch nicht auf Lenz und Frühling eingestellt oder ??? :-)))
Marie


 DorisW antwortete am 07.01.05 (15:17):

Ja marie2, so sieht's wohl aus.

"Lenzen" wird anscheinend öfter im Sinne von Lenzwerdung gebraucht - also mehr zu Lande und in der Luft als zur See ;-)

So auch hier in Morgensterns Galgenliedern:

Galgenbruders Frühlingslied

Es lenzt auch auf unserm Spahn,
o selige Epoche!
Ein Hämlein will zum Lichte nahn
aus einem Astwurmloche.

Es schaukelt bald im Winde hin
und schaukelt bald drin her.
Mir ist beinah, ich wäre wer,
der ich doch nicht mehr bin ...


(seufz... der Säzzer ;-))


 pilli antwortete am 07.01.05 (15:47):

das lenzt so richtig an :-);

ich hab schon "lenzperten" gefunden im www aber auch ein
Gedicht von Fjodor Iwanowitsch Tjutschew:


Der Winter ist in Nöten;
sein Urteil ist gefällt:
Es jagt mit Jubelflöten
der Lenz ihn aus der Welt.

Und alles lebt und wimmelt
und jagt den Winter weg.
Die Lerche singt am Himmel
als winzig kleiner Fleck.

Noch zögert er, der Winter,
ist bös und aufgebracht,
doch blühend steht dahinter
der junge Lenz und lacht.

Da schüttelt der Geselle
das Haupt und flieht geschwind
und wirft im Laufen schnelle
den Schneeball auf das Kind.

Das Kind, der Lenz, ist heiter,
es weint und zürnet nicht -
und lacht nur immer weiter
dem Winter ins Gesicht!

:-)


 Enigma antwortete am 07.01.05 (17:31):

Meinetwegen könnt`s ganz schnell "lenzen",
dann tät`ich so manche Pflichtübung schwänzen....
Aaaber.... noch müssen wir ja warten, warten.... :-))

Archibald Lampmann (1861-1899)
Schnee

Weiß sind die entfernt liegenden Ebenen,
und weiß werden die verblaßten Wälder.
Der Wind erstirbt längs des Gipfels.
Der Schnee fällt dicht, kaum hörbar,
sammelt seine Last auf Dächern und Bäumen.
Die Wiesen und die verstreuten Bäche
liegen lautlos da.
Wie ein gütiger Gesandter der Träume
bedeckt mich der Schnee völlig.
In Wald und Wasser, Erde und Luft liegt Stille,
Unterbrochen nur, wenn hin und wieder
ein Pferdeschlitten mit knirschenden Kufen
und durchdringendem Geläut
durch den Schnee vorwärts drängt,
an mir vorbei fährt und verschwindet.
Aus dem Nichts höre ich entfernt
und doch klar das Bellen eines Hundes erschallen,
getragen vom Widerhall aus einer Scheune am Wege.
Dann ist alles still und der Schnee senkt sich langsam und sanft.
Der Abend schreitet fort
und sein Grau verbindet Himmel und Erde.
Die Welt scheint verschleiert und weit weg entrückt.
Ihr Lärm ruht
und ich schleppe mich dumpf dahin und träume,
wie der versteckte Bach.

Lampmann soll ein kanadischer Naturdichter sein. Aber mehr weiss ich auch nicht über ihn. Ich hatte auch noch nie vorher etwas über ihn gehört oder von ihm gelesen.


 pilli antwortete am 08.01.05 (09:21):

Vom Kirschbaum

Ist alles ganz kahl und still,
nicht mal im Grase sich's regen will.
steht alles geduckt,
klappert im Frost und muckt
mit dem Winter. Der putzt es mit Rauhreif auf,
aber keines gibt was drauf.

Doch im Garten
sagt einer: " Ich kann warten."
Ist jemand, du kennst ihn wieder kaum,
so dünn ist er worden: der Kirschenbaum.
Schläft er nicht?
Trau einer dem Wicht!
Heute Mittag, um Uhre eins
gab's mal ein Pröbchen Sonnenscheins:
Darin - ich habe
das deutlich gesehn -
mit seinen Knospen
fingerte der alte Knabe,
ein wenig vorsichtig und geziert,
wie man Badewasser probiert.
Und über seine Runzeln
ging ein Schmunzeln.
(Ferdinand Avenarius)


 iustitia antwortete am 08.01.05 (10:59):

Ich steck noch - zwar nicht temperaturmäßig, aber emotional - im "Winter":

Winterschlaf

Indem man sich nunmehr zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.

Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muß schon in die eigene Seele dringen
- Jedoch, da haperts meist.

Man sitzt besorgt auf seinen Hintern,
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch,
- Da hilft das eben nichts, da muß man eben überwintern
Wie Frosch und Lurch.
*
Ja, von Klabund, auf den mich vor einiger Zeit Enigma wieder aufmerksam machte.
Aus: Klabund (1890-1928): Die Harfenjule
*
URL: Zwar angeblich eine "Novemberseite", aber wer kann das
schon beweisen:

Internet-Tipp: https://www.onlinekunst.de/november/04_11_Klabund.htm


 Enigma antwortete am 09.01.05 (09:35):

... ein bisschen bin ich schon im Frühling, auch emotional, wie wahrscheinlich auch Betty Paoli?
:-)).

Im Winter
Betty Paoli (1814-1894)

Wiesengrund und Bergeshöh`
liegen wie begraben,
auf dem schimmernd weißen Schnee
tummeln sich die Raben.
Mag die Sonne auch ihr Licht
fernehin entsenden,
es erquickt und wärmet nicht,
kann nur schmerzlich blenden.
Dicht vor meinem Fenster steht
eine schlanke Linde,
mit Demanten übersät
stöhnet sie im Winde.
An die Scheiben pocht sie leis`,
leis`wie Glöckchen läuten;
was sie sagen will, ich weiß
mir es wohl zu deuten.
Arme Linde! Tag und Nacht
scheinst du mir zu klagen:
"Dürft ich doch, statt todter Pracht,
wieder Blüthen tragen!"

Internet-Tipp: https://www.litlinks.it/p/paoli_b.htm


 schorsch antwortete am 09.01.05 (10:46):

Schneezeit


Ein letztes Blatt hängt noch am Baum,
das stur den Winden trotzt.
Der Schnee liegt weiss im weiten Raum;
der junge Winter protzt.

Die Fenster zu, der Schornstein raucht;
ein Schneemann steht im Rasen;
gleich daneben unsere Katze faucht;
der Weg fängt an zu glasen.

Ich sitz` verdrossen drin im Haus,
weil mich die Kälte zwingt
und runzle meine Stirne kraus;
was wohl die Zeit noch bringt?

Doch plötzlich, ganz verstohlen nur,
trifft mich ein Sonnenstrahl.
Hinaus zieht`s mich in die Natur;
sie lässt mir keine Wahl!


Januar 1995, Schorsch, alias Georg von Signau


 marie2 antwortete am 09.01.05 (10:46):

Die "Demanten" ,Enigma, brachten mich zu einem Rilkegedicht, auch wenn es nicht zum Frühling, sondern ein Stück zurück in den Winter führt.

Dezembernächte

Es gibt so wunderweiße Nächte,
drin alle Dinge Silber sind.
Da schimmert mancher Stern so lind,
als ob er fromme Hirten brächte
zu einem neuen Jesuskind.

Weit wie mit dichtem Demantstaube
bestreut, erscheinen Flur und Flut,
und in die Herzen, traumgemut,
steigt ein kapellenloser Glaube,
der leise seine Wunder tut.

Rainer Maria Rilke


 Enigma antwortete am 10.01.05 (10:37):

...ein schönes Gedicht, marie2. Ich finde allein das Wort "Demanten" schon so schön...

August Graf von Platen
Winterlied

Geduld, du kleine Knospe
im lieben stillen Wald,
es ist noch viel zu frostig,
es ist noch viel zu bald.

Noch geh ich an dir vorüber,
doch merk ich mir den Platz.
Und kommt heran der Frühling,
so hol ich dich, mein Schatz.

Ja, der Gedanke an den Frühling ergreift wirklich schon mehr und mehr Besitz von mir...:-)


 Enigma antwortete am 22.01.05 (09:44):

An die Bäume im Winter
Johann Gottfried von Herder

Gute Bäume, die ihr die starr entblätterten Arme
reckt zum Himmel und fleht wieder den Frühling herab!
Ach, ihr müßt noch harren, ihr armen Söhne der Erde,
manche stürmische Nacht, manchen erstarrenden Tag!
Aber dann kommt wieder die Sonne mit dem grünenden Frühling
euch;
Nur kehret auch mir Frühling und Sonne zurück?
Harr geduldig, Herz, und birg in die Wurzel den Saft dir!
Unvermutet vielleicht treibt ihn das Schicksal empor. :-))

Internet-Tipp: https://www.wunschbaum.de/baum-gedichte/an_die_baeume_im_winter.htm


 marie2 antwortete am 22.01.05 (11:03):

Erstes Schneeglöckchen

Verlassen steht im Januar
das Weißhäuptlein, das kleine.
Einsam an der Südwand blüht
das Schneeglöckchen, das meine.

Kein Bienchen ist bei ihm, nicht eines
wagt sich zum Loch heraus.
Nur ich besuch das Frühlingskind,
das mutige. vor meinem Haus.

- Josef Guggenmos �

Im Garten blühen die ersten.
Marie


 Enigma antwortete am 24.01.05 (10:17):

..ja, bei mir auch im Garten. Aber jetzt sind sie wieder zugedeckt - mit Schnee...

Franziska Stoecklin
Schnee

Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
schwebe, sinke -
breit alles in Schweigen
und Vergessenheit!
Gibt es noch Böses,
wo Schnee liegt?
Verhüllt, verfernt er nicht
alles zu Nahe und Harte
mit seiner beschwichtigenden
Weichheit, und dämpft selbst
die Schritte der Lautesten
in Leise?
Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
den Menschen, den Tieren! -
Weißeste Feier
der Abgeschiedenheit.