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THEMA:   Hilfe zu Peter Gan

 11 Antwort(en).

Rollerkind begann die Diskussion am 07.03.05 (13:32) :

Hallo,
ich recherchiere gerade zum Autor Peter Gan und bin dabei immer wieder auf euch gestoßen...
Da ich bis jetzt nicht sonderlich viel rausfinden konnte würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mir erzählt, was ihr wisst.

Besonders würde mich sein Leben und Tod interessieren.

Vielen Dank schonmal


 Karl antwortete am 07.03.05 (17:23):

Wahrscheinlich hast du das schon gefunden(?):

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/peter_gan


 Karl antwortete am 07.03.05 (17:31):

Bei Amazon gibt gerade mal 1 Buch von ihm:

Internet-Tipp: https://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3767202123/derseniorentimin


 Rollerkind antwortete am 07.03.05 (22:25):

ja, das hatte ich leider alles schon...
Trotzdem danke!
es sit total entmutigend- er schreibt toll, aber man findet nichts über ihn


 tiramisusi antwortete am 08.03.05 (08:28):

hm...wo habt ihr denn gesucht?
Bei Antiquario.der (siehe Link) werden folgende Bücher angeboten:

DIE HOLUNDERFLÖTE.
Gedichte. Neuauflage. Zürich, Atlantis 1965. 206 S., OLeinen m. OUmschlag.
EUR 14

PREIS DER DINGE.
Gedichte. 1.-10. Tsd. Wiesb., Insel 1956. 79 S., OPbd.
Preis: EUR 8

Ausgewählte Gedichte.
Verlag: Hamburg, Vlg. der Blätter für die Dichtung, 1936.
1.Aufl., Herausg. Ellermann, Heinrich. 8�. 12 unpag.Blätter,2 gef., S., WG II, 4. Das Gedicht. 3/3. Pappmäppchen
Randbräune am Pappmäppchen,
Preis: EUR 14,99

Das alte Spiel.
Gedichte
Zürich, Atlantis, 1965. Kl.-8vo. 126 S., 1 Bl. Or.-Lwd. ; Rücken etw. verblasst. - WG 44. - Erste Ausgabe.
EUR 18,00

insgesamt 29 antiquarische Bücher, zum Teil Erstausgaben, alle von Peter Gan ...

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/XcIkADtT1


 tiramisusi antwortete am 08.03.05 (08:37):

sogar hier im Archiv habe ich ein Gedicht von ihm gefunden ...

/seniorentreff/de/diskussion/archiv4/a460.html



Peter Gan, geb. 1894 in Hamburg, studierte Rechtswissenschaft in Marburg, Bonn und Hamburg; nach der juristischen Promotion noch Studium der Anglistik und Philosophie. Seit 1927 freier Schriftsteller. 1938 Flucht nach Paris, 1942 weiter nach Spanien. Von 1946 - 1958 lebte er in Paris, dann Rückkehr nach Hamburg, wo er 1974 starb. Vor dem Krieg war Peter Gan, mit bürgerlichem Namen Richard Möhring, u.a. Korrespondent der Frankfurter Zeitung und Mitarbeiter des Atlantis-Verlags, nach dem Krieg verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Übersetzer literarischer Werke aus dem Englischen und Französischen.(zB Paul Celan)

"Es ist kein Zweifel, daß Peter Gan die heitersten, lustigsten Gedichte seit Morgenstern geschrieben hat, sprühende und knisternde Gebilde in denen die Erdenschwere zauberisch aufgehoben erscheint; dicht daneben stehen jene anderen, die nicht minder kunstvoll auf dunkeln Grund gezogen sind, von dem sich ihre zarte, dem Spiel nie ganz entfremdete Liniatur abhebt." (Max Rychner)


Sein Nachlass befindet sich übrigens in Marbach im Deutschen Literaturarchiv:

https://www.dla-marbach.de/kallias/hyperkuss/g-2.html

Hier ein kleines Katzengedicht von ihm:

Mit leisen Lauertatzen
schleicht rasendicht
die jüngste unsrer Katzen
zum Epheu, wo die Spatzen
bereits geschäftig schwatzen,
und spielt blutdürstigen Mord;
vergißt nach kurzer Weile
ihr finster Unterfangen,
fühlt sanfteres Verlangen
und läuft mit jäher Eile,
husch, vor sich selber fort.

Peter Gan


Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen :-)

Internet-Tipp: https://www.dla-marbach.de/kallias/hyperkuss/g-2.html


 iustitia antwortete am 08.03.05 (11:38):

Peter Gan:
Die blinde Maus

Im ersten Weltkrieg lag ich eines Nachts in einer rumänischen Bauernstube auf meinem Feldbett. Neben mir brannte eine Kerze, und gerade wollte ich meinem müden Halbgedanken dieses dürftige Lebenslicht ausblasen - als ich über den festgestampften Erdboden des Zimmers etwas Graues hinweghuschen sah. Vorsichtig wandte ich den Kopf zur Seite und sah mitten im Zimmer eine Maus, die, als ich mich langsam aufrichtete, sie näher zu betrachten, ruhig sitzenblieb. Sie war blind, und seltsam: man sah's ihrem allzu üppigen Fell und ihren allzu weichlichen Formen an, daß sie nicht sehen konnte. Neugierig, wie sie wohl bis zur Zimmermitte gelangt sein mochte, und noch neugieriger, wie sie sich in ihr Loch zurückfinden würde, blieb ich reglos liegen und wartete ab. Es dauerte auch nicht lange, so kam eine zweite Maus - offenbar die gleiche, die ich hatte forthuschen sehen - zu ihr und bot ihr auf Mäuseweise den Arm, nämlich den Schwanz, den die Blinde zart mit den Zähnen ergriff, um sich ins Schlepptau nehmen zu lassen. Mit gefalteten Händen sah ich den Miniatur-Samariterzug unterm Schranke verschwinden. Dann sah ich noch eine Weile den Schattenspielen der Kerze zu, blies sie aus und schlief ein.
Damals war Krieg.
Ein zweiter Krieg ist inzwischen über die Welt gegangen.
Und schon krempelt der dritte die Ärmel auf und spuckt sich tatenlustig in die noch blutnassen Pranken.
*
(Peter Gan: Von Gott und der Welt. Ein Sammelsurium. Berlin 1935; �1954. S. 252f.)


 iustitia antwortete am 08.03.05 (11:42):

Peter Gan: Die zweite Epistel

Im Ewigen überprangt von Sternen,
gaslampenärmlich kaum erhellt,
Lichtfenster, wo Studenten lärmen,
ein Hund, der durch die Stille bellt -

dies ist die Straße, wo ich wohne
(im All ein gar verlorenes Glied),
dies das �hotel garni�, wo ohne
ein Kind Pere Goriot verschied.

Nimm dies nicht etwa illusorisch
als leere Stimmungsmacherei:
ein Mann (sehr literarhistorisch)
erzählte mir, daß dem so sei.

Du kennst doch Balzacs große Schildrung?
Aus totem Pflaster keimt das Gras
ins Sterben schweigender Verwildrung.
Geschlossener Jalousien Haß

birgt Schicksal hinter kahlen Wänden.
Rings bröckelt der verblichene Stuck.
Du fühlst, das Buch muß schrecklich enden
und liest es doch in einem Zug. -

Kenn ich aus einem frühem Leben
dies silbertrübe Häusermeer?
Ich würde vieles darum geben,
daß mein Gedächtnis besser wär'.

Novembernaß im toten Parke
rauscht um den Fuß das braune Laub.
Ein alter Mann mit einer Harke
harkt es zusammen. Er ist taub.

Ich kenne ihn seit tausend Jahren;
ich selber bin der alte Mann,
gebückt und taub mit weißen Haaren,
der kaum die Harke halten kann.

Der Brunnen springt, die welken Astern
sind rot und gelb, bald wird es schnein;
dann liegt, umrauscht von Lärm und Lastern,
der stumme schwarze Park allein. -

Mein Zimmer schweigt. Ein kleiner Ofen,
mit Gas durch einen Schlauch gespeist,
singt sinnend seine Säuselstrophen,
in denen er die Nächte preist.

Gleichzeitig heizt er einen Kessel;
denn sein Gebieter liebt den Grog
und sitzt dieweil in einem Sessel,
gehüllt in einen Schlummerrock.

Und schreibt an dich jetzt diese Zeilen
und denkt an einst und hofft auf bald.
Die Gegenwart entflieht derweilen;
die Zähre rinnt, der Grog wird kalt.

Wo kam ich hin auf Kummers Wegen?
Das Gras steht auf; ich bin allein.
O Welt; ich will mich schlafen legen.
Die Sterne müssen müde sein.
*
(Aus: P.G.: Von Gott und von der Welt. 1954. S. 123f.)


 iustitia antwortete am 08.03.05 (16:58):

PETER GAN:
SPRACHE

Sprache weiß alles,
bis man ihr's sagt.
Nun kann sie alles:
Dürre, dann Dalles.
Ein Käuzchen klagt.

Was sie vermochte,
sie mag's nicht mehr,
die Ausgekochte
häuft an, läuft leer:

läufige Sanduhr,
laufendes Band
Standläufer fand nur
Knochen im Sand.


 iustitia antwortete am 08.03.05 (17:02):

KARL KROLOW:
SANDUHR UND ZAUBERGLAS
Interpretation zu Peter Gans Gedicht �Sprache�

Er nannte sich Peter Gan und hieß eigentlich Richard Moering. Der gebürtige Hamburger wäre in diesem Jahr neunzig Jahre alt geworden. Vor zehn Jahren starb er. Man konnte ihn sich eher in Paris als in Norddeutschland lebend vorstellen. In Paris traf ich ihn während der späten fünfziger Jahre: einen Herrn, einen Juristen, der Gedichte und Essays schrieb, der übersetzte, der sich in den Sprachen auskannte und vom Leben der Sprache und auch von ihren Grenzen wußte. Dies war eigentlich ein Hauptthema seiner vielen Gedichte. Seine distinguierte Klugheit verband sich mit hanseatischer Weitläufigkeit. Paris war für ihn die rechte Wahlheimat, so schien es. Er nahm die Sprache, drehte und wendete sie spielerisch-elegant wie einer, der Bescheid weiß, dem man nichts vormachen kann.
Mit der Sprache verfuhr er immer so, wie es virtuos Kenntnisreiche tun: leicht und ironisch. Es geschah präzis, wirkte aber gelegentlich fast lässig. Man könnte sagen: er entlockte der Sprache die Sprachfähigkeit, so daß sie - wie in diesem Gedicht, das ihr gewidmet ist - �alles� konnte und zugleich Sprachelend und Sprachübermut (�Dürre und Dalles�) zeigte.
Dem �Nun kann sie alles� wird ein �Sie mag's nicht mehr� entgegengehalten, die Misere beim Namen genannt. Das geschieht kurz und bündig, ohne Bedauern und so knapp wie möglich: �Die Ausgekochte / häuft an, läuft leer: / läufige Sanduhr, laufendes Band.�
Vergänglichkeit, Sprachvergehen, wie das Vergehen von Hören und Sehen, bleibt Peter Gans Thema. Anhäufung wird vom Leerlauf abgelöst. Beides bedingt einander, während das Perpetuum mobile Sprache (�laufendes Band�) nicht zu sein aufhört.
Einer seiner letzten Gedichtbände nannte sich �Soliloquia� (1970): der Autor schien mit seinem �Spielzeug�, der Sprache, oft allein, und was er schrieb, hatte nicht selten den Charakter von Selbstgesprächen, Selbstbefragungen - auf die leichteste Art und Weise, geschwind und gescheit und immer höchst kunstvoll verschränkt. Es war eine �gebildete� Lyrik, voller Anspielungen. Und wie dies beim Spielen mit der Sprache ist: dem Spieler wird mitgespielt. Er weiß, wie wenig und wie viel zugleich ihm in die Hand gegeben ist.
Vor vielen Jahren hat der Schweizer Max Rychner Gans Gedichte charakterisiert und auf die �zauberische� Leichtigkeit wie auf die dunkle Kehrseite verwiesen, das �Clair-obscur� dieser Verse, ihre schillernde Schönheit, ihre Klarheit und ihre kühle Einsicht.
Gans Gedichte sind - wie das hier abgedruckte auch - oft Übungen zur Sprache, zuweilen mit einer gewissen trockenen Pedanterie, die aber stets fähig zur distanzierenden Ironie bleibt und nicht allein in spielerischer Gelehrsamkeit ihr Vergnügen findet.
Mit zwei Zeilen umschreibt Gan einmal seine Situation:
�Spottend spielt Dein leichter Reim
auf den schwierigsten Registern.�

Er konnte übermütig und ein Spottvogel sein. Die französische Literatur zog ihn wohl aus diesem Grund besonders an. Er war �ganz bewußt und ganz befangen�, und er kostete Bewußtheit und Befangenheit in der mitunter federleichten Diktion aus, die ihm eigen war. Er überspielte auf diese Art und Weise die leise Resignation und Melancholie: beides funkelte wie in einem Zauberglas klar. Darin ist noch das Unterschiedlichste in scharfen Umrissen zu erkennen und in Ruhe zu betrachten, während die �läufige Sanduhr� das Vergehen der Zeit nur beschleunigt.
*
(Aus: Frankfurter Anthologie. Bd. 7)


 Rollerkind antwortete am 09.03.05 (14:43):

Vielen lieben dank für die Hilfe.
Ich habe mir jetzt alle bücher gans, die ich finden konnte, ausgeliehen.
doch der mensch ansich bleibt mir oft undurchsichtig.
ich frage mich zum beispiel schon die ganze zeit, wie er auf den namen peter gan kam.
und ich habe bis jetzt nur hier von seinem unfall mit dem rollerfahrenden kind gelesen....
erzählt mir doch bitte mehr dazu


 iustitia antwortete am 09.03.05 (18:30):

Wie es zu Gans Pseudonym kam, weiß ich nicht...
*
Es ist zwar nicht das positivste, aber ein ehrlich ernstes Gedicht von Peter Gan.
Und viele, die vielleicht bald, in absehbarer Zeit oder sich darauf einstellen wollen, Abschied nehmen wollen oder müssen, könnten diese acht Zeilen als Fazit, als Summe eines Lebens lesen.

Peter Gan: Die Toten

Immer fremder werden wir den Erben,
schon die Enkel kennen uns nicht mehr.
Dieses noch mal nach dem Tode sterben
Fällt uns Armen fast nochmal so schwer.

Immer noch in unseren morschen Tüchern
geistern wir umher und schwören stumm
auf die Wahrheit in den alten Büchern.
Keiner kehrt sich um.