Zur Seniorentreff Homepage
 Bücher suchen:





Neues ChatPartnersuche (Parship)FreundeLesenReisen LebensbereicheHilfe



Archivübersicht | Impressum

THEMA:   Gedicht-Persiflagen

 55 Antwort(en).

angelottchen begann die Diskussion am 24.07.05 (20:18) :

Heinz Erhard war sicher einer der Grossmeister im persiflieren bekannter Gedichte - hier ein Beispiel:

Der Tauchenichts (frei nach Schiller)

"Wer wagt es, Knappersmann oder Ritt,
zu schlunden in diesen Tauch?
Einen gueldenen Becher habe ich mit,
den werf ich jetzt in des Meeres Bauch!
Wer ihn mir bringt, ihr Mannen und Knaben,
der soll meine Tochter zum Weibe haben! "
Der Becher flog.
Der Strudel zog
ihn hinab ins greuliche Tief.
Die Maenner schauten,
weil sie sich grauten,
weg. -Und abermals der Koenig rief:
"Wer wagt es, Knippersmann oder Ratt,
zu schlauchen in diesen Tund?
Wer's wagt-das erklaer ich an Eides Statt -
darf kuessen meins Toechterleins Mund!
Darf heiraten sie. Darf mein Land verwalten!
Und auch den Becher darf er behalten! "
Da schlichen die Mannen
und Knappen von dannen.
Bald waren sie alle verschwunden. ---
Sie wussten verlaesslich:
die Tochter ist graesslich! -

Der Becher liegt noch unten ...

da gibt es aber noch viel mehr - ältere und neuere Persiflagen. Einige Zeilen aus Gedichten sind mit noch aus der Schule in Erinnerung, so etwas wie

"Schiller's Glocke"

Loch in Erde,
Bronze drin,
Glocke fertig,
bim, bim, bim.

Dazu habe ich das hier noch gefunden:

Die Schwäbische Glocke:
Feschd gemaurad en dr Erda
schdohd dui Form us Ledda brennd.
Heid no muass dui Glogga werda,
frisch, ihr G'sella, regad d Haend.
Vo dr Schdirna hoiss
renna muass dr Schwoiss,
soll dees Werk sein Moischder loba.
"Alda, hoschd da Moschd schau hoba?"

Alt-68er Glocke:
Loch in Erde,
Bronze rin,
Sabotage,
nix bim bim.

Und aus dem Hesse-Portasl eine Goethe.Nachdichtung:
Ein Erlkönig

Wer streitet so spät und macht viel Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Der Knabe nimmt ihn auf den Arm.
Er fasst sich nicht mehr und lügt infam:

Mein Sohn, was ziehst du so lang dein Gesicht? -
Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig, mit Schweif und Kron? -
Das ist der Hund, mein lieber Sohn!

Mein Vater, mein Vater und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? -
Sei ruhig - und bleibe ruhig, mein Kind!
Die Kleider im Trockner am trocknen sind...

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort? -
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:
Das ist deine Mutter, die gräßliche Frau!

Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!
Der Erlkönig hat mir ein Leids angetan! -

Dem Vater grauset's, er handelt geschwind.
Es quält ihn, den Armen, das krächzende Kind.
Er ist nicht doof in seiner Not:
Und gibt dem Kind TV-Verbot.

habt Ihr noch mehr?


 Marina antwortete am 24.07.05 (21:54):

Das ist ein wunderbares Thema. Aber lass es uns auch auf Prosa ausdehnen, nicht nur Gedichte. Hier kommt eine Rotkäppchen-Parodie. Morgen gehe ich noch auf die Suche nach Gedichten. :-)

Rotkäppchen im Juristendeutsch...

Als in unserer Stadt wohnhaft ist eine Minderjährige aktenkundig, welche infolge ihrer hierorts üblichen Kopfbedeckung gewohnheitsrechtlich "Rotkäppchen" genannt zu werden pflegt.
Vor ihrer Inmarschsetzung wurde die R. seitens ihrer Mutter über das Verbot betreffs Verlassens der Waldwege auf Kreisebene belehrt.
Sie machte sich infolge Nichtbeachtung dieser Vorschrift strafbar und begegnete beim Überschreiten des diesbezüglichen Blumenpflückverbotes einem polizeilich nicht gemeldeten Wolf ohne festen Wohnsitz. Dieser verlangte in unberechtigter Amtsanmaßung Einsicht in den zum Transport von Konsumgütern dienenden Korb und traf zwecks Tötungsabsicht die Feststellung, dass die R. zu ihrer verwandten und verschwägerten Großmutter eilends war.
Da bei dem Wolf Verknappungen auf dem Ernährungssektor vorherrschend waren, beschloss er, bei der Großmutter der R. unter Vorlage falscher Papiere vorstellig zu werden. Da dieselbe wegen Augenleidens krankgeschrieben war, gelang dem Wolf die diesfällige Täuschungsabsicht, worauf er unter Verschlingung der Bettlägerigen einen strafbaren Mundraub ausführte.
Bei der später eintreffenden R. täuschte er seine Identität mit der Großmutter vor, stellte der R. nach und durch Zweitverschlingung derselben seinen Tötungsvorsatz unter Beweis.
Der sich auf einem Dienstgang befindliche Förster B. vernahm verdächtige Schnarchgeräusche und stellte deren Urheberschaft seitens des Wolfsmaules fest. Er reichte bei seiner vorgesetzten Behörde ein Tötungsgesuch ein, welches zuschlägig beschieden wurde. Daraufhin gab er einen Schuss auf den Wolf ab. (Die Bekanntgabe dieses Verwaltungsaktes erfolgte mit dem Geschossknall!)
Der W. wurde nach Empfangnahme der Kugel ablebig (exitus). Die Beinhaltung des Getöteten weckte in dem Schussgeber die Vermutung, dass der Leichnam Personen beinhaltete. Zwecks diesbezüglicher Feststellung öffnete er unter Zuhilfenahme eines Messers den Kadaver zur Einsichtnahme und stieß hier auf die noch lebende R. nebst Großmutter. Durch die unverhoffte Wiederbelebung bemächtigte sich der beiden Personen ein gesteigertes, amtlich nicht zulässiges Lebensgefühl.
Der Vorfall wurde von den Gebrüdern Grimm zu Protokoll gegeben


 navallo antwortete am 24.07.05 (22:07):

@angelottchen
's war aber ooch unverschämt von dem Alten,
den Kleen so lange in'n Wind zu halten.


 Illona antwortete am 24.07.05 (22:24):

Morgensternförmig
Die Trichter
Zwei Trichter wandeln durch die Nacht.
Durch ihres Rumpfs verengten Schacht
fließt weißes Mondlicht
still und heiter
auf ihren
Waldweg
u. s.
w.
D. h.,
stieg einer
auf die Leiter,
setzt' auf den an-
dern sich als Reiter,
dann hätten beide mit Bedacht
ein "X" für'n "U" uns vorgemacht.

Der Torschützenkönig

Wer hechtet so schnell nach dem Ball, der springt?
Es ist der Torwart mit seinem Instinkt.
Er wirft sich auf ihn ohne Erbarm
und faßt ihn sicher, hält ihn im Arm.

Heh Abwehr, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Torwart du den Stürmer nicht?
Den Torschützenkönig, die Haare wie'n Schweif,
mit Goldkettchen, an der Hand goldnen Reif.

�Du lieber Ball, komm geh mit mir!
Gar viele Tricks mach ich dann mit dir;
Wie früher an Brasiliens Strand
manch Mädchen bewundernd, staunend da stand.�

Heh Torwart, heh Torwart, und siehest Du nicht,
wie Torschützenkönig die Reihen durchbricht.
Sei ruhig, ganz ruhig, er schießt zwar geschwind,
doch noch ist er weit und hat Gegenwind.

�Willst, feiner Ball, du mit mir gehn
zum Tanz durch die Abwehr, flink und schön.
Und komm ich geschwinde nicht durch die Reihn,
dann hakt sich mein Fuß bei dem Gegner ein.�

Oh Torwart, oh Torwart, und siehst du nicht dort,
den Freistoß gegeben, gefährlicher Ort.
Heh Schiri, heh Schiri, ich sah es genau,
den Ball er gespielt, du Arschloch, du Sau.

�Treff ich dich, meinen Rekord ich behalt;
Und reicht nicht die Technik, dann eben Gewalt.�
Oh Torwart, oh Torwart, jetzt läuft er an,
die Lück in der Mauer sich aufgetan.

Den Torwart grauset's, er wirft sich geschwind
dem Ball entgegen, der jäh Höhe gewinnt.
Er schnellt mit Mühe noch einmal empor -
und hält in den Armen den Ball erst im Tor.

Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.guntherkrauss.de/texte/parodien/


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:43):

Ich hab auch noch was gefunden :-))


Der Blumen Rache.
Frei nach Freiligrath

Von dem Morgengang, dem frühen,
Ist die Jungfrau heimgekommen,
Als Mama, Papa soeben
Ihren Kaffee eingenommen.

In den zarten Händen trägt sie
- O wie sie der Duft entzückte! -
Einen großen Strauß von Blumen,
Duft'ge, bunte, frischgepflückte.

Die Mama wünscht gern zu wissen:
Wer der Tochter ihn verehrt hätt'?
Wo die Blumen sind gewachsen,
Der Papa auch gern gehört hätt'.

Doch die Jungfrau hört's mit Schweigen!
Plötzlich, horch! ein leises Flüstern!
In den Blumen, in den Zweigen
Lispelt es und rauscht es lüstern.

Aus den Blütenkelchen schweben
Geistergleiche Duftgestalten,
Und sie nahen sich den Ohren
Der neugier'gen beiden Alten;

Flüstern von verbotnem Treiben
Und von frevelndem Bemühen,
Ueberschreitung jener Grenzen,
Die da Sitt' und Anstand ziehen!

Die Mama denkt sich das Aergste!
"Ha! von wem?" hört man sie fragen.
Der Papa, im Zorne stampfend,
Ruft: "Woher? sollst du mir sagen!'

Und die Jungfrau, bleich vor Schrecken,
Spricht, und ihre Thränen glänzen:
"Ach, ich konnt' nicht widerstehen,
In der Anlag' sie zu - strenzen!"
Theodor Eichberger: Der Blumen Rache. Frei nach Freiligrath.


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:46):

gefunden in einem Forum (siehe Link)
Wer iert so spät noch kutsch durch die Nacht?
Der Vater mit Sohn eine Spritztour macht;
und mit bloßem Aug� hätt man festgestollen:
weder er noch das Kind waren angeschnollen.

Mein Sohn, warum bist du so grau im Gesicht?
Erblakst du, Vater, die Grünen nicht?
Die Freunde und Helfer mit Blaulicht und Horn?
Mein Sohn, du tuschst dich, nimm nochn Korn.

Das Blaulicht, es blank, es hul die Sirene,
doch Vater missocht, weil er knülle war, jene.
Auch lacht er den Karrn ohne Führerschein,
den boß er vor vielen Jahren schon ein.

Mein Vater, mein Vater, hast nicht du gehoren,
per Megaphon briallen sie uns in die Ohren.
Sei stille, sei ruhig, und bleib es auch, Kind,
für mich sols nur in den Blättern der Wind.

Das Megaphon plorr jetzt: Die Hände vom Steuer!
Unterm Hintern entzönd ich sonst euch ein Feuer!
Wenn nicht sofort wird rechts jetzt gepurken,
dann rächten wir ein Gewehr auf euch Schurken.

Mein Vater, mein Vater, der Weg ist versporren
und überall kommen Grüne geschworren.
Mein Sohn, was grünes liucht heut mir noch nicht,
die Ampeln hatten meist rötliches Licht.

Jetzt raus aus der Karre mit eurer Gestalt,
und seid ihr nicht willig, so bräucht ich Gewalt.
Mein Vater, mein Vater, jetzt fieß er mich an.
Mich deucht, sie haben uns am Kanthaken dran

Beim Vater vermoren sich heimlich und stille
auf Pi (ohne Daumen) die gesamten Promille.
Er klarrt aus dem Wagen mit Mühe und Not.
Jetzt lebt er ein Weilchen bei Wasser und Brot.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/8JETotgrv


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:48):

Der "Anwalts"-Erlkönig

Wer schreitet so stolz im schwarzen Gewand?
Es ist der Anwalt - und sein Mandant;
Er hat die Akte wohl im Arm,
Er ist sich sicher, der Beklagte wird warm.

Mandant, was birgst du so bang dein Gesicht? -
Siehst Anwalt, du die Richter denn nicht?
Die Richter mit Robe und Schleif'? -
Lieber Mandant, die prozessieren wir weich. -

Du böser Kläger, komm, her zu mir!
Gar üble Erfolgsaussichten mach ich dir;
Wir haben Dein Glück in der Hand,
Tönt es aus schwarzem Gewand.

Mein Anwalt, mein Anwalt, und hörest du nicht,
Was die Kammer mir lauthals verspricht? -
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Mandant;
Die Kammer rede ich an die Wand. -

Willst Kläger, ohne Kohle nach Hause gehn?
drauf verzichten auf Nimmerwiedersehen;
Der Anwalt findets böse und gemein
Die Kammer schießt sich erst richtig ein.

Mein Anwalt, mein Anwalt, und siehst du nicht dort
den Rechtsschutz, die Kammer, keiner glaubt mir ein Wort? -
Mein Mandant, mein Mandant, ich seh es genau:
der Rechtsstreit geht baden, sei schlau! -

Kläger ich warne dich, mich reizt deine gierige Gestalt;
Und bist Du nicht willig, so brauchen wir Gewalt.
Im Namen des Volkes, nun schließt den Vergleich!
Dem Mandanten wird mulmig, er ist windelweich! -

Dem Kläger grauset's, er vergleicht sich geschwind,
Die Vergleichsgebühr stimmt den Anwalt recht lind,
Die Kammer drückt sich ums Urteil mit Mühe und Not;
In ihren Armen die Akte war tot.

Fundort: https://www.beepworld.de/members19/vietmeier/erlkoenig.htm


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:48):

Der Ballabend

Wer sitzt dort im Ballsaal? O sage geschwind!
Es ist die Mutter mit ihrem Kind;
Sie zupft das Mädchen leis an dem Arm,
Sie fragt sie innig, sie fragt sie warm:

"Mein Kind, was wendest du bang dein Gesicht?"
"Siehst, Mutter, du den Leutnant denn nicht?
Den Leutnant dort drüben mit Geist und Genie?"
"Mein Kind, er ist �ne brillante Partie."

"Ach, gnädiges Fräulein, der erste Ton
erklingt zum Walzer dort gar wohl schon;
Ich fasse kühn die rosige Hand!
Auf Ehre!Superb, ein schneid�ges Gewand!"

"O Mutter, o Mutter! Und hörest du nicht,
Wie keck der Leutnant jetzt zu mir spricht?"
"Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
Und nimm die Männer so wie sie sind."

"O holdeste Elfe � noch einen Tanz,
Sonst verzehr vor Sehnsucht ich mich noch ganz;
Laß uns schwingen zusammen im gaukelnden Reihn
Und wiegen und tanzen und schweben zu zwein."

"O Mutter, o Mutter, und siehst du nicht dort
Die spähenden Blicke an jedem Ort?"
"Mein Kind, mein Kind, ich seh es genau,
Die Mädchen da drüben ärgern sich grau."

"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Nicht länger bezähm ich des Herzens Gewalt."
"O Mutter, er küsst mich, jetzt fasst er mich an �
Weh mir, was hat der Unsel�ge getan?"

Die Mutter lächelt, erhebt sich geschwind,
Sie hält in den Armen ihr zitterndes Kind,
Führt hin es zu ihm mit schmeichelndem Laut �
In ihren Armen das Mädchen war � Braut.

Fundort:
Frei nach Goethe: Parodien nach klassischen Dichtungen Goethes und Schillers,
Rütten & Loening Berlin 1965 S. 132f

Fundort: https://www.beepworld.de/members19/vietmeier/erlkoenig.htm


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:50):

Der "Biker"-Erlkönig [Biker 1]

Wer knattert so spät durch Nacht und Wind ?
Es ist der Vater mit seinem Kind,
Vater Joe mit dem Sohne Dick
Auf einer Honda - sechshundert Kubik.

"Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht ?"
"Siehst, Vater, du den Erlkönig nicht ?
Den Erl mit seinem fiesen Gesicht ?"
"Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' ihn noch nicht !"

"Mein Vater, mein Vater, er brettert heran
auf seiner Yamaha! Gib doch Gas, oh Mann,
Sonst kommt er bald näher, sonst holt er uns ein,
und nervt mich mit seinem Gelaber, das Schwein:

Du liebes Kind, komm, geh' mit mir
gar schöne Spiele spiel' ich mit dir ..."
"Sei ruhig, bleib ruhig mein Kind;
Das merkt doch ein Blinder, der Erlkönig spinnt !"

"Er sagt's aber dauernd"; "Nun bleib mir nur cool;
Ich weis es schon länger, der Erl, der ist schwul !"
"Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
noch andere Homos am düsteren Ort !"

"Mein Sohn, ich sehe nur Schatten dort drüben,
drum hab keinen Schiß vor den windigen Typen:
ich bin ja dabei, da traut er sich wenig
mit seinem Gesochse, der blöde Erlkönig !"

"Mein Vater, mein Vater, jetzt schiebt er sich vor !"
Es quietschen die Reifen, es röhrt der Motor
"Und jetzt, au weia, jetzt grapscht er mich an -
Ich glaub, er hat ganz was gemeines getan !"

Dem Vater graust's, er gibt schrecklich viel Gas:
"Halt dich fest mein Sohn, sonst passiert dir noch was !"
er erreicht mit Müh' seine Villa am Meer,
doch hinter ihm der Sitz -- ist leer.


Fundort: https://www.beepworld.de/members19/vietmeier/erlkoenig.htm


 angelottchen antwortete am 24.07.05 (22:52):

Dr Erlgeenich [sächsisch]

Ä Babba, der reided mit Kustav sei Sohn
Seid anderthalb Schtunden durchs Rosendahl schon.
Dr Doktor, där hadd`n Bewächung empfohln,
die will sich dr Alde nu jede Nacht hol`n.

Sei Gleener wird ängstlich und meent: "Gugge da!
Dr Erlgeenich schbugd dorte, schon isser ganz nah!"
"Äscha dummes Gind" brillt dr Babba zurick,
"Erlgeeniche gibt`s nich, mir sin Rebublik!"

"Isch säh`n aber doch! Dort feixt d`r im Busche.
`S Mondlicht fällt`m dirkt uff de Gusche!"
"Isch wees gar nich, Kustav, waste heit wiedr
hast, `s weider nischt wie ä schimmlichr Ast!"

"Nee, nee, gannste mir gloom, s`is ä Gärl und dahinder,
da schwärm seine Dächter, verbibbch, sin das Ginder!
Die Eene winkt mit`m Schnupptuch un lacht,
nee Babba, dass is eene gomsche Nacht!"

Där Alde wärd ärcherlich un reided wie dumm
und meent zu sein Sohn:"Gugge dich ja nich mehr um!
Du steckst een ja färmlich an mit dei Bleedsinn.
Wie kann nur ä neinjärsches Gind so verdreht sin!"

Un doller noch reided där Babba drufflos,
wild fliechen de Fetzen von Ärde un Moos.
Nu endlich, da landen se, `s is schon hälle,
Der Alde greifd hinder sich, leer is de Schdelle.

Da ruft`r un gratz sich darbei hindern Ohrn:
"So isses rischtisch, jetz hab isch mei Kustav glicklich
verlorn."

Noch mehr Erlkönige gibts auf

Internet-Tipp: https://www.beepworld.de/members19/vietmeier/erlkoenig.htm


 Illona antwortete am 25.07.05 (06:33):

Auch hier muss erneuert werden:Grundgesetz
Artikel 2a [Recht auf Schlaf]

1. Jeder hat ein Recht auf freien Schlaf. Niemand darf gegen sein Gewissen zum Aufstehen gezwungen werden.
2. Alle Deutschen haben das Recht, jederzeit zu schlafen. Dieses Recht darf nur durch ein Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden.
3. Alle Deutschen haben das Recht, den Schlafplatz frei zu wählen. Dieses Recht findet seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend.
4. Kein Schlafender darf an das Ausland ausgeliefert werden.

Artikel 2b [Recht auf Eis]

1. Alle Deutschen dürfen im ganzen Bundesgebiet Eis genießen.
2. Niemand darf gegen seinen Willen zum Genuß eines Eises gezwungen oder davon abgehalten werden.
3. Eis darf nicht entzogen werden. Der Verlust des Eises darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht eislos wird.

Artikel 6a [Schutz des Kaffees]

1. Der Kaffee steht unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Ihn zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
2. Das ungestörte Kaffeetrinken wird gewährleistet.
3. Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit dem Kaffeetrinken zuwiderlaufen, sind verboten.
4. Wer aus Gewissensgründen das Kaffeetrinken verweigert, kann zu einem Ersatzgetränk verpflichtet werden. Der Koffeingehalt des Ersatzgetränkes darf den Koffeingehalt des Kaffees nicht überschreiten. Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf.
5. Gegen jeden, der es unternimmt, die Verfügbarkeit von Kaffee in Frage zu stellen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Artikel 49 [Studierende]

1. Wer sich um einen Studienplatz an einer staatlichen Hochschule bewirbt, hat Anspruch auf den zur Vorbereitung seines Studienbeginns erforderlichen Urlaub und eine angemessene finanzielle Unterstützung.
2. Niemand darf gehindert werden, ein Studium an einer staatlichen Hochschule zu beginnen und fortzuführen. Eine Kündigung oder Entlassung aus diesem Grund ist unzulässig.
3. Die Studierenden haben Anspruch auf eine ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung. Sie haben das Recht der freien Benutzung aller staatlichen Verkehrsmittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
4. Die Studierenden sind berechtigt, in ihrer Eigenschaft als Studierende öffentliche Gebäude, Kinos, Kneipen und andere dem Studium dienende Einrichtungen frei zu benutzen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
5. Keinem Studierenden darf aus seiner Teilnahme oder Nichtteilnahme an Lehrveranstaltungen ein Nachteil erwachsen.

This document validates as HTML 4.01 Strict � Florian Diesch

Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.informatik.uni-freiburg.de/~diesch/recht.html


 schorsch antwortete am 25.07.05 (09:44):

Wer surft denn so spät in der Nacht mein Kind?
Es sind die ST-Senioren, die schlaflos sind.
Doch statt ganz ruhig auf Pegasus zu reiten,
ziehn manche es vor, sich grässlich zu streiten!

Am nächsten Morgen dann, nicht wahr, mein Vater,
sind sie dann weiser - und haben einen Kater!


 Marieke antwortete am 25.07.05 (11:33):

Ach klasse! Danke allen!
Bis bald!


 Ursula antwortete am 25.07.05 (12:34):

Goethes Fischer v. Heinz Erhardt:

Das Meer ist angefüllt mit Wasser
und unten ist's besonders tief.
Am Strande dieses Meeres saß er,
das heißt, er lag, weil er ja schlief.

Drum noch einmal: Am Meere saß er,
das heißt, er lag, weil er ja schlief,
und dieses Meer war voll von Wasser,
und unten war's besonders tief.

Da plötzlich teilten sich die Fluten,
und eine Jungfrau trat herfür.
Auf einer Flöte tat sie tuten,
das war kein schöner Zug von ihr.

Dem Fischer ging ihr Lied zu Herzen,
obwohl sie falsche Töne pfoff.
Man sah ihn in die Fluten sterzen,
da ging er unter und versoff.


 Marina antwortete am 25.07.05 (13:43):

August Wilhelm Schlegel
Schillers Lob der Frauen

Parodie

Ehret die Frauen! Sie stricken die Strümpfe,
Wollig und warm, zu durchwaten die Sümpfe,
Flicken zerrissene Pantalons aus;

Kochen dem Manne die kräftigen Suppen,
Putzen den Kindern die niedlichen Puppen,
Halten mit mäßigem Wochengeld Haus.

Doch der Mann, der tölpelhafte
Find't am Zarten nicht Geschmack.
Zum gegornen Gerstensafte
Raucht er immerfort Tabak;
Brummt, wie Bären an der Kette,
Knufft die Kinder spat und fruh;
Und dem Weibchen, nachts im Bette,
Kehrt er gleich den Rücken zu. usw.

Parodie auf Schillers Gedicht "Würde der Frauen" von 1796


 Marina antwortete am 27.07.05 (12:13):

Hanns von Gumppenberg

BALLADE
Das ist der alte, traurige Traum,
Wir sitzen unter der Linde,
Dein kahles Köpfchen faßt es kaum,
Daß ich so hold dich finde.

Und leise seufzt dein wurmiger Mund:
Ich bin doch schon angemodert -
O sage mir, warum jetzund
Dein krankes Herz noch lodert?

Es haben von meinen Wangen bereits
Zwei hungrige Ratten gefressen:
Und du, du willst mich deinerseits
Noch immer nicht vergessen?

O sag' mir, bleicher Heinerich,
Ich bin doch im Grab gelegen,
Und doch noch immer liebst du mich -
Ich frage dich: weswegen?

Und ich entgegne dir gequält:
Mir fehlen zum Buch der Lieder
Noch sieben Nummern wohlgezählt -
Drum lieb' ich dich schon wieder.

nach Heinrich Heine


 marie2 antwortete am 28.07.05 (11:38):

Und nichts zu suchen

�Ich ging im Wald
So für mich hin...�
(J.W-.von Goethe)

So für mich hin, so für mich hin-
Wie ist das zu verstehen?
Was hat der Kerl so für sich hin
durch einen Wald zu gehen?

Wer gab den Auftrag, bitte, wer
hat ihm den Gang befohlen?
Und wo nahm er die Zeit sich her?
Wem hat er sie gestohlen?

Weil Goethe gut ins Schulbuch passt,
muß er seit Ewigkeiten
so für sich hin und ohne Rast
in jenem Walde schreiten...

Weswegen, wann, woher, wohin?
Was hat ihn inspirieret?
Wem bringt ein solcher Gang Gewinn?
Hat er botanisieret?

Was fühlte, dachte, schmeckte er?
Warum- das ist die Frage �
Ging er nur hin und niemals her?
Wie war die Wetterlage?

So spekulieren kreuz und quer
die wackren Interpreten.
Denn �nichts zu suchen� � das fällt schwer
den deutschen Studienräten.

-Kurt Marti -


 Illona antwortete am 28.07.05 (13:16):

Aschenputtel

nicht ganz astrein, aber so könnte es sich heute abspielen.

Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.fun-im-netz.de/lustige_texte_auf_fun-im-netz__10.html


 Ursula antwortete am 28.07.05 (14:20):

Klabund

Deutsches Volkslied
(Parodie, bei der Zeilen aus Liedern unterschiedlichster Herkunft montiert wurden)

Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
Daß ich so traurig bin.
Und Friede, Friede überall,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Kaiser Rotbart im Kyffhäuser saß
An der Wand entlang, an der Wand.
Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Bist du, mein Bayerland!

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Ich rate dir gut, mein Sohn!
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
Vom Roßbachbataillon.

0 selig, o selig, ein Kind noch zu sein,
Von der Wiege bis zur Bahr'!
Mariechen saß auf einem Stein,
Sie kämmte ihr goldenes Haar.

Sie kämmt's mit goldnem Kamme,
Wie Zieten aus dem Busch.
Sonne, du klagende Flamme:
Husch! Husch!

Der liebe Gott geht durch den Wald,
Von der Etsch bis an den Belt,
Daß lustig es zum Himmel schallt:
Fahr wohl, du schöne Welt!

Der schnellste Reiter ist der Tod,
Mit Juppheidi und Juppheida.
Stolz weht die Flagge Schwarzweißrot.
Hurra, Germania!


 Marina antwortete am 28.07.05 (17:46):

Christian Morgenstern
Das Gebet

Die Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Halb neun!
Halb zehn!
Halb elf!
Halb zwölf!
Zwölf!

Die Rehlein beten zur Nacht,
hab acht!
Sie falten die kleinen Zehlein,
die Rehlein.

Parodie auf Friedrich Nietzsches Gedicht " O Mensch! Gib acht!" aus "Also sprach Zarathustra".


 Marina antwortete am 28.07.05 (17:48):

Vorlage von Friedrich Nietzsche "O Mensch! Gib acht!" aus "Also sprach Zarathustra:

Also sprach Zarathustra
Das trunkene Lied (Kap. 12)

O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht?
"Ich schlief, ich schlief -,
"Aus tiefem Traum bin ich erwacht: -
"Die Welt ist tief,
"Und tiefer als der Tag gedacht.
"Tief ist ihr Weh -,
"Lust - tiefer noch als Herzeleid:
"Weh spricht: Vergeh!
"Doch alle Lust will Ewigkeit -,
"- will tiefe, tiefe Ewigkeit!"


 angelottchen antwortete am 28.07.05 (21:30):

Erich Käster - frei nach Goethes "Mignon"

Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn?
Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!
Dort stehn die Prokuristen stolz und kühn
in den Bureaus, als wären es Kasernen.
Dort wachsen unterm Schlips Gefreitenknöpfe.
Und unsichtbare Helme trägt man dort.
Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe.
Und wer zu Bett geht, pflanzt sich auch schon fort!

Wenn dort ein Vorgesetzter etwas will
- und es ist sein Beruf etwas zu wollen -
steht der Verstand erst stramm und zweitens still.
Die Augen rechts! Und mit dem Rückgrat rollen!

Die Kinder kommen dort mit kleinen Sporen
und mit gezognem Scheitel auf die Welt.
Dort wird man nicht als Zivilist geboren.
Dort wird befördert, wer die Schnauze hält.

Kennst du das Land? Es könnte glücklich sein.
Es könnte glücklich sein und glücklich machen!
Dort gibt es Äcker, Kohle, Stahl und Stein
und Fleiß und Kraft und andre schöne Sachen.

Selbst Geist und Güte gibt's dort dann und wann!
Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.
Dort steckt ein Kind in jedem zweiten Mann.
Das will mit Bleisoldaten spielen.


 angelottchen antwortete am 28.07.05 (21:33):

"Ein Glied von Schullers Locke"
von Sita Steen, frei nach Schillers "Glocke"

Und drinnen waltet die putzsüchtige Frau:
Sie füttert im Stalle die hochfrüchtge Haussau,
die Mutter der Vierpfünder,
mit Futter für Viermünder,
und lebet weise
und webet leise
und lehret die Mädchen
und mehret die Lädchen
und strickelt und webelt
und wickelt und strebet,
Gewinne zu mehren,
der Minne zu wehren,
und müht sich ohn Ende, mit Fleiße zu sticken,
die Strümpfe zu stopfen, die Steiße zu flicken,
und füllet mit Schätzen und hehren Laken
die Schreine, die Truhen, die leeren Haken
und spinnet zum Faden die schimmernde Wolle
und findet zum Spaten die wimmernde Scholle
und nutzet die Kräfte und ganze Glut
und zeigt sich im festlichen Glanze gut -
trotz scheußlichem Harm -
mit häuslichen Charme!


 angelottchen antwortete am 28.07.05 (21:39):

Edwin Bormann
Schiller Quintessenz
Allen zitatenbedürftigen Gemütern gewidmet

Fern von Madrid, auf seines Daches Zinnen,
In seiner Kaiserpracht saß König Franz.
Wie wird mir? brüllt er mit vergnügten Sinnen;
Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
Der Helm ist mein! Das ist das Los des Schönen
In seines Nichts durchbohrendem Gefühl;
Und will der Lorbeer hier sich nicht gewöhnen -
Platz! Platz! 0 unglücksel'ges Flötenspiel!

Leicht beieinander wohnen die Gedanken.
Du hast's erreicht, Oktavio! spricht Zeus.
So fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken,
Denn nur die Liebe ist der Liebe Preis.
Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder,
0 Königin, das Leben ist doch schön!
Das aber denkt ganz wie ein Seifensieder:
Max, bleibe bei mir! bleib, der Mohr kann gehn!

Blendwerk der Hölle, du bist blaß, Luise!
Was ist der langen Rede kurzer Sinn?
Ein Augenblick gelebt im Paradiese,
Das ist die Stelle, wo ich sterblich bin.
Und sieh, er zählt die Häupter seiner Lieben,
Das Spiel des Lebens sieht sich heiter an:
Kurz ist der Schmerz, das Phlegma ist geblieben,
Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.

Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken,
Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit;
Spät kommt ihr, doch ihr kommt, den Leu zu wecken,
Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit.
Der Lebende hat Recht, den Leib zu malen;
Wer wagt es, was die innre Stimme spricht?
Nacht muß es sein, wo Friedlands Sterne strahlen!
Unsinn, du siegst, und Minna kennt mich nicht!
-----------
Bei dieser 1883 erstmals erschienen Parodie montiert Borman nach Art des Centos Zitate aus dem Werk Schillers zu einem neuen Text.


qUELLE:
https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html

eine wahre Fundgrube :-)


 angelottchen antwortete am 28.07.05 (21:42):

aus selber Quelle:

Ludwig Eichrodt
Dröstliche Hülsenblüthen: Der Mittwoch
(Eine westphälische Vision)

Posaunen hauchen wilden Geisterlaut,
Dazwischen hürchelt banges Orgelstöhnen,
Leis wuchert bst! der Andacht Heidekraut -
Da steh ich in dem Dom - umringt von Schönen.
Sieh dort, die Blonde unter Kerzgeflimmer!
Ein einsam gramgeboren Frauenzimmer,
Sie zupft, ha! mit dem Finger, prickt und pocht
An der Laterne quirlendem Gedocht.

Und drüben an der schmerlegrausen Säul,
Hohlhüstelnd ragt die schwimmelnde Matrone,
Der Blick des Auges schwärmt dahin wie Pfeil,
Aufschwirrend durch des Lebens Nachtschablone.
Hi! Still! na! o ich bin verloren,
Zerrückt, zerknistert, gluthig angeschmoren,
Was ist das, die Laterne spritzt und kocht -
Auch sie zupft, zirpft am eigenen Lebensdocht.

Und Käuzchenschrei ruschelt mit Geierpfiff
Wirr durch der Halle wimmerfahlen Brodem -
Verfallenes Gemäuer, eingestürztes Schiff,
Glockengebraus, Gespensterschwadenodem..
Und Mitternacht! Dann plötzlich Lichtgefunkel,
Da wälzt sich aus des Dienstags Trümmerdunkel,
Der frühlichtflimmernde Mittwoch empor,
Und säuselt Schauerwollust in das trunkne Ohr.

Hahu! regnet es nicht? Saugt nicht den Duft
Des molchgesäugten giftiggelben Schwadens
Natur? zückt greiser Blitz in wunde Brust,
Verzweifelnd an dem Glücke des Entladens?
Scheu flattert auf der Troß der Quazaquelen,
Die Lampe schüttert lächelnd im Verschwehlen,
Und gleich dem glüden Spülicht tropft das Oel
Herunter auf des Brodems Angstgeschwehl.

Hui! ich erwach'! des Traumes Vampyr flieht,
Und schon an der Gardine zupfen Strahlen
Der Morgensonne bst! Frohlock', Gemüth!
Die Lerchen zitschern weg die lecken Qualen.
Des Kummers feuchte Moderkatakombe
Stürzt donnernd ein, und nur die müß�ge Rompe
Der glitzerhaften Qualerinnerung
Schlirrt noch einmal - und du bliebst jung!

Kling klar! Johann! die schwarzen Schimmel vor!
Spann an! wir fahren heut noch durch die Heide,
Dort, wo die Krähe duckt, die Kröt' im Moor,
Dort soll versausen meiner Seele Freude.
Lang ist der Tag - drum gleich der Wetterwolke
Ausbrechen laß' die Bracken bis zum Kolke!
Wie geigt die Grill, wie brodelts im Gestumpf!
Sehr mangelt mir der Sitz ... hinaus zum Sumpf!


 Marina antwortete am 01.08.05 (12:59):

Diesen schönen thread sollten wir nicht ganz sterben lassen. Angelottchen, ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis auch du diese schöne Seite entdeckt hast. :-) Auf ein Neues:


Anonym
Volksvermögen

Babypillen - fauler Zauber!
Ajax macht das Becken sauber!

Brot für die Welt,
Die Wurst bleibt hier!

Ein Mann, ein Wort.
Eine Frau, ein Wörterbuch.

Es kippt der Mast, die Szene kichert:
Hoffentlich Allianz versichert!

Fahr mich
In die Ferne mein blonder Matrose!
Bei dir
Will ich sein ohne Hemd, ohne Hose.
Wir gehören zusammen,
Wie der Besen und Stiel.
0 laß ihn doch drinnen,
's ist ein schönes Gefühl.

Ich sitze auf der Brillen Rand
Und rauche Peter Stuyvesant.
Und alles, was dahinter fällt,
Ist der Duft der großen, weiten Welt.

In einer kleinen Konditorei,
Da saßen wir zwei
Und fraßen für drei.

Kannst du nur einmal wöchentlich
Und möchtest gerne täglich,
Dann geh doch 'mal zu Neckermann,
Denn Neckermann macht's möglich!

Morgenstund hat Gold im Mund
Und Blei im Hintern.

Was eine Frau im Frühling träumt,
Das hat der Mann im Bett versäumt.
Bei einem Jüngling kommt es schnell,
Beim alten Mann
Eventuell.

Wie man sich bettet,
So liebt man.

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Illona antwortete am 01.08.05 (14:42):

Dracula 7.0

Nach Heinrich Heine - Die Loreley

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,

Daß ich so schaurig bin;

Ein Horror aus blutleeren Zeiten,

Der kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,

Und ruhig liegt die Gruft;

Der Gipfel des Berges funkelt

Im Abendmoderduft.

Die schönste Jungfrau sitzet

Dort oben wunderbar;

Ihr goldnes Geschmeide blitzet,

Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie trägt viel Gold an der Kehle

Und singt ein Lied dabei;

Das hat viel traurige Seele

Und gewaltige Melodei.

Den Transsylvanier mit scharfem Gebiß

Ergreift es mit wildem Weh;

Er schaut auf den schlanken Hals,

Er schaut nicht auf die Zeh.

Ich glaube, die Zähne dringen

Am Ende ins Fleisch voller Wahn;

Und das hat mit ihrem Singen

Die Lore-Ley getan.

Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.goedartpalm.de/parod.html


 Marieke antwortete am 01.08.05 (16:25):

Danke für diesen Link,
Illona,

wegen dem "Zeh" hatte ich diese Persiflage dir zugetraut!!
Gegenseitige Sympathie!!


 angelottchen antwortete am 01.08.05 (17:16):

hach aber meine Lieblingsparodie habe ich immer noch nicht gefunden - meine Mutter hatte die so herrlich drauf und erzählte mir, dass sie und ihre Mitschüler dafür sogar mit dem Rohrstock auf die Hände geschlagen wurden.

"Gleich wie die Möwe ratlos hustet" fing es an ..

Aber wenn man das Gedicht so wie hier im Original liest .. ist es fast schon eine Parodie in sich :-))

Felix Dahn
1. Gleich wie die Möwe ruhlos hastet
Von Land zu Meer, von Meer zu Land,
Und kaum im Flug die Schwinge rastet
Auf Wellenschaum, auf Dünensand:
So wogen wir auf irren Bahnen
Von Deich zu Flut, von Flut zu Deich,
Zerschliss'ne Segel uns're Fahnen,
|: Ein morsches Schifflein unser Reich. :|

2. Oft nur den letzten Schuß im Laufe,
Vom Sturm gepeitscht, vom Feind gehetzt,
Ein adeliger Bettlerhaufe,
Den Hut zerhau'n, das Wams zerfetzt.
Und doch erbebt das stolze Spanien,
In dessen Reich der Tag nicht sinkt,
Wenn unser Racheruf "Oranien"
|: Sich über Albas Heere schwingt! :|

3. Ihr bebt mit Recht ob Sklavenschande;
Bei Gott wird dieser Boden rein,
Und müßten alle Niederlande
Von Meeresflut verschlungen sein.
Durchstecht den Deich, reißt auf die Schleusen,
Ersäuft die fremde Tyrannei!
Es naht das Meer, es nah'n die Geusen.
|: Das Land wird Meer, doch es wird frei. :|


 Marina antwortete am 01.08.05 (18:35):

Angelottchen, das braucht keine Parodie mehr, ich hab mich kaputtgelacht. :-) Dabei haben die das mal ernst gemeint. :-)


 angelottchen antwortete am 01.08.05 (20:56):

Gelle? Hach ich liebe diese pathetischen un d heute geradezu grotesken Verschen und Geschichten :-)

Ist Dir denn diese herrliche Glosse "Auf der kaiserlichen Werft" bekannt? Meine Omi komnnte das noch auswendig :-))

Ich muss mal meine alte "Gartenlaube" hervorkramen, da gibt es sooo schöne Gedichte :-) (von 1872-1886)


 Ursula antwortete am 01.08.05 (22:23):

Der Apfelschuß
(von Heinz Erhardt)

Der Landvogt Geßler sprach zum Tell:
�Du weißt, ich mache nicht viel Worte!
Hier, nimm einmal die Tüte schnell,
sind Äpfel drin von bester Sorte!

Leg einen auf des Sohnes Haupt,
versuch, ihn mit dem Pfeil zu spalten!
Gelingt es dir, sei's dir erlaubt,
des Apfels Hälften zu behalten!�

Der Vater tat, wie man ihn hieß,
und Leid umwölkte seine Stirne,
der Knabe aber rief: �Komm, schieß
mir doch den Apfel von der Birne!�

Der Pfeil traf tödlich � einen Wurm,
der in dem Apfel wohnte...
Erst war alles still, dann brach der Sturm
des Jubels los, der'n Schützen lohnte!

Man rief: �Ein Hoch dir, Willi Tell!
Jetzt gehn wir einen trinken, gell?�*

* Westfälische Fassung:
Man rief: �Der Tell, der schießt ja toll!
Jetzt gehn wir einen trinken, woll?�


 Marina antwortete am 02.08.05 (18:18):

Adelbert von Chamisso

Der arme Sünder
Fragment

Zu Grüneberg in der längsten Nacht,
In später Geisterstunde,
Erbrauset mit Schneegestöber der Sturm,
Die Eule kreischet im alten Turm,
Und ängstlich winseln die Hunde.

Im untern Dorf in des Schulzen Haus
Vermehret ein Traum das Grauen;
Die Frau schreit auf: �Mein Kind! mein Kind!
Auf, Vater, auf! Zum Förster geschwind,
Nach unserm Sohne zu schauen!� -

�Was sollte dem Burschen geschehen sein?
Verscheuche mit Beten die Träume.
Zum Förster ist�s weit, der Pfad ist verschneit,
Schlaf ein! schlaf ein! �s ist Schlafenszeit,
Es sind ja Träume nur Schäume.� -

�Unsägliches muß ihm geschehen sein,
0 Vater, bedenke das Ende!
Er saß im Bette verstört und bleich
Und rang, dem armen Sünder gleich,
Verzweiflungsvoll die Hände.�

Es grauset dem Vater bei solchem Wort,
Da will er den Gang doch wagen,
Er kleidet sich an, er eilet hinaus
Durch Nacht und Sturm nach dem Jägerhaus,
Nach seinem Kinde zu fragen.

Die Nacht ist schaurig und finster und kalt,
Von Angst das Herz ihm beklommen,
Am alten Turm da kreischt es und pfeift,
Ihn höhnt der Sturm, der den Wald durchstreift,
Als heult� er: �Zu späte gekommen!�

Kaum atmend erreicht er das Haus und beginnt
An Türen und Fenster zu schlagen:
�Wach auf, du Förster! und öffne mir bald!
Ist hier mein Jürgen, oder im Wald?
Was hat sich zugetragen?�

Der läßt ihn ein, er fragt ihn aus,
Es will ihn seltsam bedunken:
�Dein Jürgen schläft. Gesund und rot
Hat gestern er noch zum Abendbrot
Gegessen wie zwei und getrunken.� -

�Ich will ihn sehn! ich muß ihn sehn!�
Den Förster rührt der Jammer.
Er treppenhinauf mit dem Alten steigt,
Er öffnet die Türe, die da sich zeigt,
Er leuchtet in die Kammer.

Und, was sie sehen -! es sträubt sich ihr Haar
Zu Berge, sie stehen versteinet.
Der sitzt im Bette verstört und bleich
Und ringt, dem armen Sünder gleich,
Die Hände verzweifelnd und weinet.

�Was ist geschehn?� - �Nichts! nichts! hinweg!�
�Oh, sprich! was hast du begangen?�
�Ich kann�s nicht sagen!� - �Entdeck es uns nur,
Wir schwören dir hier den heiligsten Schwur,
Du sollst Vergebung erlangen.� -

�Oh, wie ihr doch zudringlich seid!
Und wollt ihr�s und müßt ihr es wissen,
Ich hab - ich weiß nicht, wie es kam,
Ich hab - es überfällt mich die Scham,
Ich hab ins - - - -
desunt quaedam in manuscripto


Parodie auf die Schauerballade, die man durchaus auch bei Chamisso finden kann.

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Illona antwortete am 02.08.05 (19:34):

SITA STEIN

Ein Glied von Schillers Locke

Und drinnen waltet die putzsüchtige Hausfrau:
Sie füttert im Stalle die hochfrüchtige Haussau,
die Mutter der Vierpfünder,
mit Futter für vier Münder,
und lebet weise
und webet leise
und lehret die Mädchen
und mehret die Lädchen
und stricket und webet
und wickelt und strebet,
Gewinne zu mehren,
der Minne zu wehren,
und müht sich ohn Ende, mit Fleiße zu sticken,
die Strümpfe zu stopfen, die Steiße zu flicken,
und füllet mit Schätzen und hehren Laken
die Schreine, die Truhen, die leeren Haken
und spinnet zum Faden die schimmernde Wolle
und findet zum Spaten die wimmernde Scholle
und nutzet die Kräfte und ganze Glut
und zeigt sich im festlichen glanze gut -
trotz scheußlichem Harm -

Gruß Illona

Internet-Tipp: https://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/lyrik/schiller/glocke_parodie.htm


 Marina antwortete am 07.08.05 (18:36):

Hanns von Gumppenberg

Das teutsche Dichterroß
in allen Gangarten vorgeritten

PROLOG
ZUR FÜNFTEN AUFLAGE

Du alte Musenmähre,
Das hast du wohl selbst nicht gedacht -
Was hat dir Zucker und Ehre
Dein tolles Hopsen gebracht!
Ja ja, die ernsten Leute!
Sie geizen mit ernstem Applaus:
Doch lachen das Gestern und Heute
Immer mit Freuden sie aus.
Viel' Seelen lassen sich drucken,
Nicht viele munden der Welt,
Das Pathos muß sich ducken -
Aber der Spaß gefällt.

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/jV8o7LT05


 Marina antwortete am 07.08.05 (18:37):

TRAGOEDIE

1.
Die Treppe -
Die Schleppe -
Das Tuch..
O Fluch!
Aus Ketten
Sich retten?
Vorbei..
Es sei!

2.
Oho!
Wieso?
Ja freilich -
Erst neulich!
Da drüben
Zu lieben-
Ein Wort..
Dann fort.

3.
Schenk' ein!
"Ach nein".
Getrunken -
Gesunken.
Jetzt Puder.
Ein Luder.
Ah bah-
Haha!

Hanns von Gumppenberg

Internet-Tipp: /seniorentreff/de/jV8o7LT05


 Enigma antwortete am 08.08.05 (09:44):

Eine ganz kurze Parodie auf ein ganz langes Gedicht von Gottfried August Bürger:

"Lenore fuhr ums Morgenrot,
und als sie rum war,war sie tot!"


Originalgedicht she. Link!
(Es ist nämlich viel zu lang zum Einstellen) :-))

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Marina antwortete am 08.08.05 (16:00):

Ludwig Eichrodt
Dröstliche Hülsenblüthen: Der Mittwoch
(Eine westphälische Vision)

Posaunen hauchen wilden Geisterlaut,
Dazwischen hürchelt banges Orgelstöhnen,
Leis wuchert bst! der Andacht Heidekraut -
Da steh ich in dem Dom - umringt von Schönen.
Sieh dort, die Blonde unter Kerzgeflimmer!
Ein einsam gramgeboren Frauenzimmer,
Sie zupft, ha! mit dem Finger, prickt und pocht
An der Laterne quirlendem Gedocht.

Und drüben an der schmerlegrausen Säul,
Hohlhüstelnd ragt die schwimmelnde Matrone,
Der Blick des Auges schwärmt dahin wie Pfeil,
Aufschwirrend durch des Lebens Nachtschablone.
Hi! Still! na! o ich bin verloren,
Zerrückt, zerknistert, gluthig angeschmoren,
Was ist das, die Laterne spritzt und kocht -
Auch sie zupft, zirpft am eigenen Lebensdocht.

Und Käuzchenschrei ruschelt mit Geierpfiff
Wirr durch der Halle wimmerfahlen Brodem -
Verfallenes Gemäuer, eingestürztes Schiff,
Glockengebraus, Gespensterschwadenodem..
Und Mitternacht! Dann plötzlich Lichtgefunkel,
Da wälzt sich aus des Dienstags Trümmerdunkel,
Der frühlichtflimmernde Mittwoch empor,
Und säuselt Schauerwollust in das trunkne Ohr.

Hahu! regnet es nicht? Saugt nicht den Duft
Des molchgesäugten giftiggelben Schwadens
Natur? zückt greiser Blitz in wunde Brust,
Verzweifelnd an dem Glücke des Entladens?
Scheu flattert auf der Troß der Quazaquelen,
Die Lampe schüttert lächelnd im Verschwehlen,
Und gleich dem glüden Spülicht tropft das Oel
Herunter auf des Brodems Angstgeschwehl.

Hui! ich erwach'! des Traumes Vampyr flieht,
Und schon an der Gardine zupfen Strahlen
Der Morgensonne bst! Frohlock', Gemüth!
Die Lerchen zitschern weg die lecken Qualen.
Des Kummers feuchte Moderkatakombe
Stürzt donnernd ein, und nur die müß�ge Rompe
Der glitzerhaften Qualerinnerung
Schlirrt noch einmal - und du bliebst jung!

Kling klar! Johann! die schwarzen Schimmel vor!
Spann an! wir fahren heut noch durch die Heide,
Dort, wo die Krähe duckt, die Kröt' im Moor,
Dort soll versausen meiner Seele Freude.
Lang ist der Tag - drum gleich der Wetterwolke
Ausbrechen laß' die Bracken bis zum Kolke!
Wie geigt die Grill, wie brodelts im Gestumpf!
Sehr mangelt mir der Sitz ... hinaus zum Sumpf!

Parodie auf das lyrische Werk der Droste.

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Enigma antwortete am 08.08.05 (20:59):

Friedrich Nicolai

Ein Schlottfeger Lyd

'S Morgens wenn ich fru uffstee
Vnndt den Schorsteyn fegenn gee,
Klopf ich leyse ann die Tur,
Schone Jungkfraw kommpt herfur.

"He! he! he! wer klopfet ann,
"Der mich s' leiß uffwecken kann? "
Ich stee hir ynn aller stil,
Der den Schorsteyn fegen wil.

"Wart't eyn bißel junger G'sell,
"Dz ich brynge den Schlußel
"Vnndt euch sperr die Haußtur uff,
"Dz jr kommt tzu mir herauf"

Jungfraw ich noch eyns beger,
Langt mir Licht vnndt Besen her,
Nicht tzu groß vnndt nicht tzu kleyn,
Dz er geet zum Schorsteyn eyn.

"Junger G'selle horet ann,
"Wz ich euch wil sagen ann;
"Sey der Schorsteyn groß od'r kleyn,
"Seet selbst wi jr kommt hineyn."

Auß dem Buben wird eyn Mann,
Der den Schorsteyn fegen kann.
Nimbt keyn Keerlon, fegt tzur frewd,
Alle Schorsteyn' weyt vnndt breyt.


1777/78 erschienene Parodie auf die vor allem von Herder entfachte Volksliedmode.

Man beachte, dass auch hier der Apostroph eine nicht unbedeutende Rolle spielte!


 angelottchen antwortete am 08.08.05 (23:36):

Habe nun ach...
von Gunther Eysenbach

Der Tragödie erster Teil -
Bekenntnisse eines unglücklichen Webmasters
(oder: Goethe revisited)

Habe nun, ach! Informatik,
Computerei und Medizin,
Und leider auch E-Technik
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Webmaster, heiße Dipl.-Inf. gar
Und ziehe schon an die sieben Jahr
Meine Kunden an der Nase herum-
Und sehe, daß wir kaum verkaufen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
die auf dem Web nur Blödsinn machen;
Dafür ist mir auch alle Freud entrissen,
neuen dummen Usern ans Bein zu pissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
oder gar mal Bill Gates beehren.
Auch hab ich weder Mut noch Geld -
ein Werbebanner ist was mir fehlt!
Es möcht kein Hund so länger leben!
Drum hab ich mich dem Alkohol ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund;
Daß ich nicht mehr mit saurem Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß:
Daß ich erkenne, was das Wide Web World
Im Innersten zusammenhält.

quelle: https://yi.com/home/EysenbachGunther/anthol/12.htm


 Marina antwortete am 09.08.05 (18:28):

Aloys Blumauer
Virgils Aeneis travestirt
Zweytes Buch

Inhalt
Wie der fromme Held Aeneas der Königinn Dido und ihrem Hofgesind die Abentheuer seiner
letzten Nacht in Troja und die Zerstörung dieser weltberühmten Stadt gar rührend und umständlich erzählt.

Im rothdamastnen Armstuhl sprach
Aeneas nun mit Gähnen:
Infantinn! ( * ) laßt das Ding mir nach,
Es kostet mich nur Thränen.
Doch alles spitzte schon das Ohr:
Frau Dido warf die Nas' empor,
Und schien fast ungehalten.

Was wollt' er thun? Er mußte wohl
Den Schlaf vom Aug sich reiben:
Er nahm zwo Prisen Spaniol,
Sich 's Nicken zu vertreiben:
Drauf räuspert' er sich dreymal, sann
Ein wenig nach, und legte dann
Sein Heldenmaul in Falten.

�Die Griechen hielten uns umschanzt
Zehn volle Jahr' und drüber:
Allein wo man Kartätschen pflanzt,
Da setzt es Nasenstieber.
Dieß schien den Griechen nun kein Spaß,
Denn � unter uns � sie hielten was
Auf unversengte Nasen.

Mit langen Nasen wären sie
Auch sicher abgezogen,
Hätt' uns nicht Satanas durch sie
Zu guter Letzt betrogen:
Der gab der Brut ein Kniffchen ein,
Sie thaten's, schifften flugs sich ein,
Und schossen Retirade.

Auf einmal war's wie ausgekehrt
Im Lager: doch sie liessen
Zurück ein ungeheures Pferd
Mit Rädern an den Füssen.
Sankt Christoph selbst, so groß er war,
Hätt' ohne Ruptionsgefahr
Den Gaul euch nicht geritten.

(Das Gedicht geht noch weiter, ist aber zu lang, um alles hier zu veröffentlichen, also Link anklicken!)

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Enigma antwortete am 09.08.05 (18:39):

:-))

Liebeslied
Ich bin der Hirsch und du das Reh,
Der Ast bist du und ich der Baum,
Die Sonne ich und du der Schnee,
Ich bin der Tag und du der Traum.
Die Zeit bin ich und du der Raum.
Du bist das Nichts und ich das Kaum!

Ich bin der Deckel, du der Topf,
Der Hals bin ich und du der Kropf.
Ich bin der Zapfen, du der Spund,
Die Hündin du und ich der Hund.
Du bist das Ach und ich das Weh:
Ich bin der Hess und du das E.



1987 erschienene Parodie auf Hermann Hesses Gedicht "Liebeslied".

� Grethi T.Tunnwig.


 Marina antwortete am 10.08.05 (21:47):

Auf eine Weise
des Joseph Freiherrn von Eichendorff

In meinem Knochenkopfe
da geht ein Kollergang,
der mahlet meine Gedanken
ganz außer Zusammenhang.
Mein Kopf ist voller Romantik,
meine Liebste nicht treu -
Ich treib in den Himmelsatlantik
und lasse Stirnenspreu.
Ach, wär ich der stolze Effendi,
der Gei- und Tiger hetzt,
wenn der Mond, in statu nascendi,
seine Klinge am Himmel wetzt! -
Ein Jahoo, möcht ich lallen
lieber als intro-vertiert
mit meinen Sütterlin-Krallen
im Kopf herumgerührt.
Ich möcht am liebsten sterben
im Schimmelmonat August -
Was klirren so muntere Scherben
in meiner Bessemer-Brust?!

Peter Rühmkof

Von Rühmkorf im Oktober 1960 auf der Tagung der Gruppe 47 in Aschaffenburg vorgetragene Parodie auf Eichendorffs Gedicht "In einem kühlen Grunde".

Internet-Tipp: https://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerlw/parodie/lenore.html


 Enigma antwortete am 11.08.05 (07:18):


Dieter Höss
Aus ...an ihren Dramen sollt
ihr sie erkennen.


Lessing
Emilia Galotti
oder
Die Kunst Jungfrau zu bleiben

Heute soll die Hochzeit sein?
Prinz Hettore hört's verdrossen
und zum Äußersten entschlossen;
denn er ist in sie verschossen und
ein absolutes Schwein.

Auf der Fahrt zum Traukirchlein
wird der Bräutigam erschossen,
wird die Braut, wiewohl verdrossen,
in sein Lustschloß eingeschlossen,
und schon denkt er: Sie ist mein!

Doch Emilia bleibt rein,
und ihr Leib bleibt ungenossen,
unberührt von Fürstenflossen;
denn Papa naht pflichtentschlossen
und ersticht das Töchterlein.


 Enigma antwortete am 11.08.05 (07:22):

Noch eins aus dem gleichen Werk von Höss:

Goethe
Götz von Berlichingen
oder
Das bessere Ende

Der eine ist zu frauentoll
und liebt je mehr, je lieber.
Der andre zu vertrauensvoll
dem einen gegenüber.

Der eine wird lieb Kind bei Hof
und macht im Bett Karriere.
Dem andern ist der Hof zu doof
und wider seine Ehre.

Der eine übt in Schmeichelei'n
sich und im Speichellecken.
Der andre lädt sie alle ein,
ihn seinerseits zu lecken.

Dem einen bricht ein Weib den Hals,
und solche Schmach ist bitter.
Der andre stirbt zwar ebenfalls,
doch stolz, als edler Ritter.


 Marina antwortete am 12.08.05 (22:02):

Schiller Kabale und Liebe oder Wenn drei dasselbe tun, so ist es nicht dasselbe

Ihr Vater ist ein Musikant,
der seine ist ein Mann von Stand,
und das ist wirklich schade;
denn darum enden auch am Schluß
die Liebe und der Kunstgenuß
bei Gift in Limonade.

Dieter Höss
Aus ...an ihren Dramen sollt
ihr sie erkennen.


 Enigma antwortete am 16.08.05 (10:15):

Arno Holz
Buch der Zeit

In der Sonnengasse . . .

In der Sonnengasse zu St. Goar,
da kämmt sich die Resi ihr schwarzes Haar.
Sie lacht in den Spiegel verstohlenen Blicks,
silbern über ihrem Bett hängt ein Kruzifix;
ihr Pantöffelchen klappert, ihr Schnürleib kracht:
Heute Nacht!! Heute Nacht!!

In der Sonnengasse zu St. Goar,
da wohnt ihr schrägüber ein junger Scholar.
Der pfropft sich in den Schädel lauter dummes Zeug,
schwarz auf seinem Pult liegt das Pentateuch.
Da streift ihn die Sonne, und sein Leder kracht:
Heute Nacht!! Heute Nacht!


 boersenfritz antwortete am 16.08.05 (16:35):

Rubbish

Your rubbish tip is in your asshole
where all the trash comes to
you put in your mouth.


 boersenfritz antwortete am 16.08.05 (16:38):

Hallo....................................

�Wieviel Nazis gibt es hier?� Diese Frage ist mutige Provokation in manchen Teilen Deutschlands, und Heribert Prantl eröffnet mit ihr eine Rede zum Thema Rechtsextremismus, die ihresgleichen sucht. Prantl gelingt es, die Realität rechtsextremistischer Gewalt in Deutschland ohne falsches Pathos anschaulich zu machen und die Wirkungen rechtsextremer Strukturen mit klaren und überzeugenden Worten zu analysieren. Dabei ist das Thema Rechtsextremismus rhetorisch heikel, vor einer demokratisch gesinnten Gruppe machen es sich die Redner meist zu leicht, ein pathetischer Appell scheint alles zu sagen, argumentiert wird nicht. Anders bei Prantl, in seiner Rede zur Verleihung der Kesten-Medallie an die Initiative �Bunt statt Braun�, die den Einsatz für Demokratie und Toleranz in ihr Programm geschrieben hat, liefert er eine scharfsinnige Analyse des Phänomens Rechtsextremismus.

Prantls erschreckende Beispiele verweigern sich allzu simplen Lösungsmustern: da ist die Lehrerin, die nicht weiß, wie sie auf den Hitler-Gruß eine Schülers reagieren soll, der Jugendliche, der einen Ausbildungsplatz nur in einer von Rechten unterlaufenen Werkstatt findet und das kleine Dorf, in dem schon derjenige ein Linksextremer ist, der das Grundgesetz verteidigt. Einfache Lösungen gibt es in solchen Situationen nicht, und der Redner gaukelt sie auch nicht vor. Vielmehr zeigt er eindringlich, wie die Ideologie der Ungleichheit und Gewaltakzeptanz unsere Gesellschaft schleichend verändert. Die italienische Mafia, auf die Prantl dabei verweist, ist ein ebenso ungewöhnlicher wie treffender Vergleich.

Meisterhaft gelingt Prantl in seiner Rede die Balance zwischen Mahnung und Motivation, er macht unmißverständlich klar, was für uns alle auf dem Spiel steht, und zeigt, wie ein einzelnes mutiges Wort gegen Rechtsradikalismus seinen Beitrag zur Stärkung demokratischer Strukturen leistet. Daß die Bürger den Staat machen, ist eine vielzitierte Phrase. Prantl macht deutlich, was sie meint: Gesellschaft ist keine abstrakte Größe, sie entsteht im alltäglichen Miteinander. Im öffentlichen Raum gilt es daher laut seiner scharfsinnigen Analyse, die Grundwerte unserer Gesellschaft immer wieder neu zu definieren. Dabei darf der Blick nicht auf Deutschland beschränkt bleiben. In Auseinandersetzung mit Joseph Roth haucht Prantl dem Bild vom europäischen Haus, das abgenutzt und stumpf erscheint, neues Leben ein und verleiht ihm neuen rhetorischen Glanz: er sieht Europa als Haus mit vielen Türen und Zimmern, europäisches Gemeingefühl und patriotische Überzeugung schließen sich nicht aus, solange sie auf demokratischen Werten beruhen und der öffentliche Raum von Freiheit und Meinungsvielfalt und nicht von Gewalt und Ungleichheit beherrscht wird.


 Enigma antwortete am 17.08.05 (08:37):

IGELEIEN
frei nach Tucholsky

Der Igel sprach zum Oberkellner:
�Bedienen Sie mich ein bißchen schnellner!
Suppe - Gemüse - Rostbeef und Wein!
Ich muß in den Deutschen Reichs-Igel-Verein! �

Da sprach der Oberkellner zum Igel:
�Ich hab so ein komisches Gefiegel
ich bediene sonst gerne, prompt und coulant,
aber ich muß in den Oberkellner-Verband! �

Der Igel saß stumm, ohne zu acheln,
und sträubte träumerisch seine Stacheln -
Messer und Gabel rollten über die Decke.
Sie rollten zum Reichsverband Deutscher Bestecke.

Des wunderte der Igel sich.
Er ging in "Für Herren" züchtiglich;
doch der Alte, der dort reine macht,
war auf der Deutschen Klosettmänner-Nacht.

Ein Rauschen ging durch des Igels Stoppeln -
er tät bedrippt nach Hause hoppeln
und sprach unterwegs
(und aß einen Keks):
�Ich wohne gern. Aber seit ich in Deutschland wohne
ist mein igeliges Leben gar nicht ohne.
Sie sind stolz, weil sie sich in Gruppen mühn -
doch sie sind nur gestörte Individühn.
Menschen? Mitglieder sind diese Leute.
Unsern täglichen Verband gib uns heute!
Amen. �
(sagte der Igel).

Internet-Tipp: https://www.bbpp.de/heiteres/tuboelsky.htm


 Marina antwortete am 05.09.05 (23:09):

Heinz Erhardt
Das Unwetter

Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
in dumpfer Stube versammelt sind.
- 's ist Mittwoch. Da hört man von ferne
ein leises Grollen. Mond und Sterne
verhüllen sich mit schwarzen, feuchten
Wolkenschleiern. Blitze leuchten.
Und es sind versammelt in dumpfer Stube
Urahne, Großmutter, Mutter und Bube.
Das Gewitter kommt näher mit Donnerschlag
- und noch fünf Minuten bis Donnerstag!
Es heult der Sturm, es schwankt die Mauer,
der Regen prasselt, die Milch wird sauer - ,
und in dumpfer Stube - man weiß das schon -
sind Urahne, Großmutter, Mutter und Sohn.
Ein furchtbarer Krach! Ein Blitz schlägt ein!
Der Urahne hört was und sagt: "Herein!" -
Die dumpfe Stube entflammt und verglimmt
mit Urhammel, Großbutter, Butter und Zimt ...

frei nach Ludwig Uhland, dem Erfinder der gleichnamigen Straße

(Anm. Das Original ist aber von Gustav Schwab)


 Marina antwortete am 15.09.05 (22:04):

Der PS-König (frei nach Goethe)

Wer quietschet so spät durch unseren Ort?
Es ist der Fahrer eines alten Ford;
Das Steuer hat ihn wohl in seinem Arm,
es faßt ihn sicher, es hält ihn warm.

"O Auto, was birgst Du so bang Dein Gesicht?"
"Siehst Fahrer, Du die Kreuzung dort nicht?
Die Straßenkreuzung mit Ampel und Schild?"
"Ach Auto, das ist garnicht wild."

"Du liebes Auto, komm fahr mit mir;
Gar schöne Unfälle bau ich mit Dir;
manch bunte Blumen stehn an der Straß';
meine Werkstatt verdient sich 'ne goldene Nas'"

. "O Fahrer, o Fahrer, und hörest Du nicht,
was der Engel des Todes mir leise verspricht?"
"Sei ruhig, bleibe ruhig, das sag' ich Dir!
Frohlocke und jauchze; noch leben wir!"

"O Fahrer, o Fahrer, und siehst Du nicht dort
die Haube sich wölben vom jaulenden Ford"
"O Auto, o Auto, ich seh' nichts genau;
es scheinet die Farbe des Himmels so grau."

"Was sitzt da am Steuer für eine Gestalt?!
Die will wohl den Unfall mit aller Gewalt."
"O Fahrer, o Fahrer, nun halt endlich an!
Mit quietschenden Reifen ist es nicht getan!"

Dem Auto, ihm grauset's, es scheppert geschwind,
der Sprung in der Scheibe macht den Fahrer blind,
man kommet zum Stehen mit Mühe und Not,
doch unter der Haube der Ford war tot.

Internet-Tipp: https://www.bruhaha.de/Lachen.html#pskoenig


 Citro antwortete am 22.09.05 (15:44):

Kann mir jemand helfen?
Mein Bruder wird 50 und meine Mutter braucht einen netten Text, (lieber lustig, denn sonst weint sie...) den sich vortragen kann.Vielen Dank


 Marina antwortete am 02.10.05 (23:12):

Sauberkeit

Der Urahn sieht's mit Schrecken:
Das Kind wird noch verdrecken,
Läßt sich partout nicht baden,
Schreit Mordio und Zeder
Als wie ein Struwwelpeter
Und will im Drecke waten.

Der Urahn sitzt vergrämt:
Daß sich das Kind nicht schämt!
Er wird vor Ärger rot,
Und schon nach kurzer Zeit
Und mangels Sauberkeit
Da ist der Urahn tot!

Fridolin Wasserburg


 Enigma antwortete am 03.10.05 (12:05):

Herr S. seine niederen Triebe besiegend

Herrn S. packt manchmal ein Gelüsten
nach irgendwie zwei Frauenbrüsten.
Herr Z. ergrimmt. Er sagt: ihn widern
die Strolche, die die Frau erniedern
und dass das Edlere und Hehre
nicht feil für wilde Wollust wäre.
Herr S. dies hörend, ist beschämt,
er bändigt, zügelt sich und zähmt.
Und seufzt seither mit gleicher Lust
nur noch nach e i n e r Frauenbrust.

Internet-Tipp: https://www.hansscheibner.de/biografie.htm


 Enigma antwortete am 14.10.05 (09:26):

London

Zu London in der großen Stadt
Von sechs Millionen Seelen
Man gar nichts zur Zerstreuung hat
Als wie das edle Stehlen.
Die Stadt liegt in dem Engelland
Und an dem Fluß der Themse,
Matrosen laufen an dem Strand
Und kauen ihre Bremse.
Viel tausend Galgen man dort hat,
Von allen Qualitäten,
Es ist die wahre Wohlethat,
Wenn Einer dran geht flöten.
Für g'meine Leut sind sie von Holz
Und Jedem nach dem Wuchse,
Für Lords von Mahagoniholz,
Für Handwerksbursch von Buchse.
Das ist von London die Geschicht'
Im Uebrigen ist Nebel,
Die Sonne scheint ihr Lebtag nicht,
Sonst wär' es nicht so übel.

Ludwig Eichrodt