Literatur Der Apfelbaum Christian Berkel
Dieser 2018 erschienene Roman des Schauspielers Christian Berkel ist ein bewegende und z. T. autobiographische Familiengeschichte des 20. Jahrhunderts. Der Autor, der sich um seine demente Mutter Sala kümmert, nimmt dies zum Anlass, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Im Zentrum der Handlung, die nicht nur in Berlin spielt, stehen die aus einer wohlhabenden Famiie mit komplexen Strukturen stammende Halbjüdin Sala und Otto, der trotz seiner Herkunft aus einem problemati-schen Arbeitermilieu sein Medizinstudium abschließt und Arzt wird. Auch die fragile und um ihre soziale Existenz kämpfende Familie Ottos und die unkonventionell lebenden Eltern Salas spielen eine wichtige Rolle im Leben Ottos und Salas, die sich schon in jungen Jahren (1932) ineinander verlieben. Iza, die Mutter Salas, die künstlerisch aktiv ist und sich im spanischen Bürgerkrieg für anarchistische Ideale engagiert, hat sich schon lange von ihren jüdischen Eltern distanziert. Nach der Scheidung ihrer Eltern wächst Sala auf bei ihrem bisexuellen, atheistischen Vater Jean, der literarisch und philosophisch geprägt ist. Die gesamte Familie und ihre Bezugspersonen werden vom Strudel der fatalen historischen Ereignisse der 30-er und 40-er Jahre erfasst. Otto kehrt als in von inneren Widersprüchen geprägter Mann ohne echten Lebensmut spät aus russischer Gefan-genschaft zurück. Sala, die nicht nur unter politischer Verfolgung und Gewalt in Deutschland, Frank-reich und Argentinien gelitten hat, sondern auch an der Zurückweisung durch ihre Mutter, hält trotz ihrer inneren Zerrissenheit verzweifelt an ihrer Liebe zu Otto fest. Eine Heirat kommt aber erst nach etlichen Fehlentscheidungen Ottos zustande. Die Ehe Salas und Ottos ist belastet durch die Erinnerung an die traumatische Vergangenheit und diesbezügliche Tabus.. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Christian Berkel in einer sehr authentischen Form aufzeigt, wie Menschen durch historische Schicksalsschläge in ihrer Identität und in ihrem Lebensweg zerstört werden können. Immer wieder tauchen aber auch hoffnungsvoll stimmende Elemente in der Persön-ichkeitsentwicklung der Hauptfiguren sowie vieler Bezugspersonen auf.