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Literatur Vorstellung meines Buches "den Himmel mit Händen fassen"

madrilena
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Vorstellung meines Buches "den Himmel mit Händen fassen"
geschrieben von madrilena
Ich glaube, ich habe alle meine Bücher Eurer Begutachtung, um nicht zu sagen, Eurer Kritik "ausgeliefert", die immer nur fair und freundlich gewesen ist. Nun fehlt nur noch mein erstes Buch, das mir immer ganz besonders am Herzen lag. Wenn Ihr die beigefügte Besprechung einer Lesung gelesen habt, wird dieses besondere Interesse sicher klar.
Danke im Voraus für Eure eventuellen feedbacks.

Rhein-Lahn-Zeitung
"Sehnsucht nach Israel "
"...den Himmel mit Händen fassen"
ISBN 978-3-934136-65-6

Sophie macht eine Reise und verliebt sich in Jonas. Klingt schön, wäre da nicht ein entscheidendes Detail: Sophie begibt sich in Israel auf die Suche nach den Wurzeln der deutsch-israelischen Vergangenheit. Ein Buch, das im mehrfachen Sinne ungewöhnlich ist.
Mit der deutschen Fotografin Sophie und dem israelischen Schriftsteller Jonas erwartet den Leser nicht nur ein Paar, das aufgrund seiner Herkunft aus dem Rahmen fällt. "...den Himmel mit Händen fassen" hält nicht am Klischee des jungen Liebespärchens fest, sondern stellt zwei gereifte Persönlichkeiten jenseits der 60 in den Mittelpunkt. Einen Mann und eine Frau, die jeder für sich ihre Geschichte haben und der gemeinsamen Historie ihrer beiden Völker näher kommen. An Jonas' Seite erschließt sich Sophie das Land, nach dem sie sich seit ihrer Kindheit gesehnt hat.
Eine lang gehegte Sehnsucht ist auch für die Autorin Hilde Möller mit ihrer Buchpremiere in Erfüllung gegangen. Unablässig hat sie seitdem für ihren großen Traum gearbeitet.
Konsequenz nennt Hilde Möller denn auch ihren Motor. Nur nicht aufgeben. Ein Willen, den die Schriftstellerin wohl nicht zuletzt auch der Tatsache verdankt, dass sie mit "...den Himmel mit Händen fassen" nicht irgendeine Geschichte geschrieben hat.
"Mich hat es immer interessiert, warum sich die Deutschen nach dem Krieg nicht mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit auseinander gesetzt haben", sagt sie. Ihre Protagonistin Sophie gehört zu den über 60-Jährigen. Hilde Möller: "Das war die Generation, die von ihren Eltern und der Schule zum Dritten Reich gar nichts oder nur sehr wenig hörten." Die Mauer des Schweigens, die die Autorin lange durchbrochen hat. Zwei Mal war sie in Israel und hat sich intensiv mit Religion, Kultur und Geschichte des Landes auseinandergesetzt.
Autobiographisch will sie ihr Buch nicht nennen. Dennoch: Mit der Sophie ihres Romans teilt sie nicht nur Alter und fotografisches Talent, sondern unübersehbar auch die Liebe zu Israel.
Ein Gefühl, das dieser Tage seine Folgen zeigt: Gerade erschienen ist Hilde Möllers zweiter Roman "Schatten umarmen". Wieder geht es um Israel. Wieder steht eine ungewöhnliche Liebesgeschichte im Mittelpunkt: Diesmal sind es eine junge Israelin und eine jungen Deutsche, die dem Leser den gleichermaßen verzehrenden wie faszinierenden Geist des Landes näher bringen.
Stefanie Rüggeberg
madrilena
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Re: Vorstellung meines Buches "den Himmel mit Händen fassen"
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 08.04.2013, 10:34:43
[size=14]Hier mal ein Auszug aus "den Himmel mit Händen fassen." Sophie reist nach Israel, im Gepäck hat sie einen Brief ihrer toten Mutter, der ihr ganzes Leben verändern wird. In Tiberias wagt sie sich, die ersten Seiten zu lesen. Hier ein Ausschnitt:

Endlich wandte ich mich ins Zimmer zurück und holte den Brief meiner Mutter aus der Schublade meines Nachttisches, wo ich ihn gestern sorgsam aufbewahrt hatte. Langsam öffnete ich den Umschlag und löste das Band, das um das Heft geschlungen war. Auf einem kleinen weißen Schild stand "für Sophie".
Es war die steile Handschrift meiner Mutter. Ein Schatten wehte mich an, und ich meinte, ihren vertrauten Geruch zu atmen. Nun war sie schon monatelang tot und ich saß heute auf einem Balkon in Israel und hielt eine Botschaft von ihr in Händen...
Entschlossen öffnete ich das Heft. Auf der ersten Seite stand nur ein Datum, Mai 1990 und wieder "für Sophie".
Warum hatte sie gerade damals an mich geschrieben? Und warum hatte sie mir das Heft nicht persönlich übergeben? Wie viel Geheimnistuerei. Fast ärgerte ich mich. Aber dann siegte die Neugier. Und ich fing zögernd an zu lesen.

"Liebe Sophie, wenn Du diese Zeilen liest, werde ich bereits tot sein. Ich bat Kristina, Dir das Päckchen erst nach meinem Tod zu schicken. Warum? Vielleicht habe ich Angst davor, Rechenschaft ablegen, Fragen beantworten zu müssen. Vielleicht habe ich überhaupt Angst davor, mit Dir zu sprechen. Nähe zu meinen Kindern war mir nie gegeben. Heute tun mir diese Worte nicht mehr weh. Ich habe gelernt, mich zu akzeptieren. Vor allem weiß ich, dass ich nichts mehr ändern kann. Aber es gibt Dinge, die möchte ich regeln, solange es nicht zu spät ist. Noch fühle ich mich, Gott sei Dank, im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte. Klingt das zu juristisch? Soll es wohl auch, damit Du eines Tages, wenn Du diese Zeilen lesen wirst, weißt, alles, was ich Dir hier mitteile, ist mir auch heute noch in allen Einzelheiten gegenwärtig. Ich erinnere mich daran, als sei es vor kurzem gewesen. Du weißt, alte Menschen erinnern sich eher an etwas lang Vergangenes als an das Telefongespräch von gestern. Ich bitte Dich, mir jedes Wort zu glauben. Du wirst mich vielleicht von einer Seite kennen lernen, die Du nie bei mir vermutet hast. Ich bitte Dich nicht um Verzeihung, noch nicht einmal um Dein Verständnis. Ich möchte nur ein wenig von Deiner Zeit. Denn was ich jetzt niederschreibe, habe ich noch nie jemandem gesagt, es betrifft nur Dich und mich."
madrilena
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Re: Vorstellung meines Buches "den Himmel mit Händen fassen"
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 10.04.2013, 14:45:04
Ich möche gern noch ein Kapitel aus meiner Berliner Lesung meines Buches "den Himmel mit Händen fassen" einstellen. Vielleicht macht das ja neugierig und ich bekomme eventuell ein paar Kommentare. Es ist neben der Autobiographie "leben" das Buch, das mir am nächsten steht.

(Sophie und Jonas (beide sind die Protagonisten) waren jetzt in ihrem Hotel Jerusalem im Stadtteil Mea Shearim angekommen.)

Ich wachte mitten in der Nacht von einem sonderbaren Geräusch auf. Es war dunkel im Zimmer. Aber… jemand hatte doch geweint. Tastend suchte ich nach der Nachttischlampe und spürte dabei, dass mein Kissen feucht war. Erstaunt strich ich mir über die Augen. Mein Gesicht war nass. Erschreckt setzte ich mich im Bett auf.
Der Traum!
Ich hatte ihn schon so oft in meinem Leben geträumt. Nur immer ein bisschen anders. Als würde von unsichtbarer Hand ein Puzzle zusammengesetzt. Ich musste mich erinnern. Musste unbedingt wissen, wie es diesmal gewesen war.
Am Anfang war eine Straße. Leer, kein Mensch weit und breit. Kein Laut zu hören. Graues Licht in der engen Gasse. Häuser bis zum Giebel rot geklinkert. Alle Fensterläden verschlossen. Die Türen fest verriegelt. Und ich inmitten dieser steinernen Einsamkeit.
Allein… Verlassen. Aber… verlassen von wem?
Im Traum irrte ich verzweifelt herum. Versuchte die Türen zu öffnen. Rief Namen – welche Namen? Ich weiß es nicht.
So viele Gefühle in diesem Traum. Angst. Verlust. Einsamkeit. Der Wunsch zu fliehen. Ein Wissen. Aber um was?
Ich hämmerte gegen die schweren Türen. Hohl der Klang in den Häusern. Ein leeres Echo aus leeren Räumen.
Und immer wachte ich weinend, manchmal sogar schreiend auf.
Was bedeuteten die leeren Häuser? Die verschlossenen Fensterläden? Die verriegelten Türen?
Heute war der Traum anders, beängstigender.
Wieder war ich durch die Straßen gelaufen. Hatte laut gerufen. Der graue Himmel hing tief zwischen den toten Häusern. Die Straße ein holpriges Kopfsteinpflaster. Die Häuser hatten keine Gärten. Es gab überhaupt nichts Lebendiges. Keinen Baum. Keine Blume. Keinen Strauch. Nur Stein. Als hätte sich das Grauen zu Stein verwandelt.
Als ich wieder gegen eine Tür schlug, verzagt, weil alles so hoffnungslos war, gab diese Tür plötzlich nach.
Erschrocken wich ich zurück, aber… die Neugier siegte. Ich drang in das Haus ein. Dumpfer Geruch hing in der Dunkelheit. Ich öffnete die mir zunächst liegende Tür. Stolperte über Gegenstände, die auf dem Boden verstreut lagen, zum Fenster und rüttelte an dem Laden, der nicht nachgeben wollte. Endlich löste sich der rostige Riegel. Weit stieß ich die Läden auf.
Die Fenster hatten kein Glas…
Ich drehte mich ins Zimmer zurück.
Die Gegenstände, über die ich gestolpert war, waren umgestürzte Stühle. Verwelkte Blumen. Scherben. Ein zerbrochener Bilderrahmen. Der Raum nur spärlich möbliert. In der Ecke des Zimmers ein Kinderstuhl.
Was bedeutet dieser Traum?

Ich schlug die Hände vors Gesicht. Das gelbe Licht der Nachttischlampe blendete. Und plötzlich fing ich wieder an, krampfhaft zu weinen. Bilder drängten sich auf. Es nutzte nichts, die Augen zu schließen. Es waren keine äußeren Eindrücke. Keine Fotografien, die ich mit einer Handbewegung hätte wegwischen können.

In dem hohen Kinderstühlchen im Traum saß ein kleines Mädchen. Die blonden Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten, die am Ende mit einer roten Schleife gehalten wurden. ‘Nie habe ich die Farbe Rot gemocht.’
Das Mädchen war außergewöhnlich hübsch. Ein zartes Gesicht. Volle rote Lippen. Eine winzige Nase. „Sophie, du hast gar keine Nase, das ist eine kleine Steckdose!“ Wer hatte das nur immer gesagt? Zwei riesengroße dunkle Augen. Und diese Augen - angefüllt mit Tränen - schauten mich mit so viel stummer Angst an, dass dieses stumm schon wieder ein Schrei war. Ein stummer Schrei von solcher Intensität, dass ich mich nicht von der Stelle rühren konnte.
Plötzlich entdeckte ich, dass das Kind nicht allein im Zimmer war. Neben ihr standen und saßen schemenhaft Gestalten. Ein Mann. Eine Frau. Vor denen das Kind ganz offensichtlich versuchte zu fliehen. Aber es war noch so klein. Es konnte sich nicht allein aus dem Stuhl befreien. Nur seine großen Augen schrieen.
Da war ich aus dem Zimmer gerannt. Aus dem Haus.
Die Straße entlang. Laut weinend.

Ich saß auf dem Bettrand und zitterte am ganzen Körper. Lieber Gott, was sollte dieser Traum nur bedeuten? Wer war der Mann? Wer die Frau und wer war das Mädchen? Was für eine Botschaft wurde mir aus meinem Unterbewusstsein übermittelt?
Und… warum hatte sich dieser Traum immer und immer wiederholt. Allerdings bis heute ohne das Kind. Warum war es jetzt, nach dem Brief der Mutter aufgetaucht?
Aus welchen Tiefen?

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