Religionen-Weltanschauungen Soldat der Heilungsarmee

EmilWachkopp
EmilWachkopp
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Soldat der Heilungsarmee
geschrieben von EmilWachkopp
Schon als sechsjähriger Adels-Emil verspürte ich dieses brennende, unwiderstehliche Sendungsbewusstsein: Menschen auf das richtige Geleis zu setzen und dann einen ganz gehörigen Tritt in den A…, Ich wollt sagen: Und dann ihren inneren Impetus zu aktivieren und in den Dienst des Guten zu stellen. Die Menschen fortzureißen von den Wegen finsterer Verdammnis. Das sollte fortan meine Berufung sein. Ich war fest davon überzeugt, die schicksalsschwere Frage, ob die Welt dem Zustand eines ewigen Glücksrausches zutaumelte oder geradewegs dem Abgrund des Chaos entgegen eierte, könne nur durch mich entschieden werden.

Na ja, heute, wo ich doch schon büschen bescheidener geworden bin, sehe ich die Sache nicht mehr ganz so verbissen. Nicht dass ich meine Bedeutung damals nicht richtig erkannt hätte. Das nicht. Aber mein Selbstbild war ein klein wenig übertrieben. Find ich. Etwas omnipotent übervergrößert.

Jedenfalls begann meine praktische Tätigkeit als freiwilliger Ritter der Weltheilung in meinem sechsten Lebensjahr. Im Hamburger Zoo. Vor dem Raubtiergehege Nr. 1. Ich weiß das alles noch haargenau, denn sonst könnte ich es ja gar nicht so haargenau wiedergeben. An diesem Platze kriegte sich ein Paar das Zanken; ein Paar wie Katz und Hund.

Sie sahen sich eine Weile mit kindischem Blick die ausgestellten Tiere an. Dann entfuhr es ihm:

„Nee, kiek maal an! Ene lütte Üütsch!“
„Üütsch?!?! Wat tünst du di denn nu alwedder torecht?“
„Ik tün? Nee, du tünst. Ik heff seggt: ’Kiek maal an, ene lütte Üütsch’, heef ik seggt. Is dat Beest dor viellicht kene Üütsch?“
„Nee, ene Üütsch süht anners ut.“
„Aha!?!? Un wat is dat denn?“
„Dat mutt een Puuspuck sien.“
„Een Puuspuck!! Hahahaaa! Dat ik nich huchel! Sowat gifft dat jo gor nich. Wat schall denn dat sien: een Puuspuck?“
„Maak diene verpennten Glupers op, denn sühst em ook.“
„So, nu heff ik miene Glupers opmakt, aver ik seh ümmer noch keen Puuspuck.“
„Wiel du een versapen Söögbraden büst, dorüm sühst em nich.“
„Wenn ik een versapen Söögbraden bün, denn büst du een blööde Sünnbackskoken.“

Das brachte sie auf die Palme, so dass sie wild mit der Handtasche auf ihren Mann einschlug, während er sich mit seinem aufgespannten Regenschirm verteidigte. Nun war der Zeitpunkt bekommen, da Emil von Wachkopp, Ritter der Heilungsarmee, einzugreifen hatte. Nicht in erster Linie um Klarheit in den zoologischen Disput zu bringen, sondern um die Streithähne zu besänftigen. Also frisch ans Werk!
„Aber, aber“, sagt ich und zeichnete mit meinem Spazierstock einen Kreis in die Luft, fuhr mir noch einmal mit der Hand über die Adelsperücke, ehe ich meinen Zylinderhut wieder aufsetzte und drückte mir das Monokel fester ins rechte Auge. „Solcher Belanglosigkeiten wegen streiten sich doch höchstens komplette Idioten.“
SIE: „Nun hör sich mal einer den an, Carl Gustav Alfred! So ein unverschämter Rotzlöffel. Ist noch nicht trocken hinter die Ohren, aber bezeichnet unbescholtene, friedfertige Bürger als Idioten. Tu gefälligst was, Carl Gustav Alfred!“
„Ja, ich …. Äh … Häm … FRECHHEIT!! Mach dir dünn, sonst haut meine Frau dir ihre Tasche auf die Perücke!“
Kaum war das ausgesprochen, hagelte die Handtasche auch scgon über mich nieder. Ich kratzte sofort elegant die Kurve und überlegte mir ernsthaft, ob ich meine Mission als vorzeitig beendet betrachten sollte. Diese Art von Friedensmission zehrte mir ein wenig zu stark an meiner eignen Substanz. Aber auf der anderen Seite konnte man diesen Doppelangriff auf mich auch als Versöhnung der Angreifer deuten. Dann hätte ich sie nicht nur geheilt, sondern die Heilung hätte in geradezu wundersamer Weise stattgefunden. Das muss an die Öffentlichkeit! Also rannte ich dem Paar hinterher, um zu sehen, ob die wundersame Heilung von Dauer war.
Aber das war sie nicht. Vor dem Raubtiergehege Nr. 4 hatten sich die Beiden schon wieder in der Wolle.

ER: „Kiek maal, een Winnworp!“
SIE: „Dat is doch keen Winnworp, oller Tüderpott. Dat is een Wüppop.“
ER: „Wüppop!?! Hahahahaaa! Ik maak mi in’e Büx!“
SIE: „Dat maak man, aver denn waschts du se rein, Kolleeg!“
ER: „Een Wüppop, wat schall dat denn sien? Sowar gifft dat jo gor nicht.“
SIE: „Dat sühst du doch, dat dat sowat gifft. Dor hest een direkt vör de Nüff.“
ER: „Nee, rüken kann ik hier ook keen Wüppop.“
SIE: „Denn maak diene versapenen Glupers op, denn sühst em ook.“
ER: „So, nu heff ik de Glupers opmakt un kann ümmer noch keen Wüppop sehn.
Hallo!!!!!!! Is hier wen de een Wüppop sehn kann?“
SIE: „Maak hier nich so een Rabatz, oller Schaapskopp! Du blameerst uns jo vör de Lüüd!“
ER: „Tick, du büst!“
SIE; „Tick, DU büst!“
ER: „Aver ik heff dat toeerst seggt.“
Und dann flogen die Handtasche und der Regenschirm wild durch die Luft. Das war der Augenblick, da Emil von Wachkopp, Ritter der Heilungsarmee, seine Friedensmission zu erfüllen hatte. Um meiner etwas fipsigen Erscheinung ein wenig Pondus zu verleihen, streckte ich meinen Bauch – der eigentlich kaum vorhanden war - heraus, schob mir den Zylinderhut ein wenig zurück und drückte mir das Monokel einmal in den linken Augapfel.

„Sieh da, sieh da“, brummte ich vor mich hin und fuchtelte mit meinem Spazierstock in der Luft herum, um erst einmal die Aufmerksamkeit der Streithähne auf mich zu lenken.
„Ein waschechter Frööt! Fürwahr eine seltene Erscheinung in einem Zeitalter scheußlichster Dekadenz.“
SIE und ER: „Een wat?????“
ICH: „Een Frööt.“
SIE und ER: Een wat?????“

Ich nahm mir das Monokel aus dem Auge und putzte es gewichtig mit meinem weißen Taschentuch, ehe ich es mir wieder einsetzte und den Blick in Richtung Frööt wand.
„Ahäm, Frööt nennt man – wie soll ich mich verständlich ausdrücken? – jene nun fast schon ausgestorbene nordfriesische Kreuzung, die sich zu etwa gleichen Teilen aus Winnworp und Wüppop zusammensetzt. Wobei noch zu bemerken ist“, dozierte ich und hielt meinen Zeigefinger in die Luft, um zu bedeuten, dass ich jetzt auf einer besonders wichtigen Erkenntnis herumbrüte. „Wobei noch zu bemerken ist, dass Winnwopp und Wüppop lediglich zwei verschiedene Bezeichnungen für dieselbe Tierart sind. Ähäm … räusper, räusper …“
Ich bohrte mir mein Monokel wieder ins linke Auge, aber nicht ohne es mit dem Taschentuch noch einmal gründlich gereinigt zu haben. Dann legte ich meine Stirn in Falten, so gut ein Sechsjähriger das schon zu tun vermochte.
"Wenn se em maal wat Godes to Freten geven wullen, denn geven Se em man een schöön Wuttel.“
ER und Sie: Een wat?“
ICH: „Een Wuttel.“
ER und SIE: „Een wat?“
ICH: „Een Wöttel.“
ER und SIE: „Ah, een Wörtel.“

„Hest dat hüürt, Carl Gustav Alfred? Der Kleine har was in’n Kopp. Da kannst dir ne Scheibe von abschneiden.“
ER: „Ja, aber wer von uns hat denn nu Recht?“
ICH: „Sie haben beide Recht.“
„Hest dat hüürt, Bertha Louise? Wir haben alle beide Recht. Das ist ja in unserer vierzigjährigen Ehe noch nie vorgekommen.“
„Das ist ja ungeheuerlich! Und worüber wollen wir uns jetzt zanken? Aber das hat man davon, wenn man auf das dumme Geschwätz fremder Klugscheißer hört. Eh du dir versiehst, kennst dir in deine eigne Ehe nicht mehr aus. Alles steht Kopf."
„Ach was. Es ist auch mal schön, wenn wir uns zur Abwechselung vertragen. Komm Liebling, jetzt gehen wir eine schöne Knackwurst essen.“
„Das heißt nicht Knackwurst! Das heißt Bockwurst!“
„Ja, aber Knackwurst kann man auch sagen.“
„Nur wenn man beknackt ist.“
„Das bin ich ja, wie du immer sagst.“
„Du bist nicht beknackt.“
„Hat man da Worte? Haben Sie das gehört, edler Jüngling? Mit mal bin ich nicht mehr beknackt. – Hallo, junger Mann! Wo ist der denn so schnell hin?“

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