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Literatur Das Jahr mit 365 Tucholsky-Tagen

longtime
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Neuwörter: Das Jahr mit 365 Tucholsky-Tagen
geschrieben von longtime
Werktag für Werkeltag kann man bei der Wortwarte.de nach Neuwörtern suchen:

Ich schau fast jeden Denktag nach:

http://www.sfs.uni-tuebingen.de/~lothar/nw/Archiv/Datum/d080304.html

Aber einen „Gottes-Tag“ habe ich noch nicht gefunden.

Das mag darin begründet sein, Tag für Tag, dass viele glauben, alle Tage seien „Carpe-diem-Gelegenheit“, d.h. jede 24-Stunden-Einheit sei göttliches Tages-Produkt, -Gelegenheit oder –Sei-mit-Euch.

Aber daran zweifle ich, wenn ich der Menschen gedenke, die diese Tage und Jahre und Jahrtausende schon bevölkert haben - und mit Berufung auf "Gott" wenig Menschliches beschworen oder betrieben oder ausgeführt haben.

Da stelle ich mir - zum Trotz und zum Trost - manchmal vor, dass Kurt Tucholsky eines besonderen „dies hominis“, eines denkwürdigen Human-Tages, auf diesen Feuerland-Indianer zu denken kam, der ihn zum „Feuerland-Gott“ inspirierte:

Zum Hintergrund…?

„Und wenn einer aus Feuerland daherkäme und mir das Abbild seines Gottes zeigte und sagte: »Sieh! Er tut Wunder! Er gibt Regen und Sonnenschein! Er heilt die Kranken und fördert die Gesunden! Er schließt die Wunden und trocknet Tränen, er erweckt Tote und trifft mit dem Blitz das Haupt unsrer Feinde! Er ist ein großer Gott!« – spräche er also, so prüfte ich das Gebäude und die Untermauerung seines Glaubens und seiner Metaphysik, seiner Lehren und seiner Sittengesetze.
Und fände ich dann etwa, dass es eine Religion ist, die von ihrem Schöpfer gute Lehren auf den Weg bekommen hat, diesen Schöpfer aber verraten hat um irdischer Güter willen; dass sie die Reichen begünstigt und die Armen mit leeren Tröstungen im Elend geduckt hält; fände ich, dass sie die Tiere nicht miteinbezieht in den Kreis des Lebens, und dass sie klüger ist als fromm, gerissener als weise, politischer als wahrhaftig; dass sie das gute Heidnische im Menschen tötet und den Verkrüppelten sorgfältig bewacht; dass sie gottlose Fahnen in ihren Tempeln aufhängt und segnet, die da töten, und verflucht, die den Staatsmord verhindern wollen – fände ich das alles:
Ich schickte den Mann aus Feuerland zurück und pfiffe auf seine Wunder.“


Aus: Kurt Tucholsky. In: „Ein Pyrenäenbuch“ (1927).

http://www.textlog.de/tucholsky-lourdes-sardellen.html

Für mich darf jeder Tag Kurt-Tucholsky-Tag sein, besonders wenn ich in einem dieser Bände der "Werke und Briefe" lese:

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longtime
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Re: Neuwörter: Das Jahr mit 365 Tucholsky-Tagen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 10.03.2008, 14:31:01
Erinnerung an Tucholsky, anlässlich einer Friedhofs-Begegnung:

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longtime
pelagia
pelagia
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Re: Neuwörter: Das Jahr mit 365 Tucholsky-Tagen
geschrieben von pelagia
als Antwort auf longtime vom 01.07.2008, 14:41:40
Vielleicht ein Tipp für Tucholsky - Einsteiger. Letzes Jahr erschien das Tucholsky Lesebuch (TB), lässt sich sicher finden. Neben mir liegt ein schon leicht angegilbtes TB "Schnipsel" (Aphorismen aus seinen gesammelten Werken), das mir schon so manche Stunde je nach Stimmung, Sanftheit oder Biss gebracht hat.
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pelagia
nasti
nasti
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Re: Neuwörter: Das Jahr mit 365 Tucholsky-Tagen
geschrieben von nasti
als Antwort auf pelagia vom 01.07.2008, 17:35:13

Hi pelagia,

danke, habe ich vor schon jahrelang Tucholsky kennen lernen,
jetzt SOFORT werde das Buch bestellen.

Nasti

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