Plaudereien Gerechtigkeit

panda
panda
Mitglied

Gerechtigkeit
geschrieben von panda
Die Forderung nach Gerechtigkeit gehört wahrscheinlich , mit der nach Freiheit und Solidarität zu den " klassischen " Forderungen.
Aber , kann es eine dauernde , stabile Gerechtigkeit überhaupt geben ?

Betrachten wir zunächst den Bereich , in dem sie begrifflich " zuhause " ist , das Recht ,bzw.die Justiz.
Zyniker behaupten , von einem Gericht erhält man keine Gerechtigkeit , sondern ein Urteil. Andere meinen , vor Gericht ist man , wie auf " hoher See ", in Gottes Hand....
Was immer das auch alles heißen mag , der Zweifel an " gerechten " Gerichtsurteilen ist groß , diese werden sehr oft umstritten sein. Könnte es damit zu tun haben , daß , unabhängig von allem guten Willen zur Rechtsfindung , dies alles mit fehlbaren Menschen zu tun hat ? Dies auch dann , wenn man Richtern keine ideologische Beeinflußung unterstellt ?

Geht man nun in die Politik , wird es noch viel komplizierter....
Allein der Gegensatz zwischen " arm " und " reich " wird immer ein Thema für die Behauptung von Ungerechtigkeit sein.Da hilft auch die Tatsache nicht weiter , daß es Menschen gibt , die bestimmt " ehrlich " reich geworden sind , und Andere , deren Armut, mit Sicherheit selbstverschuldet ist.Bei der Mehrzahl der Betroffenen ist der Reichtum , bzw.die Armut relativ ,manchmal zweifelhaft erworben , oder unglücklich entstanden und deswegen Gegenstand unaufhörlicher Diskussionen.
Es gibt politisch unendlich viele Aspekte , die von irgendeiner betroffenen Gruppe als " ungerecht " empfunden werden.

In unserem täglichen Leben hält die Hälfte der Leute Dinge für gerecht , die die andere Hälfte für ungerecht hält , man muß nur genügend Leute fragen...

Ist also Gerechtigkeit ein uneinholbares Ideal , wie eine Fata Morgana , das zudem von Mensch zu Mensch verschieden gewichtet wird....oder gibt es einen gemeinsamen Nenner von Gerechtigkeit , auf den sich ( fast ) Alle einigen könnten ?
Gibt es....wer einem Hungernden was zu essen gibt , einem Dürstenden was zum trinken , einem Frierenden was zum wärmen , einem Schmerz-geplagten was zum lindern ,der könnte gerecht handeln.
Nun werden Einige sagen : " Gähn , Bla , bla , was soll das , es gibt soviel mehr "....Ist das so ?
Schon bei der Frage , ob man einem Verfolgten Schutz bieten soll , werden die Meinungen auseinandergehen...Soll man einen Kinderschänder , der Eines getötet hat, schützen ? soll man einen Steuerflüchtling achten ? Soll man Menschen , die politische Verfolgung vortäuschen , in Wirklichkeit aber materielle Vorteile haben wollen --- soll man die aufnehmen ? und , kann man das überhaupt immer feststellen ?
An Hand dieser beiden Meinungsgruppen ( die sich erweitern lassen )zeigt sich , daß Gerechtigkeit sich nur bei einem kleinen Bereich wirklich allgemein-befriedigend herstellen läßt , und daß sehr schnell die Basis eines Konsenses verlassen wird...
Kann man das auch ganz anders sehen ?
Karl
Karl
Administrator

Re: Gerechtigkeit
geschrieben von Karl
als Antwort auf panda vom 03.01.2014, 17:17:45
Lieber Panda,

vielen Dank für die nachdenkliche Themeneröffnung. Was wir in der Gesellschaft anstreben sollten ist m. E. keine Gleichmacherei, sondern Chancengleichheit.

Jeder sollte die gleichen Chancen haben und nicht bereits durch Geburt benachteiligt sein. Wir haben historisch gesehen wichtige Schritte auf dieses Ziel hin gemacht. Der Adel hat schon vor langer Zeit seine Privilegien verloren, die Schulpflicht für alle ist eingeführt worden, vor dem Gesetz sind (zumindest in der Theorie) alle Bürger gleich.

Andererseits gibt es inzwischen den Geldadel. Wohlstand kann sich vererben und vermehren, ohne dass Erben dafür einen Finger krümmen müssten. Dies führt zu großen Spannungen in der Gesellschaft. Die arbeitende Mittelschicht erarbeitet alleine die Werte, welche die Unterschicht und die Oberschicht am Leben erhält (zur Mittelschicht zähle ich hier einfach einmal alle diejenigen, die einen Job besitzen). Sowohl die Nutzer der Sozialsysteme wie die Superreichen, die von den Zinsen auf ihr Vermögen leben, leben auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung. Auch die Zinseinnahmen der oberen 3% auf der Reichtumsskala werden allein durch die Arbeit der Mittelschichtler erwirtschaftet.

Ich bin deshalb davon überzeugt, dass das Erbrecht renoviert werden muss. Es geht nicht an, dass das Einkommen eines arbeitenden Mittelschichtlers mit bis zu 49% Abgaben belastet wird, die Zinseinnahmen eines Superreichen aber nur mit 25% Quellensteuer (falls er nicht seine Steuern durch Tricks des internationalen Finanzsystems noch weiter reduzieren kann).

Legt ein Milliardär sein Geld nur mit 2% jährlich an, nimmt er 20 Millionen Zinsen jährlich ein, zahlt davon bestenfalls 5 Millionen Steuern und behält somit 15 Millionen pro Jahr. Er muss monatlich ohne eigene Arbeit eingenommene 1 250 000.- EUR ausgeben um zu verhindern reicher zu werden.

Hat sich dieser Milliardär sein Geld ehrlich selber, z. B. durch eine tolle Erfindung und deren Umsetzung, erarbeitet, gönne ich es ihm. Hat er sein Geld nur ererbt, gönne ich es ihm nicht, denn die Zinsen, von denen er lebt, erarbeiten andere, nicht er. Der Mehrwert, sein Zinsertrag, wird erst durch die arbeitende Mittelschicht erwirtschaftet.

Chancenungleichheit bei der Geburt verhindert Gerechtigkeit. Ich bin für Chancengleichheit, das bedeutet nicht Gleichmacherei, denn die Menschen sind unterschiedlich genug. Einige werden reich andere werden arm werden (wobei sich dieser Zustand nicht nur in Geld messen lässt - aber das wäre eine andere Geschichte). Am Anfang sollten alle die gleiche Chance haben.

Karl
Re: Gerechtigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 03.01.2014, 17:43:45
Zur Definition der Mittelschicht fand ich..

Statistische Definitionen Die Bevölkerung, die über ein Netto-Äquivalenzeinkommen in einem (engen bzw.) weiten Bereich um den Median herum verfügt, wird als (Durchschnittsverdiener bzw.) Mittelschicht bezeichnet. Die Oberschicht hat mehr, die Unterschicht weniger. Die Grenzen nach oben und unten werden von verschiedenen Institutionen unterschiedlich definiert. Als untere Grenze nennt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 70 %, die Europäische Union 60 % (was der relativen Armutsgefährdungsgrenzen entspricht), die WHO 50 % (was der relativen Armutsgrenze entspricht). Als obere Grenze nennt das DIW 150 %

Für ein kinderloses Paar sind das netto :

2 Personen ≥ 14 Jahre 70 % = 16.800 100 % = 24.000 150 % = 36.000 Euro.

Bedenken muss man noch das steuerfreie Einkommen von 16.008 Euro 2012 bei zusammenveranlagtem Paaren.
Demnach zahlt man bei der 70 % Marke noch wenig Steuern, weil der Nettobetrag fast dem Steuerfreibetrag entspricht.
Bei der Marke 150 % sieht das schon anders aus.

nordstern

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Re: Gerechtigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.01.2014, 18:40:20
Noch ein paar weitere Betrachtungen.

Das Beispiel, ein Paar auf der 70 % Marke mit 16.800 Euro netto im Jahr,
zahlt noch kaum Steuern, nämlich nur das, was über 16.008 Euro hinausgeht.
Da von netto die Rede ist, kommen noch Steuerfreipauschalen dazu ?
Zum Beispiel Werbungskosten und Sonderausgaben?

Als der Freibetrag bei 15.000 stand, las man oft,
das Steuern dann etwa bei 18.000 bis 20.000 Euro brutto einsetzen würden.
Fachleute im ST werden das genauer sagen können.

Nun zu einem anderen Punkt.
Was hat das Paar monatlich netto zur Verfügung.
16.800 Euro im Jahr sind 1400 Euro im Monat. Netto für ein Paar (ohne Kinder).
Leider habe ich nicht gelesen, ob da schon Krankenkasse abgezogen ist.
Ich nehme es aber an.

Also ein Paar mit 1400 Euro netto zählt im Eingangsbereich zur Mittelschicht ???

Ich habe auf dem Hartz4-Rechner der "Süddeutschen" mal "oberflächlich" errechnen lassen,
was meine Frau und ich als Paar für einen Anspruch hätte.
Ich kam erstaunlich auf etwas über 1500 Euro an Geld und Sachleistung.
Mir kommt es sehr hoch vor.
Aber auch da werden mir Fachleute im ST sagen können,
ob das so richtig ist.
Dieses Hartz4 Paar (ohne Kinder) zahlt aber keine Steuern, sondern erhält
den Betrag netto oder in Sachleistung.

Frage: Habe ich das alles richtig überschlagen (nur grob) ?
Wenn ja, frage ich mich, warum die Mittelschicht im Eingangsbereich überhaupt noch arbeitet.
Das ist eine rhetorische Frage.

nordstern
Re: Gerechtigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 08:53:03
Darum :

"Die arbeitende Mittelschicht erarbeitet alleine die Werte, welche die Unterschicht und die Oberschicht am Leben erhält ..."von Karl
Re: Gerechtigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 09:17:51
Hmmm.
Wenn ich mir etwas die Steuererklärung eines Arbeitnehmers in Erinnerung rufe,
gab es da Pauschalen.
Die sind individuell verschieden.
Also Werbungskosten und Sozialbeiträge.
Das würde ja die Steuerpflichtigen Einkommen verringern.
Die Differenz der 70 % Marke zum Existenzminimum von knapp 800 Euro
wird locker unterboten.
Also wird der erste Teil des Mittelstandes sich nicht an den Kosten beteiligen,
die nötig sind, um die sogenannte "Unterschicht" zu finanzieren.
Furchtbares Wort, ist aber nicht von mir.

Dafür nimmt man dann den höheren Verdienstgruppen mehr Geld ab.

Ich bin im Rentenalter.
Bei "Erwerbstätigkeit reloaded" mache ich den gleichen Fehler nicht noch einmal.

nordstern

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Karl
Karl
Administrator

Re: Gerechtigkeit
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 12:39:48
@ Nordstern,

Fakt ist, wer nicht arbeitet, schafft keine Werte. Also schafft nur die arbeitende Bevölkerung die Werte, die Sozialhilfeempfänger (ich bin als Pensionär dazu zu rechnen!) und zinsversorgte superreiche Müßiggänger am Leben erhält.

Stoße Dich nicht zu sehr am Begriff "Mittelschicht". Diese hatte ich nur operational definiert als diejenigen, die einen Job haben, nicht die Höhe der Bezüge spielt hierbei eine Rolle. Man kann sogar die Auffassung vertreten, gerade die Dumpinglöhne unterhalb des Sozialanspruchniveaus tragen besonders viel zu den Zinserträgen der Superreichen bei, weil der erwirtschaftete Mehrwert ihnen in Form von Dividenden und Zinsen zufließt.

Karl
Re: Gerechtigkeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 08:53:03
Hallo nordstern,

ich bin zwar keine Fachfrau, weiß aber, dass die Kosten für die Unterkunft von den Ämtern genehmigt werden müssen. Wenn du im Hartz IV Rechner DEINE jetzigen Wohnkosten eingetragen hast, da kann ich mir schon vorstellen, dass der vermutliche Anspruch für 2 Personen hoch ausfällt. Die Realität ist aber sicher ganz anders. Die jetzige “teure Wohnung” müsstest du räumen und dir eine billigere suchen.

Die Tabellen, aus denen erkennbar ist, wie hoch eine anerkannte Miete für einen Hartz IV Bezieher sein darf, heißen KdU (Kosten der Unterkunft).

Ein Beispiel für Sachsen:

Mann alleinerziehend, 1 Kind, 9 Jahre im Haushalt lebend

Bedarfsfestsetzung i. S. d. § 19 ff. SGB II
Regelbedarf: 391,00, 261,00
Mehrbedarf
Alleinerziehend 46,92
Mietanteil 154,54, 154,54
Nebenkostenanteil 32,00, 32,00
Heizkostenanteil 45,50, 45,50

Summe Bedarf 669,96 €,493,04 €

Die Summe der festgestellten Bedarfe für die Bedarfsgemeinschaft beträgt insgesamt:1163,00 €

Von diesen 1163,00 € bezahlt der Hartz IV Empfänger :
Miete mit Nebenkostenvorauszahlung. Strom, Fernsehgebühren, Telefon und Internetanschluss (Internet ist auch in der Schule schon Standard), Versicherungen (Hausrat fordert der Vermieter, muss ja auch sein), Bekleidung, usw.…
Eine Waschmaschine, Fernseher oder ein Kühlschrank, so was darf einfach nicht kaputt gehen!

Und wenn du dich fragst, warum die Mittelschicht überhaupt noch arbeitet, da kann ich nur sagen, dass es viele von den Arbeitslosen gibt, die gerne diesen Job machen würden, damit auch sie wieder Anerkennung in der Gesellschaft finden und nicht “Betteln” müssen.

sirod49
nostalgie
nostalgie
Mitglied

Re: Gerechtigkeit
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 13:11:22
Von den Fernseh-und Telefon Grundgebühren können sie sich befreien lassen?

Aber wie auch immer. Ich finde nicht, dass es in unserem Land gerecht zu geht. Im Gegenteil.
Loana
Loana
Mitglied

Re: Gerechtigkeit
geschrieben von Loana
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.01.2014, 13:11:22
Hallo Sirod49,

sind Hartz IV Empfänger nicht von den Fernsehgebühren befreit ?

Wir die Hausratverscherung nicht auch übernommen ? Die Heizkosten denke ich mal ;)

Eine ganz liebe Freundin von mir musste aus gesundheitlichen Gründen die Grundsicherung beantragen und daher habe ich einige Informationen.

LG Loana

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