DSHnora-03 Familiengeschichten


Der schönste Tag des Jahres

Der schönste Tag des Jahres? - Doch wohl eher einer der geheimnisvollsten Tage des Jahres?
Nein, trotz aller Einwände, der Tag ist und bleibt etwas ganz Besonderes und jeder Aufwand lohnt sich auf jeden Fall. Feste sollte man so feiern, wie sie fallen.
Irgendwann sitzt jemand ganz alleine da, sieht sich alte Fotos von Familienfeiern an und muss feststellen, ausgerechnet er ist der Einzige, der eigentümlicher Weise aus dieser festgehaltenen Runde der Freude noch alleine übrig geblieben ist.
Also, feiert die Tage, wie sie kommen und verschiebt nie etwas auf später. Denn das Später kann vielleicht nicht mehr in diesem Rahmen begangen werden oder findet einfach nicht mehr statt. Je spontaner eine Feier beginnt, umso fröhlicher wird sie. Bleibt als etwas ganz Einzigartiges in der Erinnerung aller Teilnehmer.
Gerade dieses Datum steckt voller Geheimnisse, Wünsche und Hoffnungen.
Viele Menschen verbinden ihre geheimsten Sehnsüchte mit dem Eintreffen eines Wunders und sind dann voller Hoffnungen auf die Erfüllung dieses Traumes. Wer noch an Wunder glaubt, bekommt alle seine Sehnsüchte erfüllt? Können Menschen dieses Begehren sonst nicht verwirklichen? Nein, manches Mal müssen vorsichtshalber doch auch Wunder her. Heute ist also so ein Tag der Wunder, der Freude, der Überraschungen und des Hoffens. Ein Tag der Erfüllung aber auch des Verzichts und so mancher Enttäuschung.
In allen Zeiten zündeten Menschen an diesem Tag Kerzen an. Jedes Lebensjahr bekommt ein Licht. Für jeden Wunsch, der in Erfüllung gehen soll, wird ein Licht ausgeblasen. Nach wie vor erzählt das entzündete Licht dieses Tages von der Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und Wärme im Herzen.
Schaltet doch die Lampe an!
Ist es diese Art von Licht? Nein, es ist nicht dieses Licht, was hier gemeint wird!
Also, es ist ein besonderes Licht auf dem Wege durch ein neues Lebensjahr. Leuchte Licht, leuchte! Leuchte so stark, dass wir den rechten Weg erkennen können. Und, was bleibt dem nichtgläubigen Menschen unserer schnelllebigen Zeit?
Zu den entzündeten Lichtern kommen noch liebevoll gebundene Gebilde aus Blumen und Zweigen. Auch Topfpflanzen sind akzeptabel.
Das ist eine schöne Geste für den Beginn eines neuen Lebensjahres. Oder eine Aufmunterung für das Erreichen alter, noch nicht erfüllter oder begonnener, nicht beendeter Vorhaben?
Ist es doch nur ein Tag, wie jeder andere im Jahr? Nein, dieser Gedanke fällt schon aus, weil dann auch alles andere an Aufregungen, Vorbereitungen, Spannungen, Missverständnissen und Spaß auch wegfallen würde.
Alle Geheimnisse um diesen Tag müssen wirklich auch geheim bleiben. Nichts, nicht die kleinste Kleinigkeit, darf verraten werden. Sogar der Schlüssel fehlt am Schrank. Schlüssellöcher sind mit Papierstöpseln verstopft. Leise gestellte, neugierige Fragen nach dem geheim zuhaltenden Dingen um diese Begebenheit werden nicht beantwortet. Eine Antwort auf Heimlichkeiten darauf darf niemanden zugeflüstert werden. Es könnte ja jemand lauschen. Nichts dringt nach außen.
In der Zeit davor duftet es nach Gebackenem und manch anderer Köstlichkeiten. Auch das Flaschendepot wird mit köstlichen Tropfen aufgefüllt. Es darf an nichts, rein gar nichts fehlen. Reste von Schleifen und anderen Bändern liegen dann auf dem Tisch. So aus Versehen liegen geblieben. Auch buntes Papier, Dekoteile, Holzspäne oder Tapetenreste liegen morgens ab und an auf dem Fußboden. Geheimnisse? Es ist eine wunderbare Zeit der Vorfreude.
Anmutig verpackte Gaben dürfen an diesem denkwürdigen Tag nicht fehlen. Geschenke in Folie, in buntes Geschenkpapier oder anderweitig verpackt, steigern die Freude des Beschenkten. Eilig werden kleine Päckchen vor bestimmten Familienmitgliedern verborgen. Oft klappen eilig Türen und Schränke zu.
Es heißt dann: „Bleibe draußen oder warte mal kurz, du darfst jetzt hier nicht rein!“
Die Frage: “Wohin gehst du?“, wird auch manchmal ungewöhnlich beantwortet. Mein Mann schüttelt etwas mitleidig den Kopf.
„Was fällt ihr nur jetzt schon wieder ein?“, heißt es dann.
Ich oder ein anderes Familienmitglied darf manchmal in ein Geschäft nicht mit hinein gehen.
Es heißt dann: „Warte bitte hier draußen. Ich bin gleich wieder da.“
„Was hast Du gekauft?“ Diese Frage wird mit einem Schmunzeln oder mit: „Das geht dich nichts an“ oder „Das ist ein Geheimnis“, beantwortet.

Nun kommt der Tag, an dem heimlich in der Gärtnerei ein Blumenstrauß gekauft wird. Ihn darf das Geburtstagskind natürlich auch vorher nicht sehen.
Erst ist dieser Strauß sehr bedeutungslos. Still steht er im Kellereingang. Bekommt tüchtig Wasser und duftet leise vor sich hin. Sprechen kann er nicht. Also schweigt er.

Nun ist es so weit. Es ist also mein schönste Tag des Jahres!
Wenn nur nicht der Wecker wäre. So besonders laut und lange, klingelt er sonst nicht. Muss das sein? Der Wecker hebt mich leider aus meinen Träumen. Mein großer Zeh will aber am schönsten Tag des Jahres noch nicht so schnell aus der Fülle der warmen Daunen.
Leise Schritte. Stimmen. Klappern von Tassen höre ich. Nett! Das Besondere dieses Tages ist schon voll im Gange. Die Waschmaschine auch....
Ich drehe mich einfach um, schließe noch einmal die Augen und träume noch eine Weile vor mich hin. Beim Umdrehen allerdings erweckt in mir nun doch ein wenig Neugier. Was ist in der Wohnung los? Der Fernseher und der Staubsauger lärmen um die Wette.
Langsam, wirklich nur langsam, hebe ich mich zögerlich aus dem Bett, Ziehe mir halbwach den Morgenmantel an und schleiche mich noch schlaftrunken ins Bad. Es nützt nichts. Ich will mich nun tief im Schaum verstecken, munter zu werden. Irrwitzig!
Ich schließe die Augen und träume eine Weile vor mich hin. Wäre ich nur im Bett geblieben. Ein Pyjamatag wäre jetzt und heute nicht schlecht. Was ist denn das?
Süßer Duft steigt mir aus meiner „Muck“, die auf einmal auf dem Wannenrand steht, entgegen.
Der Duft warmer Brötchen lockt mich aus der Gemütlichkeit des Bades. Ich bekomme Hunger auf Frühstück. Schnell aus der Wanne, in meine Sachen und ab in die Küche.

Familie! Ich komme! Ein wunderbarer Tag beginnt.

„Guten Morgen mein Schatz!“
Meine bessere Hälfte verschwindet bei diesen Worten wieder in der Küche und unterhält sich mit mehreren Forellen, die gerade gefüllt und für die Pfanne vorbereitet werden. Wieder Flüstern und leise Worte? Dieser Tag bringt allerlei Begebenheiten, die zum Nachdenken anregen.

Am Abend treffen unsere Freunde ein. Gemeinsam genießen wir ein wunderbares Essen, nette Gespräche und Lachen. Leise Musik. Auf dem Tisch liegen viele schön verpackte, mit allerhand Zierrat ausschmückte, wundervolle Geheimnisse. Es sind sehr schöne Dinge, die ich mir zwar gewünscht aber nie selber gekauft hätte. Alles das, was hier vor mir liegt, sind wirkliche Liebesgaben. Jeder der Schenker hat überlegt, was mich besonders erfreuen könnte. Ein warmes und angenehmes Gefühl breitet sich auf einmal in mir aus. Für mich ist mein Geburtstag wirklich einer der schönsten Tage im Jahr!

DSHnora-03: Familiengeschichten

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