Vom Nachtwächter „Bullchen – Fritzsche“



Vom Nachtwächter „Bullchen – Fritzsche“

Stammtische und Öffnungszeiten der Gastwirtschaften dürften zu einer Vielzahl Geschichten Anlass geben, hatte es doch der Wirt schwer, die „Polizeistunde herzustellen“ wie es in einem Reglement um 1910 hieß.
Aus Radeberg und seiner Umgebung sind diese Geschichten in der Regel nur mündlich weitergetragen worden, sodass vieles, vor allem in den Dörfern verloren zu gehen scheint. Von einem Lotzdorfer hörte ich vor Jahren den Spruch: „Nach einem Schluck vom Biere kratzt es im Halse, und mit Fritzschens Bullchen geht’s dann bis um Viere.“ Fritzschens Bullchen und nicht „das Bullchen von Fritz“ wie man annehmen könnte, war hier der Dreh- und Angelpunkt.
Am Ende der 1920er Jahre hieß Lotzdorfs Nachtwächter mit dem Familiennamen Fritzsche. Zu seinen Aufgaben gehörte es, auch auf das Einhalten der Polizeistunde zu achten. Doch zunächst war es der Gastwirt, der die Aufgabe hatte, die gelegentlichen und die Stammgäste auf das Ende der Ausschankzeit hinzuweisen. Lotzdorfs Gastwirt Wilhelm Riemer rasselte dabei immer mit dem Schlüssel und gebrauchte den zutreffenden Satz „Auch der Gast macht sich strafbar!“, wenn es um die per Gesetz verordnete strafbare Relevanz des Überschreitens der Polizeistunde ging. „Noch einen Schlaftrunk!“ war dann oft die Forderung der Stammgäste und mit der Bemerkung „Das ist aber nun das letzte Bier!“ gab es die nächste Runde.
Zu dieser Zeit kam Nachtwächter Fritzsche in Lotzdorfs Gasthof und soll dann immer gerufen haben: „Schluss mit der Vorstellung meine Herren!“. Doch mit einem „Bullchen Schnaps“ ließ er sich erweichen und ging noch eine Runde. Kam er das dritte Mal hinein gab es den Standardruf „Ihr habt wohl darheeme keene Betten?“. Mit einem neuen Bullchen ließ sich der Nachtwächter erweichen und kam dann wohl gegen vier Uhr nochmals nach dem Rechten zu sehen. In die Dienstakten wurden keine Vermerke gemacht und der Nachtwächter erfreute sich der allgemeinen Anerkennung „für seinen schwierigen Dienst“ wie es in einem Gemeinderatsprotokoll nachzulesen ist.

haweger

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Kommentare (1)

omasigi das ist aber jetzt eine Geschichte die hinter die Kulissen
schaut.
Hoert ihr Leut und lasst euch sagen......
dieses Nachtwaechterlied lernten wir ja in der Schule.
Aus den Erzaehlungen meiner Oma weis ih noch, dass der Nachtwaechter auch die Gasfunzeln ( Strassenbeleuchtung ) aus machen musste.
Wenn ich in den grossen Ferien auf der schwaebischen Alb bei meinem P. Onkel war, wurde bei Einbruch der Dunkelheit das Abendgloeckchen geleutet. Ab diesem Zeitpunkt solten keine Kínder mehr auf der Strasse sein.
Fuer mich als Stadtkind sehr ungewohnt.

omasigi

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