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Aktuelle Themen Einschreiten statt wegschauen

mane
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Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von mane
In der letzten "Planet Wissen"-Sendung ging es um das Thema:

Zivilcourage

Salome Saremi-Strogusch erzählt hier die Geschichte ihres Bruders, der ums Leben kam, weil er sich einmischte. Trotzdem glaubt die junge Frau weiter an die Macht der Zivilcourage und kämpft mit Freunden und Familie für eine gewaltfreiere Welt.

Es wird die Frage gestellt, die ich an euch weitergeben möchte:

Ward ihr bereits in einer Situation, in der ihr eingegriffen habt?
Wisst ihr, wie ihr euch verhalten könnt, um einem Opfer zu helfen und möglichst unbeschadet aus der Situation herauszukommen?


Vor einem Jahr habe ich mitbekommen, wie ein ein kleines Mädchen von ihrem Vater körperlich misshandelt wurde. Die Beiden waren etwa 100m von mir entfernt, es war in einem Wald. Ich war innerlich sehr aufgebracht und war erst unfähig zu handeln. Die Umstehenden schimpften, taten aber nichts.
Ich fuhr mit meinem Fahrrad näher, der Mann schrie und schlug unbeherrscht auf das Kind ein. Als er mich sah, hielt er inne und ging mit dem Kind weiter, welches erbärmlich weinte. Hätte es etwas gebracht, wenn ich meiner Empörung Luft gemacht hätte? Da ich Angst um das Kind hatte, folgte ich den Beiden und rief die Polizei an.
Ich habe hier nur das Wesentliche geschildert, das Ganze ging bis zum Eintreffen der Polizei etwa eine Stunde lang.

Damals hatte ich das Gefühl zuwenig gemacht zu haben. Ich machte mir Vorwürfe, ihn nicht angesprochen, nicht dazwischengegangen zu sein.

In der oben eingestellten Sendung gibt der Kriminologe und Konflikttrainer Ralf Bongartz praktische Tipps, wie man mit solchen Situationen umgehen kann.
olga64
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von olga64
als Antwort auf mane vom 02.10.2013, 13:39:46
Ich denke, es ist schwierig bis unmöglich, vorher für sich festzulegen, wie man in solchen Situationen, die ja in sich völlig unterschiedlich sind, reagieren würde. Dies hängt von der persönlichen Mentalität und auch dem Mut jedes Einzelnen ab. ABer in unserem Alter wird sicher keiner verlangen (auch wir selbst sollten dies nicht tun) handgreiflich sich einzumischen - das bringt ja niemanden etwas. Da die meisten von uns ein Handy dabei haben, ist es wohl schon sehr hilfreich, umgehend die Polizei zu informieren. Im 2. Schritt sollte man die Umstehenden, die sich passiv verhalten, persönlich ansprechen (z.B. "Sie, helfen Sie doch bitte - mit Augenkontakt). Dies rät zumindest die Polizei. Vor allem sollte man deren Eintreffen abwarten und sich als Zeuge zur Verfügung stellen. In keinem Fall sollte man solche Vorfälle ignorieren und weitergehen, so unter dem Motto: das werden andere für mich erledigen. Lieber daran denken, dass man selbst auch mal Hilfe benötigt und es auch hier schlimm wäre, nur weglaufenden Mitmenschen zu begegnen. Olga
mane
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von mane
als Antwort auf olga64 vom 02.10.2013, 15:49:21
Ich denke, es ist schwierig bis unmöglich, vorher für sich festzulegen, wie man in solchen Situationen, die ja in sich völlig unterschiedlich sind, reagieren würde. Dies hängt von der persönlichen Mentalität und auch dem Mut jedes Einzelnen ab. ABer in unserem Alter wird sicher keiner verlangen (auch wir selbst sollten dies nicht tun) handgreiflich sich einzumischen - das bringt ja niemanden etwas.


Hallo Olga,

da haben Sie recht, steckt man in einer solchen Situation, handelt man meist anders, als man es sich vorher gedacht hätte. Ralf Bongartz reagierte selbst völlig unbesonnen, als er einem bewaffnete Mann begegnete, obwohl er als ehemaliger Polizist gelernt hatte, mit solchen Situationen souverän umzugehen.

In meinem Fall kommt noch dazu, dass mich dieses Geschehen an eigene Erlebnisse erinnerte und ich kam mir fast ebenso machtlos vor, wie damals.
Falls der Mann nicht von seiner kleinen Tochter abgelassen hätte, wäre ich sicher dazwischengegangen. Zum Glück war es nicht nötig.

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Klaro
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von Klaro
als Antwort auf mane vom 02.10.2013, 16:31:57
...glücklicherweise hatte ich solche Situationen noch nicht (nur eine Fast-Situation bei einer nächtlichen Busfahrt in Berlin, wo ich schon aufsprang um dem Menschen zu helfen, aber sich die Situation dann selbst geregelt hat) trotzdem reagiere ich da eher sehr spontan und einsatzfreudig, reagiere aber mit Sicherheit falsch bzw. nicht so, wie man es richtig machen sollte.

Klaro
olga64
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von olga64
als Antwort auf mane vom 02.10.2013, 16:31:57
Ich erlebte mal eine Mutter,die ihr quengelndes Kind in einem Supermarkt verprügelte. Ich schritt ein und machte dies sehr, sehr laut und entriss der Mutter das Kind und drohte mit der Polizei. Da ich so laut war, mischten sich auch andere Leute ein. Die Mutter zog dann mit dem weinenden Kind ab. Ein schlimmer Nachgeschmack war für mich, was sie wohl mit dem Kind macht, wenn sie ausserhalb meiner/unserer Reichweite ist. Aber dies wäre leider auch so gewesen, wenn die Polizei eingegriffen hätte - die kann ja auch solche Kinder nicht sofort den sog. Müttern entziehen. Olga
mane
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von mane
als Antwort auf olga64 vom 02.10.2013, 17:01:07
Die Polizei wird sicher dafür sorgen, dass das Jugendamt eingeschaltet wird und ich hoffe, dass das bei meinem Erlebnis passiert ist.

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mane
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von mane
als Antwort auf Klaro vom 02.10.2013, 16:48:21
So ist es, liebe Klaro. Besser ist es, sich nicht in Gefahr zu begeben. Körperliche Präsenz, möglichst zu mehreren Leuten, reicht oft schon aus, dass der Täter von seinem Opfer ablässt.
olga64
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von olga64
als Antwort auf mane vom 02.10.2013, 17:11:05
Das frage ich mich oft, was mit diesem geprügelten Kind passiert ist. Auch ein Jugendamt kann Kinder nur kurzzeitig aus einer Familie entfernen - letztendlich muss dann ein Gericht die Sache klären. Und wenn es die sog. Mutter als einmalige Verfehlung hinstellt (mit Hintergrund ,auch sie wäre in der Kindheit verprügelt worden), geht dies leider nicht so schnell und das Kind muss weiter leiden und schlägt dann später selbst zu. Aber in jedem Fall würde ich nie passiv zusehen, sondern mich einmischen - und darum soll es uns allen ja gehen. Irgendeine Möglichkeit haben wir immer - wer das Gegenteil behauptet, ist einfach nur feige und auch ignorant. Olga
mane
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Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von mane
als Antwort auf olga64 vom 02.10.2013, 17:20:09
Das ungewisse Schicksal dieses Kindes lässt mich auch nicht los, liebe Olga. Wer sein Kind in der Öffentlichkeit so behandelt, wird in den eigenen vier Wänden wahrscheinlich noch gewalttätiger sein.

Wenn du etwas gesagt hast und somit die Schläge durch die Mutter unterbunden hast, hat das Kind dies mitbekommen. Es hat gemerkt, dass es nicht der- oder diejenige ist, der/die falsch gehandelt hat, sondern dass das, was die Mutter gemacht hat, nicht richtig ist. Kinder, die geschlagen oder misshandelt werden, gehen meistens davon aus, die Eltern seien im Recht.
Nach Alice Miller ist ein wissender Zeuge wichtig für das weitere Leben des Kindes und kann es davor bewahren, eigene Kinder später auch zu schlagen.
Re: Einschreiten statt wegschauen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Gegen die Einschätzung von "feige und ignorant" erhebe ich Einspruch.

Ich glaube, es ging in dem zitierten Link um eine andere Art von Gewalt.
Da haben vier Schläger einen jungen Mann zu Tode geprügelt

Eine Nacht im September 2008 veränderte das Leben von Salome Saremi-Strogusch dramatisch. Ihr Bruder Fabian Salar Saremi hatte sich in einer Disco schützend vor ein Pärchen gestellt, das von vier jungen Männern bedroht wurde. Anschließend lauerten die Männer Fabian vor der Disco auf, schlugen und traten ihn bewusstlos und ließen ihn auf der Straße liegen. Wenig später überfuhr ihn ein Taxi

Hier ist noch so ein Fall.
Hier haben sechs Schläger einen jungen Mann zu Tode geprügelt.

"Es hat sich eine Tragödie abgespielt, bei der ein hilfsbereiter junger Mann ohne Anlass sein Leben verlor", sagte der Vorsitzende Richter Helmut Schweckendieck.

Diese Fälle zeichnen sich dadurch aus, das Gruppen von Gewalttätern/Intensivtätern auf Einzelne losgehen.
Man muss diese Fälle schon zur Kenntnis nehmen.
Es gibt deren inzwischen sehr viele.

Das dürfte dann auch eine andere Hausnummer sein, als der Fall mit der Mutter und dem Kind.
Auch das ist schlimm, aber da kann man vielleicht noch handeln.

In den anderen Fällen wohl eher nicht.
Außer die Polizei rufen.

Diese prügelnden Intensivtätergruppen suchen sich Opfer, die ihnen unterlegen sind.

Das findet aber nicht überall statt und wird auch nicht überall entsprechend berichtet.
Warum rege ich mich wohl darüber öfter auf.

Weil in meiner Region auch so eine Diskothek steht, wo auf dem Weg zum Bahnhof solche Dinge passieren.
Das Gebiet wurde polizeilich als gefährlicher Bereich ausgewiesen.

nordstern

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