Anthropologie / Psychologie Moral im realen Test

carlos1
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Re: Moral im realen Test
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 22.11.2013, 11:52:23
Hallo adam, nur als Ergänzung.

Petrus in Jerusalem
1 Es kam aber vor die Apostel und Brüder, die in dem jüdischen Lande waren, daß auch die Heiden hätten Gottes Wort angenommen.
2 Und da Petrus hinaufkam gen Jerusalem, zankten mit ihm, die aus den Juden waren, 3 und sprachen: Du bist eingegangen zu den Männern, die unbeschnitten sind, und hast mit ihnen gegessen. (Galater 2.12)

4 Petrus aber hob an und erzählte es ihnen nacheinander her und sprach:
5 Ich war in der Stadt Joppe im Gebete und war entzückt und sah ein Gesicht, nämlich ein Gefäß herniederfahren, wie ein großes leinenes Tuch mit vier Zipfeln, und niedergelassen vom Himmel, das kam bis zu mir. (Apostelgeschichte 10.9-48)
6 Darein sah ich und ward gewahr und sah vierfüßige Tiere der Erde und wilde Tiere und Gewürm und Vögel des Himmels. 7 Ich hörte aber eine Stimme, die sprach zu mir: Stehe auf, Petrus, schlachte und iß! 8 Ich aber sprach: O nein, HERR; denn es ist nie etwas Gemeines oder Unreines in meinen Mund gegangen. 9 Aber die Stimme antwortete mir zum andernmal vom Himmel: Was Gott gereinigt hat, das mache du nicht gemein. 10
carlos1
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Re: Moral im realen Test
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 21.11.2013, 09:53:36
"Nein, es gibt keine Moral des Marktes, denn "der Markt" ist ein imaginärer Faktor, der weder denkt noch fühlt und es ist bekannt, daß der Wert eines Mauselebens geringer "gehandelt" wird als der eines Menschen, aber höher als eines Käfers usw." adam

Der Markt ist doch kein imaginärer Faktor, sondern er besteht vielmehr in der Beziehung der Marktteilnehmer, die nach Marktregeln ablaufen. Keineswegs ist das Geld Voraussetzung für den Markt. Auch in Form von Realtauschbeziehungen kann sich ein Markt bilden. Der Schwarze Markt ist vielen aus der Nachkriegszeit bekannt.

Voraussetzung für eine Marktbeziehung unter Marktteilnehmern ist das Bedürfnis nach Tausch, der Bedarf an knappen Tauschgütern. Dies Bedürfnis bildet einen Wert ab, der auf einen Zweck hinzielt. Der Bedarf an Gütern (Nahrung, Kleidung, Werkzeug etc), der durch Tausch erlangt werden soll, ist Voraussetzung für das Zustandekommen eines Marktes.

Das Vorhandensein eines Van Gogh-Bildes, das auf einer Auktion ersteigert werden könnte, ist streng genommen auch ein Markt, jedoch ein sehr enger. Das Hinzutreten des Geldes verändert die Tauschbeziehungen und ermöglicht Flexibilität und Aufschub des Kaufs (Tausches), was auch Sparen (= Konsumverzicht) genannt werden kann. Der Wert eines VanGoghs zu dessen Lebzeiten und heute ist extrem unterschiedlich. Er spiegelt einen Wert wieder, der dem Werk beigelegt wird.

Betrachtet man den 1. Versuch des Herrn Falk, so ist festzustellen, dass zunächst einmal kein Gut gekauft oder getauscht werden kann. Wer hat denn echten Bedarf an einer Maus? Es geht bei dem Versuch Nr 1 auch nicht um die Simulation eines Marktes. Es fehlen Marktbeziehungen und Marktteilnehmer und es gibt nur ein Gut: Eine Labormaus eben, aber nur als Gattung. Es ist also ein psychologischer Test oder eine statistische Erhebung. Mehr nicht. Er zeigt auch, dass es nicht um Ökonomie geht, also nicht um einen zu erzielenden Grenznutzen. Der Marktpreis besteht im möglichen Verzicht auf den Erwerb der Maus und deren Rettung vor dem Tod, also ein ideeller Wert, sofern überhaupt mit der Existenz der Maus ein Wert verknüpft wird - für den Prof. ist das der Knackpunkt. Was herauskommt ist eine statistische Erhebung für den Professor, der provozieren will, weil er den Erhalt des Leben einer Maus gleich setzt mit Moral. Geht es um Moral? Eher geht es um Gefühle.

Was ich mit der Erwähnung der Marktbeziehungen in diesem Zusammenhang andeuten möchte, ist die Mechanik, die in dem Vorgehen beim Test steckt.

"Die ganze Wahrheit ist, dass die Volkswirtschaftslehre auf die Weise, wie sie heute professionell ausgeübt wird, in jenem strengen Sinne eine mechanistische Wissenschaft ist, wie sonst nur noch die klassische Physik." N. G. Roegen, The Entropy Law and the Economic Process, London-London, 1971 (zit. nach Brodbeck, die fragwürdigen Grundlagen der Ökonomie)

Wird die Physik in Form ihrer naturwissenschaftlichen Methodik auf die menschliche Wirtschaft angewendet, so ergibt das keineswegs ein erfolgreiches wissenschaftliches System. Formal mag sie exakt sein in der Erfahrung ist sie nichts weiter als Beliebigkeit.

"Der Mechanismus ist jedoch eine oberflächliche und gedankenarme Bertachtungsweise, mit welcher weder in Beziehung auf die Natur noch viel weniger in Bezug auf die geistige Welt auszulangen ist. G.W. F. Hegel

Vor Jahren öffnete ich im Frühjahr die Komposttonne und erschrak. Eine Maus hatte ihr Nest oben auf den Abfällen gebaut und das Nest wuselte von einem halben Dutzend nackter Jungen. Die Mäusemama beeilte sich sofort ihre Kleinen in Sicherheit zu bringen. Sie nahm kaltblütig eines ins Maul und verschwand, kam wieder. Ich hätte diese "Schädlinge" vernichten können. Aber ich konnte es nicht. Dieses Tier imponierte mir. Es hatte den kalten Winter überstanden. Es sollte leben. Dies Gefühl bringe ich im Garten gegenüber Nacktschnecken nicht auf, aber gegenüber Hasen. Eidechsen, nicht gegenüber Blattläusen und Spannerraupen an Kirschbäumen. Werterelativismus? Wertesubjektivimus auf jeden Fall.

Ökonomisches Handeln ist an Werte geknüpft, an Zwecke, die in den Dingen und in der Natur zu finden sind. Kann die Natur Zwecke, die sie hat einfach dadurch legitimieren, dass sie sie hat? Meiner Ansicht nach nein. Kein Sein kann ein Sollen begründen. Müssen wir zugestehen, dass etwas, was allgemein vorkommt, auch ethisch gültig also moralisch sein muss?
ehemaligesMitglied33
ehemaligesMitglied33
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Re: Moral im realen Test
geschrieben von ehemaligesMitglied33
als Antwort auf carlos1 vom 30.12.2013, 23:03:09
hallo, lieber carlos,
hab dich per zufall im forum erwischt,
bin froh, dass es dich noch gibt.
wo warst du denn untergetaucht?
und danke für deinen tollen artikel,

mit lieben grüßen,

witta

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