Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...

Innenpolitik Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...

olga64
olga64
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von olga64
als Antwort auf schorsch vom 30.03.2023, 17:15:30

Lieber Schorsch,

ich war und bin der Meinung ,dass die zwar erfolgreiche, aber doch recht kleine Schweiz sich mit der Grösse seiner Banken schon seit langem stark übernommen hat. Auch die jetzige Fusion mit der UBS dürfte mE. auf Dauer nicht die Rettung sein. Es kann vielmehr dazu führen, dass bei der nächsten Rettung der noch grösseren Bank (UBS/CS) die Schweizer Steuerzahler noch mehr Geld bezahlen müssen als jetzt schon.
Aber es hat - mit Verlaub - nichts mit dem eskalierenden Fachkräftemangel in Deutschland und anderswo zu tun; denn ich denke kein früherer CS-Banker würde sich bereit erklären, zB.im deutschen Pflegebereich oder der Gastronomie zu arbeiten (und für die zu Pflegenden oder zu BEdienenden finde ich das auch ausgesprochen gut, dass sie davon verschont bleiben).
LG Olga

MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von MarkusXP

Die ermittelten Zahlen sind ja weitgehend bekannt: wir müssten in etwa 400.000 Zuwanderer bzw. Fachkräfte pro Jahr haben ... geschätzt über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahre, also in etwa 4 Mio.  ... hinzu kommen noch ggf. Ehepartner, die dann auch zum großen Teil eine Familie haben bzw. gründen werden.

Ob die überhaupt kommen würden, ist allein schon die große Frage, Olga hat ja einige Hinderungsgründe erwähnt, es gibt noch einige mehr.

Lehrer- und Wohnungsmangel fällt mir da spontan ein, auch sind wir Germanen nicht gerade als überaus fremdenfreundlich bekannt. Kurzum: ich glaube nicht, dass wir die entstehende Lücke schließen werden.

Schon heute können wir etwa 2 Mio. Stellen in der Wirtschaft nicht besetzen. Die Schar der Arbeitslosen hat nicht die nötige Qualifikation ... und wird sie auch nach Meinung von Fachleuten, nur in geringer Zahl durch Weiterbildung erreichen.

Nach meiner Auffassung müssen wir zwar alles versuchen, uns aber auch damit befassen was zu tun ist,  wenn das schief geht ... und die Folgen sind enorm!

Der Arbeitsmarkt hat sicher noch einige Reserven ( Teilzeit, Frauenerwerbsquote u.a. ) aber das wird nicht lange reichen. Ich habe auch keine Glaskugel, sehe trotzdem eher dunkle Zeiten auf uns zukommen!
MarkusXP

olga64
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RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von olga64
als Antwort auf MarkusXP vom 30.03.2023, 17:58:42

Wir sind als Deutschland nicht das einzige Land, das mit diesen Probleme konfrontiert ist. Aber andere Länder haben es vermutlich leichter, Menschen aus Drittländern in deren Staaten zu locken, z.B. auch wegen der internationalen Sprache Englisch,d ie leichter erlernbar ist als Deutsch und von sehr vielen bereits gesprochen wird.
Aber wir sollten nicht schon im Vorfeld aufgeben - wir müssen uns attraktiv für Menschen machen, die ausreisewillig sind. Bisher war dies trotz immer wieder durchgeführter Versuche, Einwanderungspolitik zu ändern, nicht stark ausgeprägt. Es gibt ja immer noch besorgte Bürger, die erklären "Deutschland sei kein Einwanderungsland"....
MeineHoffnung sind die jungen, nachfolgenden Generationen weltweit. Auch Deutsche sind hier meist schon anders aufgewachsen, sind mehr gereist, waren im Schüleraustausch in anderen Ländern oder studierten einige Semester in einem anderen Land.
Sie wissen und haben erfahren, was es bedeutet "Fremder" zu sein und reagieren hoffentlich anders darauf.
Was sie vom Potential deutscher Arbeitsloser schreiben, stimmt - dazu kommt noch, dass bei vielen chronische Krankheiten hinzukommen und auch Alkoholismus und Drogensucht, bzw. auch eine kriminelle Biografie, die es erschwert, wieder Zugang auch zur beruflichen Gesellschaft zu finden. Wenn dann noch jemand weder Schul- noch Berufsausbildung hat, wird er oder sie vermutlich lebenslang auf staatliche Transferleistungen angewiesen sein - aber auch die muss jemand erwirtschaftten. Olga


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MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf olga64 vom 30.03.2023, 18:39:02

Ich setze auch, liebe Olga, auf die junge Generation!

In meinem Boule Club bin ich mit fast 70 Jahren schon eher der jüngeren Generatio zugehörig. Was da zum Thema Zuwanderung teilweise vom Stapel gelassen wird ist ... lassen wir das! Trotzdem kann man mit ihnen gut Boule spielen.

Die "Alten" sind kaum noch zu ändern, positiv wie negativ, die haben ihre feste Meinung! Mein Sohnemann ( Schüleraustausch, Auslandssemester, inzwischen Anfang 30 ) ist da vollkommen anders gepolt. Da fängt eine Besprechung in deutsch an, dann kommt ein Inder dazu, es wird die Sprache gewechselt, das Protokoll ist sowieso in english, die Gesprächsteilnehmer sind teilweise auf anderen Kontinenten ... da herrscht ein anderes Klima, es wird international gedacht!

Uns fehlen aber auch Handwerker, vom Heizungsbauer bis zum Bäcker, vom Elektriker bis zum Maurer! Ich weiß nicht, wie international da die Menschen denken, wie willkommen dort Leute anderer Hautfarbe und Sprache sind ... 

Wenn wir uns als Staat nicht global öffnen, Leute, die hier arbeiten wollen auch willkommen heißen, und - ich sagte es schon - auch eine entsprechende Infrastruktur schaffen, dann werden wir verlieren!
MarkusXP

 

ingo
ingo
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von ingo
Meine Meinung:

-Vorab: Deutschland ist kein Einwanderungsland, sondern ein Zuwanderungsland. Für den Begriff "Einwanderungsland" fehlt uns schlichtweg ein praktikables Einwanderungsgesetz.
-Schröder hat ja schonmal versucht, mit Greencards Fachkräfte anzulocken. Ihr erinnert Euch noch? Erfolg gegen Null.
-Wenn jetzt mit anderen Mitteln Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden, dann klauen wir diesen Ländern ihre fähigsten Kräfte, die sie eigentlich selber brauchen. Da beißt keine Maus den Faden ab .
-Wir haben eigentlich kein Fachkräfteproblem, sondern ein Bildungsproblem. Wenn unsere Bildungspolitik über Jahrzehnte hinweg nicht so katastrophal gewesen wäre, hätten wir genügend Fachkräfte. Leider gehört zum Thema Bildungspolitik auch, dass es nicht gelungen ist, die ausländischen Schüler, die Merz leichtsinnigerweise als "Paschas" bezeichnet hat, die es aber faktisch massenhaft gibt, so zu integrieren, dass sie zumindest einen Hauptschulabschluss bekommen. Fakt ist aus meiner Sicht auch, dass diese nicht integrierten im Hinblick auf ihren Lernwillen auch auf andere Schüler abgefärbt haben. Als Beweis dafür wollte ich Euch eigentlich bei YouTube massenweise Beiträge anzeigen lassen, die dort jahrelang unter dem Titel "Krieg an Schulen" gelaufen sind. Klappt leider nicht mehr, weil unter den Stichworten mittlerweile nur Themen im Zusammenhang mit der Urkaine auftauchen. Ich mag auch nicht seitenlang zurückblättern, kenne aber die Beiträge gut, in denen genau diese Bildungsalltags-Katastrophe  geschildert wurde.
Ich fühle mich bezüglich unseres Themas "Fachkräftemangel" echt hilflos, weil ich mir eine Umstellung unseres Schul- und Bildungssystems "mit der Brechstange" überhaupt nicht vorstellen kann, zumal da 16 Länder unter einen Hut gebracht werden müssten. Ein schrottiges Bildungssystem mit zweifelhaften Auslands-Anwerbungen zu ersetzen, ist für mich aber gewiss nicht der richtige Weg.
Mein Fazit: Ich kann froh sein, dass ich die Auswirkungen nicht mehr miterleben muss....Eine deprimierende Feststellung.
Leutnant_der_Reserve
Leutnant_der_Reserve
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von Leutnant_der_Reserve
als Antwort auf ingo vom 31.03.2023, 11:37:18

Deinem Beitrag kann ich 100%-ig zustimmen, ingo. Die Ursache desProblems liegt im (bewusst) verluderten Bildungssystem.


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schorsch
schorsch
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RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von schorsch
als Antwort auf olga64 vom 30.03.2023, 17:28:16
Lieber Schorsch,

ich war und bin der Meinung ,dass die zwar erfolgreiche, aber doch recht kleine Schweiz sich mit der Grösse seiner Banken schon seit langem stark übernommen hat. Auch die jetzige Fusion mit der UBS dürfte mE. auf Dauer nicht die Rettung sein. Es kann vielmehr dazu führen, dass bei der nächsten Rettung der noch grösseren Bank (UBS/CS) die Schweizer Steuerzahler noch mehr Geld bezahlen müssen als jetzt schon.
Aber es hat - mit Verlaub - nichts mit dem eskalierenden Fachkräftemangel in Deutschland und anderswo zu tun; denn ich denke kein früherer CS-Banker würde sich bereit erklären, zB.im deutschen Pflegebereich oder der Gastronomie zu arbeiten (und für die zu Pflegenden oder zu BEdienenden finde ich das auch ausgesprochen gut, dass sie davon verschont bleiben).
LG Olga
Liebe Olga

Ein junger Schweizer SP-Politiker hat diese Woche gesagt (dem Sinne nach zitiert): "Die Schweiz ist zu klein für eine so grosse Bank".

Wenn es nach mir ginge, dann müsste jeder, der sich befugt fühlt, 10`000 Menschen in einem Unternehmen zu führen, mal erst ein paar Jahre als Pfleger arbeiten. Dann würde er vielleicht auch lernen, wie man seine "Untergebenen" pflegt!
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von Mareike
als Antwort auf ingo vom 31.03.2023, 11:37:18
Vieles was ich in den Kommentaren lese - vorwiegend von Jugendlichen geschrieben - kann ich bestätigen.
Mareike
MarkusXP
MarkusXP
Mitglied

RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf ingo vom 31.03.2023, 11:37:18

Einen Fachkräftemangel gibt es ja auch in anderen Ländern, vielleicht nicht ganz so ausgeprägt wie bei uns, aber auch Frankreich hat da große Probleme. Da gab es auch einen "Pillenknick", also geburtenstarke Jahrgänge, die in den kommenden Jahren aus dem Berufsleben ausscheiden und zu wenige, die in selbiges einsteigen. Eine Geburtenrate von knapp 2,1 hat ja kein Europäisches Land.

Bei uns sind es 400.000 Werktätige, die mehr aus dem Berufsleben ausscheiden als nachwachsen.

Ausländische SchülerInnen kann man m.E. nur zu einem gehobenen Bildungsabschluss führen, indem man sie in der Schule ganztags betreut. Schwierige Wohnverhältnisse, bildungsferne Eltern, keine Ruhe Zuhause und vielleicht nur wenige Lernimpulse könnten die Gründe sein. Auf der anderen Seite ein eklatanter Personalmangel ...  mal so als Stichworte. Da wäre eine ganze Menge zu machen, volle Zustimmung von meiner Seite!

Das wird aber nicht reichen, denn es fehlen ja nicht nur Handwerker, sondern auch Frauen und Männer mit einem höheren Bildungsabschluss ... und die wird man aus diesem Pool nicht ausreichend rekrutieren können! Da bedarf es einer Zuwanderung, sonst wandern uns in einem nächsten Schritt die Firmen ab und verlassen Deutschland, vielleicht auch Europa und gehen in andere Länder. Kapital fackelt da nicht lange! Aber noch ist es ja nicht so weit, wir haben ja in Deutschland auch einige spektakuläre Industrieansiedlungen in den letzten Jahren gehabt.

Das moralische Dilemma sehe ich auch! Oft bilden ja staatliche Bildungseinrichtungen ihre Leute aus ... und dann gehen sie dahin, wo es - vermutlich -  besser ist als in der Heimat, oder aber, sie werden massiv angeworben. Aber was sind die Alternativen? Auf Anwerbung verzichten? Dem Staat eine Entschädigung zahlen? Investitionen in dem entsprechenden Land sind mir noch am sympathischsten ... das müssten aber Firmen machen, die natürlich auch wirtschaftlich denken.

Beim letzten "Bildungsgipfel" hat man es ja gesehen, die Länder nehmen doch den Bund überhaupt nicht für voll, haben andere Termine wenn eingeladen wird! Da ist nichts zu machen, da geben die Länder nichts ab! In einigen klappt das ja auch ganz gut, aber ein Flickenteppich wird es immer bleiben.

Wir dürfen aber nicht so tun, als wenn die halbe Welt nur scharf darauf wäre, in Deutschland zu arbeiten! Viele Hochqualifizierte wandern sogar ab und arbeiten lieber in z.B. den USA, wo angeblich die Bedingungen deutlich besser sind als bei uns. Da muss sich auch etwas tun!

Beliebt sind wir vor allen Dingen bei Schutzsuchenden, da ist Germany die erste Adresse!
MarkusXP









 

olga64
olga64
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RE: Das Schauermärchen vom Fachkräftemangel...
geschrieben von olga64
als Antwort auf MarkusXP vom 31.03.2023, 14:22:22

Im Pflegebereich werden wir bald so weit sein,dass pflegebedürftige Menschen nur noch die Wahl haben, von einem Roboter bedient zu werden, wenn sie es ablehnen, dass ausländische Hilfskräfte diesen schweren Job am Menschen erledigen.
Vielleicht erfolgt dann ein Umdenken - ist ja auch beim Klimawandel so: der interessiert nun mehr und mehr die Menschen (obwohl die Gefahren seit Jahrzehnten kommuniziert werden), weil die Problematik sukzessive in die persönlichen Bereiche Einzug hält.
Als unsere Mutter im Altenheim ihre letzten 10 Jahre verbrachte, beschimpft sie in alter Nazi-Manier dort beschäftigte, ausländische Pflegekräfte.Mein Bruder und ich mussten bei unseren Besuchen immer zuerst die Entschuldigungsrunde drehen und Trinkgelder verteilen.
Das würden sich vermutlich heutige, sehr gesuchte Pflegekräfte nicht mehr so gefallen lassen, unabhängig von deren Pass. Die würden einfach diese Arbeitsstelle verlassen und anderswo anheuern - gefragt sind sie überall, wo die Bevölkerung immer mehr vergreist. Olga


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