Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Warum Theater-Subventionen?

Innenpolitik Warum Theater-Subventionen?

rolf †
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von rolf †
als Antwort auf fritz_the_cat vom 21.12.2009, 16:45:53
Wahrscheinlich können die Theaterbesucher die Wohltaten besser würdigen als die Schüler, zu deren Gunsten das Geld m.M.n. besser angelegt wäre.
fritz_the_cat
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von fritz_the_cat
als Antwort auf olga64 vom 21.12.2009, 17:21:53

Aber es ist, wie es ist: jemand ohne jegliche kulturelle Interessen hat kein Verständnis dafür. Er weiss halt leider auch nicht, wie schön und nachklingend es ist, eine gute oder auch kontroverse Theater- oder Opernaufführung gesehen oder miterlebt zu haben. Für mich sind dies schon arme Menschen (nicht unbedingt monetär gemeint). Olga

In unserem Dorf war vor einigen Wochen ein Choral mit instrumentaler Begleitung in der Kirche. Es war sehr schön und sehr nachklingend, obwohl es keinen Eintritt gekostet hat und man beim Ausgang einen Obulus zahlen durfte (aber noch nicht einmal mußte).
War ich deshalb in armer Mensch?
fritz_the_cat
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von fritz_the_cat
als Antwort auf josie vom 21.12.2009, 17:26:56
Heute bei stern.de:
Meine Meinung ist immer noch: Wer es sich nicht leisten kann, beim 5-Sterne-Koch essen zu gehen, soll mit einem Tagesessen auskommen. So ist es auch bei Theatervorstellungen. Es gibt genügend Laiengruppen. Werden "Holliday and Ice" oder die Musicals wie beim SI in Stuttgart eigentlich auch subventioniert? Und ich finde, bevor man Schwimmbäder schließt, sollte man mit dem Stadttheater anfangen, bevor es für alles zu spät ist.
Hier der Text:
Unterdessen nähern sich die die Kommunen bereits dem finanzpolitischen Koma. Wie Stephan Articus, der Präsident des Deutschen Städtetages, der Agentur dapd sagte, rechnen die Kommunen 2010 mit einem Rekorddefizit von elf Milliarden Euro, weil die Einnahmen aus der Gewerbesteuer wegbrechen und gleichzeitig die Sozialausgaben steigen. Laut Articus sind die Konsequenzen jetzt schon zu besichtigen: In Wuppertal müssten Schwimmbäder, Schulen und das Stadttheater geschlossen werden, Oberhausen werde für überschuldet erklärt und dürfe keine Auszubildenden mehr einstellen. Das in dieser Situation die kommunalen Gebühren steigen werden, darf als gesichert gelten. Articus: "Die derzeitige Finanzmisere der Kommunen ist beispiellos in der Nachkriegsgeschichte."

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adam
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von adam
als Antwort auf fritz_the_cat vom 26.12.2009, 17:31:02
Meine Meinung ist immer noch: Wer es sich nicht leisten kann, beim 5-Sterne-Koch essen zu gehen, soll mit einem Tagesessen auskommen.
geschrieben von fritz the cat


@fritz the cat,

das Rad wurde nicht erfunden, weil jemand meinte, es brauchen zu können oder weil es bezahlt werden konnte. Es ist Teil der kulturellen Entwicklung, es gehört zum Kulturgut der Menschheit.

Kultur betrifft nicht nur die Künste, sondern auch Technik, Politik und Wirtschaft. Wenn wir Theater erhalten, erhalten wir ein Stück Kreativität. Können wir es uns leisten auf Kreativität zu verzichten? Ich glaube nein. Kreativität ist täglich von jedem Menschen gefordert und betrifft jeden.

Zum Beispiel verlangen wir zu Recht die Umgestaltung des internationalen Finanzhandels, auch hier ist Kreativität gefordert. Das Geld, das uns die Theater kosten, ist dagegen ein Klacks. Auf Kreativität verzichten heißt, auf ein Stück dessen zu verzichten, was Menschen möglich ist. Kreativität unterscheidet uns Menschen von den anderen Lebewesen dieser Erde.

--

adam

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benny
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von benny
als Antwort auf adam vom 26.12.2009, 19:22:24
Das hört sich gut an, ja sogar logisch!

Wie aber wäre es die Kreativität so anzuwenden daß die Einnahmen durch die Zuschauer/Sponsoren ausreichen um kreativ zu sein?
Sprich Theater zu spielen und Opern aufzuführen.

benny
fritz_the_cat
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von fritz_the_cat
als Antwort auf adam vom 26.12.2009, 19:22:24

Wenn wir Theater erhalten, erhalten wir ein Stück Kreativität. Können wir es uns leisten auf Kreativität zu verzichten? Ich glaube nein. Kreativität ist täglich von jedem Menschen gefordert und betrifft jeden.
geschrieben von adam

Aber diese Kreativität müssen wir nicht in jeder Oper neu erfinden. Wer sie sehen will, kann sich auch eine Fernsehaufzeichnung davon anschauen. Ist genauso kreativ wie eine Originalaufführung, nicht so elitär, nicht in diesem Rahmen, aber genauso informativ.
Die Kreativität ist wirklich von vielen Menschen gefordert, wie sie am nächsten Tag sich ihr Brot besorgen können.

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adam
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von adam
als Antwort auf benny vom 26.12.2009, 19:41:16
Wie aber wäre es die Kreativität so anzuwenden daß die Einnahmen durch die Zuschauer/Sponsoren ausreichen um kreativ zu sein?


Das ist zugegebenermaßen schwierig benny,

weil viele Leute so denken wie fritz.

--

adam
fritz_the_cat
fritz_the_cat
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von fritz_the_cat
als Antwort auf adam vom 26.12.2009, 19:22:24

Auf Kreativität verzichten heißt, auf ein Stück dessen zu verzichten, was Menschen möglich ist. Kreativität unterscheidet uns Menschen von den anderen Lebewesen dieser Erde.
--
adam
geschrieben von adam

Hier ein von mir etwas abgeänderter Text, damit du siehst, daß die Krativität keine Grenzen hat und kein Theater braucht:
Der Einsatz von Stinkgas gegen Obdachlose in der Pariser Vorstadt Argenteuil (nordwestlich der Hauptstadt) wird kreativer eingesetzt. Die Maßnahme hatte zu Anfang dieser Woche eine heftige Polemik ausgelöst. (Vgl. http://www.taz.de) Am vergangenen Freitag hatte der Bürgermeister von Argenteuil, der UMP-Politiker und Abgeordnete der Nationalversammlung Georges Monthron, den Erwerb und Einsatz des übelriechenden Produkts „Malodor“ in diesem Zusammenhang eingestanden. Der Name setzt sich aus ‚mal’, „schlecht“ und ‚odor’ für odeur (Geruch) oder odorat (Geruchssinn) zusammen.

Bürgermeister Mothron bestritt, dass die Kommune „Hetzjagd auf Arme“ betrieben hatte, und sah stattdessen eine „Bürgermeister-Hetzjagd“ (gegen sich selbst) am Werk. (Laut Kurzmeldung in ‚Libération’ vom Dienstag.) Parallel dazu erfuhr man, dass die Firma Firchim, die das Produkt verkauft, dieses Produkt nun auch in verschiedenen "Gerüchen" anbietet (so die Boulevardzeitung ‚Le Parisien’ am Dienstag auf S. 2). Auch wolle die Firma keine näheren Einzelheiten zu seiner chemischen Zusammensetzung und zu seinem Preis äußern, um den gespitzten Ohren der Konkurrenz keine Ideen einzuflüstern.

Mothron, der 2008 in die Nationalversammlung – das Unterhaus des französischen Parlaments – gewählt und im Juni 2009 wiedergewählt worden ist (vgl. hier sein Konterfei: http://www.assemblee-nationale.fr/13/tribun/fiches_id/2242.asp), zählt zu den Vorreitern bei städtischen Erlassen gegen „Bettelei“ und im Stadtbild „störende Personen“. Im Jahr 2008 hatte das von ihm geführte Rathaus einen kommunalen Erlass zum Bettelverbot herausgegeben, als eine der ersten Kommunen der Hauptstadtregion Ile-de-France. Vor zwei Jahren hatte es diese Anordnung erneuert, um „der Ausbreitung einer ansteckenden Hautkrankheit“ (la gale, eine Art Krätze) sowie „die Geruchsbelästigung“ durch die Anwesenheit von Obdachlosen einzudämmen. In diesem Jahr war das umstrittene Stinkprodukt in einem Einkaufszentrum in Argenteuil, ‚Côté Seine’, mindestens einmal „testweise“ eingesetzt worden. Die städtischen Behörden berufen sich daraus, die Obdachlosen hätten durch ihre „ständige Anwesenheit“ einen der Notausgänge des Einkaufszentrums versperrt (laut ‚Le Monde’ vom Montag Abend).

Die rechtsextreme Wochenzeitung ‚Minute’, die zwischen dem konservativen Block und Jean-Marie Le Pen steht, verteidigte die Praktiken von Argenteuil. Sie machte sich über die Einwände der Sozialdemokraten lustig: In einer Kariktatur zeichnet sie (vor dem Hintergrund des anhaltenden selbstzerfleischenden Streits unter den profilierungswütigen „sozialistischen“ Parteigrößen) einige Spitzenpolitiker der Partei, die sich gegenseitig mit Hämmern unangespitzt in den Boden rammen. Dabei wiederholen die Beteiligten an der grotesken Szene – unter ihnen Laurent Fabius und Ségolène Royal - in rythmischem Tonfall, der Erlass von Argenteuil sei „ein nicht hin-nehm-barer An-griff auf die Men-schen-würde“. Die Szene ist jedoch so konstruiert, dass der Vorwurf aufgrund ihres eigenen Handels nur grotesk wirkt.

Sowohl die liberale Pariser Abendzeitung ‚Le Monde’ (in ihrer Ausgabe vom Montag Abend) als auch die Boulevardzeitung ‚Le Parisien’ (im Tagesthema ihrer Dienstagsausgabe) widmen sich dem Phänomen der zunehmenden Ausgrenzungstendenzen gegenüber „störenden Elementen im Stadtbild“. ‚Le Parisien’ berichtet darüber unter der Titelschlagzeile auf der Seite 1: „Verbannt!“, und stellt einen Zusammenhang zu den frankreichweit anstehenden Kommunalwahlen im März 2010 her: „Sechs Monate vor den Rathauswahlen wetteifern die kommunalen Mandatsträger darin, ‚Ideen’ zu finden, um die ‚Ungestörtheit’ der Anwohner zu sichern...“

Sowohl ‚Le Monde’ als auch ‚Le Parisien’ erinnern dabei an Mabnahmen wie den Austausch der Sitzbänke in der Pariser Métro durch Einzelsitze in Form von Plastikschalen, in denen man nur sitzen, aber nicht liegen kann. (Die Obdachlosen rollen sich allerdings in ihnen zum Schlafen zusammen.) Beide Zeitungen erinnern an die kommunalen Erlasse zum Bettelverbot, die es in den letzten Jahren sowohl von konervativ als auch sozialdemokratisch geführten Rathäusern gibt: Beauvais, Creil (nördlich von Paris), Epinay-sur-Seine (bei Paris), Lyon, Montpellier, Boulougne-sur-Mer (am Ärmelkanal), Bordeaux, Angoulême, Agen (Südwestfrankreich) oder eben Argenteuil. In Paris, so erfährt man weiter, kämen immer wieder auch die Zelte abhanden, die von der Organisation ‚Ärzte der Welt’ (Médecins du Monde) an Obdachlose ausgeteilt worden sind: Sie werden von Polizisten abgebaut, und die Obdachlosen an den geographischen Rand des Stadtgebiets abgedrängt. Beide Blätter erinnern daran, dass im Juli am innerstädtischen Kanal (Canal Saint-Martin) in Paris zwei Dutzend zeltende Obdachlose durch die Polizei „eingesammelt“ und verhaftet bzw. vertrieben worden sind. Die Zeitungen schreiben aber nicht dazu, dass es sich in diesem Falle um afghanische (Bürger-)Kriegsflüchtlinge handelt, die an diesem Ort im Pariser 10. Bezirk ihren Sammelpunkt hatten.

Bis zur totalen Neufassung des französischen Strafgesetzbuchs (Code Pénal), die am 1. Januar 1994 in Kraft traten, bildeten „Vagabundentum“ (vagabondage) sowie Bettelei zumindest theoretisch Straftatbestände. Das durch die Politik forcierte Vorgehen gegen diese Phänomene hat allerdings erst nach diesem Zeitpunkt an Schwung zugenommen. Im Jahr 1996 vervielfachten sich erstmals die kommunalen Erlasse zum Bettel- und Aufenthaltsverbot, vorangetrieben vor allem von einigen südfranzösischen Städten während der Touristensaison. Nizza, das von einem rechten bis rechtsradikalen Bürgermeister (Jacques Peyrat, bis 1994 beim Front National, seit 1996 bei den Neogaullisten und jetzt bei der konservativen Sammlungspartei UMP) regiert wird, tat sich dabei besonders hervor: Dort wurden die Obdachlosen im Stadtgebiet durch Kommunalpolizisten aufgesammelt und zu einem „Unterbringungszentrum“ 15 Kilomter auberhalb der Stadt, in den Meeralpen, verfrachtet. – Seit dem Inkrafttreten des neuen „Gesetzes zur Inneren Sicherheit“ (LSI, welches das „Gesetz zur Sicherheit im Alltag“ LSQ der sozialdemokratischen Vorgängerregierung vom Herbst 2001 fortschreibt und radikalisiert) unter dem damaligen Innenminister Nicolas Sarkozy 2003 bilden bestimmte Formen von Bettelei jedoch inzwischen wieder einen Straftatbestand. „Aggressives Betteln“, in Gruppen oder begleitet von Hunden bzw. unter Einsatz von Kindern, können demnach strafrechtlich verfolgt werden. Dabei können bis zu 6 Monate Haft (bisher nur in der Theorie) drohen.
adam
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von adam
als Antwort auf fritz_the_cat vom 26.12.2009, 21:29:02

@fritz,

im Linktext entdecke ich das Wort "kreativ" nicht. Das hast also Du eingefügt, nur warst Du da, nach meinem Verständnis, nicht kreativ, sondern hast in Deinem Sinn manipuliert.

Die Kreativität, die ich im kulturellen Tun des Menschen anspreche, hat etwas Schöpferisches und nichts mit dem Einsatz von Stinkgas gegen Obdachlose zu tun. Dein Link ist eher ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn Menschen sich von kulturellem Gut abwenden, hier vom humanen Handeln.

--

adam

PS: Lieber Geld für Theater ausgeben und Obdachlose zur Vorstellung einladen als Stinkgas für die Vertreibung der bedauernswerten Menschen zu kaufen.

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fritz_the_cat
fritz_the_cat
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Re: Warum Theater-Subventionen?
geschrieben von fritz_the_cat
als Antwort auf adam vom 26.12.2009, 21:56:45
Einstein hat auch etwas "geschaffen", war also schöpferisch. Das Ergebnis muß also nicht unbedingt human sein, wenn man schöpferisch sein will. Und da hat dieser Bürgermeister schon mal etwas vorgemacht. Und ich bin sicher: Ist eine Tür erst einmal aufgemacht, kann sie nicht wieder zugemacht werden, siehe Atombombenabwürfe, siehe Genmanipulation, siehe (Steuer-)Gesetze, die nicht rückgängig gemacht werden.

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