Innenpolitik Würde

Bias
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Würde
geschrieben von Bias
In Deutschland, gemeinhin "eines der reichsten Länder der Erde" genannt, gilt die Würde des Menschen als unantastbar.

Um dem Anspruch gerecht zu werden hat jetzt Frau Henriette Reker, Kölns OB, darauf hingewiesen, dass in ihrer Stadt kein Mensch in Kältenächten auf der Straße schlafen muss.
Einsatzkräfte in Nordrhein-Westfalen sprechen zur Zeit zahlreiche Obdachlose an und bringen sie in warme Unterkünfte, berichtet der FOCUS.*

Man erkennt daran: Wenns um den Erhalt der Würde geht wird staatlicherseits nicht nur gegendert und auf korrekten Sprachgebrauch geachtet und hingewiesen, wie böse Zungen behaupten; es wird  auch für alle gesorgt.

* https://www.focus.de/panorama/welt/winter-hammer-trifft-deutschland-beamte-helfen-obdachlosen-in-bitterkalter-winternacht-was-sie-tun-koennen_id_12953431.html
Lorena
Lorena
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RE: Würde
geschrieben von Lorena
als Antwort auf Bias vom 07.02.2021, 10:53:51

Danke für den neuen Thread und den Link @Bias

Diese ist auch jedes Jahr in meiner Region und Stadt ein immer wiederkehrendes Drama und Thema.
Nachdem die letzten Jahre einige wohnungslose Menschen in Kälte verstorben sind, ist man aufgewacht und hat dafür Abhilfe geschaffen, indem es Ärzte und Pfleger mit einem gut ausgestattetem Krankenwagen gibt, die Leute dort an ihren Schlafstellen mit Essen und warmen Getränken versorgen, bei Bedarf mit Decken und Schlafsäcken. Das klappt wohl sehr gut, ich habe nichts nachteiliges gehört, habe aber auch keine wohnungslosen Menschen befragt. Denn es gibt immer noch sehr viele, die auch die Aufnahme für nachts in Schlafhäusern scheuen. Als Grund wird angegeben: zu lange Wartezeiten in der Schlange bis man eventuell bei viel Glück einen Schlafplatz bekommt - d.h. ganz früh schon mittags anstehen und wenn man Pech hat, war man grade fast drin, aber doch nicht,  weil alles schon belegt ist. Der Mittag ist rum und nun gehts wieder los auf die Suche, wo schlafe ich heute Nacht und wie.   
Insgesamt muss ich aber sagen, dass in meiner Region die Wohnungslosen gut betreut werden, sie müssen nur einige Hürden nehmen und sich gut erkundigen, Zeiten einhalten und für manches auch einen kleinen Obolus entrichten, der wirklich von ihrem täglichen Geld zu bezahlen ist und das finde ich auch gut so. 
Es gibt für sie morgens angefangen Frühstück, Waschräume für Körper und Wäsche, Mittagessen, Aufenthaltsräume für sich aufwärmen und Kaffee/Tee usw. Sozialarbeiter, die ihnen bei Behördengängen usw. behilflich sind, auch für den Schreibkram usw. Kostet nix. 
Nur eben Dusche, Waschen, Frühstück, Mittagessen.  Das aber alles sehr wenig. Die Wohnungslosen bekommen ja täglich Geld zum Überleben. Wie hoch weiß ich auch nicht, vor Jahren waren es mal 18 Euro.

Wie das alles jetzt während der Pandemie bewerkstelligt wird, weiß ich nicht. Mehr kann ich zum Thema nicht mehr beitragen. Außer, dass man in der Innenstadt um die Kaufhäuser herum nachts keine schlafenden Menschen auf den Lüftungsrosten, die sind wohl warm, wie eine Heizung, sieht. 

Eben ist mir noch eingefallen,  ich möchte es erwähnen, dass sich die kirchlichen Organisationen sehr für diese Menschen einsetzen in meiner Region. Wie das in anderen Regionen ist weiß ich nicht.

Lorena

Edita
Edita
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RE: Würde
geschrieben von Edita
als Antwort auf Bias vom 07.02.2021, 10:53:51

Mich ärgern solche dämlichen Berichte kolossal und ich frage mich dann immer, bis zu wieviel Grad Außentemperatur reicht die Gnade des Staates, Menschen gnädigerweise ein Dach über den Kopf zu spendieren!
Sind es 5 oder 0 Grad, ich kann es mir nicht vorstellen, auch bei 15° draußen wohnen und schlafen zu müssen!

Edita


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Lorena
Lorena
Mitglied

RE: Würde
geschrieben von Lorena
als Antwort auf Edita vom 07.02.2021, 16:20:40

Guten Abend @Edita

Dieses Thema über Wohnsitzlose und wie unser Staat mit umgeht, ist ein weites Feld und das Thema wird in den Medien meist alle Winter lang einmal aufgegriffen. Ich glaube auch, dass diese Angelegenheit Ländersache ist oder sogar nur von den einzelnen Gemeinden abhängt. Schwieriges Thema.

Ich werde nicht weiter darüber diskutieren, wir beide scheinen sowieso keine Antwort zu bekommen.
Machen wir das lieber über PN aus. Wäre mein Vorschlag, wenn Interesse besteht. Ansonsten laufen lassen... 

LG Lorena 


Nachsatz:

In meinem vorherigen Schreiben schrieb ich von Wohnungslosen. Es sollte heißen Wohnsitzlosen. 
Das ist wohl ein ganz anderer Begriff und wird jeweils anders unterstützt. Falls das hier im Thread aber noch diskutiert wird, werden Experten und Expertinnen uns sicher das alles ganz genau erklären. ob man es wissen möchte oder nicht. 
Das Thema ist ja Würde. 

Edita
Edita
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RE: Würde
geschrieben von Edita
als Antwort auf Lorena vom 07.02.2021, 20:50:53

Guten Morgen Lorena,
warum sollen wir beide keine Antwort bekommen?
Bei Diskussionen kann man eine Antwort bekommen, muß aber nicht sein, denn in Diskussionen werden ja zig bis zig Tausende Gedanken eingebracht, da immer nur seine eigenen als "behandlungswürdig" zu betrachten, halte ich für anmaßend.
Sei mir nicht böse, natürlich schreibe ich Dir gerne eine PN, aber Diskussionen per PN, das ist nichts für mich .......
Lassen wir sich die Dinge entwickeln, manchmal gibt es ja wirklich positiv erstaunliche Entwicklungen, aber auch in die andere Richtung, und das ist ja das Spannende, man weiß nie, wo die Reise letztlich hinführt ........
Liebe Grüße - 

Edita

RE: Würde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Edita vom 08.02.2021, 07:47:51

Würde - die Würde des Menschen ist unantastbar - ist das immer noch ein Begriff mit dem sich jeder identifizieren kann? ICH glaube nicht daran. Wenn dem so wäre dürfte es keine Menschen geben, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft, ihres Andersseins oder ihrer Behinderung vergessen, unbeachtet, misshandelt oder verspottet werden.
Sich nur im Winter darüber Gedanken zu machen, dass Menschen ohne Obdach sind ist mir zu wenig. Die Würde wird diesen Menschen das ganze restlich Jahr entzogen, überall auf dieser Welt. Ganz schlimm ist es für mich wenn Kinder betroffen sind.
Bruny


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Edita
Edita
Mitglied

RE: Würde
geschrieben von Edita
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.02.2021, 09:12:28

Bruny - wenn ich an Würde denke, fallen mir sofort pflegebedürftige Menschen ein, die sagen können, daß sie auf die Toilette müssen, aber alleine nicht können und darum gezwungen werden ihre Notdurft und Pieselei in Windeln zu verrichten und solange drin stecken müssen, bis jemand Zeit hat, sie daraus zu befreien, das ist für mich neben der tolerierten Obdachlosigkeit, die staatlich lancierte Würdelosigkeit!



Edita

Bias
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RE: Würde
geschrieben von Bias
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.02.2021, 09:12:28
Würde - die Würde des Menschen ist unantastbar - ist das immer noch ein Begriff mit dem sich jeder identifizieren kann? ICH glaube nicht daran. Wenn dem so wäre dürfte es keine Menschen geben, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft, ihres Andersseins oder ihrer Behinderung vergessen, unbeachtet, misshandelt oder verspottet werden.
Sich nur im Winter darüber Gedanken zu machen, dass Menschen ohne Obdach sind ist mir zu wenig. Die Würde wird diesen Menschen das ganze restlich Jahr entzogen, überall auf dieser Welt. Ganz schlimm ist es für mich wenn Kinder betroffen sind.
Bruny
Je höher die Werte gehängt werden, Bruny, desto eher können wir Menschen uns damit identifizieren.
Es verhält sich dabei ähnlich wie mit der Übernächstenliebe, die sich im Regelfall wesentlich einfacher und müheloser praktizieren lässt als Nächstenliebe.

"Es hat schon alles seinen tiefen Sinn", wie der Schwejk gemeint hat, als er nach einem langen Irrlauf seine geliebte Pfeife am Ort seines Abmarschs wieder gefunden hatte.
RE: Würde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Bias vom 08.02.2021, 09:32:42

Ich will die Werte gar nicht höher hängen @Bias. Mir würde es reichen, wenn allen Menschen Würde zugestanden werden würde. Davon sind wir aber ganz weit entfernt.
Edita hat ja schon geschrieben, was ihr bei der Würde des Menschen zuerst einfällt und wir alle wissen, wie würdelos mit pflegebedürftigen, sprich abhängigen Menschen, umgegangen wird. Das hat nichts mit Menschenwürde zu tun.

Die Würde von Menschen wird schon dort verletzt wo sich andere über sie erhaben fühlen.
Ich habe erst vor ein paar Wochen unfreiwillig ein Gespräch zwischen einer Gruppe hier lebender Engländer „belauscht“, die sich darüber beschwerten, was sie in England alles nicht mehr sagen dürften.
z.B dürften sie nicht mehr Midget sagen (Ausdruck für kleinwüchsige Menschen), wobei ein anderer meinte, aber man dürfe sie noch zum Weitwurf nehmen, oder? Das Gelächter wollte schier nicht mehr enden. 

Bruny
​​​​​​​

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Würde
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Bias vom 08.02.2021, 09:32:42

Ähnliches dachte ich auch beim Lesen dieses Threads.
Wenn auch nicht, wie mit schöne Wortschöpfungen wie "Über-Nächstenliebe".

Unantastbare Würde heißt für mich, Mit-Menschen so zu begegnen, wie ich auch begegnet werden möchte.
Egal ob reich oder arm, gescheit oder dumm, politisch rechts oder links oder -mittig-.
Ich bringe jetzt ein Beispiel, welches womöglich wieder einen Shit-Storm auslösen wird.

Ich lese momentan das Buch von Bhakdi: Corona Fehlalarm?
Ganz unabhängig davon, ob und wieviel ich von seinen Thesen annehme oder ablehne, frage ich mich: Was ist in unserer Gesellschaft los, dass Menschen, die mehr als 50 Jahren gut, gerne, und dankbar! in diesem Land lebten und arbeiteten ("froh in einem offenen und freien Land zu leben" - Zitat Bhakdi) und sogar geschätzt und angesehen waren, sich gezwungen sehen auszuwandern?
Nicht weil ihre Meinung nicht angenommen wird, sondern weil sie mit Hass überschüttet werden.

Sind Menschen die Kritik, Widerspruch äußern, konträre Stellungnahmen abgeben, verdammungswürdig?
 


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