Literatur Politische Lyrik

Milan
Milan
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Politische Lyrik
geschrieben von Milan
Die Rose war rot

Text und Musik: Gerry Wolff
(DDR, 1966)

Im Jahre 70, die Hitze war groß
Da war bei Sedan die Hölle los
Er war 20 Jahr und Student und hieß Jean
Und er lief in den Tod auf Befehl «en avant»
An dem hölzernen Kreuz
Unterm Hügel so klein
Da gruben sie ihn in die Erde ein
Und irgendwer, eine Schwester, die gab
Eine Rose ihm mit in das Grab

Die Rose, die Rose war rot, so rot
Und bleich war die Liebe, so bleich wie der Tod
Die Rose, sie blühte und starb wie sie
Adieu, adieu, mon ami

Im Jahre 17, es war bei Cambray
Da fuhren die Tanks durch den blutigen Schnee
“Die Gasmasken auf!” Doch der ätzende Hauch
Fraß sich schon in Martins zerschossenen Bauch
Und es wurden verscharrt mit ihm 800 Mann
Der Regen, der hörte wie Weinen sich an
Und auf dem Grab, in der giftigen Luft
Erstickte der Rose Duft

Die Rose, die Rose war rot, so rot
Und bleich war die Liebe, so bleich wie der Tod
Die Rose, sie blühte und starb wie sie
Adieu, adieu, mon ami

Im Jahre 40, Paris, Gare du nord
Ein Zug kam nicht an, er entgleiste zuvor
Zehn Geiseln im Hof, eine Frau war dabei
Dann fiel eine Salve
Dann Stille - kein Schrei
Und erst spät in der Nacht trug man alle nach Haus
Sie sahen nicht wie Helden in Büchern aus
Und es legte noch eine zitternde Hand
Eine Rose vor Tag in den Sand

Die Rose, die Rose war rot, so rot
Und bleich war die Liebe, so bleich wie der Tod
Die Rose, sie blühte und starb wie sie
Adieu, adieu, mon ami

Ist das vergangen?
Sagt, ist das vorbei?
Ich hör die Fragen
Sie meinen uns zwei
Vergiss das niemals, mon ami,
Weil nur dann nicht alles
Noch einmal beginnen kann

Unsere Väter und Väter der Väter dahin
Es war trotz der Lügen ein Tod ohne Sinn
Sinnlos? Non. Nein.
Sehen wir beide es ein:
Es darf nie wieder, nie wieder sein!

Die Rose, die Rose war rot, so rot
Und bleich war die Liebe, so bleich wie der Tod
Die Rose, sie blüht noch in meinem Lied
Damit sowas nie mehr geschieht
Milan
Milan
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Re: Politische Lyrik
geschrieben von Milan
Traum vom Ersticken der Abschieber

Zu sa­gen „Uns­re Po­li­ti­ker tra­gen viel Schuld“ ist zu abs­trakt. Da hat man noch zu viel Ge­duld

Nein, stellt euch die­se Mi­nis­ter, Staats-­ be­auf­trag­ten, Lan­desväter

vor als das, was sie sind, als Schreib­tischtäter

Denn wenn man lin­ke Li­ba­ne­sen aus­lie­fert an Fa­lan­gis­ten

dann emp­fan­gen die sie wie einst Kai­ser Nero die Chris­ten

dann wer­den Türken und Kur­den an ihre Behörden zurück ge­ge­ben

dann weiß man auch nicht, wie vie­le das über­le­ben

Nun nehmt an, je­der, den sie hier ab­ge­scho­ben ha­ben

in sei­nen Tod, der würde dann nicht be­gra­ben

son­dern wie­der zurück­ge­bracht und man leg­te dann ihre Lei­ber

auf die Schul­di­gen an ih­rem Tod, auf ihre Ver­trei­ber

So dass ein In­nen­mi­nis­ter, der sie auf dem Ge­wis­sen hat, nicht

länger mehr at­men könnte un­ter ih­rem Ge­wicht

Und ein Bun­des­kanz­ler? – So viel Lei­chen fie­len auf den

Man könnte ihn un­ter den To­ten gar nicht mehr sehn

So sähe das kon­kret aus, denn so lie­gen lei­der die Din­ge

So wäre das, wenn ein Traum in Erfüllung gin­ge

Text: Erich Fried

Quelle : KAZ ( Kommunistische Arbeiterzeitung )
rehse
rehse
Mitglied

Re: Politische Lyrik
geschrieben von rehse
als Antwort auf Milan vom 15.03.2016, 18:49:27
Text Erih Fried? Aus welchem Jahr, bitte?

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Re: Politische Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Gottfried August Bürger · 1747-1794

Mittel gegen den Hochmut der Großen

Viel Klagen hör’ ich oft erheben
Vom Hochmut, den der Große übt.
Der Großen Hochmut wird sich geben,
Wenn unsre Kriecherei sich gibt.
Re: Politische Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.03.2016, 20:12:19
Joseph von Eichendorff . 1788-1857
Familienähnlichkeit

Zwei Arten von Getieren,
Nach einem Schliff geschliffen:
Aufwarten, Apportieren,
So wie der Herr gepfiffen,

Wo zwei zusammenlaufen,
Zaust einer dem andern die Ohren,
Und all’ zusammen raufen,
Den Bruder, der verloren.

Die einen nennt man Hunde,
Die andern heißen Deutsche,
S’ist einerlei im Grunde,
Und beiden gebührt die Peitsche.
Re: Politische Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.03.2016, 20:14:13
Erich Mühsam . 1878-1934
Der Revoluzzer (der deutschen Sozialdemokratie gewidmet)

War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer;
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.

Und er schrie: „Ich revolüzze!“
Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.

Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Straßen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
alle Gaslaternen putzt.

Sie vom Boden zu entfernen,
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Straßenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.

Aber unser Revoluzzer
schrie: „Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
Bitte, bitte, tut ihm nichts!

Wenn wir ihn' das Licht ausdrehn,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Lasst die Lampen stehn, ich bitt! -
Denn sonst spiel ich nicht mehr mit!“

Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.

Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt.

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Re: Politische Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.03.2016, 20:15:24
Friedrich von Logau · 1605-1655

Das tausendjährige Reich

Tausend goldne Jahre werden von den Propheten itzt versprochen.
Wie es scheinet, sind die nahe; denn dergleichen Gold zu kochen,
Hat der Krieg bereits zu Kohlen Städt’ und Dörfer abgebrochen.
Gillian
Gillian
Mitglied

Re: Politische Lyrik
geschrieben von Gillian
Mir fällt die "Kinderhymne" von Bertolt Brecht ein, die ich nach der Musik von Hanns Eisler noch im Ohr habe:

Anmut sparet nicht noch Mühe,
Leidenschaft nicht noch Verstand,
dass ein gutes Deutschland blühe
wie ein andres gutes Land.

Dass die Völker nicht erbleichen
wie vor einer Räuberin,
sondern ihre Hände reichen
uns wie andern Völkern hin.

Und nicht über und nicht unter
andern Völkern wolln wir sein.
Von der See bis zu den Alpen,
von der Oder bis zum Rhein.
Milan
Milan
Mitglied

Re: Politische Lyrik
geschrieben von Milan
Ferientag eines Unpolitischen
Erich Weinert

Der Postbeamte Emil Pelle
Hat eine Laubenlandparzelle,
Wo er nach Feierabend gräbt
Und auch die Urlaubszeit verlebt.
Ein Sommerläubchen mit Tapete,
Ein Stallgebäude, Blumenbeete.
Hübsch eingefaßt mit frischem Kies,
Sind Pelles Sommerparadies.
Zwar ist das Paradies recht enge
Mit fünfzehn Meter Seitenlänge;
Doch pflanzt er seinen Blumenpott
So würdig wie der
liebe Gott.
Im Hintergrund der lausch'gen Laube
Kampieren Huhn, Kanin und Taube
Und liefern hochprozent'gen Mist,
Der für die Beete nutzbar ist.
Frühmorgens schweift er durchs Gelände
Und füttert seine Viehbestände.
Dann polkt er am Gemüsebeet,
Wo er Diverses ausgesät.
Dann hält er auf
dem Klappgestühle
Sein Mittagsschläfchen in der Kühle.
Und nachmittags, so gegen drei,
Kommt die Kaninchenzüchterei.
Auf einem Bänkchen unter Eichen,
Die noch nicht ganz darüber reichen,
sitzt er, bis daß die Sonne sinkt,
Wobei er seinen Kaffee trinkt.
Und friedlich in der Abendröte
Beplätschert er die Blumenbeete
Und macht die Hühnerklappe zu.
Dann kommt die Feierabendruh.
Er denkt: Was kann mich noch gefährden!
Hier ist mein Himmel auf der Erden!
Ach, so ein Abend mit Musik,
Da braucht man keine Politik!
Milan
Milan
Mitglied

RE: Politische Lyrik
geschrieben von Milan
Oktoberlied
Da hab'n die Proleten "Schluss!" gesagt
Und die Bauern: "Es ist soweit!"
Und hab'n den Kerenski davongejagt
Und die Vergangenheit!

Und das war im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

Da hat der Soldat das Gewehr umgewandt
Da wurd' er wieder Prolet
Worauf sehr schnell vom Krieg abstand
Die Generalität!

Und das war im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

Da hatte der Mushik den Bauch nicht voll
Und da las er dann ein Dekret
Dass der das Korn jetzt fressen soll
Der auch das Korn abmäht!

Und das war im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

Die Herrn hab'n durchs Monokel geguckt
Und haben die Welt regiert
Und eh ein Matrose in die Newa spuckt
War'n sie expropriiert!

Und das war im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

Und der dies Lied euch singen tat
Lebt in einer neuen Welt
Der Kumpel, der Mushik, der rote Soldat
Hab'n die euch hingestellt!

Und das war im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

Wieder können die Herren die Welt regieren
Und sie tun es mit eiserner Hand
Doch sie werden auch diesen Kampf verlieren
Wenn wir unsere Stärke erst erkannt!

So wie damals im Oktober
Als das so war
In Petrograd in Russland
Im siebzehner Jahr!

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