Literatur Schöne Lyrik

Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona

Mascha Kaleko erinnert an die schönen Dinge des Lebens, die oft nur allzu selbstverständlich hingenommen werden. 
"Ich freu mich - dass ich mich freu".
 
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Sirona vom 18.10.2018, 10:16:48

Clematis
 
Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 19.10.2018, 10:51:29

Clematis
 
Danke, liebe Ingeborg, für dieses sehr besinnliche Gedicht, das auch zu der herbstlichen Jahreszeit paßt. 
Hesses Stimme zeigt dass auch er sich zur Zeit der Aufnahme im Herbst des Lebens befunden hat. 
Wunderbar ihn persönlich hören zu können, was man leider von vielen Denkern und Dichtern nicht erleben kann.

Liebe Grüße
Helga

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Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
Bleder-See.jpg
Bledersee Slowenien 2017
 

Da fahr‘ ich still
J. v. Eichendorff
 
Da fahr‘ ich still im Wagen,
du bist so weit von mir,
wohin er mich mag tragen,
ich bleibe doch bei dir.
 
Da fliegen Wälder, Klüfte
und schöne Täler tief,
und Lerchen hoch in Lüften,
als ob dein‘ Stimme rief‘.
 
Die Sonne lustig scheinet
weit über das Revier,
ich bin so recht verweinet
und singe still in mir.
 
Vom Berge geht’s hinunter,
das Posthorn schallt im Grund,
mein Seel‘ wird mir so munter,
grüß dich aus Herzensgrund.
 

 
RE: Schöne Lyrik
geschrieben von ehemaliges Mitglied

O du, so schön wie Schnee, Ophelia, du bleiche,
Du starbst, von einem Strome fortgerissen, Kind!
Denn, leisen Lautes, von der herben Freiheit Reiche
Sang in Norwegens hohen Bergen dir der Wind.

Ein unbekannter Hauch hat seltsam arge Kunde,
Dein Haar durchwühlend, deinem Träumergeist gebracht;
Dein Herz, es fühlte sich mit der Natur im Bunde,
Hört’ klagen es den Baum im Seufzerlied der Nacht.

Des Meeres toller Ruf, ein Stöhnen, groß und bitter
Zerbrach dein Kinderherz, zu menschlich und zu weich;
Und eines Morgens im April, ein schöner Ritter
Saß stumm an deinen Knien, so verstört und bleich.

 
kaum zu glauben, dass Arthur Rimbaud erst  fünfzehn Jahre jung war, als er dieses Gedicht schrieb und damit Generationen von Dichtern, bis hin zu Berthold Brecht, beeinflusste ...  der schrieb, davon inspieriert, die

Ballade vom ertrunkenen Mädchen


Als sie ertrunken war und hinunterschwamm
Von den Bächen in die größeren Flüsse,
Schien der Opal des Himmels sehr wundersam,
Als ob er die Leiche begütigen müsse.

Tang und Algen hielten sich an ihr ein,
So daß sie langsam viel schwerer ward.
Kühl die Fische schwammen an ihrem Bein,
Pflanzen und Tiere beschwerten noch ihre letzte Fahrt.


 
Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona

 
 
Wald_07.jpg
Herbst
Theodor Storm
 
Schon ins Land der Pyramiden
flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
auch die Lerche singt nicht mehr.
 
Seufzend in geheimer Klage
streift der Wind das letzte Grün;
und die süßen Sommertage,
ach, sie sind dahin, dahin!
 
Nebel hat den Wald verschlungen,
der dein stillstes Glück gesehn;
ganz in Duft und Dämmerungen
will die schöne Welt vergehn.
 
Nur noch einmal bricht die Sonne
unaufhaltsam durch den Duft,
und ein Strahl der alten Wonne
rieselt über Tal und Kluft.
 
Und es leuchten Wald und Heide,
dass man sicher glauben mag,
hinter allem Winterleide
liegt ein ferner Frühlingstag.

 


 


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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
Wald_13.jpg

Morgenandacht

(Richard Dehmel 1863 – 1920)
 
Sehnsucht hat mich früh geweckt;
wo die alten Eichen rauschen,
hier am Waldrand hingestreckt,
will ich dich, Natur, belauschen.

 
Jeder Halm steht wie erwacht;
grüner scheint das Feld zu leben,
wenn im kühlen Tau der Nacht
warm die ersten Strahlen beben.

 
Wie die Fülle mich beengt!
So viel Grosses! So viel Kleines!
Wie es sich zusammendrängt
in ein übermachtig Eines!

 
Wie der Wind im Hafen surrt,
tief im Gras die Grillen klingen,
hoch im Holz die Taube gurrt,
wie die Blätter schauernd schwingen.

 
Wie die Bienen taumelnd sammeln
und die Käfer lautlos schlüpfen – 
O Natur! Was soll mein Stammeln,
seh ich all das dich verknüpfen.

 
Wie es mir ins In’nre dringt,
all das Grosse, all das Kleine;
wie’s mit mir zusammenklingt
in das übermächtig Eine!

 
Zu Demels Zeit war die Natur noch völlig in Ordnung, man hörte Grillen zirpen, Bienen summen und viele Waldvögel zwitschern. Was nur ist seitdem geschehen? Bienen- und Insektensterben sowie Reduzierung der Waldvögel sind fast tägliche Nachrichten, die in den Medien verbreitet werden. Wann habt Ihr zuletzt eine Lerche in den Himmel aufsteigend gesehen? Ihren wunderbaren tirilierenden Gesang habe ich schon seit Jahren nicht mehr gehört. Während in früheren Zeiten an den Windschutzscheiben der Autos Insekten klebten und sie nach einigen Kilometern wieder gesäubert werden mussten, kann man heute kilometerweit fahren und entdeckt höchstens nur einige die dort ihr Ende gefunden haben. Und gibt es noch die wunderbaren Getreidefelder mit Korn- und Mohnblumen? Und dann wird Glyphosat nicht sofort verboten sondern räumt diesem Gift noch weitere 5 Jahre ein, damit die Welt noch mehr verseucht wird. Wo nur soll das enden? Haben die Verantwortlichen ihren gesunden Menschenverstand verloren?
Richard Dehmel würde heute mit Sicherheit ein anderes Gedicht über die Natur verfassen.


 
Sirona
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
 
Creglingen.JPG(Creglingen/Tauber)
 
An die Wolken
Charlotte von Ahlefeld  (1777-1849)
   
Es jagen die Stürme
am herbstlichen Himmel
die fliehenden Wolken;
es wehen die Blätter
des Haines hernieder,
es hüllt sich in Nebel
das ferne Gebirg. 

O jaget, Ihr Wolken,
in stürmender Eile.
Ihr ziehet nach Süden,
wo freundlich die Sonne
den wehenden Schleier
euch liebevoll schmücket
mit goldenem Saum.

Mich trieben die Stürme
des Schicksals nach Norden
dort mangelt mir ewig
die Sonne der Freude,
und nimmer verkläret
ihr Lächeln die Wolken
des düsteren Sinnes.

Und darum geleit' ich
mit Seufzern der Sehnsucht
euch, luftige Bilder
der wechselnden Laune
des ewigen Himmels, 
und flüchtete gerne
nach Süden mit Euch.
 
 
Bote Asgards
Bote Asgards
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RE: Schöne Lyrik
geschrieben von Bote Asgards
Abschied

Ziehn im herbstlichen Sturmwind die Vögel nach Süden,
klagt in Eisluft zum Abschied ihr schmerzliches Lied,
sag nicht treulos, ihr Lied ist dir schöner beschieden,
wenn auf Weg und auf Steg wieder Frühling erblüht.

Gib den Scheidenden Grüße für den, der vertrieben,
für den Freund, dem im Unglück die Hoffnung nicht wich,
denn auch er sendet Grüße an all seine Lieben,
auf den Flügeln der Sehnsucht nach Nord, auch an dich.

Adam Mickiewicz


Der Freundschaft Immergrün
 
Glücklich, was in Lieb und Treue
sich hienieden einst verband
und sich immerfort aufs Neue
noch wie weiland wiederfand!

Schön wie eine liebe Sage
klinget die Erinnerung
und im Zauber schöner Tage
fühlt das Herz sich wieder jung.

So nur gibt’s für uns kein Altern,
kein Verwelken, kein Verblühn,
wenn wir treu verbunden halten
fest der Freundschaft Immergrün.

Hoffmann von Fallersleben
 

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