Literatur Schöne Lyrik

Betti
Betti
Mitglied

Re: Hymne an die Liebe Gedicht von Friedrich Hölderlin
geschrieben von Betti
Liebe Sirona, danke für Deinen Besuch, ich denke wie Du, Neid ist mir zum Glück fremd.

Hallo Neptun, mit Deinem Gedicht hast Du mich an meine Schulzeit ( lang',lang' ist's her!)
erinnert, ich bin in SH geboren und musste es auswendig lernen,
LG. Betti.


Nicht einer dunklen Zukunft denke.

Nicht einer dunklen Zukunft denke,
wenn Dir die jetz'ge Stunde lacht,
genieße sorglos die Geschenke,
die Dir die Gegenwart gebracht.

Das Morgen ist ein böser Riese,
der drohend seine Bogen spannt,
und der in seine Nachtverließe
gar gern die heit're Freude bannt.

Betti Paoli
1814-1894
Mary-Lou
Mary-Lou
Mitglied

Betty Paoli
geschrieben von Mary-Lou
Von Betty Paoli kenne ich auch ein Gedicht, das eine sehr sinnvolle Empfehlung enthält:

Dir wird in deinen Erdentagen
Nichts Gutes, Großes je gelingen,
Kannst du es über's Herz nicht bringen,
Da, wo es not thut, »Nein« zu sagen!

Betty Paoli

Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona


Mein Glück!
Fr. Nietzsche (1844 – 1900)

Die Tauben von San Marco seh ich wieder:
Still ist der Platz, Vormittag ruht darauf.
In sanfter Kühle schick' ich müssig Lieder
gleich Taubenschwärmen in das Blau hinauf.
Und locke sie zurück,
noch einen Reim zu hängen in's Gefieder...
mein Glück! Mein Glück!

Du stilles Himmelsdach, blaulicht, von Seide,
wie schwebst du schirmend ob des bunten Bau's,
den ich — was sag ich? — liebe, fürchte, neide...
die Seele wahrlich tränk' ich gern ihm aus!
Gäb' ich sie je zurück? —
Nein, still davon, du Augen-Wunderweide...
mein Glück! Mein Glück!

Du strenger Turm, mit welchem Löwendrange
stiegst du empor hier, siegreich, sonder Müh!
Du überklingst den Platz mit tiefem Klange
französisch, wärst du sein accent aigu?
Blieb ich gleich dir zurück,
ich wüsste, aus welch seidenweichem Zwange...
mein Glück! Mein Glück!

Fort, fort, Musik! Lass erst die Schatten dunkeln
und wachsen bis zur braunen lauen Nacht!
Zum Tone ist's zu früh am Tag, noch funkeln
die Goldzieraten nicht in Rosenpracht.
Noch blieb viel Tag zurück,
viel Tag für Dichten, Schleichen, Einsam-Munkeln...
mein Glück! Mein Glück!

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Roxanna
Roxanna
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Roxanna
als Antwort auf Sirona vom 02.02.2017, 16:22:49



Sehnsucht nach dem Frühling

O, wie ist es kalt geworden
Und so traurig, öd' und leer!
Raue Winde weh'n von Norden
Und die Sonne scheint nicht mehr.

Auf die Berge möcht' ich fliegen,
Möchte seh'n ein grünes Tal,
Möcht' in Gras und Blumen liegen
Und mich freu'n am Sonnenstrahl;

Möchte hören die Schalmeien
Und der Herden Glockenklang,
Möchte freuen mich im Freien
An der Vögel süßem Sang.

Schöner Frühling, komm doch wieder,
Lieber Frühling, komm doch bald,
Bring' uns Blumen, Laub und Lieder,
Schmücke wieder Feld und Wald!

Ja, du bist uns treu geblieben,
Kommst nun bald in Pracht und Glanz,
Bringst nun bald all deinen Lieben
Sang und Freude, Spiel und Tanz.

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Heinrich Heine
geschrieben von Sirona
@ Betti, Mary-Lou

Ich danke Euch für den Hinweis auf eine für mich noch unbekannte Lyrikerin - Betty Paoli. Natürlich habe ich etwas nachgeforscht und bin erstaunt über die Fülle ihrer Gedichte. Das folgende Gedicht zeigt menschliche Größe:
Beruhigung

Dir zürnen, daß du mich verlassen? -
Beim Himmel, nein! wie sollt' ich das?
War's deine Schuld, mich nicht zu fassen?
Verdient ein blinder Irrthum Haß?

Besäße dein Gemüth die Schwingen,
Zu schweben auf des meinen Spur,
Dann ließest du mich dir entringen
Mit deinem eignen Leben nur!

Wen also hätt' ich anzuklagen?
Dich, daß dein Herz so schwach und klein?
Davon kannst du die Schuld nicht tragen!
Wie du's empfangen, blieb es dein.

Fahr hin! als der Vergebung Blüthe
Rankt sich der Wunsch noch himmelan,
Daß Gott fortan dein Glück behüte,
Weil's meine Liebe nicht mehr kann.
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Roxanna vom 03.02.2017, 21:41:52
Oh wie ist es kalt geworden - ein sehr bekanntes Gedicht bzw. Lied. Danke, liebe Roxanna, für die Erinnerung, wir haben es früher oft in der Schule gesungen. Leider soll es in den nächsten Tagen wieder kalte Nächte und Tage geben, so wird die Sehnsucht nach dem Frühling, dem wir täglich entgegen gehen, immer stärker.

LG Sirona

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Neptun
Neptun
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Neptun
Die Uhr

Ich trage, wo ich gehe, stets eine Uhr bei mir;
Wieviel es geschlagen habe, genau seh ich an ihr.
Es ist ein großer Meister, der künstlich ihr Werk gefügt,
Wenngleich ihr Gang nicht immer dem törichten Wunsche genügt.

Ich wollte, sie wäre rascher gegangen an manchem Tag;
Ich wollte, sie hätte manchmal verzögert den raschen Schlag.
In meinen Leiden und Freuden, in Sturm und in der Ruh,
Was immer geschah im Leben, sie pochte den Takt dazu.

Sie schlug am Sarge des Vaters, sie schlug an des Freundes Bahr,
Sie schlug am Morgen der Liebe, sie schlug am Traualtar.
Sie schlug an der Wiege des Kindes, sie schlägt, will's Gott, noch oft,
Wenn bessere Tage kommen, wie meine Seele es hofft.

Und ward sie auch einmal träger, und drohte zu stocken ihr Lauf,
So zog der Meister immer großmütig sie wieder auf.
Doch stände sie einmal stille, dann wär's um sie geschehn,
Kein andrer, als der sie fügte, bringt die Zerstörte zum Gehn.

Dann müßt ich zum Meister wandern, der wohnt am Ende wohl weit,
Wohl draußen, jenseits der Erde, wohl dort in der Ewigkeit!
Dann gäb ich sie ihm zurücke mit dankbar kindlichem Flehn:
Sieh, Herr, ich hab nichts verdorben, sie blieb von selber stehn.


Johann Gabriel Seidl
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Neptun vom 04.02.2017, 05:04:29
Neptun, ja an diese "Uhr" kann ich mich auch noch gut erinnern. Ein wunderbarer Text, der die Uhr mit dem menschlichen Herzen vergleicht. Carl Loewe hat den Text vertont, und in früheren Jahren konnte man das Kunstlied sehr oft im Radio hören. Zur Erinnerung setze ich es hier einmal ein und denke dass es noch einigen Senioren bekannt sein wird. - Danke für den schönen Beitrag!

Betti
Betti
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Betti

Dich suchen meines Geists Gedanken[.

Emil Ritterhaus
1834-1897

Dich suchen meines Geists Gedanken;
Dich sucht mein Traum in dunkler Nacht!
es ist ein tief geheimes Kranken
und Wonne doch, die selig macht!

Wo ich auch geh', auf allen Wegen
Dein Bild vor meiner Seele steht.
Ein Gruß an Dich!-mein Morgensegen!
ein Wunsch für Dich!-mein Nachtgebet!
Neptun
Neptun
Mitglied

Re: Schöne Lyrik
geschrieben von Neptun
Die Altliberalen


Die wilden Wasser, sagt man, hat entbunden
Ein Lehrling einst, vorwitzig und vermessen,
Doch hinterdrein den Zauberspruch vergessen,
Der streng die Elemente hielt gebunden.

Ein tödlich Pulver, sagt man, zu erkunden
Hat einst ein Mönch sich überklug vermessen
Und, als im tiefen Grübeln er gesessen,
Im Zauberdampf den eignen Tod gefunden.

So habt den Zeitgeist ihr gebraut, gemodelt,
Und wie so lustig dann der Brei gebrodelt,
Ihm eure Zaubersprüche zugejodelt.

Und da's nun gärt und schwillt und quillt - was Wunder,
Wenn platzend dieser Hexentopf jetzunder
Euch in die Lüfte sprengt mit allem Plunder!


Joseph von Eichendorff

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