Forum Kunst und Literatur Literatur Sprachübungen und Wortkunde

Literatur Sprachübungen und Wortkunde

enigma
enigma
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von enigma
als Antwort auf angelottchen vom 06.04.2007, 13:54:14
Liebe Marina,

jetzt lasse ich aber mal die Stiftung Deutsche Sprache für sich selbst sprechen und sagen, was sie eigentlich will:

"Aktion „Lebendiges Deutsch“
Was wollen wir? Wir wollen für jenes unbefangene Vertrauen in die eigene Muttersprache werben, wie es Engländern und Franzosen, Polen, Spaniern und Italienern selbstverständlich ist.
Als Beitrag dazu werden wir jeden Monat zwei Vorschläge machen oder erbitten, welche griffigen und treffenden deutschen Wörter an die Stelle englischer Wörter treten können, wenn die überflüssig, hässlich oder nicht allgemein verständlich sind.

Wir sind keine Puristen, keine Fremdwort-Jäger, keine Bilderstürmer. Wir bejahen die Bereicherung des Deutschen durch fremde Sprachen; und manche Importe gerade aus dem Englischen begrüßen wir. Unsere Initiative richtet sich allein gegen die schiere Anglomanie, gegen das Übermaß. (....)"

Empfindest Du diese Absichten wirklich als "Krampf"?
Normalerweise hast Du doch auch Spielfreude?!
Also, mir macht es jedenfalls Spaß!
Gruß

--
enigma
Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 06.04.2007, 18:11:28
Liebe Enigma, weißt du, was für mich Krampf ist? Wenn für Fremdwörter, die den Sinn eines Wortes sehr treffend auf den Punkt bringen, auf Teufel komm raus ein deutsches gefunden werden muss. Ich habe ja schon einige Übungen dieser Art hier verfolgt und fast jedes Mal gedacht, dass die deutsche Übersetzung immer Krampf war, weil längst nicht so treffend wie das ursprüngliche, fremdsprachige Wort ( z. B. „Airbag“ oder „Blackout“ oder vor allem „Brainstorming“, dafür gibt es einfach kein besseres Wort als das Original). Wobei ich das, was Medea für "Stand by" gefunden hat, sogar originell finde. Aber das war es auch nur, weil es keine genaue Übersetzung war, sondern gleichzeitig eine treffende Kritik beinhaltete. Wenn man sich bemüht, eine genaue Übersetzung für jedes Fremdwort, das längst im Deutschen gängig und gebräuchlich ist, zu finden, wird es meistens komisch. Diese Wörter sind ja nicht umsonst als Fremdwörter eingedeutscht worden. Hätte man eine passende Übersetzung gefunden, hätte sich diese auch durchgesetzt, aber das ist oft nicht der Fall. Durchsetzen tut sich meistens das, was einleuchtend ist, da haben die meisten Leute ein ganz gutes Gefühl. Und ich bin mir sicher, dass die meisten deutschen Wörter, die für manche Fremdwörter an dieser Stelle gefunden werden, sich nicht auf Dauer in der deutschen Sprache durchsetzen werden, weil sie oft umständlich sind und ganz doof klingen (ist für mich auch eine Frage der sprachlichen Musikalität).
Die deutsche Sprache hat sich immer so weiterentwickelt, dass Fremdwörter (Lehnwörter) Eingang gefunden und sie mit der Zeit verändert haben. Das ist ein ganz normaler, organischer Prozess, den man nicht auf Biegen oder Brechen hindern sollte, sich zu entwickeln.
Dass man ein bisschen spielt mit der Suche nach deutschen Wörtern, von mir aus gern. Wenn es denn nicht zur Manie wird, alle Fremdwörter zu ersetzen, dann soll es mir recht sein. Aber bei der bekannten deutschen Gründlichkeit ist eine gewisse Skepsis durchaus angebracht.
Übrigens: Wenn ich mir die Namen derer ansehe, die diese Aktion ins Leben gerufen haben, sowie deren Unterstützer, entspricht das meinem Unbehagen. Meines Wissens sind die meisten von denen ziemlich alt und stockkonservativ, z. B. Wolf Schneider. Mit moderner Auffassung von Linguistik haben die nicht allzuviel am Hut.
--
marina
Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2007, 19:31:54
Ich habe mich jetzt mal auf die Suche gemacht, ob ich etwas finde, das meiner Meinung darüber in etwa entspricht und bin fündig geworden. Hier ein Artikel aus Welt online:

Auszug:
„Dass uns solche Ent-Fremdungen so merkwürdig klingen, liegt nicht daran, dass wir Sklaven der englischen Herrensprache geworden wären. Sondern daran, dass das Deutsche noch nie reines Deutschdeutsch war. So, wie Deutschland ein Ein- und Durchwanderungsland war und ist, so sind der Clown, der Flop, das Steak und die Party im Deutschen heimisch geworden. So, wie es einst die Ruhrpolen, dann die Türken waren und jetzt wieder die Polen sind, die zu uns einwandern, so waren früher Einwortungen aus dem Französischen en vogue, während heute die aus dem Englischen in sind. Morgen vielleicht die aus dem Chinesischen. Wie die menschlichen Einwanderer haben sich auch viele dieser Wörter ein bisschen an ihre neue Heimat angepasst: die englischen Cakes etwa, die Bahlsen Ende des 19. Jahrhunderts brachial und dankenswerterweise in Keks umbenannte, oder der französische Cheque, der zum Scheck wurde. Und banca rotta, die von den Gläubigern zertrümmerte Holzbank des italienischen Geldwechslers, hat sich zum Bankrott gemausert.
Ob mit oder ohne ältere Herren fanden und finden solche Einbürgerungen statt. Es gibt sie hin und wieder in der Großpackung - so 1874, als die Deutsche Reichspost gleich 760 Fremdwörter auf einmal eindeutschte (und dabei unter anderem das Einschreiben und die Postkarte erfand). Meist aber finden sie im allgegenwärtigen Wirrwarr der Milliarden von Wörtern statt, die täglich auf Deutsch gesprochen oder geschrieben werden. Da schleift sich eine Kurzmitteilung zur SMS ab, ihr Verschicken zum Simsen; möglicherweise wird bald die SMS selbst Sims heißen, was zwar ein Buchstabe mehr, aber einfacher ist als die bislang benutzte Abkürzung. Dass der USB-Stick hin und wieder Speicherstäbchen genannt wird, macht ihn zu einem Einbürgerungskandidaten der nahen Zukunft.
Ob die "Aktion Lebendiges Deutsch" zu solchen Einbürgerungen führen wird, ist noch nicht heraus. Startseite statt Homepage: möglicherweise. Aber Startuhr statt Countdown: sicher nicht. Das Schöne an allen danebengegangenen Vorschlägen ist, dass sie lautlos wieder verschwinden, ohne den geringsten Schaden zu verursachen."
--
marina

Anzeige

enigma
enigma
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2007, 19:31:54
Hallo Marina,

jetzt mache ich es mal ganz kurz, obwohl es sehr interessant ist, Deine Recherchen zu verfolgen und die Texte zu lesen:

Etwas anderes behauptet "Die Stiftung" doch auch nicht!
Tschüss und bis bald!
--
enigma
Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 06.04.2007, 20:20:53
Das war wirklich etwas kurz. "Etwas anderes" als was?

Tschüss und schöne Ostertage (Karfreitag geht ja nun dem Ende entgegen)!
Gleich sehe ich mir den "Untertan" an.

Ciao marina
pilli
pilli
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von pilli
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2007, 20:38:47
marina schrieb am 06.04.2007 um 20.38:
>> Gleich sehe ich mir den "Untertan" an.

...

ich auch! danke für den hinweis!

--


Anzeige

angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.04.2007, 19:31:54
@marina & enigma - ach, Ihr sprecht sicher nicht nur mir aus dem Herzen.
Gestern in der ARD ( Tagesthemen ??? ) passierte es denn auch wieder einmal: Die Dame im Hintergrund kommentierte einen Beitrag über Tokio Hotel in Polen und sprach von .... "Den Teenagerinnen" !!!! ächz .... es lebe die Salzstreuerin ...
Ich "locke" mich nun auch out und watch den "Untertan" ...

--
angelottchen
enigma
enigma
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von enigma
als Antwort auf angelottchen vom 06.04.2007, 21:17:40
Hallo Marina,

Etwas anderes als das, was Du in Deinen vorangegangenen Beiträgen eingestellt hast, will m.E. die “Stiftung” nicht, wenn ich ihre Begründung für die “Aktion Lebendiges Deutsch” lese.
Sie will ja keine Einflüsse anderer Sprachen auf die deutsche Sprache verhindern und begrüßt nach eigenem Bekunden auch Importe besonders aus dem Englischen. Die Initiative soll sich ja lediglich gegen das Übermaß richten, gegen die “Anglomanie”, gegen die kritiklose Übernahme jedes “importierten “ Wortes.
Dass nicht immer für einen Begriff passende sprachliche Alternativen gefunden werden, finde ich auch. Manche Eindeutschungen wirken tatsächlich gestelzt und “unmusikalisch” (Zitat Marina, das mir gefallen hat).
Und da bin ich mit Dir einer Meinung, dass die sich in einer Sprache, in unserem Fall der deutschen Sprache, auf Dauer nicht durchsetzen werden. Aber müssen sie ja auch nicht. Dann bleibt eben der Import im Sprachgebrauch.
Denn, dass Sprache ein lebendiger Prozess ist, veränderbar, einem ständigen Wandel unterworfen, steht doch nicht erst seit heute fest. Bereits zu meiner Schulzeit wurde über “Lehnwörter” gesprochen.

Aber manchmal finde ich auch die “Übersetzungen” ganz köstlich und würde mich freuen, wenn die auch in der Umgangssprache bewahrt blieben.
Vielleicht kommt es da auch weniger auf die wörtliche Übersetzung an, sondern eher auf die sinngemäße.

In diesem Sinne werde ich sicher auch künftig an dem Spiel teilnehmen und - wie ich hoffe - weiterhin meinen Spaß daran haben.

PS
Medea, hast Du denn nun Deinen “Stromfressknopf” endlich abgeschickt?
)

--
enigma

Schöne Feiertage für alle ForistInnen wünsche ich auch.
Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 07.04.2007, 07:24:28
Liebe Enigma, ich will dir ja nicht deinen Spaß verderben, mach ruhig weiter. Ich glaube, wir liegen da ziemlich dicht beeinander. Das mit dem "Übermaß" ist ja richtig, man denke nur an Jill Sander, die jeden deutschen Satz mit Fremdwörtern spickt, bis er nicht mehr zu verstehen ist. Nur wenn es um längst eingebürgerte Wörter wie "Brainstorming" geht, grenzt es für mich an Albernheit, ernstlich ein deutsches Wort dafür einführen zu wollen, es sei denn, man begreift es als Spielerei wie Du, dann ist das ja nett.
Und weil ich auch ein bisschen spielen will: Ich habe einen tollen Vorschlag für "Stand by": "Beistand", ist das nicht super? Trifft doch genau den Wortlaut und vor allem den Inhalt, oder? )

Und gleich werde ich mich am Ostermarsch beteiligen, das halte ich im Moment für wichtiger als den Streit um des Kaisers Bart.
--
marina
Medea
Medea
Mitglied

Re: Sprachübungen und Wortkunde
geschrieben von Medea
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 07.04.2007, 10:48:57
--Ostermarschierer?
Ja gibt es die denn noch? )


Enigma
Der "Stromfreßknopf" wird gleich nach den Feiertagen, wenn ich wieder in heimatlichen Gefilden bin, abgesandt.


Medea.

Anzeige