Forum Kunst und Literatur Literatur Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen

Literatur Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen

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Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 24.12.2007, 14:35:28
Gertrud Fussenegger:
MONDHERRIN MIT DEM KIND

Mondherrin mit dem Kind:
sie hält den Apfel,
der Sohn berührt ihn.

Dreigestirn. Wer ermißt,
wie seine Bahnen
die flinke Übereinkunft
der achtzehn Unbekannten
sekündlich überrunden?

Denn was hielte wohl
den Sohn im Arm der Mutter, was
Auf- und Untergang und die Gezeiten
immer bereit und im Spiel,
sehr geduldig,
wenn nicht die Frucht,

die ein nie beschriebener Gärtner
vom Weltbaum gepflückt,
über die Mauer geworfen,
damit sie reife, in ihren Händen;

nein, zwischen Hand
und Hand.
(1986)
*

(G. F. schreibt selber zu diesem Mutter-, Kind- und Welt-, also auch Paradies-Modell:

"Den Text 'Mondherrin mit dem Kind' verdanke ich der Begegnung mit einer Plastik von Marie Luise Wilckens, München-Gräfelfing.
Die Bildhauerin hat die Köpfe der Figuren zu Kugelformen vereinfacht, so daß die Köpfe von Mutter und Sohn, zusammen mit dem von ihnen beiden gehaltenen Apfel, Symbol der Weltkugel, den Eindruck dreier
Himmelskörper hervorriefen. Die Bewegungen solcher Körper werden je von sechs Faktoren, hier also achtzehn 'Unbekannten' bestimmt."
(Aus: Nachwort der Autorin. In: G. F.: Gegenruf. Gedichte. Salzburg 1986. S. 97f.)

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Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 25.12.2007, 11:32:40
... in der "universalen Umarmung der Freunde Gottes“ ...

Diese Nachricht vom „göttlichen Geschenk“, die der TV- und Papst-Prunk-Sprache von Deutsch-Rom zu verdanken ist, ist mir denn doch so herzergreifend & komisch, als dass ich sie nicht verbreiten möchte:

Vatikan: Weihnachten auf dem Petersplatz: Krippe, Friedenslicht, Christmette und Weihnachtsbotschaft

ROM, 24. Dezember 2007 (www.ZENIT.org).-
„Die Freude des Christfestes, die wir schon jetzt verkosten, während sie uns mit Hoffnung erfüllt, drängt uns dazu, allen zu verkünden, dass Gott mitten unter uns gegenwärtig ist.“

Diese Botschaft übermittelte Papst Benedikt XVI. gestern, am vierten Adventsonntag, allen Pilgern und Gläubigen, die sich zum gemeinsamen Gebet des „Engel des Herrn“ auf dem Petersplatz eingefunden hatten.

Der Heilige Vater führte den Anwesenden, wie er es in den vergangenen Tagen immer wieder getan hatte, die tiefe Bedeutung von Weihnachten vor Augen: „Von der Gegenwart Gottes erreicht zu werden, der sich uns an Weihnachten nähert, ist ein unschätzbares Geschenk; ein Geschenk, das uns befähigt, in der universalen Umarmung der Freunde Gottes zu leben; in jenem Netz der Freundschaft mit Christus, das Himmel und Erde verbindet, das die menschliche Freiheit zu ihrer Erfüllung führt und das – wird es in Wahrheit gelebt – in einer unentgeltlichen Liebe erblüht, die von der Sorge um das Wohl aller Menschen erfüllt ist. Nichts ist schöner, dringlicher und wichtiger, als unentgeltlich den Menschen das weiterzuschenken, was wir unentgeltlich von Gott empfangen haben!“

Niemand dürfe dieses göttliche Geschenk für sich behalten, denn die Verkündigung der Frohbotschaft von Weihnachten sei eine faszinierende, zugleich aber auch beschwerliche Aufgabe. Die erlösende Wahrheit, die in Jesus Fleisch angenommen hat, erfülle das Herz jedes Gläubigen, der sie anzunehmen bereit ist, mit einer tiefen Liebe zum Nächsten und mit dem Verlangen, ihn glücklich zu machen.

Am Montagnachmittag wird die Krippe auf dem Petersplatz enthüllt. Am Ende der traditionellen Gebetsvigil wird Papst Benedikt das Friedenslicht anzünden, das auf der Fensterbank seines Arbeitszimmers im Apostolischen Palast steht und vom Petersplatz aus gut zu sehen ist.

Krippe und Christbaum schmücken auf Wunsch Johannes Pauls II. seit 1982 den Petersplatz. Benedikt XVI. wollte diese Tradition fortführen. Wie ZENIT bereits berichtete, ist die Szene der Geburt Jesu in diesem Jahr in Josefs Haus in Nazareth angesiedelt. Die Idee lieferte jene Stelle des Matthäusevangeliums, wo vom „Traum“ Josefs und seiner Annahme des Willens Gottes die Rede ist.

Die Christmette in der Petersbasilika bildet den Schlussakkord des heutigen Tages: 88 Rundfunkanstalten werden sie in rund 60 Länder übertragen. Morgen, am Hochfest der Geburt des Herrn, wird Benedikt XVI. um 12.00 Uhr Mittag seine traditionelle Weihnachtsbotschaft verkünden und allen den Segen 'Urbi et Orbi' spenden.

„Es kommt der Emmanuel, der Gott-mit-uns“, bekräftigte der Heilige Vater gestern, Sonntag, nach dem Angelus-Gebet.
„Wir schauen aus auf Gott, der nicht unzugänglich in der Ferne bleibt, sondern wirklich mit uns, unter uns und für uns da ist. In diesem Glauben und in dieser Hoffnung wollen wir die Geburt des Herrn feiern und ihn in unsere Herzen aufnehmen.“


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Re: Uraltes Thema: Erlösung durch Göttlichkeits-Erscheinen
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 25.12.2007, 11:38:23
GERT SATTLER:
Blick durchs Schlüsselloch

Das Schlüsselloch zum Tannenbaum
wird morgens schon verhängt,
weil's Kinder oft in aller Früh'
zu Schlüssellöchern drängt.

Doch abends in der blauen Stund',
wer freut sich nicht darauf,
erklingt ein Glöckchen silberhell,
und Lichter gehen auf.

Die Kinderschar erstürmt den Raum
und singt ein Weihnachtslied,
und jedes Kind beim Krippenspiel
das Christkind lächeln sieht.

Geschenke liegen unterm Baum,
sie sind noch eingehüllt,
doch nach der Feier wird bestimmt
so mancher Wunsch erfüllt.

(In: Recklinghäuser Zeitung. 24. 12.2007; 299/07)

*
Da stimmt noch alles: die Erwartung, Familie, die Kinderschar, die Bescherung, das Licht…

Noch in den einfachsten Formen alltäglicher, heutiger Weihnachtslyrik lächelt das „Christkind“, das natürlich als göttliches Kind gezeugt, geboren und als Geschenk und zur Befriedung genutzt wird; auch wenn man das nicht mehr auführen, also irgendwie erklären mag. – Die typische Form eines Mythos, der unbefragt-sentimental und affirmativ angeboten wird, zum Trost, zur Lieblichkeit.
Was außerhalb dieses "Schlüsselloch-Blicks" passiert oder gesehen werden könnte, gehört nicht in ein Weihnachtsgedicht, für zwei, drei Tage...
Eine niedliche Perspektive...

Auch wenn Tagesschau-Meldungen über 1000 andere Kamera-Winkel und männliche Spezialblicke auf Kinder berichten - solche reallen und furchtbaren Gegensätze werden so nicht wahrgenommen oder beleuchtet.

Aber das Kindliche als das eigentliche Objekt der Begierde ist groteskerweise dasselbe.
Die abgespaltene Lust des männlichen Blicks aber vernichtet das Liebliche-Unschuldige. Diese Sinnes-Verwirrung zur Weihnacht zu thematisieren, kommt einem fast verboten vor.

Die Auslöse-Mechanismen aber sind identisch: einmal natürlich-kindlich-biologisch-gefühlsintensiv; einmal pervers-pädokriminell-schweinemäßig attraktiv.

Was hat dieses Kindliche so verzerrt; so entsetzlich ausgeliefert dem Männlichen als sexuelles Objekt, dem jeder Fortpflanzungssinn fehlt?
--
longtime

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