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Plaudereien Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf DonRWetter vom 12.06.2015, 13:21:33
In der Schule sollen die Kinder seit Jahren schon möglichst keinen Dialekt mehr sprechen. Früher war das halt anders. Demnach versuchen die Eltern, ihren Kindern zu helfen, jedenfalls meistens. Wenn Erwachsene ihren Dialekt verstecken wollen, sind sie vielleicht komplexbeladen. Aber so richtig kriegt den keiner weg, außer er besucht eine Schauspielschule. Klingt dann schon blöd, wenn man die Mundart eben doch heraushört.

Ich finde Dialekte schön. Man sollte sie auch nicht verleugnen. Meine Eltern kamen aus ganz unterschiedlichen Richtungen und sprachen daher unterschiedliche Dialekte, was manchmal ganz lustig war. Wir Kinder haben den örtlichen (wirklich, örtlich ist das unterschiedlich!) Dialekt gesprochen. Da hatte man es anfangs in der Schule nicht so leicht mit dem Schreiben. Aber Kinder sind ja flexibel und das ging dann auch.

Ich bleibe bei meiner Mundart, auch wenn mein Mann reines Hochdeutsch spricht. Das macht ihm nix aus.

LG Morrison
Sylvie46
Sylvie46
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von Sylvie46
als Antwort auf rosemie vom 12.06.2015, 10:05:13
Ich bin in der Stadt Zürich / Schweiz aufgewachsen, als Welschschweizerin - mein Vater sprach mit mir N U R französchisch, meine Mutter N U R hochdeutsch, mein Onkel N U R spanisch + meine Tante N U R englisch mit mir - aber A L L E beherrschten Hochdeutsch !!!
Im Kindergarten verstand mich in der ersten Woche k e i n e r + sooo musste ich schnellstens Mundart lernen !!!
Mit unseren Söhnen sprach jeder eine andere Sprache + mit den Enkel ebenso - N U R was ist jetzt Muttersprache ???
Also ist Muttersprache falsch - es sollte Umgangssprache heissen !!!
nnamttor44
nnamttor44
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von nnamttor44
Bei mir hat ein Kollege einmal lange gerätselt, was meine wirkliche Heimatsprache wäre, ich redete beim Erzählen oft sehr gemischt.

Meine Großmutter vertrat bei uns Mutterstelle und kam gebürtig von einem münsterschen Bauernhof, "dat" und "wat", "di" und "mi" waren eben üblich, da sie nach ihrer Hochzeit im Ruhrpott in Datteln lebte. Vor allem, wenn sie schimpfte, kam bei ihr das münstersche Platt durch.

Unser Vater verbot uns Kindern dieses Reden, schließlich lebten wir doch in der Universitätsstadt Münster und er war sehr darauf bedacht, seiner Kundschaft, den Damen vom Prinzipalmarkt, nicht unangenehm aufzufallen.

Allerdings gab's noch eine dritte Variante: wir lebten ausgerechnet im sogenannten Kuhviertel, auch "Ribbergasse - Messertasche" genannt, wo "Masematte", die Pferdehändlersprache mit ins Reden rutschte! Als Kind war mir das geläufig, weil um mich herum viele so redeten. Zuhause musste ich hochdeutsch sprechen, da es sonst ein Donnerwetter setzte!

Als wir 1972 nach GMHütte bei Osnabrück zogen, unsere Tochter dort in den Kindergarten kam, redete sie zuhause von güt, meinte aber gut. Das war nicht auszutreiben. Traf man Nachbarn in der Stadt und wechselte ein paar Worte, hieß es zum Abschied: "Tu schön in Hause grüßen!" War für mich als Münsteranerin schon heftig ...

Auch hier in meiner neuen Umgebung heißt es nicht "drum herum", wenn man vom Umland einer Stadt spricht, es heißt hier "umzu".

So hat wohl jede Ecke in unserem Land ihre sprachlichen Eigenheiten. Hauptsache, alle verstehen, was gesagt werden soll.

nnamttor44

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Allegra
Allegra
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von Allegra
als Antwort auf Sylvie46 vom 12.06.2015, 14:50:14
Muttersprache ist die erste in der frühen Kindheit gesprochene Sprache. Das ist bei Dir, Sylvie, recht kompliziert. Doch ich finde diese Sprachsituation mit ihren Chancen sehr interessant .
Allegra
Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.06.2015, 10:23:16
Mundart ist bunt und heiter!

Es hat noch jedes Kind, das in Mundart aufwuchs, hochdeutsch
gelernt, wenn man es ihm beigebracht hat.

Was glaubt Ihr, dass bei Mörikes oder Schillers daheim
hochdeutsch geredet wurde? Niemals!
Theodor Storm hat sicher platt-gedeutschelt und unser Wolfgang
von Goethe hat selbstverständlich damäääm hessisch gredt mit
der Frau Rätin.

Und die Alle sollten kein gutes Deutsch gechrieben haben!?

Es sind nur ein paar Beispiele, hängt mich nicht auf, wenn
Ihr auch noch welche wisst.

Clematis

Ich hab versäumt, von mir zu berichten.
Ich bin im Oberland (zwischen Ulm und Bodensee) geboren. Da ist das schwäbisch schon etwas herzhafter, denn es geht dem Allgäu zu.

Nach meinem Hupf nach Stuttgart ging ich während der Sekretärinnenschule in einen Rhetorik-Kurs. Seither bin ich immer wieder bemüht, einen Sprachkurs, Sprachgestaltung etc. zu besuchen.

Bei meinen eigenen Kursen an der VHS spreche ich ganz klar schriftdeutsch, auch wenn ich mich mit einem Norddeutschen unterhalte spreche ich - kann schon sagen automatisch - schriftdeutsch.
Ich empfinde es immer peinlich, wenn Schwaben und/oder z.B. Bayer im breitesten mundartlichen plaudern, wenn es öffentlich ist.

Clematis
barbarakary
barbarakary
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von barbarakary
als Antwort auf nnamttor44 vom 12.06.2015, 16:31:06
Herzlichen Dank für den Sprachunterricht!!! Ich rätselte in unserer Zeitung beim Immobilienteil immer, was Magdeburg und 'umzu' sein soll! Habe mir bisher aber nicht die Mühe gemacht, jemand zu fragen. Ist aber ein seltsamer Ausdruck für Umland!!! Naja, hier geht man ja auch 'nach Oma' und sagt 'ebend' statt eben...., habe mich trotz allem bestens eingelebt! Wo ich herkomme (Saarland, Baden, Pfalz) gibt es auch viele unverständliche Ausdrücke...

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Federstrich
Federstrich
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von Federstrich
als Antwort auf Silvan vom 12.06.2015, 08:29:52
Das scheint ein Extrembeispiel zu sein. Jeder Dialekt und auch Hochdeutsch haben ihre Berechtigung. Oft genug geht es auch nicht darum, etwas "auszutreiben" oder "zu verbieten", weil Kinder beim Aufwachsen den jeweiligen Dialekt eh mit aufnehmen und auch später bei längerem Aufenthalt als Erwachsener in einer anderen Region der jeweilige Dialekt oft eh abfärbt auf die persönliche Sprachverwendung. Manchmal merkt man es erst später, wie stark man sich, bewußt oder unbewußt, an die jeweilige Mundart anderswo angepasst hat bzw. musste. Wenn ich heute Sprecher aus meiner Heimatregion im TV sehe, denke ich mitunter: "So hast du also früher auch gesprochen." Damals habe ich das gar nicht gemerkt.

Ich bin viel zwischen den Regionen hin und her geschubst worden. Als ich neulich in meiner Heimatregion zum Klassentreffen war, hörte ich mir von denen, die ihren Heimatort nie verlassen hatten, den Satz an:"Eigentlich schade, Reginald, dass du da so eine ganz andere Färbung in deiner Aussprache mit "aufgehuckt" hast."

Zum Schluss hilft nur Toleranz, die allerdings auch mit einschließen sollte, dass Vertreter mancher Regionen nicht immer gleich mit den Augen rollen brauchen, wenn ein "Fremder" irgend eine territoriale Dublette nicht versteht.
Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Silvan vom 12.06.2015, 08:29:52
Witzle:
Drei Männer sitzen im Zug:
Ein Schweizer, ein Preuße und ein Schwabe. Keiner spricht.
Da wird es dem Schweizer zu langweilig und er spricht den Preußen an: „Soooo, sind sie auch scho s’Züri gsi?“
Der Preuße schaut ihn verblüfft an und fragt nach, was er denn damit meine.
Der Schweizer wiederholt, deutlicher und langsamer: „Sind Sie auch s’Züri gsi ?“ Der Preuße gibt auf, weil er es nicht versteht.
Der Schwabe greift helfend ein: "Der moint gwää".

Und was ist mit BAP, die wir doch garantiert alle kennen? Mit etwas Mühe verstehe ich, was sie singen. Und ich finde es toll!



Auch mit Dialekteinschlag kann man sich verständigen.
Schlimm finde ich nur die Leute, die Dialekt sprechen und davon überzeugt sind, es wäre das reine Hochdeutsch, für alle verständlich: "Isch geh ma bei Brigitte" oder "Bin ma ohm". ... und die dann andere wegen eines Dialekts auslachen

Dialekte finde ich seher spannend, weil es z.B. bei uns von Ort zu Ort neue Wörter gibt. Man lernt nie aus! Köstlich!

Morrison
DonRWetter
DonRWetter
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von DonRWetter
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.06.2015, 14:30:23
I..................................................... Meine Eltern kamen aus ganz unterschiedlichen Richtungen und sprachen daher unterschiedliche Dialekte, was manchmal ganz lustig war. Wir Kinder haben den örtlichen (wirklich, örtlich ist das unterschiedlich!) Dialekt gesprochen. Da hatte man es anfangs in der Schule nicht so leicht mit dem Schreiben. Aber Kinder sind ja flexibel und das ging dann auch.
...................................................................


Sowas habe ich bei einem Kollegen im tiefsten Sachsen, Dresden, der dort allerdings richtig auf dem Dorf lebt, erfahren.

Den Kollegen hatte ich aus Kornwestheim bei Stuttgart dort hin gelockt. Er zog komplett um. Mit Frau und kleinen Kindern. Das war vor rund 20 Jahren.

Er selbst und seine Frau haben ihr extremes Schwäbeln nie abgelegt. Die Kinder sächseln auf Teufel komm raus.

Es macht richtig Spass, bei dieser Familie zu Gast zu sein.
lupus
lupus
Mitglied

Re: Wenn man daheim seine Mundart nicht reden darf ...
geschrieben von lupus
Es kommt wohl auch darauf an wie weit sich die gesprochene Mundart vom Hochdeutschen unterscheidet.
Das vielgeschmähte Sächsisch, dass es eigentlich so nicht gibt, denn die Dialekte vom Erzgebirge bis zur Lausitz sind unglaublich unterschiedlich, ist in den Zentren wohl allgemeinverständlich.
Einen stark von der Hochsprache abweichenden Dialekt im Umgang mit Fremden zu verwenden finde ich unpassend und etwas rücksichtlos.
Deshalb ist das "Erlernen" der Hochsprache ein Muss.
lupus

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