Jetzt habe ich schon so viel über Zechen und Halten geschrieben, aber das eigentliche Leben spielt sich eigentlich unter Tage statt.

Das was für die Bergleute tägliche Routine und harte Arbeit ist, war für mich ein außerordentliches Privileg. Ich durfte auf der Zeche Prosper Haniel eine Grubenfahrt erleben. Ein tolles, unvergessliches Erlebnis.

Also wenn schon, denn schon. Man geht nicht in Straßenkleidung unter Tage. Ich wurde komplett neu eingekleidet, Socken, Unterwäsche, Arbeitsanzug.
Zuletzt gab es natürlich noch Sicherheitsschuhe, einen Schutzhelm mit Lampe und einen groben Gürtel mit den Batterien.

Dann wurde es ernst, mit rattern und rasseln öffnete sich die metallene Gitterschiebetür des Förderkorbs. Fotos gibt es ab hier leider keine, denn ich durfte aus Sicherheitsgründen nichts mitnehmen. Kohlestaub und Grubengas können durch elektrisch betriebene Geräte sehr schnell zu heftigen Explosionen führen. Alles wirkt sehr grob und martialisch, aber eigentlich ist es nichts anderes als ein Fahrstuhl. Zwanzig Leute passen hinein, es gibt keine Beleuchtung im Förderkorb, nur unsere Stirnlampen spenden ein wenig Licht. Es wird ruhiger, die Scherze und das Lachen verstummen. Dann wird die Gittertür zugezogen und wenige Sekunden später setzt sich der Korb langsam ruckelnd und knirschend in Bewegung. Erst vorsichtig und langsam, es ruckelt und wackelt schon ein wenig mehr als in einem normalen Fahrstuhl, besser man hält sich irgendwo fest. Dann wird die Fahrt schneller und rasanter, bis wir mit 10 Meter pro Sekunde (!) in die Tiefe rasen. Die Fahrt dauert keine 5 Minuten dann sind wir an unserem Ziel angekommen. Rasselnd öffnet die Gitterschiebetür. Ich trete aus dem Förderkorb und befinde mich in einer kleinen Höhle in 1200 Meter Tiefe. Nicht sehr groß, vielleicht 10 mal 10 Meter und 4 Meter hoch. Sie ist schwach von einigen Lampen erleuchtet. Ein bisschen habe ich schon ein mulmiges Gefühl soviel Erde über mir zu wissen. Vereinzelte Gänge gehen in unterschiedliche Richtungen ab. Es ist warm. Hier und da stehen Maschinen und Geräte herum.

Zu Fuß marschieren wir in einen der Gänge hinein, wir werden ein paar Hundert Meter laufen müssen um zur Kohle zu kommen. Tief unten in der Erde sind die meisten Bergwerke über viele Kilometer lange Schächte miteinander verbunden. Dann erreichen wir ein Förderband, auf dem Kohle transportiert wird. Genug gelaufen, ab jetzt lassen wir uns transportieren. Einer nach dem anderen legen wir uns auf dem Rücken flach auf das Förderband. Wiederholt werden wir ermahnt nicht den Kopf zu heben, da knapp über dem Förderband Hindernisse vorhanden sind. Dann geht die Fahrt los. Gefühlt rasend schnell saust das Förderband dahin, mal durch große Gänge, dann wieder nur ein paar Zentimeter unter der Decke entlang. Nein, ich habe wirklich nicht das Bedürfnis den Kopf heben zu müssen, um zu sehen wohin die Fahrt führt. Dann sind wir da, vor Ort, langsam, froh es überlebt zu haben, krabbeln wir wieder vom Förderband herunter.

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Kommentare (4)

Locomotivedriver Und wieviel schiss hat man gehabt, wenn eine Fördermaschine mit einem neuen Fahrregler ausgerüstet, wieder in Betrieb genommen wurde??

Immerhin konnte die Technik noch Fehler beinhalten.
Das ist einmal passiert als nach der Vorwahl "Personenfahrt"(12m/s) der Regler infolge Fehlprogrammierung, welche sich nicht gleich selbsttätig offenbart hat, dann auf Materialfahrt mit 20m/s umsprang!!
Nur der "Nothalt" hat uns Inbetriebnehmer davor bewahrt mit körperlichen Schäden auf der Schachtsohle anzukommen.

Für die gestandenen Hauer und Steiger mag das wohl eine Kleinigkeit sein.

Mir, allerdings als Projekteur, Planer und Inbetriebnehmer ging nach diesem Erlebnis, die Funktionssicherheit der Einzelkomponenten über alles.
Wenn sich da auch die geringste Unsicherheit angedeutet hat, ging die Schachtförderanlage mit dem neuen Fahrtregler nicht in Betrieb und es musste mit den alten Komponenten gefahren werden.

Nur die Hektik mit der das einherging, wenn die "Freischicht" sich dem Ende zuneigte und die "Schicht" wieder begann, die ging uns allen an die Nieren.

Aber Sicherheit ist in diesem Betrieb das Allerwichtigste.

Glück auf

Guenter
Pan ist da denn so Besonderes? Ich habe lange Jahre untertage "malocht".
Hab nie gefunden, das da etwas aussergewöhnliches dabei war.
War tagelang verschüttet, na und??
Kommt halt immer darauf an, ob man als "Tourist" oder als Bergmann unten ist!
Habe nirgendwo auf der Welt so eine Kameradschaft gefunden, wie auf'm Pütt!

Glückauf,
Pan
Ruhri Fallschirmsprünge und eine Ballonfahrt habe ich schon gemacht, aber das wäre jetzt mal ein anderes Highlight.
ehemaliges Mitglied ich als fischköp, wie ihr ruhrpötler uns nennt,bekam schon schisse beim lesen deines blogs.
danke dafür.
gruß aus "SH"
helmut

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