Ach, ich hatte meine Pillen vergessen, war doch die eine Sorte hier bei meinem Schatz alle geworden. Und so viele Tage sollte ich doch nicht ohne Einnahme derselben sein. Also blieb uns nichts anderes übrig, mal eben hinüber zu mir, meinem Zuhause, zu fahren um Nachschub heranzuführen.

Das Wetter schrie förmlich danach, die Hühner zu satteln, also sich auf’s Fahrrad zu “schwingen“ und von Johannisthal nach Plänterwald zu radeln. Die Hin-Tour führte durch die Königsheide und durch Baumschulenweg. Die Rückfahrt sollte uns entlang dem „Mauerweg“ führen.

„Mauerweg“: das ist das Gelände, wo sich einmal der „Kolonnenweg“ befand, entlang der Grenzbefestigung seit 13. August 1961, der Berliner Mauer. Wenn du einmal den Gesamtverlauf dieses Weges verfolgen möchtest, dann kaufe dir bei Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) die Wander- und Radel-Karte aus dem VBB-Kartenset – oder kaufe dir gleich den ganzen Satz für deine kommenden Touren durch Berlin und Brandenburg. Da ist die Spur des „Mauerweges“ sauber eingezeichnet.

Also fuhren wir ein Stück über Dammweg und trafen auf den Mauerweg, der sich dort am Heidekampgraben entlangschlängelt, genau bis wir den Punkt erreichten, wo es einmal einen der wenigen Grenzübergänge zwischen der „Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik“ und „West-Berlin“ gab und zwar den Übergang Sonnenallee. Nichts deutet an diesem Knotenpunkt von einst hin außer, dass hier ein Asphaltweg kreuzt, der heutige „Mauerweg“.

Dieser Weg, den kein Auto mehr befahren darf und kann, schlängelt sich später am Britzer Zweigkanal entlang. Menschen zu Fuß, per Rad oder auf Roller-Blades bevölkerten dieses Band von historischem Weg. Alles so friedlich, kein Stück Erinnerung an dieses tragische Erleben in der Geschichte. Nur, ein Mahnmal steht da und erinnert an den letzten Mauer-Toten.

Wenn du dann siehst, wie nahe die Plattenbauten auf östlicher Seite noch gebaut waren, bis der Stacheldraht sich zwischen Ost und West einsetzte. Fragst du andere, so, wie meinen Spatz, wie das Empfinden dazu war, dann hat man sich dem Ganzen nicht genähert, vermied Gedanken darüber, weil’s eben so war. Das Nachdenken – kurz vor der Wende – begann erst, als eines der Kinder „abgehauen“ war.

Nun aber radelten wir Beide, Spatz voraus, ich hinterher, der Tacho wechselte zwischen elf und siebzehn Stundenkilometer – ganz schön Tempo, den Spatz mit seinen siebzig Jahren vorlegt, ich gab nicht auf zu folgen. Nach einiger Zeit kamen wir zum Hafen Britz-Ost, wo der Britzer Kanal in den Teltowkanal einmündet. Da verlaufen heute links vom Weg die Autobahn 113 hinter einer Schallwand (wieder eine Mauer!) und rechts das Wasser. Schnurgerade.

Wir setzten uns auf eine der da und dort aufgestellten Bänke. Sahen hinüber in den „Westen“. Das neue Grün versperrte tieferen Einblick. Und die hohen, schlanken Pappeln standen nicht mehr kahl, auch in schmuckem Grün.

Die Ausfahrten der Autobahn überquerten den „Mauerweg“, an den über die „Mauer“ sichtbaren Wegweisern konnten wir ablesen, welche Ausfahrten da kommen würden, auch ein Hinweis dafür, wann wir über die Autobahn fahren müssen, um nach Johannisthal zu gelangen. Und dann waren wir wieder vor der Haustür. Spatz fuhr schnell noch zu Kaiser’s und holte Eis. Aber dann schauten wir uns unsere bewältigte Tour auf der Karte an. Doch ‘ne ganz schöne Strecke! Ehrlich, nach dieser ersten Frühlingstour per Rad tat der Hintern ganz schön weh – es war ja auch nicht mein eigenes Rad, sondern das, das mir in Johannisthal zur Verfügung steht, so, wie auf Spatz eines in Plänterwald wartet.

ortwin

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige