Glaube aus freien Stücken


Glaube aus freien Stücken

 
Ich habe irgendwo gelesen, dass bei uns In Deutschland genauso viele Menschen an die Auferstehung Christi glauben, wie an Horoskope. Was das nun heißen soll? Wir Menschen sind auf einer extremen Suche nach Spiritualität, und das in alle Richtungen. Wir können denken, was wir wollen, wir sind frei zu glauben, woran auch immer, es kann auch gar nichts sein!
  Da müssen Kirchen, Religionen und Glaubensgemeinschaften sich anstrengen, so attraktiv zu sein, um die Menschen rings herum nach allen Regeln der Kunst zu begeistern. Und sie tun es auch - leider nicht immer zu unseren Gunsten!
  Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Kirchen sich in der älteren und jüngeren Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert und mit ihrer Einmischung in Politik, Ausnutzung ihrer uralten Machtstrukturen und der nicht vorhandenen Anerkennung der Liebe zweier Menschen, wenn sie nicht in ihr Weltbild passt, ihren Schäfchen nicht das Gefühl gegeben hat, willkommen zu sein! Und das ist bis heute so!
  Dass ich Christ bin und dazu noch Protestant, gehört nun mal zu meinem Leben dazu. Ich bin aber auf dem kirchlichen und auch konfessionellen Auge nicht blind und sehe auch die leeren Kirchenbänke vielerorts. Ich weiß, dass Kultur genauso auch in Kirchen ein gutes Werkzeug sein kann, das zu ändern!
        Ja, »Großer Gott wir loben Dich« und eine majestätisch gespielte Orgel lassen auch mich weichwerden, aber das löst nicht unbedingt eine Anziehungskraft auf alle aus und wirkt meist ein wenig unzeitgemäß.
        Ich möchte nicht falsch verstanden werden, ich sage nicht, dass es so etwas gar nicht mehr im Gottesdienst geben sollte. Nur hier und da bedarf es vielleicht einer Veränderung! Kultur und Kirche können sich gegenseitig bereichern. Beide können, wenn sie sich öffnen, uns große Geschenke machen: Sie zeigen uns, wer wir sind, wo wir herkommen, zu wem wir gehören.
Ganz gleich, zu welcher Religionsrichtung wir gehören. Aber Gottesdienste in romanisch geprägten Ländern lassen uns schon manches Mal staunen! Ich mag es zum Beispiel nicht, wenn die Gemeinde wie ein Trauerkloß in ihren Bänken sitzt. Warum eigentlich?
        Ist es eine so traurige Sache, unseren Glauben zu leben? Wer einmal einen Gottesdienst beispielsweise in einer afrikanischen Kirche erlebt hat, weiß, was ich meine! Es gibt eben noch Menschen, deren einziger Halt im Leben noch ihr Glaube ist - wenn sie auch sonst noch so arm sind! Bei uns in den - wie sagt man doch so schön: »zivilisierten Ländern«, haben wir das verlernt!
        Wir sind so anspruchsvoll geworden, dass wir gar nicht mehr erkennen, wie »arm wir im Geiste« sind! Singen und tanzen in einem Gottesdienst kann eine kulturelle Bereicherung sein. Es ist fremdartig, gewiss. Aber wie viele Sitten und Gebräuche haben wir bereits in den letzten hundert Jahren von anderen Völkern übernommen? Man kann das gar nicht mehr zählen. Hat es uns geschadet? Wenig, denke ich, und wenn, dann wären das nur die Auswüchse einer Generation, die wieder alles übertreiben muss.
        Jeder soll nach seiner Façon selig werden. Das sagte bereits Friedrich II. Warum sollte man uns das nicht lassen?
Aber dann auch: Allen Menschen ...


© by hcglux

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Kommentare (4)

Heidi Grünwedl

@Pan  Ich finde auch Musik, Singen und Tanzen gehören in einen GoDi rein. Meine Vorfahren sangen selber alle im Kirchenchor und, wenn es den nicht gegeben hätte, gäb`s mich nicht, denn meine Eltern haben sich vor vielen Jahren im Kirchenchor in Buenos-Aires kennengelernt. Ich selber habe auch mal im Kirchenchor in Oberensingen in einer Dorfkirche gesungen und es hat mir dort sehr gefallen, deswegen kann ich deinen Wunsch nach aktiver Musik im GoDi sehr gut verstehen. Herzlichen Dank für dein gutes Plädoyer.
Liebe Grüße von Heidi Grünwedl

nnamttor44

Als meine Tochter zur Kommunion kommen sollte, gab es für die Eltern eine Art Unterricht, wie den Neunjährigen das Ereignis nun zu erklären sei. Dummerweise war der Geistliche in meiner Elterngruppe unser Pastor.

Sobald das Thema auf's Kinder zeugen kam, wurde der Ärmste knallrot, konnte kaum weiter sprechen. Aber am Wochenende ging er Arm in Arm mit seiner keineswegs gebrechlichen Haushälterin bei uns über den Forstweg spazieren ...

Als ich dann erfuhr, dass in unserem Wohnort neben der staatlich geforderten Kirchensteuer auch noch Ortskirchgeld sowohl für eine nicht berufstätige Ehefrau als auch für das eigene Grundstück und das Haus zu zahlen sei, in dem Buch der kürzlich verstorbenen Uta Ranke-Heinemann Frauen durch die Kirche verteufelt wurden, bin ich ausgetreten. Dieser heuchlerischen Kirche wollte ich nicht mehr angehören! Das heißt für mich aber nicht, dass es keine höhere Macht geben könnte ...

Strafsüchtig war der gute Mann dann auch noch, als ich einige Jahre später zur Beerdigung meines Schwiegervaters tatsächlich mit in die Kirche ging. Mein Schwiegervater war Hausmeister an einer von kath. Nonnen geführten Hauswirtschaftsschule in Münster und zur Beerdigung kamen 20 Nonnen sowie der hauseigene Kaplan extra angereist. Wir hatten auch den Pastor wissen lassen, was da auf ihn zukam. Aber seine Grabrede dauerte nur 2 Minuten und dann wurde der Sarg hinabgelassen. Der Pastor blamierte sich so richtig!

Was die ehemaligen "Kolleg:Innen" meines Schwiegervaters gedacht haben, erfuhren wir ja später. Der Pastor holte sich dann bei uns 6 Wochen später ein, zwei Cognac und eine dicke Zigarre ab und vergaß, uns seine Strafpredigt zuhause abzuhalten ... Eben ein Mensch in seiner ganzen Unvollkommenheit.

Uschi

JuergenS

Ich finde den Beitrag schon deshalb gut, weil er nicht rechthaberisch ist, sondern auch Fragen stellt.

Und bei einigen Kirchenliedern, wie dein erwähntes Großer Gott wir loben dich, eigentlich direkt aus der heutigen Zeit gefallen, bekomme ich auch benetzte Augen...

Und ohne Macht der Kirchen gäbe es nicht nur keinen Missbrauch, sondern weniger lohnende Besuche in Kultstätten, weniger Kunst, weniger Neugierde auf Fremdes und vor allem nix zu diskutieren, naja nix ist übertrieben.

Pan

So ist es gewiss! Vieles ist schiefgelaufen im religiösen Alltag - es gab aber auch gute Seiten! Das gegeneinander aufzurechnen, wäre ein äußerste Sisyphus-Arbeit und auch gar nicht diskutabel.
Und Du hast vollkommen recht: Es gäbe fast keine Kunst aus alten Zeiten - wie arm wäre doch unser Dasein?
Es ist, wie es ist - und alles jetzt an den Missbrauchsfällen aufzuhängen - daran würde ich zweifeln.
Wie viele andere Fälle gibt es, die nichts mit der "Kirche" zu tun haben?
Aber das ist natürlich außen vor - aber bei "Kirchens", da ist es schon etwas anderes. Sportverein, Schulen etc. - keiner verliert ein Wort darüber, außer es wird medial berichtet🔇

Horst grüßt herzlich ...


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