Eintrag in mein Surrealistisches Tagebuch nach dem Besuch einer Ausstellung des Dadaistn Hans Arp im "Bahnhof Rolandseck"



Verwoben hinter flammenden Laken des in Materie verlorenen Jenseits
verklingt der Windmühlengesang der Skelette, morsch und im Rausch des geschwächten Morgen.
Gebrochen in flackerndem Licht hinter der Sonnenhaut und
in atmosphärischer Dichte von Blüten auf Matten gelagert.
Lanzen schwingend gegen Gottes gefallene Engel,
sich auf Tischen mehrend mit schweren Tropfen aus Perlmutt.
Gleich Federn die wie Steine die Erde befallen,
mal um mal eindringend unter
frevlerischem Druck benetzter Haare,
an den Morgen gelehnt und in Zirkeln kreisend,
getrieben von Zeitsegeln die geborsten und fleischlos
gleich unverhoffter Gebrechen zwischen Raum und Zeit,
in Leere prall und in dunkle Wirklichkeit gespiegelt.
Dämonen fallen aus dem Reich der Geschlechtslosigkeit,
ohne Auftrag fürs forschende Suchen nach Wanderinsekten,
auf Inseln schwankend wo Sirenen locken schattenreich,
auf Pfählen wegeweisend und ruhend in zeitloser Zeit.




©Horst Ditz

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Kommentare (8)

ehemaliges Mitglied ...aber es macht mir Mut, lieber Horst, auch aus meiner "Kiste" mal so etwas in Richtung "Dada..." auszukramen, denn ich verstaue das all die Zeit ganz zu unterst, weil ich bislang wenige zu finden glaubte, die das noch als lyrisches Verbrechen ohne sofortige Inhaftierung des Autors durchgehen lassen wollen.
Deinen Eintrag in das Surrealistische Tagebuch finde ich beachtlich! LG *Ramires*
ehemaliges Mitglied haben eine tolle Melodie. Sie sind sehr symphonisch, ohne dass man sich auf die Arp'schen Kunstwerke besinnen muss. Sie haben einen schweren Klang. Sie künden von einer geistigen Tiefe und lassen Bilder erstehen, die dem flüchtigen Betrachter verborgen bleiben. Sie zeugen davon, dass sich vieles in der Innensicht des Menschen wiederspiegelt, ohne dass Sie durch das Bewusstsein fassbar sind. Sie geben wieder, was sich in Deinem Innern, Deinen Vorstellungen manifestiert. Man muss es nicht begreifen, sondern nur auf sich wirken lassen.

Es grüßt Dich
Gerd
immergruen Mein Horst ist ein großer Bewunderer von Moore. Auch Hans Arp ist ihm nicht unbekannt und ich kann mir gut vorstellen, dass man in einen Rausch gerät, wenn einen eine solche Flut von Eindrücken überrollt.
Wo findet man den Bahnhof Rolandseck? Am Rhein, in der Nähe von Koblenz?
harfe Zugegeben, die beim Betrachten der hölzernen Kunst-Objekte von Hans Arp versetzten mich in eine innere Aufgeregtheit und ließen Tausend Bilder in meinem Kopf entstehen. Einige der abstrakten Objekte sind allerdings leicht durchschaubar und nicht denen von deinem Horst unähnlich, wenn auch nicht von der hohen Ästhetik, die bei Horsts Werken bestechend ist. Schließlich verfolgten die Dadaisten nicht diesen Anspruch, hatten eher provozierenden Charakter. Zugleich aber ist darin auch die Nähe zu Henry Moor spürbar. Solltet ihr einmal dort vorbeikommen , wäre ein Besuch sicherlich für euch beide vergnüglich.
Liebe Pfingstgrüße schickt euch Horst
immergruen Die Vielfalt der Bilder konnte mein Geist nicht auf einmal bewältigen. Ich habe gleichermassen an Zerstörung und Verfall gedacht, an Ausweglosigkeit und Resignation.
Ruhen in zeitloser Zeit ist eine tröstliche Vorstellung , in diesem Inferno allerdings könnte ich es mir nicht vorstellen, es würde mich ängstigen.
Aber immer wieder sind Deine Texte, lieber Horst, Anlass für tiefe Gedanken, die Deine Bilder auch reflektieren.
ehemaliges Mitglied Dein Gedicht birgt düstere Anmut. Gottes verbannte Engel, im Höllensturz auf die Erde fallend, unaufhaltsam, sich vermehrend. Eine dunkle Dimension, nicht sichtbar, aber vorhanden, zwischen dem Hier und dem Jenseits.

Lieber Horst, Du hast mich faszinierende Bilder sehen lassen, die mich teilweise sogar atemlos gemacht haben. Ich danke Dir! Es ist Dir wieder ein phantastisches Werk gelungen.

Mit liebem Gruß
Deine Freundin Sigrun
harfe
für deinen Kommentar. Ich entdeckte den Dadaisten Hans Arp, der auch Literat war, als einen Vorläufer der von André Breton gegründeten Vereinigung der französischen Surrealisten. Plötzlich rückte beim Lesen von Arps Lyrik –auch in Verbindung mit seinen künstlerischen Objekten-meine eigene Neigung so zu schreiben wie ich es seit langem praktiziere ins Bewusstsein. Dies hat mich freilich innerlich aufgewühlt. Die anschließend in unserer Gruppe geführten Gespräche beim abendlichen Gläschen Wein waren außerordentlich interessant. Wann ist Kunst wirklich Kunst? Diese Frage lässt viele Interpretationen zu und sorgt für entsprechend heitere Disputationen. Das kannst du dir gut vorstellen.
Sei lieb gegrüßt
Dein Horst
pelagia versuche ich mir vorzustellen, die Dich zu so sprachgewaltigen Wortbildern inspiriert hat, Bilder, die beim Betrachten Dein Innerstes aufgewühlt haben müssen, und ich komme an bei den letzen Zeilen -ruhend in zeitloser Zeit - und ruhe mich aus auf diesen Worten.
Grandios, zu welchen Empfinden Bilder uns hinführen können.

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