Interview mit einem Schauspieler



Den Mann nennt man immer noch „der junge D.”, obwohl er, der Sohn eines ebenso populären seiner Zeit „alten D.” jetzt auch mittlerweile 53 wurde. Der junge D. erzählte über den Anfang seiner Karriere; dass er eigentlich gar nicht sicher war, ob er auch wirklich an der Theaterhochschule studieren möchte, und so weiter.

Er sprach im Titelinterview viel über die Beziehungen an den Theatern, wo er gespielt hatte. Schauspieler – Schauspieler, Schauspieler – Regisseure, die Jungen – die Alten… Er betonte, dass es da heutzutage meistens ohne Zeremonien geduzt wird, egal wie lange jemand, und an welcher Stelle im Theater gearbeitet hat.

Und er erzählte über einen Tag, viel früher, an dem er, seit mehreren Jahren an dem Theater tätig, in einer Vorstellung besonders erfolgreich wurde. Nach der Aufführung kam dann der berühmte, ältere Schauspieler J.T. in seine Garderobe, und sagte: Nun darfst du mich duzen… Natürlich hat damals die Wendung „ein berühmter Schauspieler” viel mehr bedeutet, als jetzt. Und da war der ältere Schauspieler weder eingebildet, noch narzisstisch. Einfach bewusst, dass er für einen viel jüngeren Kollegen ein Vorbild sein konnte. Er wusste, dass der Sinn des Lebens auch darin bestehen kann, nach etwas zu streben, und es zu erreichen.

Der junge D. fühlte sich wohl selbst beim Erzählen darüber tief berührt… Er sagte: Was für eine Ehre war das für mich, welche Freude, wie glücklich ich war, ich fühlte mich echt hochgeschätzt…

Heutzutage wird so etwas wie eine Hierarchie gerade gehasst. Wieso… Schon wieder werden da junge Leute von etwas beraubt: So kennen sie nicht mehr das Gefühl, einen schwierigen Weg gegangen zu sein, doch dann den Besten gleich geworden. Prestige, und so schön gewonnen. 

Na ja, viele fühlen sich auch ohne dessen the best. :) Oder – sei es ein tief verborgenes Minderwertigkeitsgefühl, dass eher ausgedrängt wird, als dass man sich doch ein wenig Mühe geben würde?


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(Bild aus dem Internet)

 


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Kommentare (2)

Manfred36


Förmlichkeiten im Umgang waren früher sehr maßgebend. Sie hatten eine nicht fest umrissene, aber allgemeine Bedeutung. Da konnten Nuancen der Gegenseitigkeit und Stellung eingeordnet werden. Das ist heute einer freieren Auslegung gewichen. Bis in neueste Zeit wollten verschiedenerorts sogar die Eltern (zumindest Großeltern) von den Kindern mit „Ihr“ angeredet werden. Ich hatte einen wirklich guten Berufskollegen, mit dem ich lange Jahre in einem produktiven Team verbunden war, das bis ins Private reichte. Wir blieben aber zeitlebens beim „Sie“, ohne Bewertung. Auch der Umstand, einen Freund zu duzen und seine Frau zu siezen, ist ja etwas paradox. Bei meinen Kindern habe ich beobachtet, dass diese Schwelle sehr schnell fallen kann, ohne das Verhältnis zu beeinträchtigen. Die Nennung beim Vornamen kann ja durch Häufigkeitsauslese nuanciert werden. Ein „Herabziehen“ habe ich eigentlich nicht vorgefunden. Ähnlich verhält es sich im Schriftlichen, wo zum Glück das groß geschriebene Du nicht mehr verbindlich ist und eine deutliche Zäsur zum distanzierenden „Sie“ schafft.



 

Christine62laechel

@Manfred36  


Ja, lieber Manfred, ich finde das Siezen in vielen Fällen auch einzig richtig. Ich wollte zum Beispiel seit etwa 15 Jahren nicht mehr, mit den jüngsten Arbeitskollegen und -kolleginnen duzen. Manche hatten es sogar als die Ersten vorgeschlagen – und wahrscheinlich gilt doch immer noch, dass es der älteren Person zusteht. Und sonst, wenn auf du und du, wird man hier oft so kumpelhaft, wie ich es nicht gerade mag.

Ich habe auch mal irgendwo gelesen, dass das Siezen einfach „sexy” ist, und dass diejenige Beziehungen besser wären, in deren sich die künftigen Partner eine längere Zeit „Sie” gesagt hatten. Ich kann das gerne glauben.

Das großgeschriebene „Du” verschwindet langsam wirklich aus den SMS, und zum Beispiel aus den Kommetaren hier. Doch im privaten Briefwechsel zwischen zwei Personen, die sich lieben, oder die sich besonderen Respekt vorzeigen möchten, könnte es gerne doch bleiben.
 


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