Methylenblau gegen Alzheimer ...?


Berlin - Methylenblau könnte zur Behandlung von Alzheimer eingesetzt werden. Der Farbstoff verhindert das Zusammenlagern von Tau-Proteinen, wie Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) herausfanden. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.

In Nervenzellen seien Tau-Proteine für die Stabilisierung innerhalb der Nervenzelle wichtig, so die Wissenschaftler. Bei Alzheimer-Patienten verklumpen diese allerdings und stören so den Zelltransport.

An Mäusen und Fadenwürmern konnte bereits die positive Wirkung von Methylenblau nachgewiesen werden. Die Forscher fanden nun mit Hilfe der NMR-Spektroskopie den molekularen Wirkmechanismus heraus: Methylenblau inaktiviert demnach Molekülgruppen, die sonst eine Bindung zwischen den Tau-Proteinen herbeiführen. Zudem lagere sich der Farbstoff zwischen den Protein an und halte sie so auf Abstand.

Methylenblau gegen Alzheimer ...



Ela




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Kommentare (7)

Ela48 Erst einmal danke für Dein Feedback!
Ich verfolge solche Veröffentlichungen sehr intensiv, weil ich einfach die Hoffnung, dass diese Erkrankung eines Tages wirklich besiegt werden kann, nicht aufgebe.
Mir ist es bewusst, das in Fachzeitschriften immer wieder anscheinend "Neues" entdeckt wird.
In meinen langen Blog über Validation habe ich auch über einige Forschungen schon berichtet. Weltweit wird geforscht.
Ich denke, wir sollten abwarten und weiterhin das öffentliche Interesse wach halten.
Freue mich über Deine Antwort!
herzlich
Ela
bukamary Lange Zeit galten die Amyolidplaques als Hauptursache für Alzheimer. Seit einiger Zeit geht man eher davon aus das die Tauproteine im Gespräch. Und jedes Mal gab es vermeintlich vielversprechende Ansätze, die sich dann als doch nicht so effektiv gezeigt haben.

Ich habe da so meine Zweifel. Beide Faktoren spielen vermutlich eine nicht unwesentliche Rolle.

Ela, Du schreibst:
"Die von Mitochondrienresten und Tau-Oligomeren verstopften Lysosomen könnten nach Wischiks Ansicht auch der Grund für die Bildung von Amyloidplaques sein. So werden Beta-Amyloid und andere Amyloidfragmente zum Teil ebenfalls über Lysosomen entsorgt."

Wenn das so wäre, dann müßten bei allen, bei denen man Amyloidplaques festgestellt hat (erst postmortal möglich)zu Lebzeiten Symtome einer Demenz festgestellt haben. Nun gibt es aber Fälle, die, obwohl hochaltrig, und mit entsprechendem Befund keinerlei Symptome gezeigt haben. Deswegen auch meine Zweifel. Ich glaube, dass hier noch verschieden Faktoren eine immense Rolle spielen.Faktoren, die man bisher nicht in Zusammenhang mit einer Demenz gebracht hat, bzw. deren weitere Erforschung bisher vernachlässigt wurden.

bukamary
Ela48 Phase-III-Studie mit Methylenblau-Derivat

Diese Frage würde Professor Claude Wischik von der Universität in Aberdeen in Schottland wohl ohne Zögern mit Ja beantworten. Für ihn sind die Ergebnisse der Amyloidstudien keine Überraschung. Wischik ist davon überzeugt, dass Beta-Amyloid eher ein Nebenschauplatz ist und man sich auf das Tauprotein konzentrieren sollte.

Tau aggregiert bekanntlich zu intrazellulären Filamenten und stellt das zweite histopathologische Schlüsselmerkmal der Alzheimerdemenz dar. Dieser Streit zwischen "Tauisten" und "Beta-Aptisten" ist schon sehr alt.

Zuletzt hat sich der Mainstream aber weitgehend auf Seite der Beta-Amyloid-Hypothese geschlagen und geht davon aus, das die Taufilamente eher als Spätfolge der Erkrankung auftauchen - der Schutt quasi, der übrig bleibt, nachdem die Neuronen verendet sind.

Wischik hat aber all die Jahre weiter an Tau geforscht und nach Wirkstoffen gesucht, die eine Aggregation des Proteins verhindern. Fündig geworden ist er mit dem altbekannten Farbstoff Methylenblau.

In einer Phase-II-Studie mit über 300 Alzheimerpatienten, deren Ergebnisse er 2008 als Abstract auf einem Kongress vorgestellt hatte, ließ sich die Progression der Demenz bei leicht bis mittelschwer erkrankten Patienten offenbar verhindern.

Der ADAS-cog-Wert blieb über zwei Jahre hinweg weitgehend konstant, während er mit Placebo um etwa sechs Punkte fiel. Auch in der SPECT-Bildgebung deutete sich ein Stopp der Krankheitsprogression an: Die weitere Abnahme des zerebralen Blutflusses in von Alzheimer betroffenen Hirnregionen blieb aus.

Das große Manko allerdings: Die Daten wurden bisher nie in einer Publikation veröffentlicht und werden daher von anderen Forschern skeptisch beurteilt.

"Die Publikation der Daten ist für 2013 geplant. Wir wollten warten, bis wir von der FDA grünes Licht für Phase-III-Studien bekamen", begründete Wischik die Zurückhaltung im Gespräch mit "Springer Medizin".

Grünes Licht haben ihm nun die US-Zulassungsbehörde FDA sowie die europäische Behörde EMA gegeben: Auf dem Kongress in Monte Carlo kündigte er gleich zwei Phase-III-Studien mit dem Methylenblau-Derivat Leuko-Methylthioniumchlorid an.

Die Substanz soll sowohl Tau-Fibrillen als auch deren Vorstufen, Tau-Oligomere, auflösen. Geplant ist eine eine einjährige Studie mit 833 Patienten, die an leichter bis mittelschwerer Alzheimerdemenz erkrankt sind, sowie eine Studie über 18 Monate mit 500 leicht Erkrankten.

Die Aufnahme von Patienten hat bereits in den USA begonnen, so Wischik, europäische Länder sollen bald folgen. An den Untersuchungen nehmen auch acht bis zehn Zentren in Deutschland teil.

Der Alzheimer-Forscher, der die klinische Entwicklung des Tau-Hemmers mit seiner Firma TauRx Therapeutics vorantreibt, ist davon überzeugt, dass die Teilnehmerzahl der beiden Studien groß genug ist. Ausgehend von der Effektstärke in der Phase-II-Studie sollten sich damit signifikante Effekte klar nachweisen lassen.
Tau-Fibrillen bereits in jungen Gehirnen

Unterstützung erhält die Tau-Hypothese auch von aktuellen Befunden. Einer der renommiertesten deutschen Neuropathologen, Professor Heiko Braak aus Frankfurt am Main, konnte mit seiner Arbeitsgruppe nachweisen, dass sich Tau-Fibrillen bereits in jungen Gehirnen bilden.

Bei Post-mortem-Untersuchungen von 42 Gehirnen bei Menschen, die im Alter von unter 30 Jahren gestorben waren, fand er solche Fibrillen in drei der jungen Gehirne, und zwar im entorhinalen Kortex, einer Schnittstelle zwischen Hippocampus und Neokortex.

Bei beginnendem M. Alzheimer treten dort meist die ersten Fibrillen auf und gehen schließlich auf den Hippocampus und weitere kortikale Regionen über.

In den übrigen Gehirnen fanden die Forscher zwar keine Fibrillen, aber deren Vorstufen: hyperphosphoryliertes Tau-Protein, das zur Aggregation neigt.

Bei allen, auch bei einem sechsjährigen Kind, ließ sich das hyperphosphorylierte Tau im Locus coeruleus im Hirnstamm nachweisen, bei einigen auch in Projektionen in den entorhinalen Kortex und in anderen Hirnkernen, und schließlich bei den am stärksten betroffenen Gehirnen auch in Neuronen in subkortikalen und kortikalen Regionen.

Nach diesen Daten, so Braak, scheint die Tau-Pathologie folglich im Locus coeruleus zu starten: "Offenbar beginnen die Veränderungen im Hirnstamm und breiten sich wie eine Dampflok langsam und unaufhaltsam von Nervenzelle zu Nervenzelle aus", sagte Braak auf einer Veranstaltung der Alzheimer Forschung Initiative.

Auch die Amyloidpathologie kommt demnach erst später dazu: Nur in einem der 42 Gehirne, bei einem Patienten mit Down-Syndrom, fand der Neuroanatom Amyloid.
Verstopfte Lysosomen

Liegt also die Mehrheit falsch mit der Vermutung, dass Tau auf Amyloid folgt? Ist es genau umgekehrt? Auch Wischik bedient sich solcher pathologischer Daten und geht davon aus, dass Tau bereits früh in Neuronen akkumuliert und dieser Prozess im Alter exponentiell verläuft.

Er vermutet dabei einen direkten Zusammenhang mit Alterungsprozessen. Als Trigger oder Kristallisationskeim für Tau sieht er mitochondriale Proteine, die bei einer unvollständigen Verdauung in Lysosomen übrig bleiben.

Die Energiefabriken der Zellen werden etwa alle 120 Tage erneuert. Lysosomen fressen dabei die alten Mitochondrien buchstäblich auf. Bei älteren Menschen funktioniert diese Form der Müllbeseitigung aber nicht mehr richtig, es bleiben häufig unverdauliche Reste übrig, sogenannte Alterspigmente.

Diese können zusammen mit Tau aggregieren. Wischik vermutet, sie könnten die Bildung von Tau-Oligomeren induzieren. Diese werden normalerweise ebenfalls über die Lysosomen entsorgt.

Wenn die zelluläre Müllabfuhr aber schon mit den alten Mitochondrien Probleme hat, schafft sie die zusätzlichen Tau-Aggregate erst recht nicht mehr. Es kommt daher zu einem Verdauungsstau in den Lysosomen, und die Tau-Aggregate verklumpen zu den gefürchteten Fibrillen.

Mehr noch: Offenbar haben Tau-Oligomere autokatalytische Eigenschaften und können, ähnlich wie Prionproteine, ihre eigene Aggregation beschleunigen. Die Tauisten vermuten zudem, dass die Oligomere über synaptische Vesikel benachbarte Nervenzellen "infizieren".

Dies wäre gut im Einklang mit Braaks Beobachtungen, wonach sich die Taupathologie ausgehend von einigen wenigen Hirnarealen sukzessive im Gehirn auszubreiten scheint.

Die von Mitochondrienresten und Tau-Oligomeren verstopften Lysosomen könnten nach Wischiks Ansicht auch der Grund für die Bildung von Amyloidplaques sein. So werden Beta-Amyloid und andere Amyloidfragmente zum Teil ebenfalls über Lysosomen entsorgt.

Amyloidplaques sind zudem voll von lysosomalen Enzymen, sodass vermutet wird, sie entstehen aus eben diesen Vesikeln, die bersten wie Mülltüten, nachdem sie bis zum Platzen vollgestopft wurden.

Allerdings bleibt es schwierig nachzuweisen, was nun wirklich Ursache und Wirkung ist. Nach dem Scheitern sämtlicher Amyloid-Studien und Wischiks Ankündigung von Phase-III-Untersuchungen mit einem Tau-Hemmer dürfte auch die Diskussion um die Ursachen der Alzheimerdemenz in eine neue Runde gehen.

Der Geriater Hüll warnt jedoch davor, den Blickwinkel wieder auf ein einziges Ziel zu verengen. "Wir dürfen nicht denselben Fehler machen wie ein betrunkener Autofahrer, der den Autoschlüssel nur da sucht, wo die Straßenlaterne am hellsten leuchtet. Wir brauchen wieder etwas mehr Vielfalt in der Forschung."

Aus Ärztezeitung

Ela
Ela48 3sat-Mediathek Studie

Britischer Forscher setzt auf Methylenblau bei Alzheimer

Sehr interessant!
Ela
Ela48 ich war auch fasziniert über diesen Gedanken und über das Forschungsergebnis und wollte es dem Forum nicht vorenthalten.
Ein Ende ist ja noch nicht abzusehen...
Du weißt selbst, wie mich diese Erkrankung berührt und ich mich immer freue, wenn ich über die positive Entwicklung etwas lese oder höre.
Auch ich werde es weiter verflogen.
Danke für Deinen Kommentar, liebe Ingrid!
Ela
indeed lässt ohne gravierende andere Nebenwirkungen, wäre diese Entdeckung eine medizinische Sensation!
Bin sehr gespannt, wie die Entwicklung weiter geht.
LG Ingrid

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