Wann beginnt der Sonntag?


Wann beginnt der Sonntag?

Diese Frage lässt stutzen. Muss man es denn wissen, wann der Sonntag beginnt? Das kirchliche Gebot der Sonntagsruhe setzt mit dem Abendläuten der Kirchenglocken am Sonnabend ein. Die aktuelle Polizeistundenregelung in Sachsen kennt nur noch den Begriff der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. Jedoch keine Verbote oder Gebote, bis auf die neuerdings wieder aufgekommene Diskussion zu den Ladenöffnungszeiten.

Auch unsere Vorfahren hatten da so ihre Probleme. Zwar hatte die Stadt Radeberg eine Polizeistundenregelung, doch die besagte nur, dass um 2 Uhr des Nachts Schluss jeder Veranstaltung ist. Bei Tanzveranstaltungen wurde dies im Prinzip immer stillschweigend übertreten, es gab ja keinen Kläger. Und wenn man nicht klagt, braucht man auch keinen Richter. Dies sollte sich im Jahre 1903 in Radeberg ändern.
„Josef Köhler, Friedrich Grothe und Consorten“, so der Polizeieintrag, spielten in der Gaststätte „Lindenhof“ noch um 4.37 Uhr Billard. So die Aufzeichnung des Gendarms Ganßauge als dieser an dem frühen Sonntagmorgen des 1. März 1903 seinen Rundgang machte. Er verbot das Spielen sofort und verwies die beteiligten acht Personen auf den Heimweg. Dann reichte er über die Stadt die Zahlung eines Bußgeldes gegen die Billardspieler und den Gastwirt ein.
Vor dem Radeberger Schöffengericht drängten die Betroffenen „auf Entscheid“ und verwiesen auf die Stadtordnung. In dieser stand geschrieben: „Der Sonntag beginnt mit dem Gottesdienst“. Nach Meinung der nunmehrigen Kläger „wäre es aber in Radeberg üblich frühestens 5.30 Uhr Gottesdienst, gewöhnlich aber 9 Uhr, zu halten“. Diese Sicht ließ dem Amtsgericht „den Freispruch bedenken“. Doch ob der recht eigenartigen Rechtslage ging ein Gesuch an das Deutsche Reichsgericht. Dies entschied „Der Sonntag beginnt 0 Uhr!“
Die Billardspieler brauchten dennoch kein Bußgeld zu zahlen, „die Rechtslage ließe zu viele Auslegungen zu“, entschied Radebergs Stadtrat. Doch nun wurde das Polizeistundengesetz revidiert, ein Radeberger Gastwirt hatte in „keiner Form das Übertreten der Polizeistunde zu dulden. Das letzte Ausschenken von Bier etc. muss eine Viertelstunde vor Ultimo erfolgen“.
Dennoch waren Übertretungen nicht aufzuhalten, jedoch hatte dadurch die städtische Bußgeldkasse eine gute Einnahmequelle.

haweger

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige