Wenn das Schnarchen zum Justizfall wird


Als im Radeberger Amtsgericht die Reaktion auf ein Schnarchkonzert verhandelt wurde

Vielfältig und seltsam dürften manche Begebenheiten sein, die uns aus der Rechtssprechung früherer Zeiten überkommen sind. Und so ist uns ein Gerichtstag aus dem Jahre 1901 am Radeberger Amtsgericht überliefert, bei dem es um das Schnarchen und die Reaktion eines sich im selben Raum Befindlichen ging.

Der damalige Chronist schrieb: „Ein dreistes, fast siegessicheres Lächeln im Gesicht, hat der Angeklagte Heinrich Walter Riese als er den Gerichtssaal betritt. Mit festen, sehr lauten Schritten geht der gelernte Maurer direkt auf die Anklagebank zu. Ohne Aufforderung nimmt er Platz, ein untrügliches Zeichen: Für ihn ist die Situation nicht neu“.

Nach der Aufnahme der formellen Dinge stellt der Richter Wehnert fest: „Sie haben wegen Gewalttätigkeiten schon viele Strafen erlitten, wie ich aus meinen Unterlagen ersehen kann?“ Gelassen antwortet ihm Riese, „Meistens war ich unschuldig und heute bin ich ein Lämmchen, weiß wie Schnee.“ Worauf dem Richter schon fast der Kragen platzt: „Ich glaube sie machen Witze. Sie wissen doch wohl, dass sie wegen einer maßlosen Rohheit hier sind?“ Da unterbricht ihn schon Riese: „Sie befinden sich im Irrtum, Herr Amtsrichter. Von roh und gemein kann gar keine Rede sein. Ein einziges Ding habe ich ihm verpasst“, um fortzufahren: „Ich sehe schon, das ist doch wieder so ein abgekartetes Ding. Nach Ihrer Auffassung soll ich wieder brummen!“

Worauf dem Amtsrichter erst einmal nichts anderes übrig bleibt als den Angeklagten zu verwarnen. „Enthalten Sie sich den flegelhaften Äußerungen. Dann erklären Sie doch einmal, warum Sie wieder zugeschlagen haben?“

Nun schildert Riese das Vorkommnis aus seiner Sicht. „Ich habe auf der Bahnhofsstraße eine Schlafstelle gemietet und die Frau Angermann hatte mir versichert, dass ich allein in der Kammer nächtigen werde. Wie ich dann abends nach Elfe in die Bude komme, merke ich, dass da einer schon pennt. Weil ich nun zurück in die Küche bin, um mir Licht zu holen, sehe ich die Vermieterin. Der habe ich vielleicht ein paar kräftige Worte gesagt. Wieso es sein kann, dass da ein weiterer Schlafbursche nächtigt? Sie erklärt mir, es handle sich um ihren Sohn. Na, gut, ich dämliches Luder ließ mich besänftigen und ging zu Bett. Wie ich mich so schön eingewickelt habe und anfange einzudusseln, fängt der andere plötzlich zu schnarchen an. Ich wecke ihn und sage, Junge lass das Schnarchen, sonst setzt es ein Ding! Der machte bloß –Hmm – und schnarchte bald weiter. Herr Amtsrichter, das waren Geräusche wie als wenn ein Schwein grunzt oder eine Schneidemühle schräge Töne von sich gibt. Ich kann nun mal das Schnarchen nicht vertragen. Ich fühlte mich nunmehr berechtigt, dem Schnarchkasper sein Ding zu verpassen. Doch der hatte einen festen Schlaf und strich meine Ohrfeige einfach weg. Da musste ich ihm noch eine Maulschelle verpassen. Von dieser Knallschote ist der aufgewacht und schrie wie am Spieß. Der brüllte so laut, dass die Anderen in die Kammer kamen.“

Doch das ärztliche Gutachten ergab vier blutunterlaufene Stellen und zwei Beulen am Kopf. Da half dem Maurer Riese kein Mitleid erheischen. Sechs Monate Gefängnis gab es für eine „unangemessene Rohheit in einem Schlafobjekt“. Worauf der Angeklagte als Schlussbemerkung verlauten ließ: „Ich habe es ja vorhin schon gesagt. Es ist eine abgekartete Sache gegen mich. Aber eines kann ich Ihnen sagen Herr Amtsrichter, Sie können mich noch so piesacken, das Schnarchen kann ich nun mal nicht vertragen!“

haweger

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