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Aktuelle Themen Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?

Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
„Die Absicht des Mönchengladbacher Künstlers Gregor Schneider, in einem Museum einen sterbenden Menschen zu zeigen, trifft weithin auf Ablehnung oder zumindest auf erhebliche Vorbehalte, selbst in Kreisen, die sich sonst für die Freiheit der Kunst einsetzen." (Forts. s. Link)

Ist das wirklich Kunst? Ich finde das den Gipfel der Geschmacklosigkeit. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, steht im Grundgesetz. Wird hier nicht die Würde eines Menschen verletzt? Und was hat das mit Kunst zu tun? Genauso gut könnte man den Big-Brother-Container als Kunstausstellung betrachten, wobei das noch harmlos ist im Vergleich zu der öffentlichen Präsentation des allerintimsten Vorgangs, den das Sterben darstellt.
Wer von euch würde sich so ein „Kunstwerk“, das den Voyeurismus und die Sensationsgeilheit bedient, ansehen wollen? Und wer sich dafür als Sterbender zur Verfügung stellen? Ich jedenfalls würde weder das eine noch das andere wollen, auf keinen Fall.
Etwas anderes ist es, wenn nahe Familienangehörige oder Freunde sterben, natürlich würde ich mich nicht verweigern, dabei zu sein, wenn es gewünscht und möglich wäre. Aber ganz bestimmt nicht in der Öffentlichkeit mit Ausstellungscharakter unter der Bezeichnung "Kunstwerk“. Das finde ich in höchstem Maß abstoßend und widerwärtig, schlimmer noch als die Plastinate von Gunter von Hagens, denn bei denen handelt es sich zumindest nicht um einen solch intimen Vorgang, da der Tod bereits eingetreten ist.

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marina
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 10:57:30
Wetten, dass dieser "Künstler" wieder mal eine Marktlücke entdeckt hat?!

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schorsch
angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 10:57:30
schon heftig ... die eigene Oma wird zum Sterben abgeschoben in ein Krankenhaus oder Seniorenheim, wo man sie nicht einmal mehr besucht ... viele Angehörige schauen sich nicht einmal mehr ihre Toten vor der Bestattung noch einmal an ... aber ins Museum gehen um zu sehen, wie jemand stirbt .... schon ziemlich morbide.
Dem Künster sei empfohlen, sich doch freiwillig mit seinen Anhängern in den Irak zu begeben ...
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angelottchen

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Re: Sterben im Museum - ist das wirklich Kunst?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf angelottchen vom 22.04.2008, 11:41:56
O ja, das reale Schlachtfeld als großes Kunstwerk, du triffst es, Angelottchen, auch mit deinen Gedanken zu den Abschiebungen sonst.

marina
niederrhein
niederrhein
Mitglied

Hinweis und Zitat (SZ 22.04.2008)
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 10:57:30
Aus der Süddeutschen Zeitung vom 22.04.2008

Museen sind keine Hospize
[...] Da hat Gregor Schneider in ein Wespennest gepiekst. Seine Ankündigung, einen Toten oder Sterbenden öffentlich auszustellen (SZ vom 19. April), löst Unmut aus. [...] ... Stiftungsvorstand Eugen Brysch von der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung sekundiert: "Wenn wir alle Tabus einreißen, sind wir eine enthemmte und würdelose Gesellschaft." So ein Projekt bediene den Voyeurismus. "Es hat mit der Realität gar nichts mehr zu tun."
Genau das stimmt eben nicht. Schneiders Projekt hat leider viel zu viel mit der Wirklichkeit des Leidens und Sterbens zu tun, um noch als Kunst im Sinne einer ästhetischen Erfahrung gelten zu können. Entsprechend äußert sich Schneider selbst in einem Zeitungsinterview: "Die Realität des Sterbens in deutschen Kliniken, Intensivstationen und Operationssälen ist grausam, das ist der Skandal. [...]
Damit verlagert er die Diskussion von der berechtigten Frage, ob der Tod Gegenstand der Kunst sein könne, auf einen Streit um den Tod als Tabu und um humane Sterbehilfe. [...] Das reale Siechtum, wie öffentlich auch immer, ist keine schlechte Kunst - es ist gar keine Kunst. [...]

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.94, Dienstag, den 22. April 2008 , Seite 13


Dieses Zitat nur als Beitrag; keine - wie auch immer - geartete persönliche Stellungnahme.


Die Bertha
vom Niederrhein


Re: Hinweis und Zitat (SZ 22.04.2008)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf niederrhein vom 22.04.2008, 15:27:36


Dieses Zitat nur als Beitrag; keine - wie auch immer - geartete persönliche Stellungnahme.


Die Bertha
vom Niederrhein




Schade! Warum eigentlich nicht?
--
marina

P.S. Inzwischen muss er um sein Leben fürchten, er erhält Morddrohungen und muss sich verstecken. Die Menschenwürde soll geschützt werden, indem man jemanden umbringen will, sehr sinnvoll.

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niederrhein
niederrhein
Mitglied

Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 15:36:58
[quote=niederrhein]
Dieses Zitat nur als Beitrag; keine - wie auch immer - geartete persönliche Stellungnahme.

Die Bertha
vom Niederrhein


Schade! Warum eigentlich nicht?
marina [...]



Im Gegensatz zu manchen anderen ST-Mitgliedern und ST-Diskutanten tue ich mich in der Regel mit einer eigenen Meinung recht schwer, denn im Laufe meines Lebens habe ich nicht nur öfters/oft(?) vorschnell etwas daher geplappert, sondern mich auch geirrt bzw. mußte später - aufgrund eines anderen/erweiterten/revidierten Informationsstandes - meine ursprüngliche Meinung widerrufen.

(Gerade die Diskussion über das 1968 zeigt mir, wie subjektiv und begrenzt man damals diese Wirklichkeit mitbekommen hat, wie sich dann spätere Erkenntnis, damaliges und aktuelles Urteil miteinander vermischen, so daß dann "Erinnerung" und "Urteil" ein Konstrukt bilden, das nur sehr begrenzt oder vielleicht kaum etwas mit der damaligen Wirklichkeit zu tun hat.)


Der "Bauch" ist nicht immer ein guter Ratgeber; und vor allem sollte er nicht das Denken und Abwägen ersetzen.

Weiß ich, was manchmal hier etliche ST-Mitglieder zu ihren schnellen Stellungnahmen bewegt?
Schnell, geradezu überschnell sind sie mit Meinungen - oft nur aus ein, zwei Sätzen bestehend - zur Hand. Woher nehmen sie diese beneidenswerte Sicherheit oder nahezu die Tollkühnheit, selbst komplexe Probleme, gleich welcher Art, so blitzschnell offenbar zu überblicken und auch noch treff- und zielsicher zu beurteilen?

Ich kämpfe allein schon auf der bloßen Informationsebene ... z.B. heute (22.04.2008), wenn ich allein fünf Tageszeitungen zu einem Problem (Altersarmut) vergleiche: FAZ, SZ, FR, Tagesspiegel, taz ... es ist nicht zu glauben, aber selbst bezüglicher anscheinend simpler Fakten herrscht keine Einigkeit bzw. sind die genannten Sachverhalte nicht vergleichbar. Wie dann sollte man zu einem fundierten Urteil kommen?

Konkret heißt das dann übrigens weiter: Die zuhause vorhandenen Informationen werden durchforstet; dann das Netz (z.B. Bundesamt für Statistik, Landesämter für Statistik etc.) etc.
... und unter uns, dann befindet sich die fortlaufende Diskussion zu einem Thema hier im ST schon auf dem Abstellgleis.

Zudem kommt noch dazu, daß ich oft (nicht immer!) den Eindruck habe, daß Meinungen schnell abgesondert werden ... ohne zu lesen und zu fragen ... welche Fakten und Meinungen wurden sonst gebracht? Wie geht die Diskussion weiter?

Zu allerletzt: Natürlich hat man wohl zu allen Dingen irgendwie, irgendwann eine Meinung ... bloß, wiederum so ganz unter uns, wen interessiert diese dann schon?


Zu dem hier vorliegenden Fall ...
Ich kenne weder den "Künstler" noch weiß ich Konkretes über sein Anliegen ...
Vielleicht sollte man statt dieser "Installation" per Film/Video dokumentieren, wie unterschiedlich auf der Welt heute real gestorben wird ... verhungert, erschossen, krepiert, verreckt - in Altersheimen und Krankenhäusern, in irgendwelchen Hütten, auf der Straße, in Schützengräben, auf dem sogenannten Feld der Ehre oder irgendwo in der Landschaft, wenn US- und NATO-Bomber ihre Splitterbomben werfen oder Menschen auf Minen laufen ... oder wie seinerzeit 1991 im ersten Irakkrieg wie die US-Jäger die flüchtenden irakischen Truppen mit Napalmbomben verfolgt haben ...

Dagegen dürfte allerdings dieses geplante öffentlich dargestellte Sterben eines Menschen nahezu eine Märchenstunde sein.



Die Bertha
vom Niederrhein


Re: Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf niederrhein vom 22.04.2008, 16:43:35
na bertha, muss ich denn alles wissen ? ist es oft nicht besser aus dem bauch raus zu handeln ?

und um für mich beurteilen zu können ob ich das sterben im museum toll finde, brauch ich nicht alles was es darüber an informationen gibt zu lesen. ich finde das einfach geschmacklos und unwürdig.
--
plumpudding
darklady
darklady
Mitglied

Re: Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von darklady
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 17:27:51

Meine erste Reaktion war : geschmacklos, meine zweite : ich bin neugierig

Da das Thema Sterben sehr aus unserem Leben verdrängt wird, kann ich die Ansätze des Künstlers(soviel man dem Artikel entnehmen konnte) auch verstehen.
Die Frage ist nun, wie setzt man sowas menschenwürdig um.
Ich denke darüber,dass Aufklärungsbedarf besteht, kann man sich einig sein.


darklady
Doppelnick2gesperrt
Doppelnick2gesperrt
Mitglied

Re: Antwort in Stichworten ... (Bezogen auf Marinas Frage)
geschrieben von Doppelnick2gesperrt
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 22.04.2008, 17:27:51

Ich bin auch der Meinung, daß man durchaus schnell eine Sache beurteilen kann, oft ist gerade
dieses "Bauchgefühl" am allerbesten.

Zu dem Thema "Sterben im Museum" braucht man, glaube ich, keine großen Abhandlungen, um das
scheusslich zu finden.

Was um alles in der Welt wird noch "Sonderbares" ausgestellt?
Hat nicht der Mensch, der sozusagen die Innereien des toten Menschen gezeigt hat, schon genug Ekel
erregt?

Wieviele Spinner gibt es noch auf der Welt? Und wieviele Spinner finden das "Gesponnene" auch noch toll?


jenniferj

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