Diskussion historischer Ereignisse Der deutsche November

carlos1
carlos1
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Der deutsche November
geschrieben von carlos1
Viermal 9.November und viermal ein Schicksalsdatum.

9. November 1918 Unruhen in Berlin. Masen von Menschen auf den Straßen in Berlin. Reichskanzler Max von Baden überträgt das Amt des Reichskanzlers an den Vorsitzenden der MSPD Friedich Ebert. Philipp Scheidemann ruft von einem Fenster des Reichstages die Deutsche Republik aus. Am 10. November fährt der Kaiser ins Exil nach Holland. Tags darauf wird der Rat der Volksbeauftragten gebildet, die neue Regierung.

9. November 1923 Hitlerputsch in München. Hitler mit Ludendorff an der Spitze des langen Zuges zogen durch München. Gedacht war das Ganze als Startzeichen einer Revolution, des Beginns eines Marsches nach Berlin. Er en dete an der Fedlherrnhalle. Bayrische Landespolizei erwartete den ZUg dort. Als der Befehl zum Schießen gegeben wurde, warfen sich die in den ersten Reihen Gehenden auf den Boden, außer Ludendorff, der unversehrt durch die Reihen der Polizei marschierte. Man ließ ihn passieren. Die hinteren Reihen hörten den Befehl nicht und bekamen die volle Ladung ab. 16 Tote blieben auf dem Pflaster liegen. Sie dienten der Bewegung Hitlers fortan als Märtyrer, Blutzeugen.

8./9. N0vember 1938 Inszeniertes blutiges Pogrom gegen jüdische Mitbürger. Ihre Geschäfte wurden geplündert, die Synagogen in Brand gesetzt. Tausende wurden ins KZ verbracht. Viele Tote

9. November 1989 Maueröffnung. Zerfall der DDR.

Wie sollen wir dieser Tage gedenken? Jeder hat eine eigene Bedeutung im Verlauf der Geschichte. Es sind eher Tage zum Nachdenken, weniger zum Feiern. Ich denke manchmal darüber nach, was der Welt erspart worden wäre, wenn am 9.11.23 Hitler den Tod gefunden hätte oder eine angemessene Bestrafung Er wurde zu Festungshaft verurteilt und saß bis zum 20.12.1924 in Haft, wurde wegen guter Führung "begnadigt". Es ging ihm gut während der Haft. Er verfasste während dieser Zeit sein Buch "Mein Kampf".

adam
adam
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Auch der Herbst hat seine schönen Tage
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 20.12.2007, 12:27:37
Hallo Carlos.

vor vier Wochen habe ich Deinen Threadaufmacher schon mal gelesen, war aber vor lauter düsterer Gedanken, die er auslöste, nicht in der Lage deine Frage zu beantworten. Gedenken? Naja, eigentlich nicht so sehr! Die Botschaft kam allerdings rüber und wird berücksichtigt, das ist sicher!

Du schlägst einen weiten Bogen von 1918 bis 1989 und pickst nur die absoluten Tiefpunkte heraus, siehst auch in 1989 nichts positives.

Dabei haben doch die Menschen damals auch gelebt. Da waren die die 20er Jahre, die man die "Goldenen" nennt, geradezu versinnlicht von einer Josephine Baker. Berlin wurde zur Weltstadt und auch dort trugen die Damen enge Kleidchen mit Fransen und man tanzte Charlston.

Auch die Zeit nach 1945 verschweigst Du als wieder Farbe ins Leben kam. Das Aufatmen der Menschen in Ost und West, jeder so wie er konnte. Wirtschaftswunder, Musik, Jugend, Datschas und Jugendweihe.

Mit dem 9.11.1989 verbinde ich zu allerletzt den Niedergang der DDR. Ich sehe tanzende Menschenmassen, Sektflaschen, die kreisen, knatternde Trabis, aus denen erhitzte Gesichter lachen. Und ich fühle auch noch mein gerührtes Staunen oder meine staunende Rührung, ganz wie es beliebt!

Gedenken ja, aber nicht nur in Düsterheit! Sonst müßte ich jeden neuen Tag mit einer Gedenkminute beginnen, im Voraus, vorsichtshalber!

mit optimistischem Lächeln

--

adam
pea
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09-11
geschrieben von pea
als Antwort auf carlos1 vom 20.12.2007, 12:27:37
Wie sollen wir dieser Tage gedenken? Jeder hat eine eigene Bedeutung im Verlauf der Geschichte. Es sind eher Tage zum Nachdenken, weniger zum Feiern.





So geht es mir mit dem 11. September...
für mich nicht der Tag der Twin Towers 2001,
sondern der Tag der Vernichtung der demokratischen Regierung der Unidad Popular in Chile 1973...
und der Ermordung ihres demokratisch gewählten
Präsidenten Salvador Allendes!


--
pea
mart
mart
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Re: 09-11
geschrieben von mart
als Antwort auf pea vom 21.01.2008, 13:31:25
Der 11.September 1896 ist der Tag an dem mein Vater geboren wurde.
carlos1
carlos1
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Re: Auch der Herbst hat seine schönen Tage
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 21.01.2008, 13:09:56
Dein optiistisches Lächeln am Schluss deines Postings freut mich. Ganz klar: Das Leben besteht nicht nur aus düsteren Gedenktagen. Die Weimarer Zeit hatte auch eine Phase, die in Geschichtsbüchern die euphemistisch die "Goldene" genannt wird. Es waren die Jahre von 1924 bis 1929 (Oktober 29). Man nennt sie so, obwohl nicht alles so golden war. Davor und danach waren es Krisenzeiten mit dem Ruhrkampf im Jahr 1923 und der Hyperinflation. Erfreulich ist es nicht, wenn die Menschen 1923 feststellen mussten, dass das, was ein Leben lang erspart wurde, sich in Schall und Rauch auflöst. Alles weg. Dann die Reparationen, der verlorene Krieg, die Besetzung des Ruhrgebietes, Generalstreik. Zukunftsängste plagten die Menschen. 1929/30 folgte der Börsenkrach, der eine Lawine an schlechten Nachrichten auslöste und die weltweite Depression zur Folge hatte mit Mio Arbeitslosen. Ein wirtschaftlicher Absturz ohnegleichen. In anderen Ländern waren die Arbeitslosenzahlen übrigens weit höher als in Deutschland, ohne dass es zu einer politischen Destabilisierung kam. Aber die Deutschen waren durch 1923 vorgeschädigt. Ich könnte so weitermachen mit dem Marsch in die Diktatur und deren Auswirkungen (Holocaust). Das Ausmaß dieser Exzesse wurde der Öffentlichkeit 1945 bewusst. Es sind wirklich keine angenehmen Erinnerungen, die dazu hochkommen. Dem Zerfall der DDR ging der Zerfall des Sowjetimperiums voraus. Das ist das eigentlich Bewegende. Noch niemals brach ein Imperium dieser Größe und gewaltiger militärischer Stärke in einem Prozess gärender innerer Widersprüche so rasch und klanglos zusammen. Es hätte auch zur Anwendung von Gewalt kommen können, das sollten wir nicht vergessen. Es ist fast ein Wunder, dass Gewalt nicht angewendet wurde, nicht in der DDR.
Das 20. Jahrhundert war die Zeit der Weltkriege. Es waren deutsche Kriege, weil sie von deutschem Boden ausgingen. Der Kalte Krieg, bei aller goldigen Erinnerung an Wirtschaftswunder und die ungeheuren technischen Fortschritte, die Erinnerung an die trauten privaten Rückzugsräume in den Datschen der DDR, die Adam erwähnt, dieser Kalte Krieg war doch nichts anderes als die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln (Systemkonkurrenz, atomares Wettrüsten - NATO-Doppelbeschluss z.B. - , ideologische Abgrenzung). Der heiße Krieg wurde nicht geführt, nicht etwa weil die moralische Qualität der politischen Führungen so hoch war, sondern weil sie rational genug waren zu erkennen, dass der Einsatz atomarer Vernichtungswaffen ein zu hoher Preis war, den man in einem Krieg zu zahlen hatte. Wer als erster schoss, starb als zweiter.
Ich stehe bestimmt nicht jeden Tag auf und gedenke dieser Entwicklungen. Aber diese Rubrik ist ja dazu da auch daran sich zu erinnern. Nichts wäre schöner, wenn in den kommenden Jahrzehnten andere als diese Entwicklungen unser Denkenb und Erinnern dominieren würden. Goethe, Schiller, Thomas Mann, Einstein, Kant, Heinrich Heine u. a. werden nicht dadurch entwertet, dass es es 1933-45 gegeben hat. Ich bin optimistisch.
Ich habe nicht die Absicht jeden Tag mit hängendem Rüssel, traurigen Blickes und mit Schlappohren durchs Leben zu gehen.
c.

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