Forum Wissenschaften Geisteswissenschaft / Philosophie Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen

Geisteswissenschaft / Philosophie Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen

mart
mart
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von mart
als Antwort auf carlos1 vom 04.01.2008, 21:43:54
carlos1, dieser Link ist es wert gelesen zu werden))

Tucholsky: Zur soziologischen Psychologie der Löcher

romann
romann
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von romann
als Antwort auf mart vom 04.01.2008, 21:53:24
Ein pragmatisches Verfahren, sich mit dem Problem, das diese Frage aufwirft, zu befassen, wäre es gewesen, sie gar nicht erst zu stellen.

Da sie nun aber in der Welt ist, ist zumindest die Fragestellung kein Nichts mehr und das hat wiederum zur Konsequenz, dass das "Nichts" Gegenstand der Frage ist und somit zumindest fest steht, dass das "Nichts" nicht nichts sein kann.

Womit zweifelsfrei bewiesen ist, DASS man sich mit dem Nichts beschäftigen kann, selbst dann, wenn das Nichts seine Existenz einer so leichtsinnigen Frage verdankt.
MfG
romann
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf romann vom 09.01.2008, 11:09:31
"Ein pragmatisches Verfahren, sich mit dem Problem, das diese Frage aufwirft, zu befassen, wäre es gewesen, sie gar nicht erst zu stellen." romann

Ein kühnes Unterfangen. Der Satz, dass aus Nichts nichts wird (ex nihilo fit nhil), ist kein literarisches Bonmot, sondern ein denknotwendiger Satz des kausalen Denkens. In der Physik ist es die Grundlage der Erhaltungssätze (Physik der Masse, Energie).

In der christlichen Theologie (Augustinus) wird die Schöpfung der Welt durch Gottaus dem Nichts erklärt. Das wäre oder würde bedeuten die noch nicht seiende Welt. Nichtseiendes ist aber nicht dasselbe wie Nichts.

In der Philosophie hat das Nichts auch die Bedeutung des "Möglichen". In der Kausalität ist das Mögliche als Notwwendigkeit bereits angelegt. Das Mögliche ist aber noch nicht als Seiendes gegeben. Damit ist es aber nicht nichts. Ähnliches ließe sich vom Scheinbaren sagen, dessen wahres Sein verborgen ist.

Interessant in dem Zusammenhang auch Hegels dialektische Logik. Das Nichts fällt bei Hegel mit dem "reinen Sein", das in seiner Abstraktheit völlig unbestimmt ist, zusammen. Daraus lässt Hegel nun in einem großen gedanklichen "Wurf" durch den Dreischritt - Sein als These, Nichtsein als Antithese den Begriff des Werdens hervorgehen. Marx übernahm Hegels Dialektik. Im dialektische Materialismus war diese Lehre durchaus geschichtsmächtig. Man denke nur an die Fünfjahrespläne und den unaufhörlichen Fortschritt. War das etwa nur ein Nichts?

Anzeige

adam
adam
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 23.01.2008, 22:53:37
Es begegneten sich zwei Nichts und schüttelten sich die Hände. Daraus wurde Freundschaft. Ist das nichts?

Oder anders ausgedrückt: Zwei schwingende Quarks verbinden sich, daraus entsteht ein Proton und das gehört zur meßbaren Masse. Das ist doch was, oder? Der physikalische Übergang vom Nichts zum Sein!

--

adam
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf adam vom 24.01.2008, 00:25:27

Gute Auslegung,Adam, aber ist es eigentlich nicht so, dass wir uns tagtäglich mit irgendeinem "Nichts" beschäftigen, ohne dass es uns bewusst wird?
--
luchsi35
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf adam vom 24.01.2008, 00:25:27

Adam, wenn ich so bedenke, was alles mit dem "Nichts" zu "machen" ist, komme ich zum Schluss, dass das Nichts mindestens ebenso wichtig ist wie das "Etwas". Tucholsky hatte Recht, wenn er auf die Bedeutung der Löcher hinwies. Menschen sind stets darauf aus, die Löcher - dort, wo etwas nicht ist - auszufüllen. Damit verdanken wir unser Dasein schließlich auch dem "Nichts".

Da wäre noch das fast unheimlich anmutende Phänomen der Schwarzen Löcher im Weltall. Dort, wo sie sind, ist dem Anschein nach nichts. Sie sind aufs Äußerste verdichtete Materie. Kein Lichtstrahl verlässt sie, weil die Schwerkraft - was ist denn das eigentlich? - es nicht zulässt. Dem Anschein nach nichts, nur in der Wirkung gewaltig auf ihre Umgebung. Schwarze Löcher saugen ganze Galaxien in sich hinein. Neulich war es im Internet zu sehen.

Nun hoffe ich, dass das Schwarze Loch unserer Galaxie, das irgendwo sich verborgen hält unseren schönen blauen Planeten nicht so schnell verschlucken wird. So genau wollen wir es mit dem Nichts doch nicht wissen.

.....
c.

Anzeige

carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von carlos1
als Antwort auf luchs35 vom 24.01.2008, 09:18:40

"..... ist es eigentlich nicht so, dass wir uns tagtäglich mit irgendeinem "Nichts" beschäftigen, ohne dass es uns bewusst wird?" Luchsi

Auch wenn ich nicht angesprochen wurde, möchte ich etwas ergänzen, Luchsi. Wenn das Wort "Nichts" verändert wird und die Beschäftigung im Alltag mit dem "Nichts" zur Beschäftigung mit etwas "Nichtigem" wird, hat es große Bedeutung. Wir beschäftigen uns im Spiel mit "Nichtigem". Wer möchte nun behaupten, dass spielen für den Menschen unwichtig sei? Es istvon höchster Wichtigkeit für die menschliche Entwicklung. Das Kind lernt spielend seine Umgebung erfahren. Im Spiel erreichen wir die höchste Stufe der Kreativität, erst im zweckfeien Spiel kommen wir zu uns selbst, werden erst zu Menschen. Nachzulesen bei Friedrich Schiller, Briefe zur Ästhetischen Erziehung.

c.
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf carlos1 vom 24.01.2008, 10:06:14

Carlos, das ist geradezu ein Paradebeispiel, wie "Nichts" zu "Etwas" wird, das weiterführen zu Kreativität.
--
luchsi35
yankee
yankee
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von yankee
als Antwort auf carlos1 vom 24.01.2008, 10:06:14
Da ich gerade NICHTS zu tun habe, möchte ich, gemäß der "Psychologie der Löcher" dieses Loch oder Nichts mit Etwas ausfüllen Auch auf die Gefahr hin daß es etwas nichtssagendes ist.
Für mich ist der Begriff "Nichts" oder kurz "NIX" ein reiner Kunstbegriff, welcher der menschlichen Logik zufolge notwendig ist, auch aus psychologischen Gründen, etwas nicht definierbares bzw. erklärbares, sprachlich in einem Begriff darzustellen.
"Zufall" ist auch so ein Produkt der menschlichen Not, sich die Welt zu erklären.
In der Mathematik wurde aus rein pragmatischen Gründen die Ziffer "0" erfunden (Indien)um bestimmte mathematische Operationen durchführen zu können. (So habe ich es zumindest verstanden)
In der realen Welt kommt der Wert 0 nicht vor.

Wenn aus Quantenfluktuationen Materie entsteht, sind diese Quantenfluktuationen immerhin Etwas und nicht Nichts.
Das Nichts stellt für mich einen absoluten Zustand da, welcher nach meiner Überzeugung nicht real ist und nie war. Wenn also jemand versucht mir zu erklären daß aus nichts etwas entstehen kann, dann kann ich mir eine solche Behauptung nur mit dem Nichtvorhandensein von gesundem Menschenverstand erklären, es kann aber auch sein, dass ich selbst nicht über genügend verfüge.
Logisch ist meiner Meinung nach das Prinzip von Ursache und Wirkung. Und selbst wenn man zurück gehen könnte bis zur ersten Ursache, wäre diese Ursache nicht Nichts.

Schwarze Löcher geben zwar keine Lichtquanten im sichtbaren Bereich ab, allerdings sind sie starke Röntgenquellen. Röntgenstrahlen sind ein Teil des Lichtspektrums. Hat also mit dem "Nichts" deshalb auch nichts zu tun.

Raum und Zeit sind für mich nur gesetzmässige Auswirkungen auf den Bewegungsimpuls von Energie (unabhängig vom Energiezustand)
Ob der Raum selbst eine Form von Energie darstellt mag sein, basiert aber nur auf der Tatsache, daß sich die Wissenschaft die fehlende errechnete Masse des Universums nicht erklären kann. Ebenso der Begriff "dunkle Materie".

Alle von mir getätigten Aussagen geben nur mein eigenes begrenztes Verständnis vom Begriff "Nichts" wieder. Das hat nichts mit Wahrheit oder Wissen zu tun. Es ist nur mein persönlicher enger Blickwinkel auf die Welt.


--
yankee
yankee
yankee
Mitglied

Re: Kann man sich mit dem 'Nichts' beschäftigen
geschrieben von yankee
als Antwort auf yankee vom 24.01.2008, 17:56:35
Gerade habe ich mir die Frage nochmal angesehen. Irgendwie habe ich die aus den Augen verloren. Die Tatsache, daß ich mir Gedanken über das Nichts mache, beweist doch, daß ich mich damit beschäftigen kann. Ich beschäftige mich auch mit Gott, Wundern, Zufällen und anderen Begriffen, von deren Existenz ich nicht überzeugt bin.
So ist es halt auch mit dem Nichts.
Die Antwort lautet also: Natürlich kann man sich mit dem Nichts beschäftigen. Sich mit etwas zu beschäftigen ist aber grundsätzlich kein Beweis für deren Existenz.
--
yankee

Anzeige