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Gruppenbeitraege Diskussion zum Artikel "Kristallnacht..."

dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Gutes Beispiel!
geschrieben von dutchweepee
Ich danke Dir Pilli für diesen Beitrag. Sowohl die Kristallnacht ist ein gutes Beispiel für deutsches Schweigen und Mitläufertum, als auch Wolf Niedecken ein Beispiel ist, wie man gegen das Vergessen andenkt. Ich weiss nicht, ob Ihr die Serie KLEMPERER kennt. Die hat mich sehr beeindruckt.

Natürlich waren nicht alle Deutsche zu dieser Zeit Nazis, aber nur sehr wenige haben dem Mut aufgebracht, gegen die Progrome, Erniedrigungen und Gewalttaten gegen Juden und Andresdenkende einzuschreiten. Die Meisten haben daneben gestanden oder sogar gejubelt. Von der Groß- bis zu Kleinstadt gab es einen unterschwelligen Antisemitismus.

Wolf Niedecken ist ein Künstler, der heute nicht nur daneben steht, der sich einmischt und mitmischt. Kristallnacht ist da ein Klassiker, den ich sehr schätze!

p.s.: Seit ich sieben Jahre in Holland gewohnt habe, verstehe ich übrigens Kölsch viel besser - sprechen könnte ich es aber nicht. Ich mag aber den weichen, relaxten Klang dieses Dialekts.
Einzelkämpfer haben es schwer
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Zwei Dinge wären mir wichtig, sie anzumerken.
Erstens kann man sich schwer in die Stimmungslage der Zeit reinversetzen.
Zweitens haben es bekannte Künstler auch leichter, etwas zu sagen und verstanden zu werden.
Dazu meine Erfahrung.
Zur Schulzeit war ich in der Grundschule in "meinem Milieu" anerkannt und verstanden.
Vier Jahre Realschule in "der besseren Gesellschaft" durch zwangsweisen Schulwechsel
wahren eine ziemliche Belastung und haben meinen Gerechtigkeitssinn leider überdurchschnittlich ausgeprägt. Danach war dann wieder alles normal.
Ich weiß, wie es ist, sich gegen Arroganz der Gruppe als Einzelner behaupten zu müssen.
Hat man erstmal einen "Namen", kann man sich etwas mehr erlauben.
Sei es durch seinen Bekanntheitsgrad oder durch seine "Boshaftigkeit", mit legalen Mittel (Bestimmungen, Personalhandbuch usw.) sich durchzusetzen.
Witzig ist es jedenfalls nicht auf die Dauer.
Man ist "Querulant".

nordstern
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Querulant
geschrieben von dutchweepee
1978 wurde ich in das Zimmer des Direktors meiner EOS (Gymnasium) gerufen, weil ich auf meinem Parka einen Aufnäher hatte: SCHWERTER ZU FLUGSCHAAREN. Es folgte eine laaaaaaange unangenehme Diskussion, über das Für und Wider des Pazifismus und den bewaffneten Frieden - im Prinzip wie heute!

Ich wurde eindrücklich aufgefordert, diesen Button von meinem Ärmel zu entfernen. Ich hab dann abends eine Nagelschere genommen und den Button aus dem Ärmel radikal raus geschnitten. Meine Mutter hat getobt und mein Vater den Kopf geschüttelt, aber das Loch im Ärmel war sowohl für die Lehrer, als auch für meine Klassenkameraden ein deutlicheres Zeichen. Erfroren bin ich wegen dem Loch im Ärmel nicht.

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pilli
pilli
Mitglied

Zivilcourage...
geschrieben von pilli
...dazu braucht es manchmal nur den hintern hochzuheben und die zähne auseinander zureissen: "Arsch huh, Zäng ussenander" denn so lautete das "motto" der

"Kölner Kampagne gegen rechte Gewalt"


Am 9. November 1992 versammelten sich 100.000 Menschen auf dem Chlodwigplatz in Köln. Künstler der Kölner Musikszene hatten zu einem Konzert „gegen Rassismus und Neonazis“ aufgerufen. Vorausgegangen war eine Welle von Übergriffen mit ausländerfeindlichem Hintergrund, so zum Beispiel im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen. „Wir […] wollen […] dazu beitragen, die weitverbreitete Sprachlosigkeit zu der Entwicklung in unserem Land zu beenden“, schreiben die beteiligten Künstler in der vorab veröffentlichten Erklärung zur Großveranstaltung.

Der Titelsong wurde komponiert von Nick Nikitakis und getextet von Wolfgang Niedecken.

Gleichzeitig wurde die AG Arsch huh gegründet, die seitdem immer wieder Projekte und Initiativen gegen Rechts unterstützt, so zum Beispiel die Ausstellung Zwangsweise Kölsch im Jahre 2000, die sich mit der Zwangsarbeit in Köln während des Dritten Reiches beschäftigte.

Am 20. September 2008 gab es unter dem Motto "Köln stellt sich quer" eine Neuauflage der Aktion auf dem Roncalliplatz in Köln. Anlass war der Versuch der vom NRW-Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Wählergruppe Pro Köln, in Köln ein als „Anti-Islamisierungs-Kongress“ bezeichnetes europaweites Treffen von Rechten und Rechtsextremen zu inszenieren. 16 Jahre nach dem ersten, inzwischen legendären „Arsch-huh“-Konzert versammelten sich wieder zehntausende Menschen in der Kölner Innenstadt, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Das Treffen der Rechten wurde so erfolgreich verhindert.

geschrieben von wikipedia


wikipedia zur Kampagne

"wer teilgenommen hat an dieser veranstaltung wird sich zeitlebens daran erinnern, wie menschen, die stellung beziehen zu rassismus und neonazis, klartext sprechen und singen.."

meinte ich damals und dennoch hat es zwischenzeitlich PRO Köln geschafft, genügend wählerstimmen zu bekommen, im Stadtrat ihren platz zu finden.

konzert-mitschnitt arsch huuh

noch nicht zu spät ist, aber es gilt aufmerksamst die nazibrut zu beobachten und stellung zu beziehen, so wie in der wiederholten aktion im September 2008, dem "sogenannten" Antiislamisierungskongress der Rechten in Köln zur lachnummer zu gestalten.

hierzu das video von spiegel-tv:

spiegel-tv

...

zum maler & musiker von BAP, Wolfgang Niedecken ist zu erfahren, dass gerade er, die besondere position als künstler, nicht schätzt, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren:

Niedecken: Es ist schwierig, in den Medien etwas zu platzieren zu diesen Themen. Da muss ich mich mit arrangieren. Wirklich ätzend wird es nur, wenn man dann noch vorgeworfen bekommt, dass man sich als «Promi» engagiert. Manchmal spricht man drei Viertel der Zeit darüber, ob man das nur macht, um in die Zeitung oder ins Fernsehen zu kommen.

Haben Sie das Gefühl, wirklich etwas verändern zu können?

Niedecken: Man darf sich nicht einbilden, man sei der wichtige Niedecken, der sagt, das geht so aber nicht, und dann ändert es sich gleich. Wenn man das akzeptiert, geht man konkret an die Sache heran - und dann kann man für eine gewisse Anzahl von Leuten etwas ändern. Mit dem Projekt Rebound bauen wir etwa zerstörte staatliche Schulen wieder auf und dazu jeweils ein Schlafsaalgebäude. Damit die ehemaligen Kindersoldaten und die, die unter ihnen gelitten haben, Lesen, Schreiben, Rechnen und ein Handwerk lernen. Denn viele von ihnen können nicht viel anderes als Töten.
geschrieben von news.de


interview mit Niedecken

wer sich mit den geschehnissen hinter der meinung von *hinz & kunz* vertraut macht und nicht nur mal eben eine ente auf datt wasser setzt, weiß ob der ernsthaftigkeit mit der Niedecken politisch stellung bezieht und das klar und unmißverständlch.

--
pilli

Ausgrenzung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hallo Pilli,
Ist es aber nicht einfacher, sich schneller zu solidarisieren, wenn bekannte Leute dabei sind ? Überwindet man so nicht schneller so ein latentes Spießertum ?
Ich persönlich hatte bis zur Jahrtausendwende immer das Gefühl, wenn man etwas kritisiert was allen schadet, daß man dann "Spielverderber ist, "Vaterlandsverräter" sozusagen. Nach außen wurde ich beschimpft, unter vier Augen stimmte man mir zu.
Seltsames Verhalten der Gesellschaft.
Darum habe ich auch mein Schulzeiterlebnis geschildert.Da war es auch so.
Allerdings passiert es stärker in meiner Altersgruppe, jüngere Leute sind da ehrlicher, wie ich feststellen konnte.
Ob das noch an alter Erziehung liegt ?

nordstern
Untertanengeist
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ich habe weiter nachgedacht, wie ich das vorher Geschriebene eigentlich nennen kann.
Mir ist noch ein besserer Begriff eingefallen.
Untertanengeist.
Das paßt dann ganz gut zu "Vaterlandsverrat".
Spricht man mit Leuten der eigenen Altersgruppe über unsere Thematik, dann hat man oft den Eindruck, sie fühlen sich noch beobachtet.
Man kritisiert nicht, man gehorcht,
(es kommen zuerst die Autobahnen).
Obwohl sie nach dem Krieg geboren sind.
Jahrgänge Ende der 40er Jahre, 50er Jahre.
Jedenfalls fällt mir das auf.
Gibt es ähnliche Erkenntnisse ?
Oder andere Beobachtungen ?

nordstern
pilli
pilli
Mitglied

begegnungen stellung zu beziehen
geschrieben von pilli
Ist es aber nicht einfacher, sich schneller zu solidarisieren, wenn bekannte Leute dabei sind ? Überwindet man so nicht schneller so ein latentes Spießertum ?
Ich persönlich hatte bis zur Jahrtausendwende immer das Gefühl, wenn man etwas kritisiert was allen schadet, daß man dann "Spielverderber ist, "Vaterlandsverräter" sozusagen. Nach außen wurde ich beschimpft, unter vier Augen stimmte man mir zu.
Seltsames Verhalten der Gesellschaft.
geschrieben von nordstern


deine frage, nordstern

wird wohl jeder für sich selbst beantworten können, mag sein...muss aber nicht, denke ich und möchte eine begegnung im beruflichen bereich schildern, die ich persönlich nicht als schwierig empfand, wohl aber die daran beteiligten? keine ahnung; ich habe das gesagt, was ich meinte sagen zu müssen; auch wenn ich nix ändern konnte.
jung war ich, von zuhause dazu angeleitet, offen zu reagieren; was konnte mir geschehen? eine neue kollegin im amt war der anlass, sie wurde namentlich vorgestellt und ich erschrak bei dem namen, war er mir doch bekannt von den gesprächen meines vaters mit seinem freund, journalist bei einer holländischen zeitung. es wurde nach dem beginn ihrer tätigkeit mehr oder weniger durch die blume gesagt, sie sei aus der familie des seinerzeitigen

Gauleiter von Köln
gauleiters von Köln

es hat mich nicht interessiert, ob auch sie bei der anstellung den ausweg gewählt hat, sie habe keine kenntnis gehabt von der tätigkeit und wem sie nun wie und warum die anstellung zu verdanken habe. tiefe verachtung habe ich gespürt und kein wort der erklärung von ihr hätte das mildern können. ich bin meinen eigenen überlegungen gefolgt und die endeten jeweils in der frage:

wenn nicht sie das von gesprächen im familiären kreis hätte wissen könnte, wer denn dann?

jedwede äusserung sich "reinzuwaschen", wäre bei mir abgeprallt und das gilt heute nach mehr als vierzig jahren genau so, wenn ich auch nur den hauch einer ahnung spüre, dass gelogen wird, was das wissen und die kenntnis der schrecklichen geschehnisse betrifft.

dazu brauche ich keine künstler, nordstern

sondern watt da zu tun ist, weiß ich selbst: den anfängen wehren und keinen millimeter rechtem gedankengut einen raum geben, wo immer ich ihnen begegne! ich bin mir sicher, zahlreiche der nachfolger dieser üblen gesellen sitzen heute in amt und würden, geprägt von der denke der eltern bzw. grosseltern und genau so sicher bin ich, dass nicht alle heute anders denken...viel zu sehr spüre ich die zwischentöne auch an den stammtischen.

da braucht es eben eines klärenden wortes und das reicht oft aus, stellung zu beziehen.

--
pilli




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