Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Ein Witz: Witze über die Vertreibung...?

Innenpolitik Ein Witz: Witze über die Vertreibung...?

eko
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Re: sag mir wo die witze sind!
geschrieben von eko
als Antwort auf yankee vom 19.12.2008, 16:31:24
Ich frage mich, was man mit eventuellen Witzen über die Vertreibung anfangen will. Wem sollen sie dienen? Und was gibt es da überhaupt zu witzeln? Das war so ein schreckliches Ereignis, darüber kann man doch nicht witzeln.

Oder bin ich da zu spießig ?
--
eko
dutchweepee
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Re: sag mir wo die witze sind!
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf eko vom 19.12.2008, 23:27:46
@eko

mit dem "witz" ist es eine komische sache im wahrsten sinne des wortes. gerade in schweren zeiten, ersinnen die menschen witze, um sich "luft zu machen" ...lachen kann befreiend wirken, auch wenn die last untragbar scheint. mit einem witz kann man auch eine grausame realität kurzzeitig verdrängen und der lächerlichkeit preisgeben.

ich kenne selbst keinen witz über die vertreibung, kann mir aber vorstellen, daß die menschen die dieses leid ertragen mussten, jeden komischen augenblick genutzt haben, um sich durch lachen zu entspannen und der hoffnungslosigkeit wenigstens für einen augenblick zu entrinnen.

vielleicht kennst du das buch von siegmund freud "der witz und seine beziehung zum unterbewussten". ich habe mich mit 17 an dieses buch gewagt, weil es günstig im antiquariat stand und bin unter anderem dadurch zu einem recht guten witze-erzähler geworden.

witze transportieren informationen und weisheiten, kritisieren lebensumstände und unterdrücker und sollen beim zuhörer einen nerv treffen. ich bin davon überzeugt, daß nur ein mensch, der auch die vertreibung miterlebt hat, über einen solchen witz lachen kann und ihn auch weitererzählen wird.

ich persönlich finde witze, die andere menschen erniedrigen und degradieren furchtbar. dir geht es sicher auch nicht anders. eine pointe aus der not geboren, reizt mich aber immer zum lachen. deshalb nun mein lieblings DDR-witz:

was passiert, wenn die DDR die sahara kauft? ....zunächst erstmal ne ganze weile garnix, aber dann wird plötzlich der sand knapp!

...und noch eine stelle aus einem Woody Allen film, bei der viele "HO HO" schreien werden, in der aber jede menge unterschwelliger rassismus von uns allen steckt. ich bin auch überzeugt, daß NUR der jude Woody Allen diesen "witz" verfilmen konnte und durfte:

ein farbiger sitzt in der U-bahn und liest eine jüdische zeitung. Woody Allen läuft vorbei und fragt ihn: "Neger allein reicht wohl nicht?"
hugo
hugo
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Re: sag mir wo die witze sind!
geschrieben von hugo
als Antwort auf dutchweepee vom 20.12.2008, 03:31:46
hallo dutch,, vielleicht ist Witz, Wortwitz, Erzählwitz,,,,nicht zu allen Zeiten gleichwitzig,,,

ich weiß aber mit Bestimmtheit das sich die Vertriebenen genau so wie die besetzten Deutschen recht viel über die Besatzer (besonders die aus dem Osten) erzählten.

Besonders wurden (neben den vielen schlimmen bis grausamen Erlebnissen) auch lustige, aberwitzige, erdachte, ausgestaltete oder auf tatsächliche Begebenheiten beruhende Storys erzählt und verbreitet.

und,,,so wie immer im normalem leben wurden oft Wahrheit mit Traum und Idee vermengt.

So ab ich die Geschichte von der Zap Zarap-Maschine vielfach gehört,,,Wo ein Russe die Kartoffeln ins WC schüttet um sie zu Waschen, dann an der Kette zieht (das hat er mal von einem Deutschen gesehen) und,,weg waren die Kartoffeln-eben Zap Zarap.
("Ich Russki, nix verstehn, zapzarap -auf Wiedersehn")


oder wie einer dem Deutschen der mit dem Fahrrad daherkommt dieses wegnimmt, selber versucht draufzusteigen, es nicht kann, also dabei umfällt,,und das mehrere Male, dann zieht er plötzlich seine Pistole und erschießt das Fahrrad,,

oder der mit dem ganzen Arm voller Armbanduhren, der die Leute alle mit Uri Uri Aufforderungen is Schwitzen bringt.

oder wo die Russen die Radios im Dorf einsammeln, ein Pferdegespann mit Kastenwagen dabei haben und die Radios immer in jeder Hand eines, aus einigen Metern Entfernung auf den Wagen werfen oder die Musikschränke zu zweit und,,,eins und zwei und hopp und mit Schwung

sie hatten nicht geschnallt das die nicht alle kaputt sondern nur ohne Strom waren ,,

aber diese Begebenheiten wurden so oft und überall erzählt als ob Jeder mal selber dabeigewesen wäre, was mit Sicherheit nicht stimmt,,,und was damals dazu erfunden wurde ist nicht mehr nachweisbar,,

war oft zwar nicht witzig und erfreulich aber ,,der Mensch war damals zwangsläufig genügsam, weshalb nicht in Sachen Fröhlichkeit,,Belustigung,,

viele dieser Nacherzählungen kursierten noch Jahre nach der Kapitulation -Radio und Fernsehen gabs ja kaum uns so wurde sehr viel Erzählt- (die Abende waren lang)

und vorher, direkt die ersten Tagen der "Feindberührung" mit der Zivilbevölkerung waren auch gekennzeichnet von
brennenden Häusern, Erschießungen, Plünderungen und Vergewaltigungen ,,

alles gar nicht zum Witze machen geeignet,,
--

das änderte sich gewaltig mit dem Alltag zu DDR Zeiten, da gabs fast jden Tag Gelegenheit für neue lustige Geschichten, Märchen und Witze. Besonders durch die Mangelproblematik waren Tür und Tor für kleiner und größere Ungerechtigkeiten gegeben und sowas führt zwangsläufig zu "fabelhaften" Witzen,,,*g*
hugo

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EehemaligesMitglied58
EehemaligesMitglied58
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Re: Das geschehen ist zu ernst um darüber zu witzeln
geschrieben von EehemaligesMitglied58
als Antwort auf longtime vom 10.12.2008, 11:33:29
Ich finde es schon sehr makaber über das thema vertreibung oder die vertriebenen, wann aus welchem grund und welcher nation auch immer witze zu machen.
Mit dem letzten zug direkt vor der zerstörung, unversehrt und lebend, noch vor dem einmarsch der russen aus königsberg rausgekommen hatte ich unwahrscheinliches glück, wenigstens am leben zu bleiben.
Andere hatten es nicht.
Sind doch auf der flucht und der nach der besetzung folgenden vertreibung damals tausende vergungert, erfroren, an krankheiten gestorben oder von russischen tieffliegern getötet worden.
Ein bekannter, der nicht mehr rauskam, hat mit 10 jahren seine mutter beerdigen müssen, die verhungert ist um ihrem kind das leben zu retten.
Allen, die das erlebt haben, fehlt sicherlich jedes verständnis darüber noch witze zu machen.

--
gram

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