Innenpolitik Postdemokratie?

qilin
qilin
Mitglied

Postdemokratie?
geschrieben von qilin

Die online-Zeitschrift mokant.at hat die Beiträge zum Nationalratswahlkampf in Österreich bei Facebook ausgewertet, nachdem aufgezeigt wurde, dass das auf Facebook vorherrschende Meinungsklima die Meinung der User beeinflusst, auch wenn dieses nicht dem tatsächlichen Meinungsklima in der Bevölkerung entspricht -
insgesamt wurden von etwa 400.000 Personen 2,9 Millionen Kommentare gepostet. Über eine Million davon stammen von ca. 4.000 Schreibern, also 1%, die jeweils 100 oder mehr Kommentare verfasst haben, 360.000 stammen von 400 Personen [?], die mindestens 500 Postings schrieben...

Wer hinter diesen Accounts steckt, ist häufig nicht feststellbar - interessant wäre ja zu wissen, wie viele davon tatsächliche Menschen aus Fleisch und Blut sind. Bei den Präsidentenwahlen in den USA sind scheint's social bots in großem Maßstab eingesetzt worden - wie sieht das wohl bei uns in Österreich oder Deutschland aus? Passt das in das Bild, das Colin Crouch in 'Postdemokratie' zeichnet, oder geht es bereits darüber hinaus? Im deutschen Wahlkampf konnte etwa die AfD mit 'Microtargeting' User in Zielgruppen einteilen und diese gezielt mit bezahlter Werbung eindecken, wie von der Anti-Merkel-Site 'Die Eidbrecherin'.
 

Karl
Karl
Administrator

RE: Postdemokratie?
geschrieben von Karl
als Antwort auf qilin vom 05.01.2018, 09:25:03

Im Zusammenhang mit dem amerikanischen Wahlkampf 2016 wurde bekannt, dass Software entwickelt wurde, um Meinung in den sozialen Medien zu transportieren, z. B. dergestalt, dass deren Nutzer völlig unterschiedliche, den Auftraggeber im Wahlkampf stützende und seine Gegner schwächende Meldungen zu lesen bekamen, die auf ihre persönlichen Schwachstellen abzielten.

War z. B. ein Nutzer als besonders ängstlich bekannt, konnte er lesen wie stark die Kriminalität durch mexikanische Einwanderer steigen würde und ein Mr. Trump dagegen eine Mauer bauen würde. War er als Waffennarr bekannt, wurde die "Gefahr" beschworen, dass Frau Clinton das Tragen von Waffen verbieten wolle. War er als geldgierig bekannt, wurde behauptet, Trump würde seinen Reichtum mehren. War der Nutzer arm, wurde ihm versprochen, dass Trump Jobs über Jobs schaffen würde.

Das sogenannte "Zielen" (Targeting) der unterschiedlichen Tweets oder Facebook Posts geschah automatisch durch die Software.

Die Digitalisierung verändert unsere Welt. Vor allem diejenigen, die in den sozialen Medien gegen die Lügenpresse und den professionellen Journalismus wettern, sind sehr oft nicht die informierten Bürger, die eine Demokratie benötigt, sondern die manipulierten Bürger, die das Regieren einer Plutokratie ermöglichen, auch wenn sie es anders sehen.

Wikipedia
Die Plutokratie oder Plutarchie (altgriechisch πλουτοκρατία plutokratía ‚Reichtumsherrschaft‘, aus πλοῦτος plútosReichtum‘ und κρατεῖν krateín ‚herrschen‘) ist eine Herrschaftsform, in der Vermögen die entscheidende Voraussetzung für die Teilhabe an der Herrschaft ist, also die Herrschaft des Geldes 

Karl
hobbyradler
hobbyradler
Mitglied

RE: Postdemokratie?
geschrieben von hobbyradler
als Antwort auf Karl vom 05.01.2018, 09:43:24

Plutokratie,

ich kannte das Wort nicht, würde aber sagen, dass Deutschland schon ein Stück dahin abgeglitten ist. Andere Länder sicherlich noch viel mehr.

Neulich habe ich gelesen, dass die Lobbyisten im Bundestag immer mehr werden, nicht nur wegen der extrem gestiegen Anzahl an Bundestagsabgeordneten. Ich darf ab und zu mal ein Kreuz auf einen Zettel machen, einen Lobbyisten kann ich mir nicht leisten.

Natürlich benötigen Bundestagsabgeordnete Kontakte zur Wirtschaft und Wissenschaft, allerdings meine ich, dass da mit den Kontakten zur Wirtschaft seit langem übertrieben wird.

Ciao
Hobbyradler
 


Anzeige