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Innenpolitik Wem gehört unser Staat?

adam
adam
Mitglied

Wem gehört unser Staat?
geschrieben von adam
Gerade sah ich den Ausschnitt eines Kommentars von Herbert Wehner, in dem der fragt "Wem gehört unser Staat?" und die Antwort folgen läßt "Er gehört jedenfalls nicht irgend einer Firma!". Aus welchem Zusammenhang der Ausschnitt stammt, weiß ich nicht und brauch auch hier keine Rolle zu spielen. Auch die Antwort Wehners unterstreicht die Frage und beantwortet sie nicht.

Die Frage bleibt: Wem gehört unser Staat? Damit können nicht Ansprüche moralischer, finanzieller oder machtpolitischer Art gemeint sein, sondern der Anspruch muß rechtlich begründbar sein.

Die Machtverhältnisse sind im Grundgesetz geregelt. Dort ist, im Gegensatz zur Monarchie, das Prinzip der Volkssouveränität festgelegt. In Artikel 20, Absatz 2 heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus."

Ist der Text des Grundgesetzes gleichzeitig eine Aussage über den Besitz eines imaginären Staates mit realen Grenzen? Gibt es den Anspruch überhaupt oder darf es ihn nicht geben? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Wem gehört unser Staat?

--

adam

wolfi1611
wolfi1611
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von wolfi1611
als Antwort auf adam vom 09.01.2011, 14:04:49
Hallo Adam,

ich finde die Frage äußerst interessant und bin folgender Ansicht: Der Staat gehört uns Allen! Das heisst dem Staatsvolk, im Umkehrschluss zu den Besitztümern der Monarchie.

Die Machtverhältnisse sind im Grundgesetz geregelt. Dort ist, im Gegensatz zur Monarchie, das Prinzip der Volkssouveränität festgelegt. In Artikel 20, Absatz 2 heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus."
Woraus für mich folgt: Wer die Macht hat, „besitzt“ den Staat.
Alles andere (
Ansprüche moralischer, finanzieller Art) gehört zur „Ausgestaltung“ dieses unseres Staates und ist ja in den weiteren Texten des GG geregelt.

Frage von Adam: „Ist der Text des Grundgesetzes gleichzeitig eine Aussage über den Besitz eines imaginären Staates mit realen Grenzen?“ [i][/i]
Aus oben genannten Gründen bejahe ich diese Frage. Dies beiinhaltet also auch automatisch Ansprüche an den Staat.

Liebe Grüße
Wolfi1611
Felide1
Felide1
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von Felide1
als Antwort auf adam vom 09.01.2011, 14:04:49
Ich habe bei Google hineingeschaut, unter wem gehört unser Staat(wem gehört die BRD). Es ist interessant diesen kleinen Film anzuschauen und den Kommentar zu lesen. Wegen Copyright darf ich in hier nicht einsetzen.

LG Felide

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eko
eko
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von eko
als Antwort auf adam vom 09.01.2011, 14:04:49
@ adam:

Ich sehe das ein bisschen anders. Man kann die Frage von Herbert Wehner und seine Antwort darauf auch nicht universell sehen. Er hat sie sicher in einem bestimmten Zusammenhang gestellt.

Ich bin der Auffassung, dass der Staat niemand und uns allen gehört. Irgendein Besitzrecht kann man m.E. davon aber nich ableiten, denn im Grunde genommen sind wir
alle der Staat!


Jeder einzelne Bürger von uns ist Teil dieses Staates.

Ich kann da leider keine so hochgestochenen und verwinkelten Sätze schreiben und bin auch der Meinung, dass das gar nicht notwendig ist. Wenn sich die Bevölkerung das mal in ihre Ansichten über den "Staat" aufnehmen würde, kämen sicher nicht immer wieder diese meiner Meinung nach albernen Rufe nach dem Staat, der alles richten soll. Denn wir selbst sind doch dieser Staat.

Wenn das die Menschen begreifen würden, würden sie sicher z.B. mit Staatseigentum etwas pfleglicher umgehen. Und dann würden vielleicht auch manche begreifen, dass man dem Staat auch die Mittel in die Hand geben muss (Steuern zahlen!)damit dieser Staat auch seinen Aufgaben gerecht werden kann.


e k o
hafel
hafel
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von hafel
als Antwort auf adam vom 09.01.2011, 14:04:49
Adam, da hast Du eine gute und auch nicht mit einem Satz zu begründende Frage aufgeworfen.

Philosophen haben sich schon seit alters her nicht nur mit Fragen beschäftigt wie:
-was ist der Mensch?
-was kann er?
-wie soll er sich verhalten?

Sondern auch Fragen: wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass Menschen Staaten gebildet haben?

Da tauchen sofort Fragen auf, wie:
-was für einen Zweck hat eigentlich ein Staat?
-welche Regeln gelten dort?
-Wie kommen Menschen dazu, die frei geboren sind, sich den Regeln eines Staates zu unterwerfen.
-werden sie dadurch nicht unfrei?
-wer stellt die Regeln auf?
-eine Gruppe von "Erleuchteten" oder alle Bürger in gemeinsamer Absprache.

Fragen über Fragen, die alle mit dem der eigentlichen Frage. "Wem gehört der Staat" in Verbindung stehen.

Doch diese Fragen sind nicht neu. Hier sollte man sich den Namen eines griechischen Philosophen merken, der zu den ersten gehört, grundlegend über den Staat nachzudenken. Aristoteles, vor mehr als 2300 Jahren, im 4ten Jahrhundert vor Christi veröffentlichte bereits eine Untersuchung mit dem Titel: "Politiki". Darin befindet sich der berühmte Satz: "Der Mensch ist von Natur ein politisches Wesen". Dabei sollte angemerkt werden, dass die in Griechenland vorherrschende Staatsform der Stadtstaat war.

Bereits Aristoteles unterscheidet unter:
1) Staaten, in denen einer alleine Herrscht
2) Staaten, in denen mehrere, die Besten herrschen (Aristokratie)
3) Staaten, in denen alle, das ganze Volk herrscht und nannte es nach unserem Sprachgebrauch: Demokratie

Nun sollte jedoch angemerkt werden, dass das "alte Athen" kein Vorbild für die heutige Zeit war. Auch dort gab es Beherrschte. Zunächst die Frauen, die an den Volksversammlungen nicht teilnehmen durften. Dann die Sklaven, die rechtlos waren und auch Menschen die nicht die volle Bürgerschaft hatten.

Genau genommen ist Demokratie eine Herrschaft auf Frist. Nach Ablauf der Frist müssen die Regierenden dann auch tatsächlich durch neue Wahlen ablösbar sein.

Zur eigentliche Frage aber: "wem gehört der Staat"?
Wie Adam darauf bereits hinweist, heißt es im Artikel 20 GG: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" Damit ist das Grundprinzip der demokratischen Staatsform festgelegt, "das Letztbestimmungsrecht des Volkes über den Staatswillen", wie es die Verfassungsrechtler nennen.

Wie kann das Volk von diesem Recht, den Staatswillen zu bestimmen, praktisch Gebrauch machen? Im Artikel 20 GG heißt es dazu: "Durch Wahlen und Abstimmungen" Somit herrscht das Volk nicht direkt, sondern überlässt gewählten Repräsentanten für eine Wahlperiode die politischen Entscheidungen. Nach Artikel 38 GG sind jedoch die Repräsentanten nicht an Weisungen und Aufträge gebunden! Somit ist richtig, dass niemand den Abgeordneten Weisungen erteilen kann. Im eigenen Interesse wird jedoch der gewählte Vertreter bemüht sein, den Kontakt zum Volk zu halten.

Der Schlüssel für unsere Demokratie liegt bei den Parteien. Keine unabhängige Einzelperson hätte je eine Chance mehrheitlich vom Volk gewählt zu werden. Ohne diese Parteien könnte das Volk politisch überhaupt nicht agieren. Erst in den Parteien wird eine Pluralistische Gesellschaft politisch handlungsfähig. Nur über Parteien können die Wähler ihren politischen Willen in die Wirklichkeit umsetzen.

Nun können Parteien auch Verfassungswidrig sein. Parteien, die nach ihren Zielen die freiheitliche Grundordnung beeinträchtigen oder beseitigen wollen, sind verfassungswidrig. Hier entscheidet nach Art 21 GG das Verfassungsgericht.

Da Parteien durch das Volk gegründet und am Leben gehalten werden, denke ich, dass die politische Willensbildung vom Volk ausgeht und somit das Volk den Staat verwaltet.

Hafel
Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf eko vom 09.01.2011, 15:37:11
Ich bin der Auffassung, dass der Staat niemand und uns allen gehört. Irgendein Besitzrecht kann man m.E. davon aber nich ableiten, denn im Grunde genommen sind wir
alle der Staat!


Jeder einzelne Bürger von uns ist Teil dieses Staates.
geschrieben von eko


Stimme zu, eko,
sobald eine zusammengehörige Gruppe eine bestimmte Größe erreicht oder überschreitet, muss sie organisiert werden, um ordentlich zu funktionieren.
(Gilt im übrigen auch für das Tierreich).
Die Organisation als solche kann natürlich niemandem "gehören",
daher ist Wehners Frage schief, und wie Du richtig bemerkt hast, sicher nur im Zusammenhang verständlich.

Über die Form der Organisation mit allen möglichen Auswirkungen lässt sich dann allerdings trefflich streiten.

roseluise

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heinzdieter
heinzdieter
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von heinzdieter
als Antwort auf adam vom 09.01.2011, 14:04:49
Den Banken

so aus dem hohlen Bauch geantwortet, denn wer als nicht die Banken stehen hinter den fast 2 Billionen EURO Geamtverschuldung.
Wir, die Bundesbürger, wohl kaum oder doch?
Denn die von uns gewählten Abgeordneten im Bundestag, in den Land- und Kreistagen sowie in den Stadt- und Gemeinderäten stimmten über Jahrzenhnte der Schuldenaufnahme zu.
Wir sahen zu, applaudierten und sonnten uns in unseren Wohlstand - aber nicht alle...

heinzdieter
Marija
Marija
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von Marija
als Antwort auf heinzdieter vom 09.01.2011, 16:16:49
Den Banken

so aus dem hohlen Bauch geantwortet, denn wer als nicht die Banken stehen hinter den fast 2 Billionen EURO Geamtverschuldung.
Wir, die Bundesbürger, wohl kaum oder doch?
Denn die von uns gewählten Abgeordneten im Bundestag, in den Land- und Kreistagen sowie in den Stadt- und Gemeinderäten stimmten über Jahrzenhnte der Schuldenaufnahme zu.
Wir sahen zu, applaudierten und sonnten uns in unseren Wohlstand - aber nicht alle...

heinzdieter



mir gehört das, was anderen noch nicht gehört, weil sie nichts davon wissen - und vom Staat gehört mir nur mein Schuldanteil - alles andere ist Pflicht - Ironie-Ende !
Karl
Karl
Administrator

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von Karl
als Antwort auf hafel vom 09.01.2011, 15:57:39
Antworten auf Adams Fragen können akademisch oder auch ganz praktisch gedacht werden. Dass alle Macht vom Volke ausgeht, ist eine Wunschvorstellung, die ins Grundgesetz hineingeschrieben wurde, die aber natürlich so der Realität nicht entspricht. Regierungsparteien benehmen sich ab und zu so, als gehöre der Staat ihnen, aber auch finanzkräftige Konzerne, deren Vertreter mit den Regierungsmitgliedern dinieren, erwecken oft den Eindruck als wäre der Staat - oder besser gesagt 'dessen Vertreter' - käuflich, also in ihrem Besitz.

Wenn Wehner rhetorisch fragte, ob der Staat "einer Firma" gehöre, dann hatte dies wahrscheinlich einen handfesten Hintergrund. Demokratie heißt in der Theorie Herrschaft des Volkes, in Wirklichkeit herrscht aber das Geld und die Bill Gates und Steve Jobs dieser Welt haben sehr viel mehr Gewicht in "ihren" Demokratien als Hinz und Kunz. Diese Macht des Geldes, die politische Macht der Konzerne, ist nicht demokratisch (durch Wahlen) legitimiert und deshalb kann eine Demokratie verkommen.

Karl
hafel
hafel
Mitglied

Re: Wem gehört unser Staat?
geschrieben von hafel
als Antwort auf Karl vom 09.01.2011, 16:41:19
@ Karl:

Die Theorie weicht sehr oft von der Praxis ab.

Dann sollte die Frage anders formuliert werden, wie z.B. „Wem gehört der Staat heute“? oder "gehört der Staat heute noch dem Volk"?

Das wurde aber nicht gefragt, also kann diese Antwort nur auf den Fundamenten des Grundgesetzes aufgeschlüsselt werden.

Ich habe bewusst Lobby- und Bankeneinfluss nicht berücksichtigt; wie gesagt, da hätte die Frage anders lauten müssen.

Hafel

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