Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?

Internationale Politik Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?

luchs35
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf adam vom 23.02.2011, 01:40:50
Im Prinzip ist es für die westliche Welt doch nur eine "Riesenüberraschung" dass die arabischen Völker jetzt langsam sich ihres Wertes bewusst werden und ihre Rechte einfordern. Und dieses Ziel müssen sie von innen heraus erreichen, denn sonst ist das Erreichte auch nur wieder "von Gnaden" jener Länder, die ohnedies nur am Ölfluss interessiert sind.

Der gesamte Westen, hat bisher diese Menschen unterschätzt, bezw. nur als "armselige Menschenmasse" betrachtet, Adam, und man kann ihnen nur doch moralische Solidarität und Anerkennung ihrer Ziele helfen, diesen Kampf gegen ihre Dikatoren zu führen. Ich fürchte nur, dass diese Art von Unterstützung sehr begrenzt wird, sowie die immer stärker steigenden Ölpreise und die damit verbundenen wirschaftlichen Rückschläge unseren Geldbeutel erreichen.

Carlos, du hast sehr gut ausgedrückt, was ich schon einige Zeit versuchte in (zu) kurzen Sätzen zu sagen.

Luchs
adam
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von adam
als Antwort auf luchs35 vom 23.02.2011, 11:42:01
Der gesamte Westen, hat bisher diese Menschen unterschätzt, bezw. nur als "armselige Menschenmasse" betrachtet, Adam, und man kann ihnen nur doch moralische Solidarität und Anerkennung ihrer Ziele helfen, diesen Kampf gegen ihre Dikatoren zu führen.


Luchs,

es bringt nichts, jetzt darüber zu diskutieren, was der kleine Mann im Orient oder im Okzident voneinander gedacht hat. Unwissen ist der schlimmste Desinformator. Es war für Geschäftemacher, Diktatoren und Regierungen vorteilhaft, was der kleine Mann gedacht hat.

Es sollte aber erkannt werden, daß der Westen die Diktaturen in diesen Ländern nicht nur gestützt hat, er war auch abhängig von ihnen. Wie gering die Möglichkeiten sind, auf diese Staaten von außen einzuwirken, sieht man zur Zeit. Selbst bei der so oft angenommenen und kritisierte Allmacht der USA stellt sich jetzt heraus, daß es sie nicht gibt. Derzeit macht sich Ohnmacht und Angst breit und das kann die Gelegenheit sein, die Scheuklappen abzunehmen.

Die Aufstände in der arabischen Welt sind die Gelegenheit für die demokratischen Staaten, den Menschen in diesen Staaten zu zeigen, daß man sie nicht nur ernst nimmt, sondern in den Interessen auf gleicher Augenhöhe mit ihnen ist. Wir müssen sie unterstützen, auch um sie darauf aufmerksam zu machen, daß es jemanden gibt, der ihre Interessen teilt. Der Grund: Auch in der Zukunft wird es eine gegenseitige Abhängigkeit geben, die aber nicht nur Diktatoren zu Gute kommen darf. Um das zu erreichen, muß den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich demokratisch einzurichten und nicht wieder in Abhängigkeit von einer Minderheit zu geraten.

Eine agressive Demokratie kann jetzt Zeichen setzen für die Menschen. Zum Beispiel muß Gaddafi gesagt werden, daß seine Zeit vorbei ist. Dazu ist es notwendig, ihm seine letzten Getreuen abspenstig zu machen. Noch steht die Luftwaffe zu Gaddafi und sie ist die größte Gefahr, wenn sie mit Flugzeugen und Hubschraubern gegen die Demonstranten vorgeht. Das kann verhindert werden, indem der Westen droht, gegen startende Flugzeuge in Lybien vorzugehen. Das ist möglich und wird auch Auswirkungen auf mögliche Umstürze in anderen Staaten haben, weil es den Machthabern zeigt, daß sie auf verlorenem Posten stehen.

Der Westen muß jetzt handeln, die Zeit der Rücksichtnahme und er nutzlosen Worte muß vorbei sein, wenn wir nicht in einer jahrelangen Krise mit unvorhersehbaren neuen Schwierigkeiten versacken wollen.

--

adam


hafel
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von hafel
Ohne in die Glaskugel zu schauen, wird jedermann feststellen, dass das libysche Inferno in einem schlimmen Massaker enden wird.

Anders als in Ägypten geht es im "Gaddafiland" dem herrschenden Regime um "alles oder nichts". Auch wenn einige Militärs fliehen oder überlaufen, ändert das nichts daran, dass die führenden Generäle mit dem Rücken an der Wand stehen und wissen, was mit ihnen geschieht, falls das Volk auf der Straße die Überhand bekommt.

Ich sehe – mal von Israel abgesehen - im gesamten nordafrikanischen Raum keine demokratischen Gesellschaftsstrukturen. Nur Diktatoren oder "monarchische Gebilde", die jedoch alle auf der Basis von Gewalt ihre Herrschaft aufrecht erhalten.

Es ist somit ein Irrsinn zu glauben, hier könne die Demokratie (nach unserem Muster) Einzug halten oder gar heilen. Es würde zunächst reichen, wenn mehr persönliche Freiheit und etwas mehr demokratische Grundzüge das Leben der Menschen verbessern könnte.

Europa kann da nur helfen, in dem es sich klar und eindeutig auf die Seite der Menschen auf der Straße begibt und die Diktatoren nicht weiter hofiert.

Hafel

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adam
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von adam
als Antwort auf hafel vom 23.02.2011, 12:50:41
@hafel,

mit dem Hofieren ist es eh vorbei, dafür haben die Demonstranten bereits gesorgt. Der Westen muß jetzt Flagge im Sinne dieser Demonstranten zeigen. Das wäre auch der Beginn einer Wiedergutmachung für Fehler der Vergangenheit.

--

adam

luchs35
luchs35
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf adam vom 23.02.2011, 12:54:55
Adam, sag nicht nur, dass der Westen reagieren muss, sondern vor allem auch wie, um kein zweites Irak zu entzünden. Wen würden z. bsp. Sanktionen treffen? Würde es Gaddafi beeindrucken, wenn ihm der Westen sagt, dass er ein Verbrecher ist, der sein eigens Volk töten lässt?

Waffen hat der Westen mehr als genug geliefert und damit sich eine goldene Nase verdient. Irgendwoher bekommt sie Gaddafi sonst auch heute noch ganz sicher. Und ob inzwischen Berlusconi seine Zahlungen an das Regime Gaddafi eingestellt hat, scheint auch nicht klar zu sein.

Gaddafi verhält sich jetzt wie ein in die Enge getriebenes Tier und ist gefährlicher denn je, denn auch sein Geisteszustand zeigt sich in bedenklicher oder eher erschreckender Weise. Er hat ja auch erklärt, dass er keinesfalls Libyen wie ein Feigling verlassen würde, sondern lieber im Land als Märtyrer sterbe. Vermutlich wird das denn auch so kommen, das liegt schon in seiner persönlichen Mentalität.

Was die anderen arabischen Länder betrifft, muss man damit rechnen, dass die Aufstände sich weiter massiv verbreiten und das Blutbad weitergeht. Keiner der Potentaten wird die Macht freiwillig aus der Hand geben.

Was die Installation einer nach unserer Denkart gestalteten Demokratie betrifft, Hafel, habe ich keine Illusionen. Aber es ist schon sehr viel für die Menschen erreicht, wenn ihnen als Mindestforderung die Menschenrechte zugestanden werden, nach denen sie ihr Leben selbst zumindest mitgestalten können. Ihre Form der Demokratie wird eine andere sein als unsere, aber für die arabischen Menschen ist sie erstrebenswert, auch wenn der Weg dahin noch lange dauern kann und wohl steinig sein wird.

Was mich persönlich aber am meisten beunruhigt: Wo sind in den arabischen Ländern fähige, oppositionelle Führer, die es auch schaffen, ihre Völker in eine erstrebenswerte Zukunft zu führen ?

Luchs



hafel
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von hafel
als Antwort auf luchs35 vom 23.02.2011, 14:28:34
@ Luchsi: „Was mich persönlich aber am meisten beunruhigt: Wo sind in den arabischen Ländern fähige, oppositionelle Führer, die es auch schaffen, ihre Völker in eine erstrebenswerte Zukunft zu führen?


In Ländern wo jegliche Oppositionen nieder geprügelt wurden, ist es "mau" mit zukünftigen Führungskräften. Da bleiben nur die religiösen Führer, nur ob die das Heil für das Volk bringen, wage ich mal anzuzweifeln.

Hafel

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adam
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von adam
als Antwort auf luchs35 vom 23.02.2011, 14:28:34
Adam, sag nicht nur, dass der Westen reagieren muss, sondern vor allem auch wie, um kein zweites Irak zu entzünden. Wen würden z. bsp. Sanktionen treffen?


luchs,

wenn der Westen gegen die Luftwaffe Gaddafis hilft, kann es keinen neuen Irak geben. Kein Fuß fremder Truppen darf und wird libyschen Boden betreten.

Sanktionen, von denen unsere Damen und Herren Regierungschefs reden, sind falsch weil sie genau die Falschen treffen. Das Reden von Sanktionen gegen Libyen zeigt die Kopf- und Ratlosigkeit des Westens. Das ist genau die Außenpolitik, die den Westen in die jetzige Situation gebracht hat. Nur halbe Sachen oder falsche Entscheidungen, Entscheidungen ohne Rückgrad.

--

adam
hugo
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von hugo
als Antwort auf adam vom 23.02.2011, 15:06:43
Das Reden von Sanktionen gegen Libyen zeigt die Kopf- und Ratlosigkeit des Westens. (adam)

ja, da haste es (das Gesamtproblem)kurz und bündig auf den Punkt gebracht,,so war es und so isses.

Völlig entgegen der eigenen, ansonsten so hoch gejubelten westlichen Werte, wurden die nordafrikanischen Diktatoren gehegt, gehätschelt, hofiert und deren Schlimmes Tun, deren Blutsaugen am eigenem Volk, zum Wohle großer westeuropäischer Industrieunternehmen unter den Teppich gekehrt.

und nun bin ich ja gespannt wie Wir da wieder rauskommen wollen,,,,,es genügen jetzt schon zusätzliche kleine außenpolitische Fehler, diplomatische eigennützige Hinterzimmerspielchen unserer Regierungen um auf Jahre hinaus weitere Konfrontationen, weitere negative Folgen für die dortige und unsere Bevölkerung anzukurbeln.

gerade läuft bei Phönix die Fragestunde zum Guttenbergdingsda,,,entsetzlich wie sich Teile unsere Volksvertreter für Betrug für Lügenpolitik für sauberwaschen eines Hochstaplers ins Zeug legen,,,,was soll man von denen erwarten wenn dringend außenpolitisch saubere Diplomatie gefragt ist ?
hugo

adam
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von adam
als Antwort auf hugo vom 23.02.2011, 15:57:00
Ja Hugo,

nur haben die westlichen Werte, die Ideale des demokratischen Rechtsstaates, nichts von ihrer Berechtigung verloren. Sie sind nicht die Ursache von Fehlern, sie werden nur mangelhaft, ja ungenügend vertreten. Sie abzulehnen, ist am Problem vorbei gedacht.

Diesen Thread habe ich auch eröffnet, um den Kritikern des Westens, die nicht müde werden, mit dem Finger zu zeigen, Gelegenheit zu geben, Vorschläge zu unterbreiten, wie der Umgang mit den arabischen Staaten aussehen könnte. Bisher ist das Ergebnis mager, es scheint sich keiner zu trauen, beziehungsweise muß ich daraus schließen, daß es keine Vorschläge gibt und die Kritik eben nur der Kritik wegen erfolgt, sozusagen aus alter Gewohnheit.

Allerdings ist Kritik ohne brauchbare Vorschläge, die eine Besserung erhoffen lassen, nichts wert, Null, nada. Sie stellt sich als quertreiberische Meckerei heraus. Wo bleiben die Früchte des Zorns?

--

adam

hugo
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Re: Hilfe für den Maghreb - Was darf der Westen fordern und tun?
geschrieben von hugo
als Antwort auf adam vom 23.02.2011, 21:41:18
Allerdings ist Kritik ohne brauchbare Vorschläge, die eine Besserung erhoffen lassen, nichts wert, (adam)

wen meint er nur damit ??grübel grübel,,,

hm adam, ich könnte hier auf Anhieb einige Diskutanten nennen die es nicht mal bis zu dieser Kritik schafften, sondern sich mit dem Miesmachen dem Abwatschen und Beleidigen dieser Kritiker zufrieden gaben,,

Seit ich hier denken und mitschreiben darf,,,kann ich mich nicht erinnern, die westeuropäische Außenpolitik angefangen vom Mittun (bzw nicht verhindern) der Einmärsche in Afghanistan und Irak, die Überfälle auf die Zivilbevölkerung in Palästina, das beleidigende Ausgrenzen der Türkei oder gar die teuflischen Anbiederungszeremonien an die nordafrikanischen Diktatoren gut geheißen zu haben,,,

ich fühle mich also von Deiner Kritik eher weniger getroffen.

Was ich tun konnte hab ich getan, vielleicht nicht immer ausdauernd und vehement genug, aber oft sogar bis über die möglichen Grenzen einer toleranten Diskussion, wenn ich an so einige Echos auf meine Beiträge denke.

Natürlich haben die sich nun befreienden Volksmassen auch mitbekommen das unsere bisherigen Regierungen viel zu freundschaftlich zu vertrauensvoll, ja geradezu sanft mit ihren Peinigern Umgang pflegten und ihre Leiden dadurch verlängerten,,,

Wir sollten uns deshalb in Zurückhaltung üben, möglichst keinen Druck, keine Ultimaten, keine Sanktionen aber auch kein überreagierendes Anbiedern kein Schleimen beginnen,,,auch wenn die amerikanisch-israelischen Vorranginteressen gerade jetzt ein Richtungweisendes Mit-, und Einmischen erheischen werden,,

Beobachten, die Lage sondieren, die fairsten und Volksnahen Kräfte herausfinden und mit denen ins "Geschäft" kommen und dann uneigennützige Hilfe anbieten ( die bringt uns auf Dauer sicher weiter als vordergründig durchschaubare zweckgebundene kurzzeitige Hilfe, man kann damit viel Porzellan zerschlagen)

Hier sind parteiübergreifend unsere besten und erfahrensten Diplomaten gefragt,,,ob die Niebels, Westerwelle und Co da die geeigneten sind,,will ich hier nicht werten, Du kennst meine Ansicht,,,aber man kann sich ja mal angenehm täuschen lassen.
Nur soviel, immer wenn einer unserer Politiker seine industriellen Schatten (seine Lobbyisten) mit im Gepäck führt, dann ist Vorsicht geboten.

Mit Grausen denk ich an die Wirtschaftshilfe welche nach 1989 von solchen Leuten "organisiert" wurde, die den tollen Irrnamen Treuhand bekam, das Eigentum von 16 Millionen Menschen restlos ruinierte, zweitklassige Privatiers zu enormen Reichtümern verhalf, der Westbevölkerung eine ungeheure Last aufbürdete und uns zusammen den größten Schuldenberg aller Zeiten aufhalste.

Die Ehrlichen wurden mal wieder zu den Dummen gemacht,,,,,und vor solchen Helfern kann man die Menschen in Nordafrika nur warnen und hoffen das sie besser auf der Hut sind, als wir es damals waren. Es nutzt Ihnen wenig wenn nach der Ausbeutung durch Diktatoren die Ausbeutung über das westliche Geldwertesystem folgt. Das ist genau so belastend aber noch vieeeel effektiver.

hugo

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